die sich unmöglich anders, als durch angestellte Erfahrungen, ausfüllen läßt. Denn daß der Druck von oben bey flüßigen Körpern in jedem gleichen Theile einen gleichen Druck nach allen Seiten hervorbringt, ist lediglich ein Erfahrungssatz, und will man ihn, wie Hr. Hube thut, in die Definition der Federkraft verbergen, so muß man doch erst erweisen, daß Federkraft in diesem Sinne allen flüßigen Materien zukomme, welches wiederum nicht anders, als durch Erfahrungen, möglich seyn wird.
Bisher haben die Naturforscher den Flüßigkeiten, die sich in communicirenden Röhren wagrecht stellen, merkliche Grade von Elasticität oder Expansibilität abgesprochen, und eben darauf den Unterschied zwischen tropfbaren und elastischen Flüßigkeiten, zwischen den Gesetzen der Hydrostatik und der Aerostatik, gegründet. Hr. Hube verwirft den Unterschied des Tropfbaren vom Elastischflüßigen (s. oben S. 378. den Art. Expansible Flüßigkeiten), schreibt allen Flüßigkeiten ohne Unterschied Federkraft zu, und leitet aus dieser Kraft sogar die Gesetze der Hydrostatik her. Sollte man nicht glauben, er müsse auch allen Unterschied zwischen Hydrostatik und Aerostatik läugnen? Dieses kan jedoch einem so einsichtsvollen Physiker nicht einfallen. Er kennt die Verschiedenheit der Gesetze beyder Wissenschaften viel zu genau; er leitet sie aber davon her, daß bey der einen ein Körper von geringer oder gar keiner, bey der andern einer von großer Compressibilität vorausgesetzt werde. Die ganz reinen Gesetze der Hydrostatik gelten eigentlich nur von Materien, die sich gar nicht comprimiren lassen. Da nun nach den bisherigen Begriffen der Physiker die Elasticität allezeit Compressibilität voraussetzt (s. Elasticität, Th. I. S. 696), so können sich die reinen Gesetze der Hydrostatik unmöglich aus der Elasticität herleiten lassen, da sie nur von solchen Körpern vollkommen gelten, welche keine Elasticität (wenigstens in dem bisher angenommenen Sinne des Worts) besitzen.
Man sieht also leicht, daß hier ein Mißverständniß vorgehen, und Hr. Hube unter Federkraft etwas anders verstehen müsse, als was man bisher so zu nennen gewohnt war.
die ſich unmoͤglich anders, als durch angeſtellte Erfahrungen, ausfuͤllen laͤßt. Denn daß der Druck von oben bey fluͤßigen Koͤrpern in jedem gleichen Theile einen gleichen Druck nach allen Seiten hervorbringt, iſt lediglich ein Erfahrungsſatz, und will man ihn, wie Hr. Hube thut, in die Definition der Federkraft verbergen, ſo muß man doch erſt erweiſen, daß Federkraft in dieſem Sinne allen fluͤßigen Materien zukomme, welches wiederum nicht anders, als durch Erfahrungen, moͤglich ſeyn wird.
Bisher haben die Naturforſcher den Fluͤßigkeiten, die ſich in communicirenden Roͤhren wagrecht ſtellen, merkliche Grade von Elaſticitaͤt oder Expanſibilitaͤt abgeſprochen, und eben darauf den Unterſchied zwiſchen tropfbaren und elaſtiſchen Fluͤßigkeiten, zwiſchen den Geſetzen der Hydroſtatik und der Aeroſtatik, gegruͤndet. Hr. Hube verwirft den Unterſchied des Tropfbaren vom Elaſtiſchfluͤßigen (ſ. oben S. 378. den Art. Expanſible Fluͤßigkeiten), ſchreibt allen Fluͤßigkeiten ohne Unterſchied Federkraft zu, und leitet aus dieſer Kraft ſogar die Geſetze der Hydroſtatik her. Sollte man nicht glauben, er muͤſſe auch allen Unterſchied zwiſchen Hydroſtatik und Aeroſtatik laͤugnen? Dieſes kan jedoch einem ſo einſichtsvollen Phyſiker nicht einfallen. Er kennt die Verſchiedenheit der Geſetze beyder Wiſſenſchaften viel zu genau; er leitet ſie aber davon her, daß bey der einen ein Koͤrper von geringer oder gar keiner, bey der andern einer von großer Compreſſibilitaͤt vorausgeſetzt werde. Die ganz reinen Geſetze der Hydroſtatik gelten eigentlich nur von Materien, die ſich gar nicht comprimiren laſſen. Da nun nach den bisherigen Begriffen der Phyſiker die Elaſticitaͤt allezeit Compreſſibilitaͤt vorausſetzt (ſ. Elaſticitaͤt, Th. I. S. 696), ſo koͤnnen ſich die reinen Geſetze der Hydroſtatik unmoͤglich aus der Elaſticitaͤt herleiten laſſen, da ſie nur von ſolchen Koͤrpern vollkommen gelten, welche keine Elaſticitaͤt (wenigſtens in dem bisher angenommenen Sinne des Worts) beſitzen.
Man ſieht alſo leicht, daß hier ein Mißverſtaͤndniß vorgehen, und Hr. Hube unter Federkraft etwas anders verſtehen muͤſſe, als was man bisher ſo zu nennen gewohnt war.
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die ſich unmoͤglich anders, als durch angeſtellte Erfahrungen, ausfuͤllen laͤßt. Denn daß der Druck von oben bey fluͤßigen Koͤrpern in jedem gleichen Theile einen gleichen Druck nach allen Seiten hervorbringt, iſt lediglich ein Erfahrungsſatz, und will man ihn, wie Hr. Hube thut, in die Definition der Federkraft verbergen, ſo muß man doch erſt erweiſen, daß Federkraft in dieſem Sinne allen fluͤßigen Materien zukomme, welches wiederum nicht anders, als durch Erfahrungen, moͤglich ſeyn wird.
Bisher haben die Naturforſcher den Fluͤßigkeiten, die ſich in communicirenden Roͤhren wagrecht ſtellen, merkliche Grade von Elaſticitaͤt oder Expanſibilitaͤt abgeſprochen, und eben darauf den Unterſchied zwiſchen tropfbaren und elaſtiſchen Fluͤßigkeiten, zwiſchen den Geſetzen der Hydroſtatik und der Aeroſtatik, gegruͤndet. Hr. Hube verwirft den Unterſchied des Tropfbaren vom Elaſtiſchfluͤßigen (ſ. oben S. 378. den Art. Expanſible Fluͤßigkeiten), ſchreibt allen Fluͤßigkeiten ohne Unterſchied Federkraft zu, und leitet aus dieſer Kraft ſogar die Geſetze der Hydroſtatik her. Sollte man nicht glauben, er muͤſſe auch allen Unterſchied zwiſchen Hydroſtatik und Aeroſtatik laͤugnen? Dieſes kan jedoch einem ſo einſichtsvollen Phyſiker nicht einfallen. Er kennt die Verſchiedenheit der Geſetze beyder Wiſſenſchaften viel zu genau; er leitet ſie aber davon her, daß bey der einen ein Koͤrper von geringer oder gar keiner, bey der andern einer von großer Compreſſibilitaͤt vorausgeſetzt werde. Die ganz reinen Geſetze der Hydroſtatik gelten eigentlich nur von Materien, die ſich gar nicht comprimiren laſſen. Da nun nach den bisherigen Begriffen der Phyſiker die Elaſticitaͤt allezeit Compreſſibilitaͤt vorausſetzt (ſ. Elaſticitaͤt, Th. I. S. 696), ſo koͤnnen ſich die reinen Geſetze der Hydroſtatik unmoͤglich aus der Elaſticitaͤt herleiten laſſen, da ſie nur von ſolchen Koͤrpern vollkommen gelten, welche keine Elaſticitaͤt (wenigſtens in dem bisher angenommenen Sinne des Worts) beſitzen.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 768. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/780>, abgerufen am 25.11.2024.
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