Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Herr de Luc, der wichtigste und standhasteste Gegner des antiphlogistischen Systems (Funfzehnter Brief an de la Metherie v. 11 Apr. 1791. in Grens Journ. der Phys. B. VII. S. 120.), erklärt das Phlogiston für eine besondere Substanz, die eben so unwägbar, wie das Feuer, sey, einen Bestandtheil aller brennbaren Luftarten ausmache, und durch ihre Eigenschaft, sich bey einem gewissen Grade der Wärme mit einem eigenthümlichen feinen Stoffe der dephlogistisirten Luft zu vereinigen, die unmittelbare Ursache der Entzündung werde. Dieses Phlogiston unterscheidet nach ihm die leichte brennbare Luft von Wasserdunst; es muß aber außerdem noch eine feine Substanz geben, welche die ganze Classe der schweren brennbaren Luftarten von der leichten unterscheidet, und durch ihre Vereinigung mit dem Phlogiston letzteres hindert, die dephlogistisirte Luft zu zersetzen. Eben dieser Substanz schreibt er auch die Verwandlung der dephlogistisirten Luft in fixe zu. Allein, setzt er hinzu, jetzt sey es noch nicht Zeit, auf die Anwendung dieser und ähnlicher Ideen zu kommen: noch mache die Hypothese von der Wasserzersetzung zu viel Geräusch, und das Wesentlichste sey, durch eine Entscheidung über die Natur des Wassers, welche nur die Meteorologie verschaffen könne, den chemischen Untersuchungen ihren fernern Weg zu bezeichnen. Hr. Gren, dessen vormalige Meinung vom Phlogiston im Art. S. 472. angeführt wird, hatte zwar bey der neuen Bearbeitung seines schätzbaren Grundrisses der Naturlehre (Halle, 1793. 8.) noch diese Meinung beybehalten; aber das Phänomen der Gewichtszunahme, das er sonst aus der negativen Schwere des Phlogistons erklärte, jetzt auf eine andere Art begreiflich zu machen gesucht. Er setzte nemlich das Phlogiston aus Licht und Wärmestoff zusammen, welche beyde Stoffe ohne Schwere, aber mit einer ursprünglichen
Herr de Luc, der wichtigſte und ſtandhaſteſte Gegner des antiphlogiſtiſchen Syſtems (Funfzehnter Brief an de la Metherie v. 11 Apr. 1791. in Grens Journ. der Phyſ. B. VII. S. 120.), erklaͤrt das Phlogiſton fuͤr eine beſondere Subſtanz, die eben ſo unwaͤgbar, wie das Feuer, ſey, einen Beſtandtheil aller brennbaren Luftarten ausmache, und durch ihre Eigenſchaft, ſich bey einem gewiſſen Grade der Waͤrme mit einem eigenthuͤmlichen feinen Stoffe der dephlogiſtiſirten Luft zu vereinigen, die unmittelbare Urſache der Entzuͤndung werde. Dieſes Phlogiſton unterſcheidet nach ihm die leichte brennbare Luft von Waſſerdunſt; es muß aber außerdem noch eine feine Subſtanz geben, welche die ganze Claſſe der ſchweren brennbaren Luftarten von der leichten unterſcheidet, und durch ihre Vereinigung mit dem Phlogiſton letzteres hindert, die dephlogiſtiſirte Luft zu zerſetzen. Eben dieſer Subſtanz ſchreibt er auch die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in fixe zu. Allein, ſetzt er hinzu, jetzt ſey es noch nicht Zeit, auf die Anwendung dieſer und aͤhnlicher Ideen zu kommen: noch mache die Hypotheſe von der Waſſerzerſetzung zu viel Geraͤuſch, und das Weſentlichſte ſey, durch eine Entſcheidung uͤber die Natur des Waſſers, welche nur die Meteorologie verſchaffen koͤnne, den chemiſchen Unterſuchungen ihren fernern Weg zu bezeichnen. Hr. Gren, deſſen vormalige Meinung vom Phlogiſton im Art. S. 472. angefuͤhrt wird, hatte zwar bey der neuen Bearbeitung ſeines ſchaͤtzbaren Grundriſſes der Naturlehre (Halle, 1793. 8.) noch dieſe Meinung beybehalten; aber das Phaͤnomen der Gewichtszunahme, das er ſonſt aus der negativen Schwere des Phlogiſtons erklaͤrte, jetzt auf eine andere Art begreiflich zu machen geſucht. Er ſetzte nemlich das Phlogiſton aus Licht und Waͤrmeſtoff zuſammen, welche beyde Stoffe ohne Schwere, aber mit einer urſpruͤnglichen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0713" xml:id="P.5.701" n="701"/><lb/> nicht erklaͤrt. Auf dieſes nehme aber das antiphlogiſtiſche Syſtem gar nicht Ruͤckſicht. Dennoch ſtehe das Licht mit der Brennbarkeit in Verbindung, wie ſchon der von <hi rendition="#b">Newton</hi> entdeckte merkwuͤrdige Zuſammenhang zwiſchen Brennbarkeit und Brechung des Lichts in durchſichtigen brenbaren Koͤrpern, z. B. dem Demant und Terpentinoͤl, beweiſt.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de Luc,</hi> der wichtigſte und ſtandhaſteſte Gegner des antiphlogiſtiſchen Syſtems (Funfzehnter Brief an <hi rendition="#b">de la Metherie</hi> v. 11 Apr. 1791. in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. der Phyſ. B. <hi rendition="#aq">VII.</hi> S. 120.), erklaͤrt das Phlogiſton fuͤr eine beſondere Subſtanz, die eben ſo unwaͤgbar, wie das Feuer, ſey, einen Beſtandtheil aller brennbaren Luftarten ausmache, und durch ihre Eigenſchaft, ſich bey einem gewiſſen Grade der Waͤrme mit einem eigenthuͤmlichen feinen Stoffe der dephlogiſtiſirten Luft zu vereinigen, die unmittelbare Urſache der Entzuͤndung werde. Dieſes Phlogiſton unterſcheidet nach ihm die leichte brennbare Luft von Waſſerdunſt; es muß aber außerdem noch eine feine Subſtanz geben, welche die ganze Claſſe der ſchweren brennbaren Luftarten von der leichten unterſcheidet, und durch ihre Vereinigung mit dem Phlogiſton letzteres hindert, die dephlogiſtiſirte Luft zu zerſetzen. Eben dieſer Subſtanz ſchreibt er auch die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in fixe zu. Allein, ſetzt er hinzu, jetzt ſey es noch nicht Zeit, auf die Anwendung dieſer und aͤhnlicher Ideen zu kommen: noch mache die Hypotheſe von der Waſſerzerſetzung zu viel Geraͤuſch, und das Weſentlichſte ſey, durch eine Entſcheidung uͤber die Natur des Waſſers, welche nur die Meteorologie verſchaffen koͤnne, den chemiſchen Unterſuchungen ihren fernern Weg zu bezeichnen.</p> <p>Hr. <hi rendition="#b">Gren,</hi> deſſen vormalige Meinung vom Phlogiſton im Art. S. 472. angefuͤhrt wird, hatte zwar bey der neuen Bearbeitung ſeines ſchaͤtzbaren Grundriſſes der Naturlehre (Halle, 1793. 8.) noch dieſe Meinung beybehalten; aber das Phaͤnomen der Gewichtszunahme, das er ſonſt aus der negativen Schwere des Phlogiſtons erklaͤrte, jetzt auf eine andere Art begreiflich zu machen geſucht. Er ſetzte nemlich das Phlogiſton aus Licht und Waͤrmeſtoff zuſammen, welche beyde Stoffe ohne Schwere, aber mit einer urſpruͤnglichen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [701/0713]
nicht erklaͤrt. Auf dieſes nehme aber das antiphlogiſtiſche Syſtem gar nicht Ruͤckſicht. Dennoch ſtehe das Licht mit der Brennbarkeit in Verbindung, wie ſchon der von Newton entdeckte merkwuͤrdige Zuſammenhang zwiſchen Brennbarkeit und Brechung des Lichts in durchſichtigen brenbaren Koͤrpern, z. B. dem Demant und Terpentinoͤl, beweiſt.
Herr de Luc, der wichtigſte und ſtandhaſteſte Gegner des antiphlogiſtiſchen Syſtems (Funfzehnter Brief an de la Metherie v. 11 Apr. 1791. in Grens Journ. der Phyſ. B. VII. S. 120.), erklaͤrt das Phlogiſton fuͤr eine beſondere Subſtanz, die eben ſo unwaͤgbar, wie das Feuer, ſey, einen Beſtandtheil aller brennbaren Luftarten ausmache, und durch ihre Eigenſchaft, ſich bey einem gewiſſen Grade der Waͤrme mit einem eigenthuͤmlichen feinen Stoffe der dephlogiſtiſirten Luft zu vereinigen, die unmittelbare Urſache der Entzuͤndung werde. Dieſes Phlogiſton unterſcheidet nach ihm die leichte brennbare Luft von Waſſerdunſt; es muß aber außerdem noch eine feine Subſtanz geben, welche die ganze Claſſe der ſchweren brennbaren Luftarten von der leichten unterſcheidet, und durch ihre Vereinigung mit dem Phlogiſton letzteres hindert, die dephlogiſtiſirte Luft zu zerſetzen. Eben dieſer Subſtanz ſchreibt er auch die Verwandlung der dephlogiſtiſirten Luft in fixe zu. Allein, ſetzt er hinzu, jetzt ſey es noch nicht Zeit, auf die Anwendung dieſer und aͤhnlicher Ideen zu kommen: noch mache die Hypotheſe von der Waſſerzerſetzung zu viel Geraͤuſch, und das Weſentlichſte ſey, durch eine Entſcheidung uͤber die Natur des Waſſers, welche nur die Meteorologie verſchaffen koͤnne, den chemiſchen Unterſuchungen ihren fernern Weg zu bezeichnen.
Hr. Gren, deſſen vormalige Meinung vom Phlogiſton im Art. S. 472. angefuͤhrt wird, hatte zwar bey der neuen Bearbeitung ſeines ſchaͤtzbaren Grundriſſes der Naturlehre (Halle, 1793. 8.) noch dieſe Meinung beybehalten; aber das Phaͤnomen der Gewichtszunahme, das er ſonſt aus der negativen Schwere des Phlogiſtons erklaͤrte, jetzt auf eine andere Art begreiflich zu machen geſucht. Er ſetzte nemlich das Phlogiſton aus Licht und Waͤrmeſtoff zuſammen, welche beyde Stoffe ohne Schwere, aber mit einer urſpruͤnglichen
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