Brennstoffs und durch doppelte Wahlverwandtschaften, statt der blos willkührlich angenommenen einfachen, erklären lassen. Da diese Erklärungsarten mit den Erfahrungen eben sowohl, als die antiphlogistischen, übereinstimmen, so zeigt sich hieraus wenigstens, daß das Daseyn eines Stoffs, der im verbrennlichen Körper selbst liege, und den Grund der Verbrennlichkeit enthalte, weder der Vernunft, noch der Erfahrung widerstreite. Hr. Richter schlägt vielmehr diese neue Idee vom Brennstoff als ein schickliches Mittel vor, die streitenden Partheyen zu vereinigen -- ein Gedanke, den schon Hr. Leonhardi geäußert hatte, und den, wie ich bald anführen werde, auch Hr. Gren seinem neuen System der Chemie zum Grunde gelegt hat.
Hr Hofrath Lichtenberg (Erxlebens Naturl. Sechste Aufl. 1794. Anm. zu §. 488.), der an andern Stellen dem antiphlogistischen System sehr unverdächtige Lobsprüche macht, empfiehlt dem philosophischen Natursorscher, ehe er über die Nonexistenz des Phlogistons entscheide, noch folgende Umstände zu bedenken. Erstens, daß doch die Einfachheit der Metalle, des Schwefels, Phosphors u. s. w. im neuen System eben so hypothetisch sey, als ihre Zusammengesetztheit im Alten, daher man die Lehrmeinung, daß sie beym Verbrennen oder Verkalken zerlegt werden, und etwas hergeben, nicht so schnell verlassen müsse, zumal da einige Metalle in der Hitze einen eigenthümlichen Geruch von sich geben, und sich schon dadurch als zusammengesetzte Körper verrathen. Zweytens wisse man gewiß, daß vor der Entzündung die Luft sehr schnell von dem heißen Körper weggetrieben, und durch kältere Luft ersetzt werde; daß sie nun bey einem gewissen Grade der Hitze von manchen heißen Körpern ohne weiteres Zwischenmittel endlich angehalten werde, da sie sie kurz vorher noch so schnell floh, und immer schneller, je heißer sie wurden, sey doch bloße Hypothese, und kaum so annehmlich, als die alte Meinung, daß der Körper auch etwas herzugeben anfange, das die Luft ihrer Flüchtigkeit beraube. Drittens sey es nicht möglich, über die Noneristenz eines Brennstoffs abzusprechen, so lange man die frap- <*>anteste Erscheinung beym Verbrennen, das Leuchten,
Brennſtoffs und durch doppelte Wahlverwandtſchaften, ſtatt der blos willkuͤhrlich angenommenen einfachen, erklaͤren laſſen. Da dieſe Erklaͤrungsarten mit den Erfahrungen eben ſowohl, als die antiphlogiſtiſchen, uͤbereinſtimmen, ſo zeigt ſich hieraus wenigſtens, daß das Daſeyn eines Stoffs, der im verbrennlichen Koͤrper ſelbſt liege, und den Grund der Verbrennlichkeit enthalte, weder der Vernunft, noch der Erfahrung widerſtreite. Hr. Richter ſchlaͤgt vielmehr dieſe neue Idee vom Brennſtoff als ein ſchickliches Mittel vor, die ſtreitenden Partheyen zu vereinigen — ein Gedanke, den ſchon Hr. Leonhardi geaͤußert hatte, und den, wie ich bald anfuͤhren werde, auch Hr. Gren ſeinem neuen Syſtem der Chemie zum Grunde gelegt hat.
Hr Hofrath Lichtenberg (Erxlebens Naturl. Sechſte Aufl. 1794. Anm. zu §. 488.), der an andern Stellen dem antiphlogiſtiſchen Syſtem ſehr unverdaͤchtige Lobſpruͤche macht, empfiehlt dem philoſophiſchen Naturſorſcher, ehe er uͤber die Nonexiſtenz des Phlogiſtons entſcheide, noch folgende Umſtaͤnde zu bedenken. Erſtens, daß doch die Einfachheit der Metalle, des Schwefels, Phosphors u. ſ. w. im neuen Syſtem eben ſo hypothetiſch ſey, als ihre Zuſammengeſetztheit im Alten, daher man die Lehrmeinung, daß ſie beym Verbrennen oder Verkalken zerlegt werden, und etwas hergeben, nicht ſo ſchnell verlaſſen muͤſſe, zumal da einige Metalle in der Hitze einen eigenthuͤmlichen Geruch von ſich geben, und ſich ſchon dadurch als zuſammengeſetzte Koͤrper verrathen. Zweytens wiſſe man gewiß, daß vor der Entzuͤndung die Luft ſehr ſchnell von dem heißen Koͤrper weggetrieben, und durch kaͤltere Luft erſetzt werde; daß ſie nun bey einem gewiſſen Grade der Hitze von manchen heißen Koͤrpern ohne weiteres Zwiſchenmittel endlich angehalten werde, da ſie ſie kurz vorher noch ſo ſchnell floh, und immer ſchneller, je heißer ſie wurden, ſey doch bloße Hypotheſe, und kaum ſo annehmlich, als die alte Meinung, daß der Koͤrper auch etwas herzugeben anfange, das die Luft ihrer Fluͤchtigkeit beraube. Drittens ſey es nicht moͤglich, uͤber die Noneriſtenz eines Brennſtoffs abzuſprechen, ſo lange man die frap- <*>anteſte Erſcheinung beym Verbrennen, das Leuchten,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f0712"xml:id="P.5.700"n="700"/><lb/>
Brennſtoffs und durch doppelte Wahlverwandtſchaften, ſtatt der blos willkuͤhrlich angenommenen einfachen, erklaͤren laſſen. Da dieſe Erklaͤrungsarten mit den Erfahrungen eben ſowohl, als die antiphlogiſtiſchen, uͤbereinſtimmen, ſo zeigt ſich hieraus wenigſtens, daß das Daſeyn eines Stoffs, der im verbrennlichen Koͤrper ſelbſt liege, und den Grund der Verbrennlichkeit enthalte, weder der Vernunft, noch der Erfahrung widerſtreite. Hr. <hirendition="#b">Richter</hi>ſchlaͤgt vielmehr dieſe neue Idee vom Brennſtoff als ein ſchickliches Mittel vor, die ſtreitenden Partheyen zu vereinigen — ein Gedanke, den ſchon Hr. <hirendition="#b">Leonhardi</hi> geaͤußert hatte, und den, wie ich bald anfuͤhren werde, auch Hr. <hirendition="#b">Gren</hi>ſeinem neuen Syſtem der Chemie zum Grunde gelegt hat.</p><p>Hr Hofrath <hirendition="#b">Lichtenberg</hi> (Erxlebens Naturl. Sechſte Aufl. 1794. Anm. zu §. 488.), der an andern Stellen dem antiphlogiſtiſchen Syſtem ſehr unverdaͤchtige Lobſpruͤche macht, empfiehlt dem philoſophiſchen Naturſorſcher, ehe er uͤber die Nonexiſtenz des Phlogiſtons entſcheide, noch folgende Umſtaͤnde zu bedenken. <hirendition="#b">Erſtens,</hi> daß doch die Einfachheit der Metalle, des Schwefels, Phosphors u. ſ. w. im neuen Syſtem eben ſo hypothetiſch ſey, als ihre Zuſammengeſetztheit im Alten, daher man die Lehrmeinung, daß ſie beym Verbrennen oder Verkalken zerlegt werden, und etwas hergeben, nicht ſo ſchnell verlaſſen muͤſſe, zumal da einige Metalle in der Hitze einen eigenthuͤmlichen Geruch von ſich geben, und ſich ſchon dadurch als zuſammengeſetzte Koͤrper verrathen. <hirendition="#b">Zweytens</hi> wiſſe man gewiß, daß vor der Entzuͤndung die Luft ſehr ſchnell von dem heißen Koͤrper weggetrieben, und durch kaͤltere Luft erſetzt werde; daß ſie nun bey einem gewiſſen Grade der Hitze von manchen heißen Koͤrpern ohne weiteres Zwiſchenmittel endlich angehalten werde, da ſie ſie kurz vorher noch ſo ſchnell floh, und immer ſchneller, je heißer ſie wurden, ſey doch bloße Hypotheſe, und kaum ſo annehmlich, als die alte Meinung, daß der Koͤrper auch etwas herzugeben anfange, das die Luft ihrer Fluͤchtigkeit beraube. <hirendition="#b">Drittens</hi>ſey es nicht moͤglich, uͤber die Noneriſtenz eines Brennſtoffs abzuſprechen, ſo lange man die frap- <*>anteſte Erſcheinung beym Verbrennen, das <hirendition="#b">Leuchten,</hi><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[700/0712]
Brennſtoffs und durch doppelte Wahlverwandtſchaften, ſtatt der blos willkuͤhrlich angenommenen einfachen, erklaͤren laſſen. Da dieſe Erklaͤrungsarten mit den Erfahrungen eben ſowohl, als die antiphlogiſtiſchen, uͤbereinſtimmen, ſo zeigt ſich hieraus wenigſtens, daß das Daſeyn eines Stoffs, der im verbrennlichen Koͤrper ſelbſt liege, und den Grund der Verbrennlichkeit enthalte, weder der Vernunft, noch der Erfahrung widerſtreite. Hr. Richter ſchlaͤgt vielmehr dieſe neue Idee vom Brennſtoff als ein ſchickliches Mittel vor, die ſtreitenden Partheyen zu vereinigen — ein Gedanke, den ſchon Hr. Leonhardi geaͤußert hatte, und den, wie ich bald anfuͤhren werde, auch Hr. Gren ſeinem neuen Syſtem der Chemie zum Grunde gelegt hat.
Hr Hofrath Lichtenberg (Erxlebens Naturl. Sechſte Aufl. 1794. Anm. zu §. 488.), der an andern Stellen dem antiphlogiſtiſchen Syſtem ſehr unverdaͤchtige Lobſpruͤche macht, empfiehlt dem philoſophiſchen Naturſorſcher, ehe er uͤber die Nonexiſtenz des Phlogiſtons entſcheide, noch folgende Umſtaͤnde zu bedenken. Erſtens, daß doch die Einfachheit der Metalle, des Schwefels, Phosphors u. ſ. w. im neuen Syſtem eben ſo hypothetiſch ſey, als ihre Zuſammengeſetztheit im Alten, daher man die Lehrmeinung, daß ſie beym Verbrennen oder Verkalken zerlegt werden, und etwas hergeben, nicht ſo ſchnell verlaſſen muͤſſe, zumal da einige Metalle in der Hitze einen eigenthuͤmlichen Geruch von ſich geben, und ſich ſchon dadurch als zuſammengeſetzte Koͤrper verrathen. Zweytens wiſſe man gewiß, daß vor der Entzuͤndung die Luft ſehr ſchnell von dem heißen Koͤrper weggetrieben, und durch kaͤltere Luft erſetzt werde; daß ſie nun bey einem gewiſſen Grade der Hitze von manchen heißen Koͤrpern ohne weiteres Zwiſchenmittel endlich angehalten werde, da ſie ſie kurz vorher noch ſo ſchnell floh, und immer ſchneller, je heißer ſie wurden, ſey doch bloße Hypotheſe, und kaum ſo annehmlich, als die alte Meinung, daß der Koͤrper auch etwas herzugeben anfange, das die Luft ihrer Fluͤchtigkeit beraube. Drittens ſey es nicht moͤglich, uͤber die Noneriſtenz eines Brennſtoffs abzuſprechen, ſo lange man die frap- <*>anteſte Erſcheinung beym Verbrennen, das Leuchten,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 700. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/712>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.