mit vielem Nachdruck und Gründlichkeit beantwortet. Er zeigt in dieser vortreflichen Schrift sehr deutlich, daß es unter den Erfahrungen, die die Antiphlogistiker anführen, auch nicht eine einzige gebe, welche schlechterdings zwinge, das Daseyn eines Brennstoffs zu verneinen; und daß überhaupt alles, was man dem Phlogiston entgegensetzen wolle, nicht aus den Erfahrungen selbst, sondern aus den Erklärungen derselben hergeleitet werde. Bey diesen Erklärungen werde nun ganz willkührlich angenommen, die Verbrennung (z. B des Phosphors) sey ein Erfolg einer einfachen Verwandtschaft, wobey nur drey Stoffe (Phosphor, Sauerstoff, Wärmestoff) wirksam wären, so daß freylich das Phlogiston wegbleibe. Aber das Factum der Verbrennung selbst lehre ja nichts hierüber: im Gegentheil enthalte es noch eine Erscheinung mehr, nemlich das Licht, welches zu erklären die Antiphlogistiker ganz vergessen hätten, da es doch offenbar von der Wärme verschieden sey, mithin noch einen vierten Stoff zu erkennen gebe, und auf eine doppelte Verwandtschaft hinweise. Dieser vierte Stoff, der demzufolge im verbrennlichen Körper liegen müsse, scheine durch seine Vereinigung mit dem Wärmestoffe das Licht zu bilden. So lange man nun nicht erweisen könne, daß Wärme mit Licht einerley sey, so lange müsse es erlaubt bleiben, dieses vierte Unbekannte, was mit Wärmestoff Licht hervorzubringen im Stande sey, Brennstoff oder Phlogiston zu nennen, eben sowohl, als es erlaubt sey, das Unbekannte, was die Empfindung der Wärme erregt, mit dem Namen Wärmestoff zu bezeichnen. Diesen Grundsätzen gemäß nimmt Hr. Richter dasjenige für den Brennstoff an, was mit Wärmestoff Licht hervorzubringen vermag, setzt jeden verbrennlichen Körper aus einem ihm eignen Substrat und diesem Brennstoff zusammen, und zeigt nun ausführlich, wie sich die von den Antiphlogistikern gegen das Phlogiston gebrauchten Erscheinungen der Verbrennung, Verkalkung, Wasserzerlegung, Salpetersäure, dephlogistisirten Salzsäure, des Ammoniaks, der Schwefelleberluft, des Athmens, der Vegetation, der Gewichtszunahme u. s. w. eben so befriedigend, und oft noch besser, durch Einführung dieses
mit vielem Nachdruck und Gruͤndlichkeit beantwortet. Er zeigt in dieſer vortreflichen Schrift ſehr deutlich, daß es unter den Erfahrungen, die die Antiphlogiſtiker anfuͤhren, auch nicht eine einzige gebe, welche ſchlechterdings zwinge, das Daſeyn eines Brennſtoffs zu verneinen; und daß uͤberhaupt alles, was man dem Phlogiſton entgegenſetzen wolle, nicht aus den Erfahrungen ſelbſt, ſondern aus den Erklaͤrungen derſelben hergeleitet werde. Bey dieſen Erklaͤrungen werde nun ganz willkuͤhrlich angenommen, die Verbrennung (z. B des Phosphors) ſey ein Erfolg einer einfachen Verwandtſchaft, wobey nur drey Stoffe (Phosphor, Sauerſtoff, Waͤrmeſtoff) wirkſam waͤren, ſo daß freylich das Phlogiſton wegbleibe. Aber das Factum der Verbrennung ſelbſt lehre ja nichts hieruͤber: im Gegentheil enthalte es noch eine Erſcheinung mehr, nemlich das Licht, welches zu erklaͤren die Antiphlogiſtiker ganz vergeſſen haͤtten, da es doch offenbar von der Waͤrme verſchieden ſey, mithin noch einen vierten Stoff zu erkennen gebe, und auf eine doppelte Verwandtſchaft hinweiſe. Dieſer vierte Stoff, der demzufolge im verbrennlichen Koͤrper liegen muͤſſe, ſcheine durch ſeine Vereinigung mit dem Waͤrmeſtoffe das Licht zu bilden. So lange man nun nicht erweiſen koͤnne, daß Waͤrme mit Licht einerley ſey, ſo lange muͤſſe es erlaubt bleiben, dieſes vierte Unbekannte, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen im Stande ſey, Brennſtoff oder Phlogiſton zu nennen, eben ſowohl, als es erlaubt ſey, das Unbekannte, was die Empfindung der Waͤrme erregt, mit dem Namen Waͤrmeſtoff zu bezeichnen. Dieſen Grundſaͤtzen gemaͤß nimmt Hr. Richter dasjenige fuͤr den Brennſtoff an, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen vermag, ſetzt jeden verbrennlichen Koͤrper aus einem ihm eignen Subſtrat und dieſem Brennſtoff zuſammen, und zeigt nun ausfuͤhrlich, wie ſich die von den Antiphlogiſtikern gegen das Phlogiſton gebrauchten Erſcheinungen der Verbrennung, Verkalkung, Waſſerzerlegung, Salpeterſaͤure, dephlogiſtiſirten Salzſaͤure, des Ammoniaks, der Schwefelleberluft, des Athmens, der Vegetation, der Gewichtszunahme u. ſ. w. eben ſo befriedigend, und oft noch beſſer, durch Einfuͤhrung dieſes
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f0711"xml:id="P.5.699"n="699"/><lb/>
mit vielem Nachdruck und Gruͤndlichkeit beantwortet. Er zeigt in dieſer vortreflichen Schrift ſehr deutlich, daß es unter den Erfahrungen, die die Antiphlogiſtiker anfuͤhren, auch nicht eine einzige gebe, welche ſchlechterdings zwinge, das Daſeyn eines Brennſtoffs zu verneinen; und daß uͤberhaupt alles, was man dem Phlogiſton entgegenſetzen wolle, nicht aus den Erfahrungen ſelbſt, ſondern aus den Erklaͤrungen derſelben hergeleitet werde. Bey dieſen Erklaͤrungen werde nun ganz willkuͤhrlich angenommen, die Verbrennung (z. B des Phosphors) ſey ein Erfolg einer <hirendition="#b">einfachen Verwandtſchaft,</hi> wobey nur drey Stoffe (Phosphor, Sauerſtoff, Waͤrmeſtoff) wirkſam waͤren, ſo daß freylich das Phlogiſton wegbleibe. Aber das Factum der Verbrennung ſelbſt lehre ja nichts hieruͤber: im Gegentheil enthalte es noch eine Erſcheinung mehr, nemlich das <hirendition="#b">Licht,</hi> welches zu erklaͤren die Antiphlogiſtiker ganz vergeſſen haͤtten, da es doch offenbar von der Waͤrme verſchieden ſey, mithin noch einen vierten Stoff zu erkennen gebe, und auf eine <hirendition="#b">doppelte Verwandtſchaft</hi> hinweiſe. Dieſer vierte Stoff, der demzufolge im verbrennlichen Koͤrper liegen muͤſſe, ſcheine durch ſeine Vereinigung mit dem Waͤrmeſtoffe das Licht zu bilden. So lange man nun nicht erweiſen koͤnne, daß Waͤrme mit Licht einerley ſey, ſo lange muͤſſe es erlaubt bleiben, dieſes vierte Unbekannte, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen im Stande ſey, <hirendition="#b">Brennſtoff</hi> oder <hirendition="#b">Phlogiſton</hi> zu nennen, eben ſowohl, als es erlaubt ſey, das Unbekannte, was die Empfindung der Waͤrme erregt, mit dem Namen <hirendition="#b">Waͤrmeſtoff</hi> zu bezeichnen. Dieſen Grundſaͤtzen gemaͤß nimmt Hr. <hirendition="#b">Richter</hi> dasjenige fuͤr den Brennſtoff an, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen vermag, ſetzt jeden verbrennlichen Koͤrper aus einem ihm eignen <hirendition="#b">Subſtrat</hi> und dieſem <hirendition="#b">Brennſtoff</hi> zuſammen, und zeigt nun ausfuͤhrlich, wie ſich die von den Antiphlogiſtikern gegen das Phlogiſton gebrauchten Erſcheinungen der Verbrennung, Verkalkung, Waſſerzerlegung, Salpeterſaͤure, dephlogiſtiſirten Salzſaͤure, des Ammoniaks, der Schwefelleberluft, des Athmens, der Vegetation, der Gewichtszunahme u. ſ. w. eben ſo befriedigend, und oft noch beſſer, durch Einfuͤhrung dieſes<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[699/0711]
mit vielem Nachdruck und Gruͤndlichkeit beantwortet. Er zeigt in dieſer vortreflichen Schrift ſehr deutlich, daß es unter den Erfahrungen, die die Antiphlogiſtiker anfuͤhren, auch nicht eine einzige gebe, welche ſchlechterdings zwinge, das Daſeyn eines Brennſtoffs zu verneinen; und daß uͤberhaupt alles, was man dem Phlogiſton entgegenſetzen wolle, nicht aus den Erfahrungen ſelbſt, ſondern aus den Erklaͤrungen derſelben hergeleitet werde. Bey dieſen Erklaͤrungen werde nun ganz willkuͤhrlich angenommen, die Verbrennung (z. B des Phosphors) ſey ein Erfolg einer einfachen Verwandtſchaft, wobey nur drey Stoffe (Phosphor, Sauerſtoff, Waͤrmeſtoff) wirkſam waͤren, ſo daß freylich das Phlogiſton wegbleibe. Aber das Factum der Verbrennung ſelbſt lehre ja nichts hieruͤber: im Gegentheil enthalte es noch eine Erſcheinung mehr, nemlich das Licht, welches zu erklaͤren die Antiphlogiſtiker ganz vergeſſen haͤtten, da es doch offenbar von der Waͤrme verſchieden ſey, mithin noch einen vierten Stoff zu erkennen gebe, und auf eine doppelte Verwandtſchaft hinweiſe. Dieſer vierte Stoff, der demzufolge im verbrennlichen Koͤrper liegen muͤſſe, ſcheine durch ſeine Vereinigung mit dem Waͤrmeſtoffe das Licht zu bilden. So lange man nun nicht erweiſen koͤnne, daß Waͤrme mit Licht einerley ſey, ſo lange muͤſſe es erlaubt bleiben, dieſes vierte Unbekannte, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen im Stande ſey, Brennſtoff oder Phlogiſton zu nennen, eben ſowohl, als es erlaubt ſey, das Unbekannte, was die Empfindung der Waͤrme erregt, mit dem Namen Waͤrmeſtoff zu bezeichnen. Dieſen Grundſaͤtzen gemaͤß nimmt Hr. Richter dasjenige fuͤr den Brennſtoff an, was mit Waͤrmeſtoff Licht hervorzubringen vermag, ſetzt jeden verbrennlichen Koͤrper aus einem ihm eignen Subſtrat und dieſem Brennſtoff zuſammen, und zeigt nun ausfuͤhrlich, wie ſich die von den Antiphlogiſtikern gegen das Phlogiſton gebrauchten Erſcheinungen der Verbrennung, Verkalkung, Waſſerzerlegung, Salpeterſaͤure, dephlogiſtiſirten Salzſaͤure, des Ammoniaks, der Schwefelleberluft, des Athmens, der Vegetation, der Gewichtszunahme u. ſ. w. eben ſo befriedigend, und oft noch beſſer, durch Einfuͤhrung dieſes
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 699. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/711>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.