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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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bey jedem gegebnen Grade der Wärme mehr Feuermaterie aufnimmt, als vorher. So hat Thompson (s. Wärme, Th. IV. S. 556.) gefunden, daß Luft, die durch Trocknung nasser Körper feucht geworden war, die Wärme mehr denn viermal besser leitete, als trockne Luft. Die Vermehrung der Feuermaterie aber hat die Wirkung, daß die Luft dadurch, bey gleichem Grade der Wärme, elastischer wird.

Hieraus soll nun die verschiedene Wirkung beyder Ausdünstungsarten auf die Elasticität der Luft begreiflich werden. So lange das Wasser noch schnell genug aufgelöset wird, wächst die Leitungsfähigkeit und Federkraft der Luft durch die Erkältung ziemlich genau in dem Verhältnisse ihrer wahren Feuchtigkeit. Wird aber die Auflösung so weit verzögert, daß die Erkältung nicht mehr statt findet, so nimmt auch die Leitungsfähigkeit der Luft, und mit dieser ihre Federkraft nicht weiter zu. (Hiemit scheint doch die Sache noch lange nicht abgemacht. Wenn bey langsamer und schwacher Ausdünstung das Thermometer keine Erkältung zeigt, so kömmt das doch nur daher, weil in diesem Falle der Apparat Zeit genug hat, um sich immerfort wieder in die Temperatur der umgebenden Körper zu setzen; daher scheint er sich ganz in dieser Temperatur zu erhalten. Also ist die Erkältung wohl da, selbst nach dem Auflösungssystem, nach welchem ja keine Auflösung ohne Erkältung statt finden soll; man bemerkt sie aber nicht, weil sie sich wieder ersetzt, ehe man Zeit hat, sie zu beobachten. Die stärkere Erkältung bey schnellern Ausdünstungen ersetzt sich am Ende auch wieder, nur in längerer Zeit, und erst, wenn die schnelle Verdünstung aufgehört hat. Wenn aber dieses geschehen ist, so sind beyde Fälle wiederum gleich, und haben zwo gleiche Luftmassen gleichviel Wasser aufgenommen, so sollte man denken, sie müßten auch am Ende gleichviel Wärmestoff gebunden, gleiches Leitungsvermögen und gleiche Vermehrung der Federkraft erhalten haben. Alles dieses kömmt ja auf die Totalsumme an, und man sieht nicht, was die Zeit oder Geschwindigkeit darinn ändern soll.)

Dennoch sind beyde Arten der Ausdünstung wahre Auflösungen, d. h. sie erzeugen eigne gleichartige Materien, die


bey jedem gegebnen Grade der Waͤrme mehr Feuermaterie aufnimmt, als vorher. So hat Thompſon (ſ. Waͤrme, Th. IV. S. 556.) gefunden, daß Luft, die durch Trocknung naſſer Koͤrper feucht geworden war, die Waͤrme mehr denn viermal beſſer leitete, als trockne Luft. Die Vermehrung der Feuermaterie aber hat die Wirkung, daß die Luft dadurch, bey gleichem Grade der Waͤrme, elaſtiſcher wird.

Hieraus ſoll nun die verſchiedene Wirkung beyder Ausduͤnſtungsarten auf die Elaſticitaͤt der Luft begreiflich werden. So lange das Waſſer noch ſchnell genug aufgeloͤſet wird, waͤchſt die Leitungsfaͤhigkeit und Federkraft der Luft durch die Erkaͤltung ziemlich genau in dem Verhaͤltniſſe ihrer wahren Feuchtigkeit. Wird aber die Aufloͤſung ſo weit verzoͤgert, daß die Erkaͤltung nicht mehr ſtatt findet, ſo nimmt auch die Leitungsfaͤhigkeit der Luft, und mit dieſer ihre Federkraft nicht weiter zu. (Hiemit ſcheint doch die Sache noch lange nicht abgemacht. Wenn bey langſamer und ſchwacher Ausduͤnſtung das Thermometer keine Erkaͤltung zeigt, ſo koͤmmt das doch nur daher, weil in dieſem Falle der Apparat Zeit genug hat, um ſich immerfort wieder in die Temperatur der umgebenden Koͤrper zu ſetzen; daher ſcheint er ſich ganz in dieſer Temperatur zu erhalten. Alſo iſt die Erkaͤltung wohl da, ſelbſt nach dem Aufloͤſungsſyſtem, nach welchem ja keine Aufloͤſung ohne Erkaͤltung ſtatt finden ſoll; man bemerkt ſie aber nicht, weil ſie ſich wieder erſetzt, ehe man Zeit hat, ſie zu beobachten. Die ſtaͤrkere Erkaͤltung bey ſchnellern Ausduͤnſtungen erſetzt ſich am Ende auch wieder, nur in laͤngerer Zeit, und erſt, wenn die ſchnelle Verduͤnſtung aufgehoͤrt hat. Wenn aber dieſes geſchehen iſt, ſo ſind beyde Faͤlle wiederum gleich, und haben zwo gleiche Luftmaſſen gleichviel Waſſer aufgenommen, ſo ſollte man denken, ſie muͤßten auch am Ende gleichviel Waͤrmeſtoff gebunden, gleiches Leitungsvermoͤgen und gleiche Vermehrung der Federkraft erhalten haben. Alles dieſes koͤmmt ja auf die Totalſumme an, und man ſieht nicht, was die Zeit oder Geſchwindigkeit darinn aͤndern ſoll.)

Dennoch ſind beyde Arten der Ausduͤnſtung wahre Aufloͤſungen, d. h. ſie erzeugen eigne gleichartige Materien, die

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[105/0117] bey jedem gegebnen Grade der Waͤrme mehr Feuermaterie aufnimmt, als vorher. So hat Thompſon (ſ. Waͤrme, Th. IV. S. 556.) gefunden, daß Luft, die durch Trocknung naſſer Koͤrper feucht geworden war, die Waͤrme mehr denn viermal beſſer leitete, als trockne Luft. Die Vermehrung der Feuermaterie aber hat die Wirkung, daß die Luft dadurch, bey gleichem Grade der Waͤrme, elaſtiſcher wird. Hieraus ſoll nun die verſchiedene Wirkung beyder Ausduͤnſtungsarten auf die Elaſticitaͤt der Luft begreiflich werden. So lange das Waſſer noch ſchnell genug aufgeloͤſet wird, waͤchſt die Leitungsfaͤhigkeit und Federkraft der Luft durch die Erkaͤltung ziemlich genau in dem Verhaͤltniſſe ihrer wahren Feuchtigkeit. Wird aber die Aufloͤſung ſo weit verzoͤgert, daß die Erkaͤltung nicht mehr ſtatt findet, ſo nimmt auch die Leitungsfaͤhigkeit der Luft, und mit dieſer ihre Federkraft nicht weiter zu. (Hiemit ſcheint doch die Sache noch lange nicht abgemacht. Wenn bey langſamer und ſchwacher Ausduͤnſtung das Thermometer keine Erkaͤltung zeigt, ſo koͤmmt das doch nur daher, weil in dieſem Falle der Apparat Zeit genug hat, um ſich immerfort wieder in die Temperatur der umgebenden Koͤrper zu ſetzen; daher ſcheint er ſich ganz in dieſer Temperatur zu erhalten. Alſo iſt die Erkaͤltung wohl da, ſelbſt nach dem Aufloͤſungsſyſtem, nach welchem ja keine Aufloͤſung ohne Erkaͤltung ſtatt finden ſoll; man bemerkt ſie aber nicht, weil ſie ſich wieder erſetzt, ehe man Zeit hat, ſie zu beobachten. Die ſtaͤrkere Erkaͤltung bey ſchnellern Ausduͤnſtungen erſetzt ſich am Ende auch wieder, nur in laͤngerer Zeit, und erſt, wenn die ſchnelle Verduͤnſtung aufgehoͤrt hat. Wenn aber dieſes geſchehen iſt, ſo ſind beyde Faͤlle wiederum gleich, und haben zwo gleiche Luftmaſſen gleichviel Waſſer aufgenommen, ſo ſollte man denken, ſie muͤßten auch am Ende gleichviel Waͤrmeſtoff gebunden, gleiches Leitungsvermoͤgen und gleiche Vermehrung der Federkraft erhalten haben. Alles dieſes koͤmmt ja auf die Totalſumme an, und man ſieht nicht, was die Zeit oder Geſchwindigkeit darinn aͤndern ſoll.) Dennoch ſind beyde Arten der Ausduͤnſtung wahre Aufloͤſungen, d. h. ſie erzeugen eigne gleichartige Materien, die

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/117>, abgerufen am 22.11.2024.