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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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in allen ihren kleinsten Theilchen ihren besondern Bau haben. Nur die Art, wie Luft und Wasser vereiniget sind, ist in beyden verschieden, und so können zwey gleiche Luftmassen bey gleichen Mengen aufgelößter Feuchtigkeit dennoch von verschiedener Beschaffenheit seyn, wenn sie sich auf verschiedene Art mit dem Wasser verbunden haben.

In sehr verdünnter Luft ist die Ausdünstung des Wassers allezeit von der ersten Art, d. i. schnell, reissend und mit einer ungemeinen Verstärkung der Federkraft begleitet. Dies wird durch die Phänomene des Wasserhammers (s. Wasserhammer, Th. IV. S. 657.), und der Franklinischen Röhre (s. Th. I. S. 628. u. Taf. VI. Fig. 103.) bestätiget. In diesen Werkzeugen kocht das Wasser schon durch die bloße Wärme der Hand, weil ihre im höchsten Grade verdünnte Luft es mit einer Gewalt, die an Verdampfung grenzt, auflöset, sobald ihre Ziehkraft durch die mindeste Wärme verstärkt wird. Ein Wassertröpfchen durch das Quecksilber hindurch in den obern Raum eines Barometers gebracht, wird daselbst sogleich von der höchst dünnen Luft, die über dem Quecksilber ist, aufgelöset; dadurch nimmt die Federkraft dieser Luft so zu, daß sie das Quecksilber über 10 Lin. (nach Watt's Versuchen nur 6 Lin.) tiefer herabdrückt. (Hier fühlt man die Schwäche des Auflösungssystems am merklichsten. Dieses System will die beträchtlichen Wirkungen, die hier entstehen, aus der verstärkten Federkraft der Luft herleiten. Aber in den beschriebenen Werkzeugen, so wie über dem Quecksilber im Barometer, befindet sich ja gar keine Luft, oder doch so wenig, daß es alle Einbildungskraft übersteigen würde, derselben bey einer so beträchtlichen Ausdehnung noch eine so ungeheure Federkraft zu geben. Man hat Wasserhämmer und Franklinische Röhren, so rein von Luft, daß sich darinn keine einem menschlichen Auge sichtbare Luftblase aufbringen läßt: dennoch darf man nur die Kugel in die warme Hand nehmen, um eine Menge durchsichtiger Blasen aufsteigen zu sehen, die so lange fortdauern, als sich noch Wasser in der Kugel befindet. Noch mehr, je besser alles von Luft gereinigt ist, desto schneller entstehen die Blasen, und desto rascher durchdringen sie das Wasser. Soll dies etwa noch Auflösung


in allen ihren kleinſten Theilchen ihren beſondern Bau haben. Nur die Art, wie Luft und Waſſer vereiniget ſind, iſt in beyden verſchieden, und ſo koͤnnen zwey gleiche Luftmaſſen bey gleichen Mengen aufgeloͤßter Feuchtigkeit dennoch von verſchiedener Beſchaffenheit ſeyn, wenn ſie ſich auf verſchiedene Art mit dem Waſſer verbunden haben.

In ſehr verduͤnnter Luft iſt die Ausduͤnſtung des Waſſers allezeit von der erſten Art, d. i. ſchnell, reiſſend und mit einer ungemeinen Verſtaͤrkung der Federkraft begleitet. Dies wird durch die Phaͤnomene des Waſſerhammers (ſ. Waſſerhammer, Th. IV. S. 657.), und der Frankliniſchen Roͤhre (ſ. Th. I. S. 628. u. Taf. VI. Fig. 103.) beſtaͤtiget. In dieſen Werkzeugen kocht das Waſſer ſchon durch die bloße Waͤrme der Hand, weil ihre im hoͤchſten Grade verduͤnnte Luft es mit einer Gewalt, die an Verdampfung grenzt, aufloͤſet, ſobald ihre Ziehkraft durch die mindeſte Waͤrme verſtaͤrkt wird. Ein Waſſertroͤpfchen durch das Queckſilber hindurch in den obern Raum eines Barometers gebracht, wird daſelbſt ſogleich von der hoͤchſt duͤnnen Luft, die uͤber dem Queckſilber iſt, aufgeloͤſet; dadurch nimmt die Federkraft dieſer Luft ſo zu, daß ſie das Queckſilber uͤber 10 Lin. (nach Watt's Verſuchen nur 6 Lin.) tiefer herabdruͤckt. (Hier fuͤhlt man die Schwaͤche des Aufloͤſungsſyſtems am merklichſten. Dieſes Syſtem will die betraͤchtlichen Wirkungen, die hier entſtehen, aus der verſtaͤrkten Federkraft der Luft herleiten. Aber in den beſchriebenen Werkzeugen, ſo wie uͤber dem Queckſilber im Barometer, befindet ſich ja gar keine Luft, oder doch ſo wenig, daß es alle Einbildungskraft uͤberſteigen wuͤrde, derſelben bey einer ſo betraͤchtlichen Ausdehnung noch eine ſo ungeheure Federkraft zu geben. Man hat Waſſerhaͤmmer und Frankliniſche Roͤhren, ſo rein von Luft, daß ſich darinn keine einem menſchlichen Auge ſichtbare Luftblaſe aufbringen laͤßt: dennoch darf man nur die Kugel in die warme Hand nehmen, um eine Menge durchſichtiger Blaſen aufſteigen zu ſehen, die ſo lange fortdauern, als ſich noch Waſſer in der Kugel befindet. Noch mehr, je beſſer alles von Luft gereinigt iſt, deſto ſchneller entſtehen die Blaſen, und deſto raſcher durchdringen ſie das Waſſer. Soll dies etwa noch Aufloͤſung

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[106/0118] in allen ihren kleinſten Theilchen ihren beſondern Bau haben. Nur die Art, wie Luft und Waſſer vereiniget ſind, iſt in beyden verſchieden, und ſo koͤnnen zwey gleiche Luftmaſſen bey gleichen Mengen aufgeloͤßter Feuchtigkeit dennoch von verſchiedener Beſchaffenheit ſeyn, wenn ſie ſich auf verſchiedene Art mit dem Waſſer verbunden haben. In ſehr verduͤnnter Luft iſt die Ausduͤnſtung des Waſſers allezeit von der erſten Art, d. i. ſchnell, reiſſend und mit einer ungemeinen Verſtaͤrkung der Federkraft begleitet. Dies wird durch die Phaͤnomene des Waſſerhammers (ſ. Waſſerhammer, Th. IV. S. 657.), und der Frankliniſchen Roͤhre (ſ. Th. I. S. 628. u. Taf. VI. Fig. 103.) beſtaͤtiget. In dieſen Werkzeugen kocht das Waſſer ſchon durch die bloße Waͤrme der Hand, weil ihre im hoͤchſten Grade verduͤnnte Luft es mit einer Gewalt, die an Verdampfung grenzt, aufloͤſet, ſobald ihre Ziehkraft durch die mindeſte Waͤrme verſtaͤrkt wird. Ein Waſſertroͤpfchen durch das Queckſilber hindurch in den obern Raum eines Barometers gebracht, wird daſelbſt ſogleich von der hoͤchſt duͤnnen Luft, die uͤber dem Queckſilber iſt, aufgeloͤſet; dadurch nimmt die Federkraft dieſer Luft ſo zu, daß ſie das Queckſilber uͤber 10 Lin. (nach Watt's Verſuchen nur 6 Lin.) tiefer herabdruͤckt. (Hier fuͤhlt man die Schwaͤche des Aufloͤſungsſyſtems am merklichſten. Dieſes Syſtem will die betraͤchtlichen Wirkungen, die hier entſtehen, aus der verſtaͤrkten Federkraft der Luft herleiten. Aber in den beſchriebenen Werkzeugen, ſo wie uͤber dem Queckſilber im Barometer, befindet ſich ja gar keine Luft, oder doch ſo wenig, daß es alle Einbildungskraft uͤberſteigen wuͤrde, derſelben bey einer ſo betraͤchtlichen Ausdehnung noch eine ſo ungeheure Federkraft zu geben. Man hat Waſſerhaͤmmer und Frankliniſche Roͤhren, ſo rein von Luft, daß ſich darinn keine einem menſchlichen Auge ſichtbare Luftblaſe aufbringen laͤßt: dennoch darf man nur die Kugel in die warme Hand nehmen, um eine Menge durchſichtiger Blaſen aufſteigen zu ſehen, die ſo lange fortdauern, als ſich noch Waſſer in der Kugel befindet. Noch mehr, je beſſer alles von Luft gereinigt iſt, deſto ſchneller entſtehen die Blaſen, und deſto raſcher durchdringen ſie das Waſſer. Soll dies etwa noch Aufloͤſung

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/118>, abgerufen am 25.11.2024.