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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Wasser genannt werden: also möchte wohl das ganze Phänomen der Ausdünstung oder sogenannten Verrauchung auf eine Auflösung in Wärmestoff, d. i. auf Verdampfung hinauslaufen. Theorie der Ausdünstung nach Hube.

Die unsichtbare oder unmerkliche Ausdünstung ist eine wahre Auflösung des Wassers in Luft. Denn gemeine feuchte Luft in einer Flasche verschlossen läßt kein Wasser auf den Boden der Flasche fallen, wenn dieses gleich noch so lange ruhig steht. Gleichwohl müßte dieses geschehen, wenn das Wasser blos mechanisch mit der Luft vermischt wäre, da jenes gegen 900mal schwerer ist, als diese. Wenn zwo Materien von ungleichem specifischen Gewicht sich nicht absondern, ohngeachtet sie in Ruhe stehen, so ist dieses ein wesentliches Kennzeichen einer Auflösung. (Nicht immer; es kan auch Zeichen des Anhängens seyn, oder, wie hier, der Auflösung in einem andern Mittel, welches das specifische Gewicht durch starke Ausdehnung vermindert hat.)

Zwar zeigen sich an den Wänden einer solchen Flasche Tropfen, wenn sie kalt wird. Aber eben der Umstand, daß sie an den Wänden erscheinen, zeigt, daß sie nicht durch die Schwere, sondern durch die Ziehkraft des Glases, abgesondert sind. Sie verschwinden auch wieder, sobald man die Flasche erwärmt, und beweisen also nur, daß die Ziehkraft der Luft durch die Kälte abnimmt, und durch die Wärme wächst (Nemlich dieses beweisen sie, wenn man erst die Ziehkraft voraussetzt).

Hingegen erinnert Herr de Luc, daß oft Nebel bey sehr kalter Luft aufsteigen, und daß man die Nebel in der Luft nichts von ihrem Volumen verlieren sehe. Hr. Hube beantwortet diese Einwürfe eben so, wie sie bey dem Worte Dünste (Th. I. S. 623.) beantwortet werden, und bestreitet die Meinung, daß die Dünste in der Luft blos wegen ihrer specifischen Leichtigkeit aufsteigen, mit folgenden Gründen. Man könne von den sichtbaren (mechanisch vermischten). Dünsten auf die unsichtbaren (chemisch aufgelößten)


Waſſer genannt werden: alſo moͤchte wohl das ganze Phaͤnomen der Ausduͤnſtung oder ſogenannten Verrauchung auf eine Aufloͤſung in Waͤrmeſtoff, d. i. auf Verdampfung hinauslaufen. Theorie der Ausduͤnſtung nach Hube.

Die unſichtbare oder unmerkliche Ausduͤnſtung iſt eine wahre Aufloͤſung des Waſſers in Luft. Denn gemeine feuchte Luft in einer Flaſche verſchloſſen laͤßt kein Waſſer auf den Boden der Flaſche fallen, wenn dieſes gleich noch ſo lange ruhig ſteht. Gleichwohl muͤßte dieſes geſchehen, wenn das Waſſer blos mechaniſch mit der Luft vermiſcht waͤre, da jenes gegen 900mal ſchwerer iſt, als dieſe. Wenn zwo Materien von ungleichem ſpecifiſchen Gewicht ſich nicht abſondern, ohngeachtet ſie in Ruhe ſtehen, ſo iſt dieſes ein weſentliches Kennzeichen einer Aufloͤſung. (Nicht immer; es kan auch Zeichen des Anhaͤngens ſeyn, oder, wie hier, der Aufloͤſung in einem andern Mittel, welches das ſpecifiſche Gewicht durch ſtarke Ausdehnung vermindert hat.)

Zwar zeigen ſich an den Waͤnden einer ſolchen Flaſche Tropfen, wenn ſie kalt wird. Aber eben der Umſtand, daß ſie an den Waͤnden erſcheinen, zeigt, daß ſie nicht durch die Schwere, ſondern durch die Ziehkraft des Glaſes, abgeſondert ſind. Sie verſchwinden auch wieder, ſobald man die Flaſche erwaͤrmt, und beweiſen alſo nur, daß die Ziehkraft der Luft durch die Kaͤlte abnimmt, und durch die Waͤrme waͤchſt (Nemlich dieſes beweiſen ſie, wenn man erſt die Ziehkraft vorausſetzt).

Hingegen erinnert Herr de Luc, daß oft Nebel bey ſehr kalter Luft aufſteigen, und daß man die Nebel in der Luft nichts von ihrem Volumen verlieren ſehe. Hr. Hube beantwortet dieſe Einwuͤrfe eben ſo, wie ſie bey dem Worte Duͤnſte (Th. I. S. 623.) beantwortet werden, und beſtreitet die Meinung, daß die Duͤnſte in der Luft blos wegen ihrer ſpecifiſchen Leichtigkeit aufſteigen, mit folgenden Gruͤnden. Man koͤnne von den ſichtbaren (mechaniſch vermiſchten). Duͤnſten auf die unſichtbaren (chemiſch aufgeloͤßten)

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[98/0110] Waſſer genannt werden: alſo moͤchte wohl das ganze Phaͤnomen der Ausduͤnſtung oder ſogenannten Verrauchung auf eine Aufloͤſung in Waͤrmeſtoff, d. i. auf Verdampfung hinauslaufen. Theorie der Ausduͤnſtung nach Hube. Die unſichtbare oder unmerkliche Ausduͤnſtung iſt eine wahre Aufloͤſung des Waſſers in Luft. Denn gemeine feuchte Luft in einer Flaſche verſchloſſen laͤßt kein Waſſer auf den Boden der Flaſche fallen, wenn dieſes gleich noch ſo lange ruhig ſteht. Gleichwohl muͤßte dieſes geſchehen, wenn das Waſſer blos mechaniſch mit der Luft vermiſcht waͤre, da jenes gegen 900mal ſchwerer iſt, als dieſe. Wenn zwo Materien von ungleichem ſpecifiſchen Gewicht ſich nicht abſondern, ohngeachtet ſie in Ruhe ſtehen, ſo iſt dieſes ein weſentliches Kennzeichen einer Aufloͤſung. (Nicht immer; es kan auch Zeichen des Anhaͤngens ſeyn, oder, wie hier, der Aufloͤſung in einem andern Mittel, welches das ſpecifiſche Gewicht durch ſtarke Ausdehnung vermindert hat.) Zwar zeigen ſich an den Waͤnden einer ſolchen Flaſche Tropfen, wenn ſie kalt wird. Aber eben der Umſtand, daß ſie an den Waͤnden erſcheinen, zeigt, daß ſie nicht durch die Schwere, ſondern durch die Ziehkraft des Glaſes, abgeſondert ſind. Sie verſchwinden auch wieder, ſobald man die Flaſche erwaͤrmt, und beweiſen alſo nur, daß die Ziehkraft der Luft durch die Kaͤlte abnimmt, und durch die Waͤrme waͤchſt (Nemlich dieſes beweiſen ſie, wenn man erſt die Ziehkraft vorausſetzt). Hingegen erinnert Herr de Luc, daß oft Nebel bey ſehr kalter Luft aufſteigen, und daß man die Nebel in der Luft nichts von ihrem Volumen verlieren ſehe. Hr. Hube beantwortet dieſe Einwuͤrfe eben ſo, wie ſie bey dem Worte Duͤnſte (Th. I. S. 623.) beantwortet werden, und beſtreitet die Meinung, daß die Duͤnſte in der Luft blos wegen ihrer ſpecifiſchen Leichtigkeit aufſteigen, mit folgenden Gruͤnden. Man koͤnne von den ſichtbaren (mechaniſch vermiſchten). Duͤnſten auf die unſichtbaren (chemiſch aufgeloͤßten)

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/110>, abgerufen am 23.11.2024.