anzuhalten pflegt. Er ist allemal, vorzüglich im Winter, kalt, in gebirgigen Gegenden häufiger, und mehrentheils blos auf dem festen Lande zu bemerken. Diesen Wind erklärt Herr Hube auf folgende Art. Die Luft über dem festen Lande wird nach heitern Tagen die Nacht über in der Tiefe viel kälter, als oben. Dadurch wird der Unterschied in der Ziehkraft der obern und der untern Luft noch größer, als er außerdem schon seyn würde. Die vielen noch nicht ganz aufgelößten Wassertheilchen, mit welchen sich die untere Luft durch eine Ausdünstung der ersten Art bey Tage anfüllt, steigen also die Nacht über in die Höhe, und häufen sich daselbst an. Hier werden sie von den ersten Stralen der Sonne, noch ehe diese unten aufgeht, getroffen; sie erwärmen sich mit der Luft, in der sie hängen, und deren Ziehkraft dadurch zunimmt. Diese Luft fängt an, sie auf die erste Art aufzulösen, wird dadurch plötzlich ausgedehnt, kälter und eigenthümlich schwerer, fällt mit Wassertheilchen beladen herab, und erkältet die untere Luft. Allein sie fällt nicht gerade, sondern mit einer Abweichung gegen Westen, weil nach Osten hin die Atmosphäre indessen beständig auf eine größere Tiefe erwärmt wird. So fängt zuletzt, wenn in der obern Luft Wassertheilchen genug vorhanden sind, ein kalter Ostwind an, der aber nur ein paar Stunden anhält, weil alsdann die untere Luft sich stärker zu erwärmen und auszudehnen anfängt, als die obere. Dieser schwache, aber kalte, Ostwind befördert den Morgenthau, und macht, daß die Kälte kurz vor Sonnenaufgang von oben gegen die Erde herabzusteigen scheint.
Endlich giebt es noch eine Art Winde, welche in allen kalten Ländern sehr gemein sind, bald aus dieser, bald aus jener Gegend kommen, sich oft über 100 Meilen weit erstrecken, zuweilen sehr heftig sind, und uns oft eine wärmere Luft, als die unsrige war, zuführen. Diese lassen sich weder durch Erkältung noch durch Ausdünstung erklären, weil sie im ersten Falle niemals wärmere Luft herbeyführen, im zweyten sich nie so weit erstrecken könnten. Sie finden sich nie in den heißen Ländern, und müssen also eine besondere,
anzuhalten pflegt. Er iſt allemal, vorzuͤglich im Winter, kalt, in gebirgigen Gegenden haͤufiger, und mehrentheils blos auf dem feſten Lande zu bemerken. Dieſen Wind erklaͤrt Herr Hube auf folgende Art. Die Luft uͤber dem feſten Lande wird nach heitern Tagen die Nacht uͤber in der Tiefe viel kaͤlter, als oben. Dadurch wird der Unterſchied in der Ziehkraft der obern und der untern Luft noch groͤßer, als er außerdem ſchon ſeyn wuͤrde. Die vielen noch nicht ganz aufgeloͤßten Waſſertheilchen, mit welchen ſich die untere Luft durch eine Ausduͤnſtung der erſten Art bey Tage anfuͤllt, ſteigen alſo die Nacht uͤber in die Hoͤhe, und haͤufen ſich daſelbſt an. Hier werden ſie von den erſten Stralen der Sonne, noch ehe dieſe unten aufgeht, getroffen; ſie erwaͤrmen ſich mit der Luft, in der ſie haͤngen, und deren Ziehkraft dadurch zunimmt. Dieſe Luft faͤngt an, ſie auf die erſte Art aufzuloͤſen, wird dadurch ploͤtzlich ausgedehnt, kaͤlter und eigenthuͤmlich ſchwerer, faͤllt mit Waſſertheilchen beladen herab, und erkaͤltet die untere Luft. Allein ſie faͤllt nicht gerade, ſondern mit einer Abweichung gegen Weſten, weil nach Oſten hin die Atmoſphaͤre indeſſen beſtaͤndig auf eine groͤßere Tiefe erwaͤrmt wird. So faͤngt zuletzt, wenn in der obern Luft Waſſertheilchen genug vorhanden ſind, ein kalter Oſtwind an, der aber nur ein paar Stunden anhaͤlt, weil alsdann die untere Luft ſich ſtaͤrker zu erwaͤrmen und auszudehnen anfaͤngt, als die obere. Dieſer ſchwache, aber kalte, Oſtwind befoͤrdert den Morgenthau, und macht, daß die Kaͤlte kurz vor Sonnenaufgang von oben gegen die Erde herabzuſteigen ſcheint.
Endlich giebt es noch eine Art Winde, welche in allen kalten Laͤndern ſehr gemein ſind, bald aus dieſer, bald aus jener Gegend kommen, ſich oft uͤber 100 Meilen weit erſtrecken, zuweilen ſehr heftig ſind, und uns oft eine waͤrmere Luft, als die unſrige war, zufuͤhren. Dieſe laſſen ſich weder durch Erkaͤltung noch durch Ausduͤnſtung erklaͤren, weil ſie im erſten Falle niemals waͤrmere Luft herbeyfuͤhren, im zweyten ſich nie ſo weit erſtrecken koͤnnten. Sie finden ſich nie in den heißen Laͤndern, und muͤſſen alſo eine beſondere,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="2"><p><pbfacs="#f1033"xml:id="P.5.1021"n="1021"/><lb/>
anzuhalten pflegt. Er iſt allemal, vorzuͤglich im Winter, kalt, in gebirgigen Gegenden haͤufiger, und mehrentheils blos auf dem feſten Lande zu bemerken. Dieſen Wind erklaͤrt Herr <hirendition="#b">Hube</hi> auf folgende Art. Die Luft uͤber dem feſten Lande wird nach heitern Tagen die Nacht uͤber in der Tiefe viel kaͤlter, als oben. Dadurch wird der Unterſchied in der Ziehkraft der obern und der untern Luft noch groͤßer, als er außerdem ſchon ſeyn wuͤrde. Die vielen noch nicht ganz aufgeloͤßten Waſſertheilchen, mit welchen ſich die untere Luft durch eine Ausduͤnſtung der erſten Art bey Tage anfuͤllt, ſteigen alſo die Nacht uͤber in die Hoͤhe, und haͤufen ſich daſelbſt an. Hier werden ſie von den erſten Stralen der Sonne, noch ehe dieſe unten aufgeht, getroffen; ſie erwaͤrmen ſich mit der Luft, in der ſie haͤngen, und deren Ziehkraft dadurch zunimmt. Dieſe Luft faͤngt an, ſie auf die erſte Art aufzuloͤſen, wird dadurch ploͤtzlich ausgedehnt, kaͤlter und eigenthuͤmlich ſchwerer, faͤllt mit Waſſertheilchen beladen herab, und erkaͤltet die untere Luft. Allein ſie faͤllt nicht gerade, ſondern mit einer Abweichung gegen Weſten, weil nach Oſten hin die Atmoſphaͤre indeſſen beſtaͤndig auf eine groͤßere Tiefe erwaͤrmt wird. So faͤngt zuletzt, wenn in der obern Luft Waſſertheilchen genug vorhanden ſind, ein kalter Oſtwind an, der aber nur ein paar Stunden anhaͤlt, weil alsdann die untere Luft ſich ſtaͤrker zu erwaͤrmen und auszudehnen anfaͤngt, als die obere. Dieſer ſchwache, aber kalte, Oſtwind befoͤrdert den Morgenthau, und macht, daß die Kaͤlte kurz vor Sonnenaufgang von oben gegen die Erde herabzuſteigen ſcheint.</p><p>Endlich giebt es noch eine Art Winde, welche in allen kalten Laͤndern ſehr gemein ſind, bald aus dieſer, bald aus jener Gegend kommen, ſich oft uͤber 100 Meilen weit erſtrecken, zuweilen ſehr heftig ſind, und uns oft eine <hirendition="#b">waͤrmere</hi> Luft, als die unſrige war, zufuͤhren. Dieſe laſſen ſich weder durch Erkaͤltung noch durch Ausduͤnſtung erklaͤren, weil ſie im erſten Falle niemals waͤrmere Luft herbeyfuͤhren, im zweyten ſich nie ſo weit erſtrecken koͤnnten. Sie finden ſich nie in den heißen Laͤndern, und muͤſſen alſo eine beſondere,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[1021/1033]
anzuhalten pflegt. Er iſt allemal, vorzuͤglich im Winter, kalt, in gebirgigen Gegenden haͤufiger, und mehrentheils blos auf dem feſten Lande zu bemerken. Dieſen Wind erklaͤrt Herr Hube auf folgende Art. Die Luft uͤber dem feſten Lande wird nach heitern Tagen die Nacht uͤber in der Tiefe viel kaͤlter, als oben. Dadurch wird der Unterſchied in der Ziehkraft der obern und der untern Luft noch groͤßer, als er außerdem ſchon ſeyn wuͤrde. Die vielen noch nicht ganz aufgeloͤßten Waſſertheilchen, mit welchen ſich die untere Luft durch eine Ausduͤnſtung der erſten Art bey Tage anfuͤllt, ſteigen alſo die Nacht uͤber in die Hoͤhe, und haͤufen ſich daſelbſt an. Hier werden ſie von den erſten Stralen der Sonne, noch ehe dieſe unten aufgeht, getroffen; ſie erwaͤrmen ſich mit der Luft, in der ſie haͤngen, und deren Ziehkraft dadurch zunimmt. Dieſe Luft faͤngt an, ſie auf die erſte Art aufzuloͤſen, wird dadurch ploͤtzlich ausgedehnt, kaͤlter und eigenthuͤmlich ſchwerer, faͤllt mit Waſſertheilchen beladen herab, und erkaͤltet die untere Luft. Allein ſie faͤllt nicht gerade, ſondern mit einer Abweichung gegen Weſten, weil nach Oſten hin die Atmoſphaͤre indeſſen beſtaͤndig auf eine groͤßere Tiefe erwaͤrmt wird. So faͤngt zuletzt, wenn in der obern Luft Waſſertheilchen genug vorhanden ſind, ein kalter Oſtwind an, der aber nur ein paar Stunden anhaͤlt, weil alsdann die untere Luft ſich ſtaͤrker zu erwaͤrmen und auszudehnen anfaͤngt, als die obere. Dieſer ſchwache, aber kalte, Oſtwind befoͤrdert den Morgenthau, und macht, daß die Kaͤlte kurz vor Sonnenaufgang von oben gegen die Erde herabzuſteigen ſcheint.
Endlich giebt es noch eine Art Winde, welche in allen kalten Laͤndern ſehr gemein ſind, bald aus dieſer, bald aus jener Gegend kommen, ſich oft uͤber 100 Meilen weit erſtrecken, zuweilen ſehr heftig ſind, und uns oft eine waͤrmere Luft, als die unſrige war, zufuͤhren. Dieſe laſſen ſich weder durch Erkaͤltung noch durch Ausduͤnſtung erklaͤren, weil ſie im erſten Falle niemals waͤrmere Luft herbeyfuͤhren, im zweyten ſich nie ſo weit erſtrecken koͤnnten. Sie finden ſich nie in den heißen Laͤndern, und muͤſſen alſo eine beſondere,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1021. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1033>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.