Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


Man hörte dabey ein sehr vernehmliches Geknister. Die Flammen bewegten sich, und nahmen mit dem Winde ab und zu. Zuletzt zog sich das Licht an den sogenannten Stiefel, der den Thurmknopf trägt, und stark mit Blech beschlagen ist, herunter, und Knopf und Stiefel erschienen im lebhaftesten Glanze. Um halb 8 Uhr hörte es auf zu schneyen, und hiemit verschwand auch die ganze Erscheinung. Auf dem Thurmknopfe der katholischen Pfarrkirche, auf welchem ein metallenes Kreuz stehet, zeigte sich eben die Erscheinung, nur später, weil derselbe nicht so hoch hervorraget.

Reimarus hält die Wetterlichter nicht sowohl für ein Zeichen des Abzugs der Elektricität aus der Wolke selbst oder ihrem Wirkungskreise, als vielmehr für eine Gegenwirkung auf häufige in der Luft oder den Dünsten zerstreute Elektricität (Elettricita aerea vaporosa. Beccaria Elettricismo artif. §. 887. sqq.) etwa so, wie man durch Spitzen, die von einem elektrisirten Körper ausgehen, die Luft im Zimmer, besonders wenn viele Dünste darinn schweben, elektrisiren kan. Sie schienen sich nicht während des Gewitters, sondern erst nach dessen Zertheilung zu zeigen werden auch von den Schiffern für Zeichen eines sich verlierenden Gewitters gehalten. Der Wind begünstigt ihre Fortdauer, vielleicht deswegen weil er immer neue elektrisirte Luft aus der Ferne herbeyführet. Sie erscheinen zuweilen auch ohne Gewitter, bey feuchter und stürmischer Luft. Die Seltenheit ihrer Erscheinung könne man vielleicht daraus erklären, daß zu ihrer Entstehung eine negative Elektricität in der Luft erfordert werde, welche nicht so häufig, als die positive, vorkömmt; weil die elektrischen Versuche lehren, daß die Feuerbüschel an Spitzen ein entgegenstehendes -- E anzeigen. (Diese entstehen aber auch, wenn ein schwächeres + E, als die Spitze selbst hat, entgegensteht).

Reimarus neuere Bemerkungen vom Blitze. §. 5. 74. S. 8. u. 170.

Widerstand.

Zusatz zu Th. IV. S. 745--747.

Herr Gren (Grundriß der Naturl. 1793. §. 106.) nennt Widerstand das, was die zur Veränderung des Zustandes


Man hoͤrte dabey ein ſehr vernehmliches Gekniſter. Die Flammen bewegten ſich, und nahmen mit dem Winde ab und zu. Zuletzt zog ſich das Licht an den ſogenannten Stiefel, der den Thurmknopf traͤgt, und ſtark mit Blech beſchlagen iſt, herunter, und Knopf und Stiefel erſchienen im lebhafteſten Glanze. Um halb 8 Uhr hoͤrte es auf zu ſchneyen, und hiemit verſchwand auch die ganze Erſcheinung. Auf dem Thurmknopfe der katholiſchen Pfarrkirche, auf welchem ein metallenes Kreuz ſtehet, zeigte ſich eben die Erſcheinung, nur ſpaͤter, weil derſelbe nicht ſo hoch hervorraget.

Reimarus haͤlt die Wetterlichter nicht ſowohl fuͤr ein Zeichen des Abzugs der Elektricitaͤt aus der Wolke ſelbſt oder ihrem Wirkungskreiſe, als vielmehr fuͤr eine Gegenwirkung auf haͤufige in der Luft oder den Duͤnſten zerſtreute Elektricitaͤt (Elettricità aerea vaporoſa. Beccaria Elettricismo artif. §. 887. ſqq.) etwa ſo, wie man durch Spitzen, die von einem elektriſirten Koͤrper ausgehen, die Luft im Zimmer, beſonders wenn viele Duͤnſte darinn ſchweben, elektriſiren kan. Sie ſchienen ſich nicht waͤhrend des Gewitters, ſondern erſt nach deſſen Zertheilung zu zeigen werden auch von den Schiffern fuͤr Zeichen eines ſich verlierenden Gewitters gehalten. Der Wind beguͤnſtigt ihre Fortdauer, vielleicht deswegen weil er immer neue elektriſirte Luft aus der Ferne herbeyfuͤhret. Sie erſcheinen zuweilen auch ohne Gewitter, bey feuchter und ſtuͤrmiſcher Luft. Die Seltenheit ihrer Erſcheinung koͤnne man vielleicht daraus erklaͤren, daß zu ihrer Entſtehung eine negative Elektricitaͤt in der Luft erfordert werde, welche nicht ſo haͤufig, als die poſitive, vorkoͤmmt; weil die elektriſchen Verſuche lehren, daß die Feuerbuͤſchel an Spitzen ein entgegenſtehendes — E anzeigen. (Dieſe entſtehen aber auch, wenn ein ſchwaͤcheres + E, als die Spitze ſelbſt hat, entgegenſteht).

Reimarus neuere Bemerkungen vom Blitze. §. 5. 74. S. 8. u. 170.

Widerſtand.

Zuſatz zu Th. IV. S. 745—747.

Herr Gren (Grundriß der Naturl. 1793. §. 106.) nennt Widerſtand das, was die zur Veraͤnderung des Zuſtandes

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f1023" xml:id="P.5.1011" n="1011"/><lb/>
Man ho&#x0364;rte dabey ein &#x017F;ehr vernehmliches Gekni&#x017F;ter. Die Flammen bewegten &#x017F;ich, und nahmen mit dem Winde ab und zu. Zuletzt zog &#x017F;ich das Licht an den &#x017F;ogenannten Stiefel, der den Thurmknopf tra&#x0364;gt, und &#x017F;tark mit Blech be&#x017F;chlagen i&#x017F;t, herunter, und Knopf und Stiefel er&#x017F;chienen im lebhafte&#x017F;ten Glanze. Um halb 8 Uhr ho&#x0364;rte es auf zu &#x017F;chneyen, und hiemit ver&#x017F;chwand auch die ganze Er&#x017F;cheinung. Auf dem Thurmknopfe der katholi&#x017F;chen Pfarrkirche, auf welchem ein metallenes Kreuz &#x017F;tehet, zeigte &#x017F;ich eben die Er&#x017F;cheinung, nur &#x017F;pa&#x0364;ter, weil der&#x017F;elbe nicht &#x017F;o hoch hervorraget.</p>
              <p><hi rendition="#b">Reimarus</hi> ha&#x0364;lt die Wetterlichter nicht &#x017F;owohl fu&#x0364;r ein Zeichen des Abzugs der Elektricita&#x0364;t aus der Wolke &#x017F;elb&#x017F;t oder ihrem Wirkungskrei&#x017F;e, als vielmehr fu&#x0364;r eine Gegenwirkung auf ha&#x0364;ufige in der Luft oder den Du&#x0364;n&#x017F;ten zer&#x017F;treute Elektricita&#x0364;t <hi rendition="#aq">(Elettricità aerea vaporo&#x017F;a. <hi rendition="#i">Beccaria</hi> Elettricismo artif. §. 887. &#x017F;qq.)</hi> etwa &#x017F;o, wie man durch Spitzen, die von einem elektri&#x017F;irten Ko&#x0364;rper ausgehen, die Luft im Zimmer, be&#x017F;onders wenn viele Du&#x0364;n&#x017F;te darinn &#x017F;chweben, elektri&#x017F;iren kan. Sie &#x017F;chienen &#x017F;ich nicht wa&#x0364;hrend des Gewitters, &#x017F;ondern er&#x017F;t nach de&#x017F;&#x017F;en Zertheilung zu zeigen werden auch von den Schiffern fu&#x0364;r Zeichen eines &#x017F;ich verlierenden Gewitters gehalten. Der Wind begu&#x0364;n&#x017F;tigt ihre Fortdauer, vielleicht deswegen weil er immer neue elektri&#x017F;irte Luft aus der Ferne herbeyfu&#x0364;hret. Sie er&#x017F;cheinen zuweilen auch ohne Gewitter, bey feuchter und &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;cher Luft. Die Seltenheit ihrer Er&#x017F;cheinung ko&#x0364;nne man vielleicht daraus erkla&#x0364;ren, daß zu ihrer Ent&#x017F;tehung eine negative Elektricita&#x0364;t in der Luft erfordert werde, welche nicht &#x017F;o ha&#x0364;ufig, als die po&#x017F;itive, vorko&#x0364;mmt; weil die elektri&#x017F;chen Ver&#x017F;uche lehren, daß die Feuerbu&#x0364;&#x017F;chel an Spitzen ein entgegen&#x017F;tehendes &#x2014; <hi rendition="#aq">E</hi> anzeigen. (Die&#x017F;e ent&#x017F;tehen aber auch, wenn ein &#x017F;chwa&#x0364;cheres + <hi rendition="#aq">E,</hi> als die Spitze &#x017F;elb&#x017F;t hat, entgegen&#x017F;teht).</p>
              <p><hi rendition="#b">Reimarus</hi> neuere Bemerkungen vom Blitze. §. 5. 74. S. 8. u. 170.</p>
            </div>
            <div n="2">
              <head>Wider&#x017F;tand.</head><lb/>
              <p> <hi rendition="#c">Zu&#x017F;atz zu Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 745&#x2014;747.</hi> </p>
              <p>Herr <hi rendition="#b">Gren</hi> (Grundriß der Naturl. 1793. §. 106.) nennt <hi rendition="#b">Wider&#x017F;tand</hi> das, was die zur Vera&#x0364;nderung des Zu&#x017F;tandes<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1011/1023] Man hoͤrte dabey ein ſehr vernehmliches Gekniſter. Die Flammen bewegten ſich, und nahmen mit dem Winde ab und zu. Zuletzt zog ſich das Licht an den ſogenannten Stiefel, der den Thurmknopf traͤgt, und ſtark mit Blech beſchlagen iſt, herunter, und Knopf und Stiefel erſchienen im lebhafteſten Glanze. Um halb 8 Uhr hoͤrte es auf zu ſchneyen, und hiemit verſchwand auch die ganze Erſcheinung. Auf dem Thurmknopfe der katholiſchen Pfarrkirche, auf welchem ein metallenes Kreuz ſtehet, zeigte ſich eben die Erſcheinung, nur ſpaͤter, weil derſelbe nicht ſo hoch hervorraget. Reimarus haͤlt die Wetterlichter nicht ſowohl fuͤr ein Zeichen des Abzugs der Elektricitaͤt aus der Wolke ſelbſt oder ihrem Wirkungskreiſe, als vielmehr fuͤr eine Gegenwirkung auf haͤufige in der Luft oder den Duͤnſten zerſtreute Elektricitaͤt (Elettricità aerea vaporoſa. Beccaria Elettricismo artif. §. 887. ſqq.) etwa ſo, wie man durch Spitzen, die von einem elektriſirten Koͤrper ausgehen, die Luft im Zimmer, beſonders wenn viele Duͤnſte darinn ſchweben, elektriſiren kan. Sie ſchienen ſich nicht waͤhrend des Gewitters, ſondern erſt nach deſſen Zertheilung zu zeigen werden auch von den Schiffern fuͤr Zeichen eines ſich verlierenden Gewitters gehalten. Der Wind beguͤnſtigt ihre Fortdauer, vielleicht deswegen weil er immer neue elektriſirte Luft aus der Ferne herbeyfuͤhret. Sie erſcheinen zuweilen auch ohne Gewitter, bey feuchter und ſtuͤrmiſcher Luft. Die Seltenheit ihrer Erſcheinung koͤnne man vielleicht daraus erklaͤren, daß zu ihrer Entſtehung eine negative Elektricitaͤt in der Luft erfordert werde, welche nicht ſo haͤufig, als die poſitive, vorkoͤmmt; weil die elektriſchen Verſuche lehren, daß die Feuerbuͤſchel an Spitzen ein entgegenſtehendes — E anzeigen. (Dieſe entſtehen aber auch, wenn ein ſchwaͤcheres + E, als die Spitze ſelbſt hat, entgegenſteht). Reimarus neuere Bemerkungen vom Blitze. §. 5. 74. S. 8. u. 170. Widerſtand. Zuſatz zu Th. IV. S. 745—747. Herr Gren (Grundriß der Naturl. 1793. §. 106.) nennt Widerſtand das, was die zur Veraͤnderung des Zuſtandes

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1023
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 1011. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/1023>, abgerufen am 23.11.2024.