Fluidums abhängen; Volta hingegen sieht auf den Uebergang dieses Fluidums in andere Körper, welcher auf dem Gesetze seiner ausdehnenden Kraft beruht. Nun steht aber die Dichtigkeit gar nicht nothwendig, und in der That nur sehr selten, in gleichem Verhältnisse mit der ausdehnenden Kraft, indem eben dieselbe Menge elektrischer Materie durch eine größere Menge fortleitenoes Fluidum mehr ausdehnende Kraft erhält. Mithin können beyde Behauptungen wahr seyn, ohne sich zu widersprechen. Auch lehren Herrn de Lücs eigne sorgfältige Versuche, daß wirklich bey Leitern, welche elektrischen Einflüssen ausgesetzt werden, die Dichtigkeiten des elektrischen Fluidums an verschiedenen Stellen verschieden sind, obgleich die ausdehnende Kraft an allen Stellen fast gleich groß ist.
Ich habe die allgemeinen Begriffe, auf welche Herr de Lüc seine ganze Theorie der Elektricität gründet, bereits bey dem Worte Flasche, geladne (Th. II. S. 309. 310.) kürzlich angeführt. Er nimmt dabey nur eine elektrische Materie an, deren Ueberfluß oder Mangel die Aeußerungen des +E und--E verursachet; aber er setzt dieselbe aus zwoen schwach mit einander zusammenhängenden Substanzen, einer schweren eigentlich sogenannten elektrischen Materie, und einem nach gleichförmiger Verbreitung strebenden, alle Körper durchdringenden fortleitenden Fluidum (fluide deferent) zusammen. Eine größere Menge des letztern giebt einer gleichen Menge der erstern mehr ausdehnende Kraft.
Hieraus werden nun die Erscheinungen der elektrischen Wirkungskreise, oder wie sie Herr de Lüc nennt, der elektrischen Einflüsse, auf folgende Art erklärt. Wenn man z. B. die Harzfläche eines Elektrophors reibt, so bemächtigt sich das Reibzeug eines Theiles ihres elektrischen Fluidums, der durch die Hand des Experimentators in den Boden strömt. Dadurch geht auch fortleitendes Fluidum verlohren, das aber aus der entgegengesetzten Fläche sogleich ersetzt wird; hiemit wird die andere Fläche in Stand gesetzt, mehr elektrische Materie aus dem Boden anzunehmen, die sich daher an ihr desto mehr verdichtet, je mehr fortleitendes
Fluidums abhaͤngen; Volta hingegen ſieht auf den Uebergang dieſes Fluidums in andere Koͤrper, welcher auf dem Geſetze ſeiner ausdehnenden Kraft beruht. Nun ſteht aber die Dichtigkeit gar nicht nothwendig, und in der That nur ſehr ſelten, in gleichem Verhaͤltniſſe mit der ausdehnenden Kraft, indem eben dieſelbe Menge elektriſcher Materie durch eine groͤßere Menge fortleitenoes Fluidum mehr ausdehnende Kraft erhaͤlt. Mithin koͤnnen beyde Behauptungen wahr ſeyn, ohne ſich zu widerſprechen. Auch lehren Herrn de Luͤcs eigne ſorgfaͤltige Verſuche, daß wirklich bey Leitern, welche elektriſchen Einfluͤſſen ausgeſetzt werden, die Dichtigkeiten des elektriſchen Fluidums an verſchiedenen Stellen verſchieden ſind, obgleich die ausdehnende Kraft an allen Stellen faſt gleich groß iſt.
Ich habe die allgemeinen Begriffe, auf welche Herr de Luͤc ſeine ganze Theorie der Elektricitaͤt gruͤndet, bereits bey dem Worte Flaſche, geladne (Th. II. S. 309. 310.) kuͤrzlich angefuͤhrt. Er nimmt dabey nur eine elektriſche Materie an, deren Ueberfluß oder Mangel die Aeußerungen des +E und—E verurſachet; aber er ſetzt dieſelbe aus zwoen ſchwach mit einander zuſammenhaͤngenden Subſtanzen, einer ſchweren eigentlich ſogenannten elektriſchen Materie, und einem nach gleichfoͤrmiger Verbreitung ſtrebenden, alle Koͤrper durchdringenden fortleitenden Fluidum (fluide deferent) zuſammen. Eine groͤßere Menge des letztern giebt einer gleichen Menge der erſtern mehr ausdehnende Kraft.
Hieraus werden nun die Erſcheinungen der elektriſchen Wirkungskreiſe, oder wie ſie Herr de Luͤc nennt, der elektriſchen Einfluͤſſe, auf folgende Art erklaͤrt. Wenn man z. B. die Harzflaͤche eines Elektrophors reibt, ſo bemaͤchtigt ſich das Reibzeug eines Theiles ihres elektriſchen Fluidums, der durch die Hand des Experimentators in den Boden ſtroͤmt. Dadurch geht auch fortleitendes Fluidum verlohren, das aber aus der entgegengeſetzten Flaͤche ſogleich erſetzt wird; hiemit wird die andere Flaͤche in Stand geſetzt, mehr elektriſche Materie aus dem Boden anzunehmen, die ſich daher an ihr deſto mehr verdichtet, je mehr fortleitendes
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Fluidums abhaͤngen; Volta hingegen ſieht auf den Uebergang dieſes Fluidums in andere Koͤrper, welcher auf dem Geſetze ſeiner ausdehnenden Kraft beruht. Nun ſteht aber die Dichtigkeit gar nicht nothwendig, und in der That nur ſehr ſelten, in gleichem Verhaͤltniſſe mit der ausdehnenden Kraft, indem eben dieſelbe Menge elektriſcher Materie durch eine groͤßere Menge fortleitenoes Fluidum mehr ausdehnende Kraft erhaͤlt. Mithin koͤnnen beyde Behauptungen wahr ſeyn, ohne ſich zu widerſprechen. Auch lehren Herrn de Luͤcs eigne ſorgfaͤltige Verſuche, daß wirklich bey Leitern, welche elektriſchen Einfluͤſſen ausgeſetzt werden, die Dichtigkeiten des elektriſchen Fluidums an verſchiedenen Stellen verſchieden ſind, obgleich die ausdehnende Kraft an allen Stellen faſt gleich groß iſt.</p><p>Ich habe die allgemeinen Begriffe, auf welche Herr <hirendition="#b">de Luͤc</hi>ſeine ganze Theorie der Elektricitaͤt gruͤndet, bereits bey dem Worte <hirendition="#b">Flaſche, geladne</hi> (Th. <hirendition="#aq">II.</hi> S. 309. 310.) kuͤrzlich angefuͤhrt. Er nimmt dabey nur eine elektriſche Materie an, deren Ueberfluß oder Mangel die Aeußerungen des +<hirendition="#aq">E</hi> und—<hirendition="#aq">E</hi> verurſachet; aber er ſetzt dieſelbe aus zwoen ſchwach mit einander zuſammenhaͤngenden Subſtanzen, einer ſchweren eigentlich ſogenannten <hirendition="#b">elektriſchen Materie,</hi> und einem nach gleichfoͤrmiger Verbreitung ſtrebenden, alle Koͤrper durchdringenden <hirendition="#b">fortleitenden Fluidum</hi> (<hirendition="#i"><hirendition="#aq">fluide deferent</hi></hi>) zuſammen. Eine groͤßere Menge des letztern giebt einer gleichen Menge der erſtern mehr ausdehnende Kraft.</p><p>Hieraus werden nun die Erſcheinungen der elektriſchen Wirkungskreiſe, oder wie ſie Herr <hirendition="#b">de Luͤc</hi> nennt, der <hirendition="#b">elektriſchen Einfluͤſſe,</hi> auf folgende Art erklaͤrt. Wenn man z. B. die Harzflaͤche eines Elektrophors reibt, ſo bemaͤchtigt ſich das Reibzeug eines Theiles ihres elektriſchen Fluidums, der durch die Hand des Experimentators in den Boden ſtroͤmt. Dadurch geht auch fortleitendes Fluidum verlohren, das aber aus der entgegengeſetzten Flaͤche ſogleich erſetzt wird; hiemit wird die andere Flaͤche in Stand geſetzt, mehr elektriſche Materie aus dem Boden anzunehmen, die ſich daher an ihr deſto mehr verdichtet, je mehr fortleitendes<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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Fluidums abhaͤngen; Volta hingegen ſieht auf den Uebergang dieſes Fluidums in andere Koͤrper, welcher auf dem Geſetze ſeiner ausdehnenden Kraft beruht. Nun ſteht aber die Dichtigkeit gar nicht nothwendig, und in der That nur ſehr ſelten, in gleichem Verhaͤltniſſe mit der ausdehnenden Kraft, indem eben dieſelbe Menge elektriſcher Materie durch eine groͤßere Menge fortleitenoes Fluidum mehr ausdehnende Kraft erhaͤlt. Mithin koͤnnen beyde Behauptungen wahr ſeyn, ohne ſich zu widerſprechen. Auch lehren Herrn de Luͤcs eigne ſorgfaͤltige Verſuche, daß wirklich bey Leitern, welche elektriſchen Einfluͤſſen ausgeſetzt werden, die Dichtigkeiten des elektriſchen Fluidums an verſchiedenen Stellen verſchieden ſind, obgleich die ausdehnende Kraft an allen Stellen faſt gleich groß iſt.
Ich habe die allgemeinen Begriffe, auf welche Herr de Luͤc ſeine ganze Theorie der Elektricitaͤt gruͤndet, bereits bey dem Worte Flaſche, geladne (Th. II. S. 309. 310.) kuͤrzlich angefuͤhrt. Er nimmt dabey nur eine elektriſche Materie an, deren Ueberfluß oder Mangel die Aeußerungen des +E und—E verurſachet; aber er ſetzt dieſelbe aus zwoen ſchwach mit einander zuſammenhaͤngenden Subſtanzen, einer ſchweren eigentlich ſogenannten elektriſchen Materie, und einem nach gleichfoͤrmiger Verbreitung ſtrebenden, alle Koͤrper durchdringenden fortleitenden Fluidum (fluide deferent) zuſammen. Eine groͤßere Menge des letztern giebt einer gleichen Menge der erſtern mehr ausdehnende Kraft.
Hieraus werden nun die Erſcheinungen der elektriſchen Wirkungskreiſe, oder wie ſie Herr de Luͤc nennt, der elektriſchen Einfluͤſſe, auf folgende Art erklaͤrt. Wenn man z. B. die Harzflaͤche eines Elektrophors reibt, ſo bemaͤchtigt ſich das Reibzeug eines Theiles ihres elektriſchen Fluidums, der durch die Hand des Experimentators in den Boden ſtroͤmt. Dadurch geht auch fortleitendes Fluidum verlohren, das aber aus der entgegengeſetzten Flaͤche ſogleich erſetzt wird; hiemit wird die andere Flaͤche in Stand geſetzt, mehr elektriſche Materie aus dem Boden anzunehmen, die ſich daher an ihr deſto mehr verdichtet, je mehr fortleitendes
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 806. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/816>, abgerufen am 22.11.2024.
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