deren Schwung Sterne und Planeten zerstreuen muß, wenn man nicht feste Sphären annehmen oder den Sternen mit den Alten geistige Wesen (Deos motores) zuordnen will. Bey dieser Meinung, der auch Origanus, Argolus u. a. beypflichten, werden die Schraubengänge großentheils vermieden, und die Schwierigkeiten vermindert; wer aber einmal so weit gegangen ist, die Erde umzudrehen, dem bleiben wenig Ursachen übrig, an ihrem Umlaufe um die Sonne zu zweifeln. Bestätigung des copernikanischen Systems.
Zu Anfange des siebzehnten Jahrhunderts erschien endlich auf einmal der günstigere Zeitpunkt für die Sätze des Copernikus. Das neuerfundene Fernrohr in den Händen des Galilei zeigte durch den Augenschein das Ab- und Zunehmen der Venus und des Merkurs, das Daseyn der Jupitersmonden, die Aehnlichkeit des Monds mit der Erde, die Flecken der Sonne und deren Umdrehung um ihre Axe. Es ward nun unwidersprechlich gewiß, daß Venus und Merkur um die Sonne laufen, daß alle Planeten dunkel sind und von der Sonne erleuchtet werden, daß sich Weltkörper um Axen drehen können, daß die Erde nebst ihrem Monde sich in völlig gleichem Falle mit dem System des Jupiters und seiner Monden befinde, und daß die Sonne, als der einzige leuchtende und bey weitem größte Körper sich vor allen übrigen als der vornehmste des Systems auszeichne. Zugleich hatte Galilei die Lehre von der Bewegung mehr aufgeklärt, und überhaupt die Schwäche mancher aristotelischen und scholastischen Sätze deutlich erwiesen. Dieser große und scharfsinnige Geist schwang sich über alle Vorurtheile empor, und begünstigte die Ausbreitung der copernikanischen Weltordnung, welche nun anfieng, allgemein einleuchtend zu werden.
Jetzt erst erhob sich das Vorurtheil gegen diesen bisher verachteten Feind, den es so unerwartet mit neuen und unbezwinglichen Waffen gegen sich auftreten sahe. Man suchte durch Auctoritäten zu erhalten, was man mit Gründen nicht länger vertheidigen konnte. Im Jahre 1615 erklärte
deren Schwung Sterne und Planeten zerſtreuen muß, wenn man nicht feſte Sphaͤren annehmen oder den Sternen mit den Alten geiſtige Weſen (Deos motores) zuordnen will. Bey dieſer Meinung, der auch Origanus, Argolus u. a. beypflichten, werden die Schraubengaͤnge großentheils vermieden, und die Schwierigkeiten vermindert; wer aber einmal ſo weit gegangen iſt, die Erde umzudrehen, dem bleiben wenig Urſachen uͤbrig, an ihrem Umlaufe um die Sonne zu zweifeln. Beſtaͤtigung des copernikaniſchen Syſtems.
Zu Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts erſchien endlich auf einmal der guͤnſtigere Zeitpunkt fuͤr die Saͤtze des Copernikus. Das neuerfundene Fernrohr in den Haͤnden des Galilei zeigte durch den Augenſchein das Ab- und Zunehmen der Venus und des Merkurs, das Daſeyn der Jupitersmonden, die Aehnlichkeit des Monds mit der Erde, die Flecken der Sonne und deren Umdrehung um ihre Axe. Es ward nun unwiderſprechlich gewiß, daß Venus und Merkur um die Sonne laufen, daß alle Planeten dunkel ſind und von der Sonne erleuchtet werden, daß ſich Weltkoͤrper um Axen drehen koͤnnen, daß die Erde nebſt ihrem Monde ſich in voͤllig gleichem Falle mit dem Syſtem des Jupiters und ſeiner Monden befinde, und daß die Sonne, als der einzige leuchtende und bey weitem groͤßte Koͤrper ſich vor allen uͤbrigen als der vornehmſte des Syſtems auszeichne. Zugleich hatte Galilei die Lehre von der Bewegung mehr aufgeklaͤrt, und uͤberhaupt die Schwaͤche mancher ariſtoteliſchen und ſcholaſtiſchen Saͤtze deutlich erwieſen. Dieſer große und ſcharfſinnige Geiſt ſchwang ſich uͤber alle Vorurtheile empor, und beguͤnſtigte die Ausbreitung der copernikaniſchen Weltordnung, welche nun anfieng, allgemein einleuchtend zu werden.
Jetzt erſt erhob ſich das Vorurtheil gegen dieſen bisher verachteten Feind, den es ſo unerwartet mit neuen und unbezwinglichen Waffen gegen ſich auftreten ſahe. Man ſuchte durch Auctoritaͤten zu erhalten, was man mit Gruͤnden nicht laͤnger vertheidigen konnte. Im Jahre 1615 erklaͤrte
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deren Schwung Sterne und Planeten zerſtreuen muß, wenn man nicht feſte Sphaͤren annehmen oder den Sternen mit den Alten geiſtige Weſen (Deos motores) zuordnen will. Bey dieſer Meinung, der auch Origanus, Argolus u. a. beypflichten, werden die Schraubengaͤnge großentheils vermieden, und die Schwierigkeiten vermindert; wer aber einmal ſo weit gegangen iſt, die Erde umzudrehen, dem bleiben wenig Urſachen uͤbrig, an ihrem Umlaufe um die Sonne zu zweifeln. Beſtaͤtigung des copernikaniſchen Syſtems.
Zu Anfange des ſiebzehnten Jahrhunderts erſchien endlich auf einmal der guͤnſtigere Zeitpunkt fuͤr die Saͤtze des Copernikus. Das neuerfundene Fernrohr in den Haͤnden des Galilei zeigte durch den Augenſchein das Ab- und Zunehmen der Venus und des Merkurs, das Daſeyn der Jupitersmonden, die Aehnlichkeit des Monds mit der Erde, die Flecken der Sonne und deren Umdrehung um ihre Axe. Es ward nun unwiderſprechlich gewiß, daß Venus und Merkur um die Sonne laufen, daß alle Planeten dunkel ſind und von der Sonne erleuchtet werden, daß ſich Weltkoͤrper um Axen drehen koͤnnen, daß die Erde nebſt ihrem Monde ſich in voͤllig gleichem Falle mit dem Syſtem des Jupiters und ſeiner Monden befinde, und daß die Sonne, als der einzige leuchtende und bey weitem groͤßte Koͤrper ſich vor allen uͤbrigen als der vornehmſte des Syſtems auszeichne. Zugleich hatte Galilei die Lehre von der Bewegung mehr aufgeklaͤrt, und uͤberhaupt die Schwaͤche mancher ariſtoteliſchen und ſcholaſtiſchen Saͤtze deutlich erwieſen. Dieſer große und ſcharfſinnige Geiſt ſchwang ſich uͤber alle Vorurtheile empor, und beguͤnſtigte die Ausbreitung der copernikaniſchen Weltordnung, welche nun anfieng, allgemein einleuchtend zu werden.
Jetzt erſt erhob ſich das Vorurtheil gegen dieſen bisher verachteten Feind, den es ſo unerwartet mit neuen und unbezwinglichen Waffen gegen ſich auftreten ſahe. Man ſuchte durch Auctoritaͤten zu erhalten, was man mit Gruͤnden nicht laͤnger vertheidigen konnte. Im Jahre 1615 erklaͤrte
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 716. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/726>, abgerufen am 22.11.2024.
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