Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Galilei selbst, dessen Entdeckungen und Aeußerungen dieser neuen Meinung so vortheilhaft waren, ward noch in eben dem Jahre nach Rom vorgeladen, und entgieng der drohenden Gefahr nur durch die Erklärung, daß er bey der alten Lehre bleibe. Er dachte aber von nun an auf Mittel, die Wahrheit selbst mit Genehmigung ihrer Gegner zu verbreiten. In dieser Absicht schrieb er eine schöne Vertheidigung des copernikanischen Systems, und erklärte in der Vorrede derselben: "Da man auswärts geglaubt, "und selbst in Schriften zu erkennen gegeben habe, es sey "die Verurtheilung dieser Sätze das Werk eines Tribunals "gewesen, welchem die Gründe, so man dafür anführen "könne, gänzlich unbekannt geblieben wären: so wolle er "vielmehr zeigen, daß die italiänischen Lehrer mit diesen "Gründen eben so gut, als die gelehrtesten Ausländer, "bekannt wären." Eine so geschickte Wendung verschaffte ihm die Erlaubniß des Drucks seiner vortreflichen Gespräche über die Weltordnungen (Dialogo di Galileo Galilei delle due massime sisteme del mondo, Tolemaico e Copernicano, in Firenze, 1632. 4.), welche in der lateinischen Uebersetzung des Matthias Bernegger (Dialogi de systemate cosmico, 1635. Lugd. 1641. 4.) allgemein gelesen wurden. Diese Schrift macht nebst einer andern schon vorher erschienenen (Novantiqua SS. Patrum et probatorum Theologorum doctrina, de sacrae scripturae testimoniis in conclusionibus mere naturalibus temere non usurpandis, ital. et lat. Aug. 1636. 4.) die glorreichste Vertheidigung des Copernikus aus.
Galilei ſelbſt, deſſen Entdeckungen und Aeußerungen dieſer neuen Meinung ſo vortheilhaft waren, ward noch in eben dem Jahre nach Rom vorgeladen, und entgieng der drohenden Gefahr nur durch die Erklaͤrung, daß er bey der alten Lehre bleibe. Er dachte aber von nun an auf Mittel, die Wahrheit ſelbſt mit Genehmigung ihrer Gegner zu verbreiten. In dieſer Abſicht ſchrieb er eine ſchoͤne Vertheidigung des copernikaniſchen Syſtems, und erklaͤrte in der Vorrede derſelben: ”Da man auswaͤrts geglaubt, ”und ſelbſt in Schriften zu erkennen gegeben habe, es ſey ”die Verurtheilung dieſer Saͤtze das Werk eines Tribunals ”geweſen, welchem die Gruͤnde, ſo man dafuͤr anfuͤhren ”koͤnne, gaͤnzlich unbekannt geblieben waͤren: ſo wolle er ”vielmehr zeigen, daß die italiaͤniſchen Lehrer mit dieſen ”Gruͤnden eben ſo gut, als die gelehrteſten Auslaͤnder, ”bekannt waͤren.“ Eine ſo geſchickte Wendung verſchaffte ihm die Erlaubniß des Drucks ſeiner vortreflichen Geſpraͤche uͤber die Weltordnungen (Dialogo di Galileo Galilei delle due maſſime ſiſteme del mondo, Tolemaico e Copernicano, in Firenze, 1632. 4.), welche in der lateiniſchen Ueberſetzung des Matthias Bernegger (Dialogi de ſyſtemate coſmico, 1635. Lugd. 1641. 4.) allgemein geleſen wurden. Dieſe Schrift macht nebſt einer andern ſchon vorher erſchienenen (Novantiqua SS. Patrum et probatorum Theologorum doctrina, de ſacrae ſcripturae teſtimoniis in concluſionibus mere naturalibus temere non uſurpandis, ital. et lat. Aug. 1636. 4.) die glorreichſte Vertheidigung des Copernikus aus. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0727" xml:id="P.4.717" n="717"/><lb/> die zur Buͤchercenſur verordnete Congregation der Cardinaͤle zu Rom die copernikaniſche Weltordnung fuͤr ſchriftwidrig und ketzeriſch, verdammte alle Stellen der Buͤcher <hi rendition="#aq">de revolutionibus,</hi> welche das Syſtem als Thatſache darſtellen, beſonders die zwey Capitel, die des Ariſtoteles Gruͤnde fuͤr die Unbeweglichkeit der Erde widerlegen, und die hieher gehoͤrigen bibliſchen Stellen betreffen, verbot auch die dem Copernikus beypflichtenden Schriften des <hi rendition="#b">Foſcarini,</hi> und einiger andern.</p> <p>Galilei ſelbſt, deſſen Entdeckungen und Aeußerungen dieſer neuen Meinung ſo vortheilhaft waren, ward noch in eben dem Jahre nach Rom vorgeladen, und entgieng der drohenden Gefahr nur durch die Erklaͤrung, daß er bey der alten Lehre bleibe. Er dachte aber von nun an auf Mittel, die Wahrheit ſelbſt mit Genehmigung ihrer Gegner zu verbreiten. In dieſer Abſicht ſchrieb er eine ſchoͤne Vertheidigung des copernikaniſchen Syſtems, und erklaͤrte in der Vorrede derſelben: ”Da man auswaͤrts geglaubt, ”und ſelbſt in Schriften zu erkennen gegeben habe, es ſey ”die Verurtheilung dieſer Saͤtze das Werk eines Tribunals ”geweſen, welchem die Gruͤnde, ſo man dafuͤr anfuͤhren ”koͤnne, gaͤnzlich unbekannt geblieben waͤren: ſo wolle er ”vielmehr zeigen, daß die italiaͤniſchen Lehrer mit dieſen ”Gruͤnden eben ſo gut, als die gelehrteſten Auslaͤnder, ”bekannt waͤren.“ Eine ſo geſchickte Wendung verſchaffte ihm die Erlaubniß des Drucks ſeiner vortreflichen Geſpraͤche uͤber die Weltordnungen (<hi rendition="#aq">Dialogo di <hi rendition="#i">Galileo Galilei</hi> delle due maſſime ſiſteme del mondo, Tolemaico e Copernicano, in Firenze, 1632. 4.</hi>), welche in der lateiniſchen Ueberſetzung des <hi rendition="#b">Matthias Bernegger</hi> (<hi rendition="#aq">Dialogi de ſyſtemate coſmico, 1635. Lugd. 1641. 4.</hi>) allgemein geleſen wurden. Dieſe Schrift macht nebſt einer andern ſchon vorher erſchienenen (<hi rendition="#aq">Novantiqua SS. Patrum et probatorum Theologorum doctrina, de ſacrae ſcripturae teſtimoniis in concluſionibus mere naturalibus temere non uſurpandis, ital. et lat. Aug. 1636. 4.</hi>) die glorreichſte Vertheidigung des Copernikus aus.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [717/0727]
die zur Buͤchercenſur verordnete Congregation der Cardinaͤle zu Rom die copernikaniſche Weltordnung fuͤr ſchriftwidrig und ketzeriſch, verdammte alle Stellen der Buͤcher de revolutionibus, welche das Syſtem als Thatſache darſtellen, beſonders die zwey Capitel, die des Ariſtoteles Gruͤnde fuͤr die Unbeweglichkeit der Erde widerlegen, und die hieher gehoͤrigen bibliſchen Stellen betreffen, verbot auch die dem Copernikus beypflichtenden Schriften des Foſcarini, und einiger andern.
Galilei ſelbſt, deſſen Entdeckungen und Aeußerungen dieſer neuen Meinung ſo vortheilhaft waren, ward noch in eben dem Jahre nach Rom vorgeladen, und entgieng der drohenden Gefahr nur durch die Erklaͤrung, daß er bey der alten Lehre bleibe. Er dachte aber von nun an auf Mittel, die Wahrheit ſelbſt mit Genehmigung ihrer Gegner zu verbreiten. In dieſer Abſicht ſchrieb er eine ſchoͤne Vertheidigung des copernikaniſchen Syſtems, und erklaͤrte in der Vorrede derſelben: ”Da man auswaͤrts geglaubt, ”und ſelbſt in Schriften zu erkennen gegeben habe, es ſey ”die Verurtheilung dieſer Saͤtze das Werk eines Tribunals ”geweſen, welchem die Gruͤnde, ſo man dafuͤr anfuͤhren ”koͤnne, gaͤnzlich unbekannt geblieben waͤren: ſo wolle er ”vielmehr zeigen, daß die italiaͤniſchen Lehrer mit dieſen ”Gruͤnden eben ſo gut, als die gelehrteſten Auslaͤnder, ”bekannt waͤren.“ Eine ſo geſchickte Wendung verſchaffte ihm die Erlaubniß des Drucks ſeiner vortreflichen Geſpraͤche uͤber die Weltordnungen (Dialogo di Galileo Galilei delle due maſſime ſiſteme del mondo, Tolemaico e Copernicano, in Firenze, 1632. 4.), welche in der lateiniſchen Ueberſetzung des Matthias Bernegger (Dialogi de ſyſtemate coſmico, 1635. Lugd. 1641. 4.) allgemein geleſen wurden. Dieſe Schrift macht nebſt einer andern ſchon vorher erſchienenen (Novantiqua SS. Patrum et probatorum Theologorum doctrina, de ſacrae ſcripturae teſtimoniis in concluſionibus mere naturalibus temere non uſurpandis, ital. et lat. Aug. 1636. 4.) die glorreichſte Vertheidigung des Copernikus aus.
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