Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die Säule hat oft mehrere Toisen, bisweilen über 50, im Durchmesser, und breitet sich oben gegen die Wolke trichterförmig aus. Wenn sie aus dichtem Wasser besteht, ist sie durchsichtig; mehrentheils aber inwendig hohl, und von außen mit einer Menge zertheilter Tropfen umgeben, die rings um sie einen Regen verbreiten, durch den ihr Ansehen trüb oder dunkel wird. Das Meer scheint unter ihr aufzuwallen, und einen Rauch von sich zu geben, welcher nach der Säule zu in die Höhe steigt. Ihre Stellung ist bisweilen lothrecht, bisweilen schief oder krummlinigt. Ihre Dauer ist sehr verschieden: oft verschwindet auch eine, und es kommen so fort an eben demselben Orte andere wieder. Forster sahe eine solche Säule mit einem Blitze verschwinden. Die Schiffer pflegen gegen die Wasserhosen zu feuern, um sie dadurch zu zerstören. Man hat auch gesagt, sie zerstreueten sich, wenn man scharfe Messer oder Degenklingen daran brächte; wenigstens führt dieses Beccaria an. Musschenbroek erklärt die Wasserhosen so, wie die Wetterwirbel auf dem Lande, aus dem Zusammentreffen zweener entgegengesetzten Winde, welche eine Wolke zwischen sich comprimiren, einen Theil derselben zu Wasser verdichten, und dieses schnell im Wirbel umtreiben. Andoque (Hist. de l'acad. des sc. 1727. p. 5.) hat fast eben diese Erklärung, nur nimmt er nicht entgegengesetzte, sondern parallele Winde an, welche eine Wolke zwischen sich fassen. Diesen Erklärungen aber steht entgegen, daß sich die Wasserhosen fast immer nur bey vollkommner Windstille zeigen. Dampier führt an, daß 1674 an der Küste von
Die Saͤule hat oft mehrere Toiſen, bisweilen uͤber 50, im Durchmeſſer, und breitet ſich oben gegen die Wolke trichterfoͤrmig aus. Wenn ſie aus dichtem Waſſer beſteht, iſt ſie durchſichtig; mehrentheils aber inwendig hohl, und von außen mit einer Menge zertheilter Tropfen umgeben, die rings um ſie einen Regen verbreiten, durch den ihr Anſehen truͤb oder dunkel wird. Das Meer ſcheint unter ihr aufzuwallen, und einen Rauch von ſich zu geben, welcher nach der Saͤule zu in die Hoͤhe ſteigt. Ihre Stellung iſt bisweilen lothrecht, bisweilen ſchief oder krummlinigt. Ihre Dauer iſt ſehr verſchieden: oft verſchwindet auch eine, und es kommen ſo fort an eben demſelben Orte andere wieder. Forſter ſahe eine ſolche Saͤule mit einem Blitze verſchwinden. Die Schiffer pflegen gegen die Waſſerhoſen zu feuern, um ſie dadurch zu zerſtoͤren. Man hat auch geſagt, ſie zerſtreueten ſich, wenn man ſcharfe Meſſer oder Degenklingen daran braͤchte; wenigſtens fuͤhrt dieſes Beccaria an. Muſſchenbroek erklaͤrt die Waſſerhoſen ſo, wie die Wetterwirbel auf dem Lande, aus dem Zuſammentreffen zweener entgegengeſetzten Winde, welche eine Wolke zwiſchen ſich comprimiren, einen Theil derſelben zu Waſſer verdichten, und dieſes ſchnell im Wirbel umtreiben. Andoque (Hiſt. de l'acad. des ſc. 1727. p. 5.) hat faſt eben dieſe Erklaͤrung, nur nimmt er nicht entgegengeſetzte, ſondern parallele Winde an, welche eine Wolke zwiſchen ſich faſſen. Dieſen Erklaͤrungen aber ſteht entgegen, daß ſich die Waſſerhoſen faſt immer nur bey vollkommner Windſtille zeigen. Dampier fuͤhrt an, daß 1674 an der Kuͤſte von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0669" xml:id="P.4.659" n="659"/><lb/> Waſſerſaͤule. Von Wetterwirbeln auf dem Lande ſinden ſich aͤhnliche Beſchreibungen (<hi rendition="#aq">Phil. Trans. Vol. XXIII. N. 281. p. 1248. N. 284. p. 1331. Vol. XXX. N. 363. p. 1097. —Hiſt. de l'acad. des ſc. 1725. p. 4. 1727. p. 5, 1758. p. 19.</hi>), auch von <hi rendition="#b">Dryfhout</hi> (<hi rendition="#aq">Haarlemer Verhandlingen, III. Deel, p. 321.</hi>) und <hi rendition="#b">Boſcowich</hi> (Beſchreibung eines merkwuͤrdigen Wetterwirbels in Rom, im Hamburg. Magazin B. <hi rendition="#aq">X.</hi> S. 523.). Von einer Waſſerhoſe auf der Elbe bey Altona, die hernach uͤber Land gieng, ſ. Gothaiſches Magazin fuͤr das Neuſte a. d. Phyſ. <hi rendition="#aq">III.</hi> B. 3. St. S. 178.</p> <p>Die Saͤule hat oft mehrere Toiſen, bisweilen uͤber 50, im Durchmeſſer, und breitet ſich oben gegen die Wolke trichterfoͤrmig aus. Wenn ſie aus dichtem Waſſer beſteht, iſt ſie durchſichtig; mehrentheils aber inwendig hohl, und von außen mit einer Menge zertheilter Tropfen umgeben, die rings um ſie einen Regen verbreiten, durch den ihr Anſehen truͤb oder dunkel wird. Das Meer ſcheint unter ihr aufzuwallen, und einen Rauch von ſich zu geben, welcher nach der Saͤule zu in die Hoͤhe ſteigt. Ihre Stellung iſt bisweilen lothrecht, bisweilen ſchief oder krummlinigt. Ihre Dauer iſt ſehr verſchieden: oft verſchwindet auch eine, und es kommen ſo fort an eben demſelben Orte andere wieder. <hi rendition="#b">Forſter</hi> ſahe eine ſolche Saͤule mit einem Blitze verſchwinden. Die Schiffer pflegen gegen die Waſſerhoſen zu feuern, um ſie dadurch zu zerſtoͤren. Man hat auch geſagt, ſie zerſtreueten ſich, wenn man ſcharfe Meſſer oder Degenklingen daran braͤchte; wenigſtens fuͤhrt dieſes <hi rendition="#b">Beccaria an.</hi></p> <p><hi rendition="#b">Muſſchenbroek</hi> erklaͤrt die Waſſerhoſen ſo, wie die Wetterwirbel auf dem Lande, aus dem Zuſammentreffen zweener entgegengeſetzten Winde, welche eine Wolke zwiſchen ſich comprimiren, einen Theil derſelben zu Waſſer verdichten, und dieſes ſchnell im Wirbel umtreiben. <hi rendition="#b">Andoque</hi> (<hi rendition="#aq">Hiſt. de l'acad. des ſc. 1727. p. 5.</hi>) hat faſt eben dieſe Erklaͤrung, nur nimmt er nicht entgegengeſetzte, ſondern parallele Winde an, welche eine Wolke zwiſchen ſich faſſen. Dieſen Erklaͤrungen aber ſteht entgegen, daß ſich die Waſſerhoſen faſt immer nur bey vollkommner Windſtille zeigen. <hi rendition="#b">Dampier</hi> fuͤhrt an, daß 1674 an der Kuͤſte von<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [659/0669]
Waſſerſaͤule. Von Wetterwirbeln auf dem Lande ſinden ſich aͤhnliche Beſchreibungen (Phil. Trans. Vol. XXIII. N. 281. p. 1248. N. 284. p. 1331. Vol. XXX. N. 363. p. 1097. —Hiſt. de l'acad. des ſc. 1725. p. 4. 1727. p. 5, 1758. p. 19.), auch von Dryfhout (Haarlemer Verhandlingen, III. Deel, p. 321.) und Boſcowich (Beſchreibung eines merkwuͤrdigen Wetterwirbels in Rom, im Hamburg. Magazin B. X. S. 523.). Von einer Waſſerhoſe auf der Elbe bey Altona, die hernach uͤber Land gieng, ſ. Gothaiſches Magazin fuͤr das Neuſte a. d. Phyſ. III. B. 3. St. S. 178.
Die Saͤule hat oft mehrere Toiſen, bisweilen uͤber 50, im Durchmeſſer, und breitet ſich oben gegen die Wolke trichterfoͤrmig aus. Wenn ſie aus dichtem Waſſer beſteht, iſt ſie durchſichtig; mehrentheils aber inwendig hohl, und von außen mit einer Menge zertheilter Tropfen umgeben, die rings um ſie einen Regen verbreiten, durch den ihr Anſehen truͤb oder dunkel wird. Das Meer ſcheint unter ihr aufzuwallen, und einen Rauch von ſich zu geben, welcher nach der Saͤule zu in die Hoͤhe ſteigt. Ihre Stellung iſt bisweilen lothrecht, bisweilen ſchief oder krummlinigt. Ihre Dauer iſt ſehr verſchieden: oft verſchwindet auch eine, und es kommen ſo fort an eben demſelben Orte andere wieder. Forſter ſahe eine ſolche Saͤule mit einem Blitze verſchwinden. Die Schiffer pflegen gegen die Waſſerhoſen zu feuern, um ſie dadurch zu zerſtoͤren. Man hat auch geſagt, ſie zerſtreueten ſich, wenn man ſcharfe Meſſer oder Degenklingen daran braͤchte; wenigſtens fuͤhrt dieſes Beccaria an.
Muſſchenbroek erklaͤrt die Waſſerhoſen ſo, wie die Wetterwirbel auf dem Lande, aus dem Zuſammentreffen zweener entgegengeſetzten Winde, welche eine Wolke zwiſchen ſich comprimiren, einen Theil derſelben zu Waſſer verdichten, und dieſes ſchnell im Wirbel umtreiben. Andoque (Hiſt. de l'acad. des ſc. 1727. p. 5.) hat faſt eben dieſe Erklaͤrung, nur nimmt er nicht entgegengeſetzte, ſondern parallele Winde an, welche eine Wolke zwiſchen ſich faſſen. Dieſen Erklaͤrungen aber ſteht entgegen, daß ſich die Waſſerhoſen faſt immer nur bey vollkommner Windſtille zeigen. Dampier fuͤhrt an, daß 1674 an der Kuͤſte von
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