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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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aber auch in der Natur ohne fremde Beymischungen und Verbindungen mit andern Stoffen angetroffen werde. Selbst das atmosphärische Schnee- Regen-Hagel- und Thauwasser, wovon die beyden ersten Arten die reinsten sind, enthält noch immer etwas Kalksalz und Salpetersäure. Die Quell- und Brunnenwasser führen insgesammt Erden bey sich, deren Verbindung mehrentheils durch Luftsäure bewirkt wird, oder zwischen einer bloßen Vermengung und eigentlichen Auflösung das Mittel hält. Die Fluß- und stehenden Gewässer sind insgemein voll sichtbarer Unreinigkeiten. Die reinsten Quell- und Flußwasser sind die, welche über Sand, Sandstein und andere Kieselarten fließen, weil sich diese vom Wasser am wenigsten angreifen lassen, und dasselbe vielmehr seine erdigten und salzigen Stoffe an sie anlegen und sich dadurch von denselben reinigen kan.

Zu chymischen Operationen und solchen physikalischen Versuchen, wo reines Wasser als Maaßstab dienen soll, muß man destillirtes Wasser wählen. Man verschaft sich dasselbe, indem man Regen- Schnee- oder Brunnenwasser aus einer gläsernen Retorte im Sandbade, oder einer kupfernen Blase mit zinnernem Helme und Röhre bey mäßigem Feuer destillirt. Hiebey gehen die flüchtigen Beymischungen zuerst mit über, und die feuerbeständigen bleiben bis ans Ende zurück. Man erhält also ganz reines Wasser, wenn man die zuerst übergegangenen Theile weggießt, und beym letzten Drittel oder Viertel die Operation abbricht. Dieses Wasser wird in reinen gläsernen Flaschen aufgehoben, die man aber nicht mit Kork verstopfen, sondern mit Papier bedecken muß.

Dieses destillirte Wasser verstattet man sich als einen immer gleichartigen Stof zu betrachten, und seine specifische Schwere, Wärme u. s. w. bey bestimmten Temperaturen = 1 zu setzen. Dennoch ist es nicht ganz rein; es leidet mit der Zeit eine gewisse Verderbniß, und wird alsdann von einigen gegenwirkenden Mitteln verändert (s. Westrumb physikal. chem. Abhandl. Heft 2. S. 207.), welches ein ganz reines Wasser nicht thun sollte.


aber auch in der Natur ohne fremde Beymiſchungen und Verbindungen mit andern Stoffen angetroffen werde. Selbſt das atmoſphaͤriſche Schnee- Regen-Hagel- und Thauwaſſer, wovon die beyden erſten Arten die reinſten ſind, enthaͤlt noch immer etwas Kalkſalz und Salpeterſaͤure. Die Quell- und Brunnenwaſſer fuͤhren insgeſammt Erden bey ſich, deren Verbindung mehrentheils durch Luftſaͤure bewirkt wird, oder zwiſchen einer bloßen Vermengung und eigentlichen Aufloͤſung das Mittel haͤlt. Die Fluß- und ſtehenden Gewaͤſſer ſind insgemein voll ſichtbarer Unreinigkeiten. Die reinſten Quell- und Flußwaſſer ſind die, welche uͤber Sand, Sandſtein und andere Kieſelarten fließen, weil ſich dieſe vom Waſſer am wenigſten angreifen laſſen, und daſſelbe vielmehr ſeine erdigten und ſalzigen Stoffe an ſie anlegen und ſich dadurch von denſelben reinigen kan.

Zu chymiſchen Operationen und ſolchen phyſikaliſchen Verſuchen, wo reines Waſſer als Maaßſtab dienen ſoll, muß man deſtillirtes Waſſer waͤhlen. Man verſchaft ſich daſſelbe, indem man Regen- Schnee- oder Brunnenwaſſer aus einer glaͤſernen Retorte im Sandbade, oder einer kupfernen Blaſe mit zinnernem Helme und Roͤhre bey maͤßigem Feuer deſtillirt. Hiebey gehen die fluͤchtigen Beymiſchungen zuerſt mit uͤber, und die feuerbeſtaͤndigen bleiben bis ans Ende zuruͤck. Man erhaͤlt alſo ganz reines Waſſer, wenn man die zuerſt uͤbergegangenen Theile weggießt, und beym letzten Drittel oder Viertel die Operation abbricht. Dieſes Waſſer wird in reinen glaͤſernen Flaſchen aufgehoben, die man aber nicht mit Kork verſtopfen, ſondern mit Papier bedecken muß.

Dieſes deſtillirte Waſſer verſtattet man ſich als einen immer gleichartigen Stof zu betrachten, und ſeine ſpecifiſche Schwere, Waͤrme u. ſ. w. bey beſtimmten Temperaturen = 1 zu ſetzen. Dennoch iſt es nicht ganz rein; es leidet mit der Zeit eine gewiſſe Verderbniß, und wird alsdann von einigen gegenwirkenden Mitteln veraͤndert (ſ. Weſtrumb phyſikal. chem. Abhandl. Heft 2. S. 207.), welches ein ganz reines Waſſer nicht thun ſollte.

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[642/0652] aber auch in der Natur ohne fremde Beymiſchungen und Verbindungen mit andern Stoffen angetroffen werde. Selbſt das atmoſphaͤriſche Schnee- Regen-Hagel- und Thauwaſſer, wovon die beyden erſten Arten die reinſten ſind, enthaͤlt noch immer etwas Kalkſalz und Salpeterſaͤure. Die Quell- und Brunnenwaſſer fuͤhren insgeſammt Erden bey ſich, deren Verbindung mehrentheils durch Luftſaͤure bewirkt wird, oder zwiſchen einer bloßen Vermengung und eigentlichen Aufloͤſung das Mittel haͤlt. Die Fluß- und ſtehenden Gewaͤſſer ſind insgemein voll ſichtbarer Unreinigkeiten. Die reinſten Quell- und Flußwaſſer ſind die, welche uͤber Sand, Sandſtein und andere Kieſelarten fließen, weil ſich dieſe vom Waſſer am wenigſten angreifen laſſen, und daſſelbe vielmehr ſeine erdigten und ſalzigen Stoffe an ſie anlegen und ſich dadurch von denſelben reinigen kan. Zu chymiſchen Operationen und ſolchen phyſikaliſchen Verſuchen, wo reines Waſſer als Maaßſtab dienen ſoll, muß man deſtillirtes Waſſer waͤhlen. Man verſchaft ſich daſſelbe, indem man Regen- Schnee- oder Brunnenwaſſer aus einer glaͤſernen Retorte im Sandbade, oder einer kupfernen Blaſe mit zinnernem Helme und Roͤhre bey maͤßigem Feuer deſtillirt. Hiebey gehen die fluͤchtigen Beymiſchungen zuerſt mit uͤber, und die feuerbeſtaͤndigen bleiben bis ans Ende zuruͤck. Man erhaͤlt alſo ganz reines Waſſer, wenn man die zuerſt uͤbergegangenen Theile weggießt, und beym letzten Drittel oder Viertel die Operation abbricht. Dieſes Waſſer wird in reinen glaͤſernen Flaſchen aufgehoben, die man aber nicht mit Kork verſtopfen, ſondern mit Papier bedecken muß. Dieſes deſtillirte Waſſer verſtattet man ſich als einen immer gleichartigen Stof zu betrachten, und ſeine ſpecifiſche Schwere, Waͤrme u. ſ. w. bey beſtimmten Temperaturen = 1 zu ſetzen. Dennoch iſt es nicht ganz rein; es leidet mit der Zeit eine gewiſſe Verderbniß, und wird alsdann von einigen gegenwirkenden Mitteln veraͤndert (ſ. Weſtrumb phyſikal. chem. Abhandl. Heft 2. S. 207.), welches ein ganz reines Waſſer nicht thun ſollte.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 642. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/652>, abgerufen am 11.06.2024.