Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Taf. XXVI. Fig. 67. bilden die vier Regeln AB, BC, CD, DA ein Parallelogramm, und sind mit vier Nägeln in A, B, C, D dergestalt verbunden, daß sie sich frey um diese Nägel drehen. Die beyden Regeln AB und CD sind in der Mitte mit andern Nägeln E, F, an die feststehende Säule GH so befestiget, daß sie sich ebenfalls um E und F drehen können. Solchergestalt kan das ganze Parallelogramm ABCD die punktirte schiefe Lage annehmen, doch so, daß die gegenüberstehenden Seiten immer parallel und gleich, auch AD und BC immer vertical bleiben. Bringt man nun an diese Regeln AD und BC die Arme MI und NO senkrecht an, und befestigt dieselben bey P und Q so, daß sie sich nicht drehen können, so werden die gleichen Gewichte K und L im Gleichgewichte seyn, an welchen Punkten der Arme MI und NO sie auch hängen mögen. Man hänge z. B. K an M, und L an O, wie es die Figur vorstellt, so wird sich alles das Gleichgewicht halten, obgleich K dem Ruhepunkte oder der Säule EF weit näher, als L, scheint.

Nemlich die Befestigung bey P macht, daß das Gewicht K auf die ganze immer senkrechte Regel AD nicht anders wirken kan, als wenn es im Punkte P selbst angebracht wäre. Könnte es die Regel um P drehen, so würde hiebey freylich das Moment PM X K (welches ein Moment um P ist, s. Moment, statisches) in Betrachtung kommen; da aber diese Umdrehung wegen der Befestigung bey P nicht statt finden kan, ohne zugleich die Regel AD aus der vertikalen Lage zu bringen, so wird durch dieses Moment blos eine Stemmung der Regeln AB und DC gegen die Nägel E und F bewirkt; und der vertikale Zug an der Regel AD ist weder stärker noch geringer, als wenn K an P selbst hienge, indem dieser Ruhepunkt des Hebels IPM das Gewicht P mit zu tragen bekömmt. Eben so ist es mit L, welches so wirkt, als ob es an Q hienge. Folglich bleibt alles im Gleichgewichte, wenn nur P und Q gleich weit von EF entfernt sind, und auf beyden Seiten alles gleich schwer ist.

Eben dies würde auch noch statt finden, wenn man den festen Arm IM bis m verlängerte, und K in m anhienge, in welchem Falle K und L beyde auf einerley Seite des Ruhepunkts,


Taf. XXVI. Fig. 67. bilden die vier Regeln AB, BC, CD, DA ein Parallelogramm, und ſind mit vier Naͤgeln in A, B, C, D dergeſtalt verbunden, daß ſie ſich frey um dieſe Naͤgel drehen. Die beyden Regeln AB und CD ſind in der Mitte mit andern Naͤgeln E, F, an die feſtſtehende Saͤule GH ſo befeſtiget, daß ſie ſich ebenfalls um E und F drehen koͤnnen. Solchergeſtalt kan das ganze Parallelogramm ABCD die punktirte ſchiefe Lage annehmen, doch ſo, daß die gegenuͤberſtehenden Seiten immer parallel und gleich, auch AD und BC immer vertical bleiben. Bringt man nun an dieſe Regeln AD und BC die Arme MI und NO ſenkrecht an, und befeſtigt dieſelben bey P und Q ſo, daß ſie ſich nicht drehen koͤnnen, ſo werden die gleichen Gewichte K und L im Gleichgewichte ſeyn, an welchen Punkten der Arme MI und NO ſie auch haͤngen moͤgen. Man haͤnge z. B. K an M, und L an O, wie es die Figur vorſtellt, ſo wird ſich alles das Gleichgewicht halten, obgleich K dem Ruhepunkte oder der Saͤule EF weit naͤher, als L, ſcheint.

Nemlich die Befeſtigung bey P macht, daß das Gewicht K auf die ganze immer ſenkrechte Regel AD nicht anders wirken kan, als wenn es im Punkte P ſelbſt angebracht waͤre. Koͤnnte es die Regel um P drehen, ſo wuͤrde hiebey freylich das Moment PM X K (welches ein Moment um P iſt, ſ. Moment, ſtatiſches) in Betrachtung kommen; da aber dieſe Umdrehung wegen der Befeſtigung bey P nicht ſtatt finden kan, ohne zugleich die Regel AD aus der vertikalen Lage zu bringen, ſo wird durch dieſes Moment blos eine Stemmung der Regeln AB und DC gegen die Naͤgel E und F bewirkt; und der vertikale Zug an der Regel AD iſt weder ſtaͤrker noch geringer, als wenn K an P ſelbſt hienge, indem dieſer Ruhepunkt des Hebels IPM das Gewicht P mit zu tragen bekoͤmmt. Eben ſo iſt es mit L, welches ſo wirkt, als ob es an Q hienge. Folglich bleibt alles im Gleichgewichte, wenn nur P und Q gleich weit von EF entfernt ſind, und auf beyden Seiten alles gleich ſchwer iſt.

Eben dies wuͤrde auch noch ſtatt finden, wenn man den feſten Arm IM bis m verlaͤngerte, und K in m anhienge, in welchem Falle K und L beyde auf einerley Seite des Ruhepunkts,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0630" xml:id="P.4.620" n="620"/><lb/>
            </p>
            <p>Taf. <hi rendition="#aq">XXVI.</hi> Fig. 67. bilden die vier Regeln <hi rendition="#aq">AB, BC, CD, DA</hi> ein Parallelogramm, und &#x017F;ind mit vier Na&#x0364;geln in <hi rendition="#aq">A, B, C, D</hi> derge&#x017F;talt verbunden, daß &#x017F;ie &#x017F;ich frey um die&#x017F;e Na&#x0364;gel drehen. Die beyden Regeln <hi rendition="#aq">AB</hi> und <hi rendition="#aq">CD</hi> &#x017F;ind in der Mitte mit andern Na&#x0364;geln <hi rendition="#aq">E, F,</hi> an die fe&#x017F;t&#x017F;tehende Sa&#x0364;ule <hi rendition="#aq">GH</hi> &#x017F;o befe&#x017F;tiget, daß &#x017F;ie &#x017F;ich ebenfalls um <hi rendition="#aq">E</hi> und <hi rendition="#aq">F</hi> drehen ko&#x0364;nnen. Solcherge&#x017F;talt kan das ganze Parallelogramm <hi rendition="#aq">ABCD</hi> die punktirte &#x017F;chiefe Lage annehmen, doch &#x017F;o, daß die gegenu&#x0364;ber&#x017F;tehenden Seiten immer parallel und gleich, auch <hi rendition="#aq">AD</hi> und <hi rendition="#aq">BC</hi> immer vertical bleiben. Bringt man nun an die&#x017F;e Regeln <hi rendition="#aq">AD</hi> und <hi rendition="#aq">BC</hi> die Arme <hi rendition="#aq">MI</hi> und <hi rendition="#aq">NO</hi> &#x017F;enkrecht an, und befe&#x017F;tigt die&#x017F;elben bey <hi rendition="#aq">P</hi> und <hi rendition="#aq">Q</hi> &#x017F;o, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht drehen ko&#x0364;nnen, &#x017F;o werden die gleichen Gewichte <hi rendition="#aq">K</hi> und <hi rendition="#aq">L</hi> im Gleichgewichte &#x017F;eyn, an welchen Punkten der Arme <hi rendition="#aq">MI</hi> und <hi rendition="#aq">NO</hi> &#x017F;ie auch ha&#x0364;ngen mo&#x0364;gen. Man ha&#x0364;nge z. B. <hi rendition="#aq">K</hi> an <hi rendition="#aq">M,</hi> und <hi rendition="#aq">L</hi> an <hi rendition="#aq">O,</hi> wie es die Figur vor&#x017F;tellt, &#x017F;o wird &#x017F;ich alles das Gleichgewicht halten, obgleich <hi rendition="#aq">K</hi> dem Ruhepunkte oder der Sa&#x0364;ule <hi rendition="#aq">EF</hi> weit na&#x0364;her, als <hi rendition="#aq">L,</hi> &#x017F;cheint.</p>
            <p>Nemlich die Befe&#x017F;tigung bey <hi rendition="#aq">P</hi> macht, daß das Gewicht <hi rendition="#aq">K</hi> auf die ganze immer &#x017F;enkrechte Regel <hi rendition="#aq">AD</hi> nicht anders wirken kan, als wenn es im Punkte <hi rendition="#aq">P</hi> &#x017F;elb&#x017F;t angebracht wa&#x0364;re. Ko&#x0364;nnte es die Regel um <hi rendition="#aq">P</hi> drehen, &#x017F;o wu&#x0364;rde hiebey freylich das Moment <hi rendition="#aq">PM X K</hi> (welches ein Moment um <hi rendition="#aq">P</hi> i&#x017F;t, <hi rendition="#b">&#x017F;. Moment, &#x017F;tati&#x017F;ches</hi>) in Betrachtung kommen; da aber die&#x017F;e Umdrehung wegen der Befe&#x017F;tigung bey <hi rendition="#aq">P</hi> nicht &#x017F;tatt finden kan, ohne zugleich die Regel <hi rendition="#aq">AD</hi> aus der vertikalen Lage zu bringen, &#x017F;o wird durch die&#x017F;es Moment blos eine Stemmung der Regeln <hi rendition="#aq">AB</hi> und <hi rendition="#aq">DC</hi> gegen die Na&#x0364;gel <hi rendition="#aq">E</hi> und <hi rendition="#aq">F</hi> bewirkt; und der vertikale Zug an der Regel <hi rendition="#aq">AD</hi> i&#x017F;t weder &#x017F;ta&#x0364;rker noch geringer, als wenn <hi rendition="#aq">K</hi> an <hi rendition="#aq">P</hi> &#x017F;elb&#x017F;t hienge, indem die&#x017F;er Ruhepunkt des Hebels <hi rendition="#aq">IPM</hi> das Gewicht <hi rendition="#aq">P</hi> mit zu tragen beko&#x0364;mmt. Eben &#x017F;o i&#x017F;t es mit <hi rendition="#aq">L,</hi> welches &#x017F;o wirkt, als ob es an <hi rendition="#aq">Q</hi> hienge. Folglich bleibt alles im Gleichgewichte, wenn nur <hi rendition="#aq">P</hi> und <hi rendition="#aq">Q</hi> gleich weit von <hi rendition="#aq">EF</hi> entfernt &#x017F;ind, und auf beyden Seiten alles gleich &#x017F;chwer i&#x017F;t.</p>
            <p>Eben dies wu&#x0364;rde auch noch &#x017F;tatt finden, wenn man den fe&#x017F;ten Arm <hi rendition="#aq">IM</hi> bis <hi rendition="#aq">m</hi> verla&#x0364;ngerte, und <hi rendition="#aq">K</hi> in <hi rendition="#aq">m</hi> anhienge, in welchem Falle <hi rendition="#aq">K</hi> und <hi rendition="#aq">L</hi> beyde auf einerley Seite des Ruhepunkts,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[620/0630] Taf. XXVI. Fig. 67. bilden die vier Regeln AB, BC, CD, DA ein Parallelogramm, und ſind mit vier Naͤgeln in A, B, C, D dergeſtalt verbunden, daß ſie ſich frey um dieſe Naͤgel drehen. Die beyden Regeln AB und CD ſind in der Mitte mit andern Naͤgeln E, F, an die feſtſtehende Saͤule GH ſo befeſtiget, daß ſie ſich ebenfalls um E und F drehen koͤnnen. Solchergeſtalt kan das ganze Parallelogramm ABCD die punktirte ſchiefe Lage annehmen, doch ſo, daß die gegenuͤberſtehenden Seiten immer parallel und gleich, auch AD und BC immer vertical bleiben. Bringt man nun an dieſe Regeln AD und BC die Arme MI und NO ſenkrecht an, und befeſtigt dieſelben bey P und Q ſo, daß ſie ſich nicht drehen koͤnnen, ſo werden die gleichen Gewichte K und L im Gleichgewichte ſeyn, an welchen Punkten der Arme MI und NO ſie auch haͤngen moͤgen. Man haͤnge z. B. K an M, und L an O, wie es die Figur vorſtellt, ſo wird ſich alles das Gleichgewicht halten, obgleich K dem Ruhepunkte oder der Saͤule EF weit naͤher, als L, ſcheint. Nemlich die Befeſtigung bey P macht, daß das Gewicht K auf die ganze immer ſenkrechte Regel AD nicht anders wirken kan, als wenn es im Punkte P ſelbſt angebracht waͤre. Koͤnnte es die Regel um P drehen, ſo wuͤrde hiebey freylich das Moment PM X K (welches ein Moment um P iſt, ſ. Moment, ſtatiſches) in Betrachtung kommen; da aber dieſe Umdrehung wegen der Befeſtigung bey P nicht ſtatt finden kan, ohne zugleich die Regel AD aus der vertikalen Lage zu bringen, ſo wird durch dieſes Moment blos eine Stemmung der Regeln AB und DC gegen die Naͤgel E und F bewirkt; und der vertikale Zug an der Regel AD iſt weder ſtaͤrker noch geringer, als wenn K an P ſelbſt hienge, indem dieſer Ruhepunkt des Hebels IPM das Gewicht P mit zu tragen bekoͤmmt. Eben ſo iſt es mit L, welches ſo wirkt, als ob es an Q hienge. Folglich bleibt alles im Gleichgewichte, wenn nur P und Q gleich weit von EF entfernt ſind, und auf beyden Seiten alles gleich ſchwer iſt. Eben dies wuͤrde auch noch ſtatt finden, wenn man den feſten Arm IM bis m verlaͤngerte, und K in m anhienge, in welchem Falle K und L beyde auf einerley Seite des Ruhepunkts,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/630
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/630>, abgerufen am 22.11.2024.