Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Bey heftigen Graden der Kälte nimmt doch diese innere Wärme nach und nach ab; Menschen und Thiere erfrieren endlich, wenn sie sich einem starken Froste allzulang und zu unvorsichtig aussetzen. Dennoch erhält sich die ganze lebende Schöpfung in Ländern, wo bisweilen die Kälte wenigstens den Gefrierpunkt des Quecksilbers, oder--40 erreicht. Und wenn hiebey die Blutwärme nicht ganz auf ihren gewöhnlichen 99 Graden bleibt, so wird man sie doch nicht unter 92 Grad finden: daß also hiebey noch eine Erzeugung von wenigstens 132 Grad innerer Wärme statt finden muß. Ueber hohe Grade der Hitze, welche Menschen auszuhalten vermögen, hat Blagden (Philos. Trans. Vol. LXV. P. I. num. 12.) merkwürdige Versuche von Fordyce, Banks und Solander bekannt gemacht, nachdem schon vorher Tillet gefunden hatte, daß Menschen in einer bis zum Siedpunkte erhitzten Luft eine Viertelstunde lang ausdauern können (Mem. de Paris. 1764.). Fordyce ließ Zimmer durch heiße Wasserdämpfe erhitzen, und hielt im bloßen Hemde und hölzernen Schuhen 5 Min. lang in 90 Grad, hierauf 10 Min. in 110 Grad, und dann noch 20 Min. lang in 120 Grad Hitze aus. Hiebey stand ein Thermometer unter seiner Zunge oder in seiner Hand auf 100 Grad, und dies war auch die Wärme seines Harns. Der Puls machte 145 Schläge in einer Minute, die Adern waren sehr aufgelaufen und der Körper roth. Bey einem andern Versuche hielt er 15 Min. in 119 Grad, und dann 15 Min. in 130 Grad Hitze aus; seine eigne Wärme stieg immer nicht höher, als 100 Grad. In einem nicht durch siedendes Wasser, sondern durch einen eisernen Ofen geheizten Zimmer hielt eine ganze Gesellschaft 20 Min. lang aus, obgleich die Hitze 150 Grad erreichte, und man die Kleider nicht abgelegt hatte. Nachher ertrug man 198 Grad zehn Minuten lang. D. Solander ertrug ferner 210, Banks 211 Grade 7 Min. lang. Der Letztere getraute sich, eine
Bey heftigen Graden der Kaͤlte nimmt doch dieſe innere Waͤrme nach und nach ab; Menſchen und Thiere erfrieren endlich, wenn ſie ſich einem ſtarken Froſte allzulang und zu unvorſichtig ausſetzen. Dennoch erhaͤlt ſich die ganze lebende Schoͤpfung in Laͤndern, wo bisweilen die Kaͤlte wenigſtens den Gefrierpunkt des Queckſilbers, oder—40 erreicht. Und wenn hiebey die Blutwaͤrme nicht ganz auf ihren gewoͤhnlichen 99 Graden bleibt, ſo wird man ſie doch nicht unter 92 Grad finden: daß alſo hiebey noch eine Erzeugung von wenigſtens 132 Grad innerer Waͤrme ſtatt finden muß. Ueber hohe Grade der Hitze, welche Menſchen auszuhalten vermoͤgen, hat Blagden (Philoſ. Trans. Vol. LXV. P. I. num. 12.) merkwuͤrdige Verſuche von Fordyce, Banks und Solander bekannt gemacht, nachdem ſchon vorher Tillet gefunden hatte, daß Menſchen in einer bis zum Siedpunkte erhitzten Luft eine Viertelſtunde lang ausdauern koͤnnen (Mém. de Paris. 1764.). Fordyce ließ Zimmer durch heiße Waſſerdaͤmpfe erhitzen, und hielt im bloßen Hemde und hoͤlzernen Schuhen 5 Min. lang in 90 Grad, hierauf 10 Min. in 110 Grad, und dann noch 20 Min. lang in 120 Grad Hitze aus. Hiebey ſtand ein Thermometer unter ſeiner Zunge oder in ſeiner Hand auf 100 Grad, und dies war auch die Waͤrme ſeines Harns. Der Puls machte 145 Schlaͤge in einer Minute, die Adern waren ſehr aufgelaufen und der Koͤrper roth. Bey einem andern Verſuche hielt er 15 Min. in 119 Grad, und dann 15 Min. in 130 Grad Hitze aus; ſeine eigne Waͤrme ſtieg immer nicht hoͤher, als 100 Grad. In einem nicht durch ſiedendes Waſſer, ſondern durch einen eiſernen Ofen geheizten Zimmer hielt eine ganze Geſellſchaft 20 Min. lang aus, obgleich die Hitze 150 Grad erreichte, und man die Kleider nicht abgelegt hatte. Nachher ertrug man 198 Grad zehn Minuten lang. D. Solander ertrug ferner 210, Banks 211 Grade 7 Min. lang. Der Letztere getraute ſich, eine <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0595" xml:id="P.4.585" n="585"/><lb/> wenn die Temperatur der Atmoſphaͤre 86 Grad iſt; hingegen wird eine Erzeugung von 83 Grad erforderlich ſeyn, wenn das Thermometer an freyer Luft nur 16 Grad zeigt.</p> <p>Bey heftigen Graden der Kaͤlte nimmt doch dieſe innere Waͤrme nach und nach ab; Menſchen und Thiere erfrieren endlich, wenn ſie ſich einem ſtarken Froſte allzulang und zu unvorſichtig ausſetzen. Dennoch erhaͤlt ſich die ganze lebende Schoͤpfung in Laͤndern, wo bisweilen die Kaͤlte wenigſtens den Gefrierpunkt des Queckſilbers, oder—40 erreicht. Und wenn hiebey die Blutwaͤrme nicht ganz auf ihren gewoͤhnlichen 99 Graden bleibt, ſo wird man ſie doch nicht unter 92 Grad finden: daß alſo hiebey noch eine Erzeugung von wenigſtens 132 Grad innerer Waͤrme ſtatt finden muß.</p> <p>Ueber hohe Grade der Hitze, welche Menſchen auszuhalten vermoͤgen, hat <hi rendition="#b">Blagden</hi> (<hi rendition="#aq">Philoſ. Trans. Vol. LXV. P. I. num. 12.</hi>) merkwuͤrdige Verſuche von <hi rendition="#b">Fordyce, Banks</hi> und <hi rendition="#b">Solander</hi> bekannt gemacht, nachdem ſchon vorher <hi rendition="#b">Tillet</hi> gefunden hatte, daß Menſchen in einer bis zum Siedpunkte erhitzten Luft eine Viertelſtunde lang ausdauern koͤnnen (<hi rendition="#aq">Mém. de Paris. 1764.</hi>). <hi rendition="#b">Fordyce</hi> ließ Zimmer durch heiße Waſſerdaͤmpfe erhitzen, und hielt im bloßen Hemde und hoͤlzernen Schuhen 5 Min. lang in 90 Grad, hierauf 10 Min. in 110 Grad, und dann noch 20 Min. lang in 120 Grad Hitze aus. Hiebey ſtand ein Thermometer unter ſeiner Zunge oder in ſeiner Hand auf 100 Grad, und dies war auch die Waͤrme ſeines Harns. Der Puls machte 145 Schlaͤge in einer Minute, die Adern waren ſehr aufgelaufen und der Koͤrper roth. Bey einem andern Verſuche hielt er 15 Min. in 119 Grad, und dann 15 Min. in 130 Grad Hitze aus; ſeine eigne Waͤrme ſtieg immer nicht hoͤher, als 100 Grad. In einem nicht durch ſiedendes Waſſer, ſondern durch einen eiſernen Ofen geheizten Zimmer hielt eine ganze Geſellſchaft 20 Min. lang aus, obgleich die Hitze 150 Grad erreichte, und man die Kleider nicht abgelegt hatte. Nachher ertrug man 198 Grad zehn Minuten lang. <hi rendition="#b">D. Solander</hi> ertrug ferner 210, <hi rendition="#b">Banks</hi> 211 Grade 7 Min. lang. Der Letztere getraute ſich, eine<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [585/0595]
wenn die Temperatur der Atmoſphaͤre 86 Grad iſt; hingegen wird eine Erzeugung von 83 Grad erforderlich ſeyn, wenn das Thermometer an freyer Luft nur 16 Grad zeigt.
Bey heftigen Graden der Kaͤlte nimmt doch dieſe innere Waͤrme nach und nach ab; Menſchen und Thiere erfrieren endlich, wenn ſie ſich einem ſtarken Froſte allzulang und zu unvorſichtig ausſetzen. Dennoch erhaͤlt ſich die ganze lebende Schoͤpfung in Laͤndern, wo bisweilen die Kaͤlte wenigſtens den Gefrierpunkt des Queckſilbers, oder—40 erreicht. Und wenn hiebey die Blutwaͤrme nicht ganz auf ihren gewoͤhnlichen 99 Graden bleibt, ſo wird man ſie doch nicht unter 92 Grad finden: daß alſo hiebey noch eine Erzeugung von wenigſtens 132 Grad innerer Waͤrme ſtatt finden muß.
Ueber hohe Grade der Hitze, welche Menſchen auszuhalten vermoͤgen, hat Blagden (Philoſ. Trans. Vol. LXV. P. I. num. 12.) merkwuͤrdige Verſuche von Fordyce, Banks und Solander bekannt gemacht, nachdem ſchon vorher Tillet gefunden hatte, daß Menſchen in einer bis zum Siedpunkte erhitzten Luft eine Viertelſtunde lang ausdauern koͤnnen (Mém. de Paris. 1764.). Fordyce ließ Zimmer durch heiße Waſſerdaͤmpfe erhitzen, und hielt im bloßen Hemde und hoͤlzernen Schuhen 5 Min. lang in 90 Grad, hierauf 10 Min. in 110 Grad, und dann noch 20 Min. lang in 120 Grad Hitze aus. Hiebey ſtand ein Thermometer unter ſeiner Zunge oder in ſeiner Hand auf 100 Grad, und dies war auch die Waͤrme ſeines Harns. Der Puls machte 145 Schlaͤge in einer Minute, die Adern waren ſehr aufgelaufen und der Koͤrper roth. Bey einem andern Verſuche hielt er 15 Min. in 119 Grad, und dann 15 Min. in 130 Grad Hitze aus; ſeine eigne Waͤrme ſtieg immer nicht hoͤher, als 100 Grad. In einem nicht durch ſiedendes Waſſer, ſondern durch einen eiſernen Ofen geheizten Zimmer hielt eine ganze Geſellſchaft 20 Min. lang aus, obgleich die Hitze 150 Grad erreichte, und man die Kleider nicht abgelegt hatte. Nachher ertrug man 198 Grad zehn Minuten lang. D. Solander ertrug ferner 210, Banks 211 Grade 7 Min. lang. Der Letztere getraute ſich, eine
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