noch größere Hitze aushalten zu können, ober gleich Weingeist nur 130, Oel 129, Wasser 123, Quecksilber 117 Grade heiß ertragen konnte. In den Zimmern konnte Niemand seine Uhrkette vor Hitze berühren; aber die Kleidung machte eher die Hitze erträglich, und hielt sie in etwas vom Körper ab. Ein großer Theil des Wunderbaren bey diesen Versuchen erklärt sich daraus, daß die Luft ein schlechter Leiter der Wärme ist; daher ihre Berührung dem Körper bey weitem nicht so schnell Wärme giebt oder entzieht, als die Berührung des gleichheißen oder gleichkalten Wassers, Quecksilbers u. s. w. Dennoch glaubt Blagden, aus diesen Versuchen folgern zu dürfen, daß im thierischen Körper nicht blos eine Kraft liege, Wärme zu erzeugen, sondern auch ein Vermögen, den Ueberschuß von Wärme zu zerstören, und überhaupt einen unveränderlichen Grad fühlbarer Wärme zu unterhalten.
Die vom Herzen entferntern Theile, in welchen die Menge des Bluts geringer und sein Umlauf langsamer ist, weichen von diesem beständigen Grade am meisten ab, und nehmen den Einfluß der äußern Temperatur schneller und stärker an. Schon bey mäßiger Kälte erstarren Hände, Füße, Ohren, das Gesicht u. s. f., wenn die Wärme der innern Theile noch immer unverändert bleibt.
Auch Krankheiten können diesen sonst beständigen Grad der Blutwärme ändern; aber der Unterschied ist nie beträchtlich, und selbst die stärkste Fieberhitze steigt nach den Beobachtungen des D. Martine nicht über 105--108 Grad.
Ueber den Ursprung dieser thierischen Wärme sind nun die Meinungen der Aerzte und Naturforscher sehr verschieden gewesen. Die Alten machten die Sache sehr kurz ab, indem sie dem Herzen eine natürliche Wärme (calorem innatum, Hippocr. de Diaeta L. I. et in tract. De corde. Galen de usu part. L. VII. c. 9. 21. de temperamentis II. 3.) beylegten, welche das Blut erhitze, ohne ihren Ursprung weiter zu untersuchen. Auch Descartes (De homine p. 5. De format. foetus. p. 197.), so wenig er
noch groͤßere Hitze aushalten zu koͤnnen, ober gleich Weingeiſt nur 130, Oel 129, Waſſer 123, Queckſilber 117 Grade heiß ertragen konnte. In den Zimmern konnte Niemand ſeine Uhrkette vor Hitze beruͤhren; aber die Kleidung machte eher die Hitze ertraͤglich, und hielt ſie in etwas vom Koͤrper ab. Ein großer Theil des Wunderbaren bey dieſen Verſuchen erklaͤrt ſich daraus, daß die Luft ein ſchlechter Leiter der Waͤrme iſt; daher ihre Beruͤhrung dem Koͤrper bey weitem nicht ſo ſchnell Waͤrme giebt oder entzieht, als die Beruͤhrung des gleichheißen oder gleichkalten Waſſers, Queckſilbers u. ſ. w. Dennoch glaubt Blagden, aus dieſen Verſuchen folgern zu duͤrfen, daß im thieriſchen Koͤrper nicht blos eine Kraft liege, Waͤrme zu erzeugen, ſondern auch ein Vermoͤgen, den Ueberſchuß von Waͤrme zu zerſtoͤren, und uͤberhaupt einen unveraͤnderlichen Grad fuͤhlbarer Waͤrme zu unterhalten.
Die vom Herzen entferntern Theile, in welchen die Menge des Bluts geringer und ſein Umlauf langſamer iſt, weichen von dieſem beſtaͤndigen Grade am meiſten ab, und nehmen den Einfluß der aͤußern Temperatur ſchneller und ſtaͤrker an. Schon bey maͤßiger Kaͤlte erſtarren Haͤnde, Fuͤße, Ohren, das Geſicht u. ſ. f., wenn die Waͤrme der innern Theile noch immer unveraͤndert bleibt.
Auch Krankheiten koͤnnen dieſen ſonſt beſtaͤndigen Grad der Blutwaͤrme aͤndern; aber der Unterſchied iſt nie betraͤchtlich, und ſelbſt die ſtaͤrkſte Fieberhitze ſteigt nach den Beobachtungen des D. Martine nicht uͤber 105—108 Grad.
Ueber den Urſprung dieſer thieriſchen Waͤrme ſind nun die Meinungen der Aerzte und Naturforſcher ſehr verſchieden geweſen. Die Alten machten die Sache ſehr kurz ab, indem ſie dem Herzen eine natuͤrliche Waͤrme (calorem innatum, Hippocr. de Diaeta L. I. et in tract. De corde. Galen de uſu part. L. VII. c. 9. 21. de temperamentis II. 3.) beylegten, welche das Blut erhitze, ohne ihren Urſprung weiter zu unterſuchen. Auch Descartes (De homine p. 5. De format. foetus. p. 197.), ſo wenig er
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0596"xml:id="P.4.586"n="586"/><lb/>
noch groͤßere Hitze aushalten zu koͤnnen, ober gleich Weingeiſt nur 130, Oel 129, Waſſer 123, Queckſilber 117 Grade heiß ertragen konnte. In den Zimmern konnte Niemand ſeine Uhrkette vor Hitze beruͤhren; aber die Kleidung machte eher die Hitze ertraͤglich, und hielt ſie in etwas vom Koͤrper ab. Ein großer Theil des Wunderbaren bey dieſen Verſuchen erklaͤrt ſich daraus, daß die Luft ein ſchlechter Leiter der Waͤrme iſt; daher ihre Beruͤhrung dem Koͤrper bey weitem nicht ſo ſchnell Waͤrme giebt oder entzieht, als die Beruͤhrung des gleichheißen oder gleichkalten Waſſers, Queckſilbers u. ſ. w. Dennoch glaubt <hirendition="#b">Blagden,</hi> aus dieſen Verſuchen folgern zu duͤrfen, daß im thieriſchen Koͤrper nicht blos eine Kraft liege, Waͤrme zu erzeugen, ſondern auch ein Vermoͤgen, den Ueberſchuß von Waͤrme zu zerſtoͤren, und uͤberhaupt einen unveraͤnderlichen Grad fuͤhlbarer Waͤrme zu unterhalten.</p><p>Die vom Herzen entferntern Theile, in welchen die Menge des Bluts geringer und ſein Umlauf langſamer iſt, weichen von dieſem beſtaͤndigen Grade am meiſten ab, und nehmen den Einfluß der aͤußern Temperatur ſchneller und ſtaͤrker an. Schon bey maͤßiger Kaͤlte erſtarren Haͤnde, Fuͤße, Ohren, das Geſicht u. ſ. f., wenn die Waͤrme der innern Theile noch immer unveraͤndert bleibt.</p><p>Auch Krankheiten koͤnnen dieſen ſonſt beſtaͤndigen Grad der Blutwaͤrme aͤndern; aber der Unterſchied iſt nie betraͤchtlich, und ſelbſt die ſtaͤrkſte Fieberhitze ſteigt nach den Beobachtungen des <hirendition="#b">D. Martine</hi> nicht uͤber 105—108 Grad.</p><p>Ueber den Urſprung dieſer thieriſchen Waͤrme ſind nun die Meinungen der Aerzte und Naturforſcher ſehr verſchieden geweſen. Die Alten machten die Sache ſehr kurz ab, indem ſie dem Herzen eine natuͤrliche Waͤrme (<hirendition="#aq">calorem innatum, <hirendition="#i">Hippocr.</hi> de Diaeta L. I. et in tract. De corde. <hirendition="#i">Galen</hi> de uſu part. L. VII. c. 9. 21. de temperamentis II. 3.</hi>) beylegten, welche das Blut erhitze, ohne ihren Urſprung weiter zu unterſuchen. Auch <hirendition="#b">Descartes</hi> (<hirendition="#aq">De homine p. 5. De format. foetus. p. 197.</hi>), ſo wenig er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[586/0596]
noch groͤßere Hitze aushalten zu koͤnnen, ober gleich Weingeiſt nur 130, Oel 129, Waſſer 123, Queckſilber 117 Grade heiß ertragen konnte. In den Zimmern konnte Niemand ſeine Uhrkette vor Hitze beruͤhren; aber die Kleidung machte eher die Hitze ertraͤglich, und hielt ſie in etwas vom Koͤrper ab. Ein großer Theil des Wunderbaren bey dieſen Verſuchen erklaͤrt ſich daraus, daß die Luft ein ſchlechter Leiter der Waͤrme iſt; daher ihre Beruͤhrung dem Koͤrper bey weitem nicht ſo ſchnell Waͤrme giebt oder entzieht, als die Beruͤhrung des gleichheißen oder gleichkalten Waſſers, Queckſilbers u. ſ. w. Dennoch glaubt Blagden, aus dieſen Verſuchen folgern zu duͤrfen, daß im thieriſchen Koͤrper nicht blos eine Kraft liege, Waͤrme zu erzeugen, ſondern auch ein Vermoͤgen, den Ueberſchuß von Waͤrme zu zerſtoͤren, und uͤberhaupt einen unveraͤnderlichen Grad fuͤhlbarer Waͤrme zu unterhalten.
Die vom Herzen entferntern Theile, in welchen die Menge des Bluts geringer und ſein Umlauf langſamer iſt, weichen von dieſem beſtaͤndigen Grade am meiſten ab, und nehmen den Einfluß der aͤußern Temperatur ſchneller und ſtaͤrker an. Schon bey maͤßiger Kaͤlte erſtarren Haͤnde, Fuͤße, Ohren, das Geſicht u. ſ. f., wenn die Waͤrme der innern Theile noch immer unveraͤndert bleibt.
Auch Krankheiten koͤnnen dieſen ſonſt beſtaͤndigen Grad der Blutwaͤrme aͤndern; aber der Unterſchied iſt nie betraͤchtlich, und ſelbſt die ſtaͤrkſte Fieberhitze ſteigt nach den Beobachtungen des D. Martine nicht uͤber 105—108 Grad.
Ueber den Urſprung dieſer thieriſchen Waͤrme ſind nun die Meinungen der Aerzte und Naturforſcher ſehr verſchieden geweſen. Die Alten machten die Sache ſehr kurz ab, indem ſie dem Herzen eine natuͤrliche Waͤrme (calorem innatum, Hippocr. de Diaeta L. I. et in tract. De corde. Galen de uſu part. L. VII. c. 9. 21. de temperamentis II. 3.) beylegten, welche das Blut erhitze, ohne ihren Urſprung weiter zu unterſuchen. Auch Descartes (De homine p. 5. De format. foetus. p. 197.), ſo wenig er
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:
Bogensignaturen: keine Angabe;
Druckfehler: keine Angabe;
fremdsprachliches Material: keine Angabe;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe;
i/j in Fraktur: wie Vorlage;
I/J in Fraktur: wie Vorlage;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: keine Angabe;
langes s (ſ): wie Vorlage;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: ja;
Silbentrennung: aufgelöst;
u/v bzw. U/V: wie Vorlage;
Vokale mit übergest. e: wie Vorlage;
Vollständigkeit: keine Angabe;
Zeichensetzung: keine Angabe;
Zeilenumbrüche markiert: nein;
Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 586. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/596>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.