Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Um eben diese Zeit erfand Amontons (Mem. de l' acad. de Paris, 1702. p. 1. sqq.) sein Taf. XXIV. Fig. 48. vorgestelltes Luftthermometer, welches aus der langen unten aufwärts gekrümmten Glasröhre ABC mit der angeschmolzenen Kugel CD besteht. Der Durchmesser der Röhre mußte unbeträchtlich gegen den Durchmesser der Kugel seyn. Die Kugel war voll Luft; in der Röhre aber befand sich so viel Quecksilber, daß, wenn das Instrument in siedendem Wasser stand, die Höhe der Quecksilbersäule über der untern Quecksilberfläche, oder HE, mit der Barometerhöhe zusammengenommen, 73 pariser Zoll betrug. War z. B. die Barometerhöhe 28 Zoll, so mußte HE 45 Zoll lang seyn. Amontons setzte alsdann bey H 73 Zoll, und trug längst der Röhre pariser Zolle und Linien herab, welche wie in der Figur rückwärts gezählt wurden, so daß bey E 28 Zoll gestanden hätte, wenn es nöthig gewesen wäre, die Röhre so weit zu bezeichnen. Ward nun durch das Erkalten die Federkraft der Luft in D vermindert, so sank die Quecksilbersäule herab, und ihr Stand gab eine gewisse Anzahl von Zollen an, von der man jedesmal so viel abzog, als die Barometerhöhe über 28 Zoll war, oder so viel hinzusetzte, als diese unter 28 Zoll betrug, um dasjenige abzurechnen, was blos vom veränderten Drucke der Luft, und nicht von der Wärme, herkam. So fand sich die Temperatur in den Kellern der pariser Sternwarte 54 Zoll, die des gefrierenden Wassers 51 1/2 Zoll u. s. w. So sinnreich dieses Werkzeug ausgedacht ist, so hat es doch als Maaß der Wärme ungemeine Mängel. Es wird auf 4 Schuh lang, läßt sich schwerlich ganz in siedendes Wasser stellen, und nicht ohne Gefahr des Herausgehens
Um eben dieſe Zeit erfand Amontons (Mém. de l' acad. de Paris, 1702. p. 1. ſqq.) ſein Taf. XXIV. Fig. 48. vorgeſtelltes Luftthermometer, welches aus der langen unten aufwaͤrts gekruͤmmten Glasroͤhre ABC mit der angeſchmolzenen Kugel CD beſteht. Der Durchmeſſer der Roͤhre mußte unbetraͤchtlich gegen den Durchmeſſer der Kugel ſeyn. Die Kugel war voll Luft; in der Roͤhre aber befand ſich ſo viel Queckſilber, daß, wenn das Inſtrument in ſiedendem Waſſer ſtand, die Hoͤhe der Queckſilberſaͤule uͤber der untern Queckſilberflaͤche, oder HE, mit der Barometerhoͤhe zuſammengenommen, 73 pariſer Zoll betrug. War z. B. die Barometerhoͤhe 28 Zoll, ſo mußte HE 45 Zoll lang ſeyn. Amontons ſetzte alsdann bey H 73 Zoll, und trug laͤngſt der Roͤhre pariſer Zolle und Linien herab, welche wie in der Figur ruͤckwaͤrts gezaͤhlt wurden, ſo daß bey E 28 Zoll geſtanden haͤtte, wenn es noͤthig geweſen waͤre, die Roͤhre ſo weit zu bezeichnen. Ward nun durch das Erkalten die Federkraft der Luft in D vermindert, ſo ſank die Queckſilberſaͤule herab, und ihr Stand gab eine gewiſſe Anzahl von Zollen an, von der man jedesmal ſo viel abzog, als die Barometerhoͤhe uͤber 28 Zoll war, oder ſo viel hinzuſetzte, als dieſe unter 28 Zoll betrug, um dasjenige abzurechnen, was blos vom veraͤnderten Drucke der Luft, und nicht von der Waͤrme, herkam. So fand ſich die Temperatur in den Kellern der pariſer Sternwarte 54 Zoll, die des gefrierenden Waſſers 51 1/2 Zoll u. ſ. w. So ſinnreich dieſes Werkzeug ausgedacht iſt, ſo hat es doch als Maaß der Waͤrme ungemeine Maͤngel. Es wird auf 4 Schuh lang, laͤßt ſich ſchwerlich ganz in ſiedendes Waſſer ſtellen, und nicht ohne Gefahr des Herausgehens <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0323" xml:id="P.4.313" n="313"/><lb/> Weingeiſt, ohne zu kochen, ertraͤgt. Er legte dabey die Punkte zum Grunde, an denen das Leinoͤl in <hi rendition="#b">zergehendem Schnee</hi> und bey der <hi rendition="#b">Waͤrme des menſchlichen Koͤrpers</hi> ſtand. Den Raum zwiſchen beyden theilte er in 12 Theile oder Grade, fand alsdann die Waͤrme des ſiedenden Waſſers 34, die des geſchmolzenen Zinns, das zaͤhe zu werden anfaͤngt, 72 Grad u. ſ. w., welches er aber irrig fuͤr abſolute Groͤßen der wirklichen Waͤrme annimmt.</p> <p>Um eben dieſe Zeit erfand <hi rendition="#b">Amontons</hi> (<hi rendition="#aq">Mém. de l' acad. de Paris, 1702. p. 1. ſqq.</hi>) ſein Taf. <hi rendition="#aq">XXIV.</hi> Fig. 48. vorgeſtelltes <hi rendition="#b">Luftthermometer,</hi> welches aus der langen unten aufwaͤrts gekruͤmmten Glasroͤhre <hi rendition="#aq">ABC</hi> mit der angeſchmolzenen Kugel <hi rendition="#aq">CD</hi> beſteht. Der Durchmeſſer der Roͤhre mußte unbetraͤchtlich gegen den Durchmeſſer der Kugel ſeyn. Die Kugel war voll Luft; in der Roͤhre aber befand ſich ſo viel Queckſilber, daß, wenn das Inſtrument in <hi rendition="#b">ſiedendem Waſſer</hi> ſtand, die Hoͤhe der Queckſilberſaͤule uͤber der untern Queckſilberflaͤche, oder <hi rendition="#aq">HE,</hi> mit der Barometerhoͤhe zuſammengenommen, 73 pariſer Zoll betrug. War z. B. die Barometerhoͤhe 28 Zoll, ſo mußte <hi rendition="#aq">HE 45</hi> Zoll lang ſeyn. <hi rendition="#b">Amontons</hi> ſetzte alsdann bey <hi rendition="#aq">H 73</hi> Zoll, und trug laͤngſt der Roͤhre pariſer Zolle und Linien herab, welche wie in der Figur ruͤckwaͤrts gezaͤhlt wurden, ſo daß bey <hi rendition="#aq">E 28</hi> Zoll geſtanden haͤtte, wenn es noͤthig geweſen waͤre, die Roͤhre ſo weit zu bezeichnen. Ward nun durch das Erkalten die Federkraft der Luft in <hi rendition="#aq">D</hi> vermindert, ſo ſank die Queckſilberſaͤule herab, und ihr Stand gab eine gewiſſe Anzahl von Zollen an, von der man jedesmal ſo viel abzog, als die Barometerhoͤhe uͤber 28 Zoll war, oder ſo viel hinzuſetzte, als dieſe unter 28 Zoll betrug, um dasjenige abzurechnen, was blos vom veraͤnderten Drucke der Luft, und nicht von der Waͤrme, herkam. So fand ſich die Temperatur in den Kellern der pariſer Sternwarte 54 Zoll, die des gefrierenden Waſſers 51 1/2 Zoll u. ſ. w.</p> <p>So ſinnreich dieſes Werkzeug ausgedacht iſt, ſo hat es doch als Maaß der Waͤrme ungemeine Maͤngel. Es wird auf 4 Schuh lang, laͤßt ſich ſchwerlich ganz in ſiedendes Waſſer ſtellen, und nicht ohne Gefahr des Herausgehens<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [313/0323]
Weingeiſt, ohne zu kochen, ertraͤgt. Er legte dabey die Punkte zum Grunde, an denen das Leinoͤl in zergehendem Schnee und bey der Waͤrme des menſchlichen Koͤrpers ſtand. Den Raum zwiſchen beyden theilte er in 12 Theile oder Grade, fand alsdann die Waͤrme des ſiedenden Waſſers 34, die des geſchmolzenen Zinns, das zaͤhe zu werden anfaͤngt, 72 Grad u. ſ. w., welches er aber irrig fuͤr abſolute Groͤßen der wirklichen Waͤrme annimmt.
Um eben dieſe Zeit erfand Amontons (Mém. de l' acad. de Paris, 1702. p. 1. ſqq.) ſein Taf. XXIV. Fig. 48. vorgeſtelltes Luftthermometer, welches aus der langen unten aufwaͤrts gekruͤmmten Glasroͤhre ABC mit der angeſchmolzenen Kugel CD beſteht. Der Durchmeſſer der Roͤhre mußte unbetraͤchtlich gegen den Durchmeſſer der Kugel ſeyn. Die Kugel war voll Luft; in der Roͤhre aber befand ſich ſo viel Queckſilber, daß, wenn das Inſtrument in ſiedendem Waſſer ſtand, die Hoͤhe der Queckſilberſaͤule uͤber der untern Queckſilberflaͤche, oder HE, mit der Barometerhoͤhe zuſammengenommen, 73 pariſer Zoll betrug. War z. B. die Barometerhoͤhe 28 Zoll, ſo mußte HE 45 Zoll lang ſeyn. Amontons ſetzte alsdann bey H 73 Zoll, und trug laͤngſt der Roͤhre pariſer Zolle und Linien herab, welche wie in der Figur ruͤckwaͤrts gezaͤhlt wurden, ſo daß bey E 28 Zoll geſtanden haͤtte, wenn es noͤthig geweſen waͤre, die Roͤhre ſo weit zu bezeichnen. Ward nun durch das Erkalten die Federkraft der Luft in D vermindert, ſo ſank die Queckſilberſaͤule herab, und ihr Stand gab eine gewiſſe Anzahl von Zollen an, von der man jedesmal ſo viel abzog, als die Barometerhoͤhe uͤber 28 Zoll war, oder ſo viel hinzuſetzte, als dieſe unter 28 Zoll betrug, um dasjenige abzurechnen, was blos vom veraͤnderten Drucke der Luft, und nicht von der Waͤrme, herkam. So fand ſich die Temperatur in den Kellern der pariſer Sternwarte 54 Zoll, die des gefrierenden Waſſers 51 1/2 Zoll u. ſ. w.
So ſinnreich dieſes Werkzeug ausgedacht iſt, ſo hat es doch als Maaß der Waͤrme ungemeine Maͤngel. Es wird auf 4 Schuh lang, laͤßt ſich ſchwerlich ganz in ſiedendes Waſſer ſtellen, und nicht ohne Gefahr des Herausgehens
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