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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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wird, nicht als Summe, sondern als Unterschied beyder Bewegungen betrachten.

10.) Man erhält ferner aus den Num. 2. befindlichen Werthen von V und v , so heben die zwey letzten Glieder der Gleichung einander auf, und man hat oder: Die Summen der beyden Producte aus den Massen in die Quadrate ihrer Geschwindigkeiten sind vor und nach dem Stoße gleich.

Bey diesem merkwürdigen Satze braucht man nicht mehr, wie bey Num. 2. 6. 7. 9, auf die Verschiedenheit der Zeichen + und--in den besondern Fällen Rücksicht zu nehmen. Massen und Quadrate der Geschwindigkeiten sind immer positiv, nach welchen Richtungen auch die Bewegungen gehen mögen. Dieser Satz also ist allgemein, und in jedem Sinne wahr. Die algebraischen Ausdrücke, Summe der Geschwindigkeiten, Bewegungen rc. sind doppelsinnig und können arithmethisch auch Unterschiede anzeigen; aber bey der Summe der Quadrate verschwindet diese Zweydeutigkeit; man kan darunter nichts anders verstehen, als was durch Addition positiver Größen gefunden wird.

Dieser Umstand giebt dem Satze so viel Einnehmendes, daß ihn Johann Bernoulli unter dem Namen des Grundsatzes der Erhaltung lebendiger Kräfte noch weit allgemeiner zu machen gesucht hat. Dieser Gelehrte dachte sich in jedem bewegten Körper etwas Substantielles, oder eine in der That vorhandene Fähigkeit zu wirken, welche dem Produkte der Masse in das Quadrat der Geschwindigkeit proportional sey, und die er lebendige Kraft nannte. Beym Stoße elastischer Massen blieb nach diesem Begriffe


wird, nicht als Summe, ſondern als Unterſchied beyder Bewegungen betrachten.

10.) Man erhaͤlt ferner aus den Num. 2. befindlichen Werthen von V und v , ſo heben die zwey letzten Glieder der Gleichung einander auf, und man hat oder: Die Summen der beyden Producte aus den Maſſen in die Quadrate ihrer Geſchwindigkeiten ſind vor und nach dem Stoße gleich.

Bey dieſem merkwuͤrdigen Satze braucht man nicht mehr, wie bey Num. 2. 6. 7. 9, auf die Verſchiedenheit der Zeichen + und—in den beſondern Faͤllen Ruͤckſicht zu nehmen. Maſſen und Quadrate der Geſchwindigkeiten ſind immer poſitiv, nach welchen Richtungen auch die Bewegungen gehen moͤgen. Dieſer Satz alſo iſt allgemein, und in jedem Sinne wahr. Die algebraiſchen Ausdruͤcke, Summe der Geſchwindigkeiten, Bewegungen rc. ſind doppelſinnig und koͤnnen arithmethiſch auch Unterſchiede anzeigen; aber bey der Summe der Quadrate verſchwindet dieſe Zweydeutigkeit; man kan darunter nichts anders verſtehen, als was durch Addition poſitiver Groͤßen gefunden wird.

Dieſer Umſtand giebt dem Satze ſo viel Einnehmendes, daß ihn Johann Bernoulli unter dem Namen des Grundſatzes der Erhaltung lebendiger Kraͤfte noch weit allgemeiner zu machen geſucht hat. Dieſer Gelehrte dachte ſich in jedem bewegten Koͤrper etwas Subſtantielles, oder eine in der That vorhandene Faͤhigkeit zu wirken, welche dem Produkte der Maſſe in das Quadrat der Geſchwindigkeit proportional ſey, und die er lebendige Kraft nannte. Beym Stoße elaſtiſcher Maſſen blieb nach dieſem Begriffe

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[225/0235] wird, nicht als Summe, ſondern als Unterſchied beyder Bewegungen betrachten. 10.) Man erhaͤlt ferner aus den Num. 2. befindlichen Werthen von V und v , ſo heben die zwey letzten Glieder der Gleichung einander auf, und man hat oder: Die Summen der beyden Producte aus den Maſſen in die Quadrate ihrer Geſchwindigkeiten ſind vor und nach dem Stoße gleich. Bey dieſem merkwuͤrdigen Satze braucht man nicht mehr, wie bey Num. 2. 6. 7. 9, auf die Verſchiedenheit der Zeichen + und—in den beſondern Faͤllen Ruͤckſicht zu nehmen. Maſſen und Quadrate der Geſchwindigkeiten ſind immer poſitiv, nach welchen Richtungen auch die Bewegungen gehen moͤgen. Dieſer Satz alſo iſt allgemein, und in jedem Sinne wahr. Die algebraiſchen Ausdruͤcke, Summe der Geſchwindigkeiten, Bewegungen rc. ſind doppelſinnig und koͤnnen arithmethiſch auch Unterſchiede anzeigen; aber bey der Summe der Quadrate verſchwindet dieſe Zweydeutigkeit; man kan darunter nichts anders verſtehen, als was durch Addition poſitiver Groͤßen gefunden wird. Dieſer Umſtand giebt dem Satze ſo viel Einnehmendes, daß ihn Johann Bernoulli unter dem Namen des Grundſatzes der Erhaltung lebendiger Kraͤfte noch weit allgemeiner zu machen geſucht hat. Dieſer Gelehrte dachte ſich in jedem bewegten Koͤrper etwas Subſtantielles, oder eine in der That vorhandene Faͤhigkeit zu wirken, welche dem Produkte der Maſſe in das Quadrat der Geſchwindigkeit proportional ſey, und die er lebendige Kraft nannte. Beym Stoße elaſtiſcher Maſſen blieb nach dieſem Begriffe

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/235>, abgerufen am 27.04.2024.