Salzseen finden sich häufig in Sibirien (s. P. S. Pallas Reisen durch verschiedene Provinzen des russischen Reichs, besonders im 2ten und 3ten Bande). Vorzüglich merkwürdig ist der reiche Salzsee Elton (oder auf kalmückisch Altan-nor), wo über tausend Menschen Salz brechen, und in dessen Nachbarschaft auch der gesalzene Thau sehr gewöhnlich ist.
Die Meisten zählen zu diesen Salzseen auch das schwarze Meer (Pontus Euxinus), obgleich dasselbe kein eigentlicher Landsee ist, sondern durch die Meerenge bey Constantinopel (Bosphorus Thracicus) mit dem Mare di Marmora (Propontis) zusammenhängt, und dadurch mit dem mittelländischen Meere in Verbindung steht. Man kan dasselbe dennoch zu den Seen zählen, da sein Wasser größtentheils eingeschlossen ist und im Winter frieret. Die Obersläche des schwarzen Meeres beträgt auf 4100 Quadratmeilen und die Donau, der Dniester, Nieper, Don rc. ergießen darein eine große Menge süßes Wasser. Man findet darauf keine Insel, und gegen Norden hängt es durch die Meerenge Caffa mit dem Asofischen See oder dem sonst sogenannten mäotischen Sumpfe zusammen. Die Stürme toben in diesem Meere schrecklich, weil sie nirgends einen Ausgang sinden, sondern an den schroffen Seiten der Alpen und des Caucasus auf allen Seiten Widerstand antreffen. Das Salzwasser scheint es aus dem mittelländischen Meere durch einen untern Strom zu erhalten. Denn obgleich das obere Wasser durch den Bosphorus beständig nach dem mittelländischen Meere fließt, s. Meer, so hat doch Marsigli durch das Senkbley gefunden, daß der Strom in der Tiefe die entgegengesetzte Richtung nehme. Das oben ausfließende Wasser ist weniger salzig, als das unten einströmende. Nach dem Diodor von Sicilien ist die Gemeinschaft des schwarzen Meeres mit dem mittelländischen erst mit der Zeit entstanden, und Polybius vermuthet, der Bosphorus werde dereinst durch Sand und Erde wiederum verschlemmt werden.
In Ansehung des Zufrierens findet man an den Seen vieles Besondere. Der See Neß in Schottland soll nie
Salzſeen finden ſich haͤufig in Sibirien (ſ. P. S. Pallas Reiſen durch verſchiedene Provinzen des ruſſiſchen Reichs, beſonders im 2ten und 3ten Bande). Vorzuͤglich merkwuͤrdig iſt der reiche Salzſee Elton (oder auf kalmuͤckiſch Altan-nor), wo uͤber tauſend Menſchen Salz brechen, und in deſſen Nachbarſchaft auch der geſalzene Thau ſehr gewoͤhnlich iſt.
Die Meiſten zaͤhlen zu dieſen Salzſeen auch das ſchwarze Meer (Pontus Euxinus), obgleich daſſelbe kein eigentlicher Landſee iſt, ſondern durch die Meerenge bey Conſtantinopel (Boſphorus Thracicus) mit dem Mare di Marmora (Propontis) zuſammenhaͤngt, und dadurch mit dem mittellaͤndiſchen Meere in Verbindung ſteht. Man kan daſſelbe dennoch zu den Seen zaͤhlen, da ſein Waſſer groͤßtentheils eingeſchloſſen iſt und im Winter frieret. Die Oberſlaͤche des ſchwarzen Meeres betraͤgt auf 4100 Quadratmeilen und die Donau, der Dnieſter, Nieper, Don rc. ergießen darein eine große Menge ſuͤßes Waſſer. Man findet darauf keine Inſel, und gegen Norden haͤngt es durch die Meerenge Caffa mit dem Aſofiſchen See oder dem ſonſt ſogenannten maͤotiſchen Sumpfe zuſammen. Die Stuͤrme toben in dieſem Meere ſchrecklich, weil ſie nirgends einen Ausgang ſinden, ſondern an den ſchroffen Seiten der Alpen und des Caucaſus auf allen Seiten Widerſtand antreffen. Das Salzwaſſer ſcheint es aus dem mittellaͤndiſchen Meere durch einen untern Strom zu erhalten. Denn obgleich das obere Waſſer durch den Boſphorus beſtaͤndig nach dem mittellaͤndiſchen Meere fließt, ſ. Meer, ſo hat doch Marſigli durch das Senkbley gefunden, daß der Strom in der Tiefe die entgegengeſetzte Richtung nehme. Das oben ausfließende Waſſer iſt weniger ſalzig, als das unten einſtroͤmende. Nach dem Diodor von Sicilien iſt die Gemeinſchaft des ſchwarzen Meeres mit dem mittellaͤndiſchen erſt mit der Zeit entſtanden, und Polybius vermuthet, der Boſphorus werde dereinſt durch Sand und Erde wiederum verſchlemmt werden.
In Anſehung des Zufrierens findet man an den Seen vieles Beſondere. Der See Neß in Schottland ſoll nie
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Salzſeen finden ſich haͤufig in Sibirien (ſ. P. S. Pallas Reiſen durch verſchiedene Provinzen des ruſſiſchen Reichs, beſonders im 2ten und 3ten Bande). Vorzuͤglich merkwuͤrdig iſt der reiche Salzſee Elton (oder auf kalmuͤckiſch Altan-nor), wo uͤber tauſend Menſchen Salz brechen, und in deſſen Nachbarſchaft auch der geſalzene Thau ſehr gewoͤhnlich iſt.
Die Meiſten zaͤhlen zu dieſen Salzſeen auch das ſchwarze Meer (Pontus Euxinus), obgleich daſſelbe kein eigentlicher Landſee iſt, ſondern durch die Meerenge bey Conſtantinopel (Boſphorus Thracicus) mit dem Mare di Marmora (Propontis) zuſammenhaͤngt, und dadurch mit dem mittellaͤndiſchen Meere in Verbindung ſteht. Man kan daſſelbe dennoch zu den Seen zaͤhlen, da ſein Waſſer groͤßtentheils eingeſchloſſen iſt und im Winter frieret. Die Oberſlaͤche des ſchwarzen Meeres betraͤgt auf 4100 Quadratmeilen und die Donau, der Dnieſter, Nieper, Don rc. ergießen darein eine große Menge ſuͤßes Waſſer. Man findet darauf keine Inſel, und gegen Norden haͤngt es durch die Meerenge Caffa mit dem Aſofiſchen See oder dem ſonſt ſogenannten maͤotiſchen Sumpfe zuſammen. Die Stuͤrme toben in dieſem Meere ſchrecklich, weil ſie nirgends einen Ausgang ſinden, ſondern an den ſchroffen Seiten der Alpen und des Caucaſus auf allen Seiten Widerſtand antreffen. Das Salzwaſſer ſcheint es aus dem mittellaͤndiſchen Meere durch einen untern Strom zu erhalten. Denn obgleich das obere Waſſer durch den Boſphorus beſtaͤndig nach dem mittellaͤndiſchen Meere fließt, ſ. Meer, ſo hat doch Marſigli durch das Senkbley gefunden, daß der Strom in der Tiefe die entgegengeſetzte Richtung nehme. Das oben ausfließende Waſſer iſt weniger ſalzig, als das unten einſtroͤmende. Nach dem Diodor von Sicilien iſt die Gemeinſchaft des ſchwarzen Meeres mit dem mittellaͤndiſchen erſt mit der Zeit entſtanden, und Polybius vermuthet, der Boſphorus werde dereinſt durch Sand und Erde wiederum verſchlemmt werden.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/14>, abgerufen am 27.07.2024.
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