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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Gassendi nahm zu Erklärung der Schwere Ausflüsse einer Materie an, welche aus der Erde, wie Stralen, ausgiengen, und die Körper nach derselben zurückzögen. Andere, z. B. Casatus, behaupteten, die Körper wären nur darum schwer, weil sie sich nicht an ihrem rechten natürlichen Orte befänden. Nach diesem strebten sie zu gehen, und wenn sie ihn erreicht hätten, würde man an ihnen keine Schwere mehr bemerken.

Descartes (Princip. philos. L. IV. prop. 19. 20. seqq.) macht die Erklärung der Schwere zu einem Theile seines mechanischen Systems der Physik. Die Kügelchen des ersten und zweyten Elements, sagt er, streben sich nach geraden Linien zu bewegen; weil sie aber durch die grobe Masse der Erde daran verhindert werden, und hier den Wegen folgen müssen, die ihnen die Zwischenräume der gröbern Theile ossen lassen, so streben sie wenigstens, sich diese Wege so geradlinicht und so kurz, als möglich, zu machen. Dies findet statt, wenn die ganze Masse, die sie hindert, kugelförmig ist. Ragt alsdann ein Theil über die Kugelfiäche hervor, so stoßen diese Kügelchen von außen mit mehr Gewalt gegen ihn, als gegen die übrige Oberfläche, und treiben ihn nieder; ist ein Theil unter die Kugelfläche vertieft, so stoßen die inwendig durchgehenden Kügelchen von innen mit mehr Gewalt gegen ihn, und treiben ihn nach der Fläche zu. Dies ist nun die Ursache der runden Gestalt der Erde und der Schwere nach dem Mittelpunkte, so wie auch davon die Kugelgestalt der Tropfen herrührt. Schwebt in der Luft ein Körper, der mehr grobe Masse hat, als ein gleiches Volumen Luft, so findet die feine Materie in ihm weniger Wege zum Durchgange, als sie finden würde, wenn Luft an seiner Stelle stünde. Sie bewirkt also unverweilt einen für ihren Durchgang vortheilhaften Tausch, treibt den gröbern Körper nieder, und bringt Luft an seine Stelle. Daher richtet sich auch das Gewicht nicht nach der Masse des Körpers, sondern vielmehr nach dem Unterschiede zwischen den Mengen der Kügelchen


Gaſſendi nahm zu Erklaͤrung der Schwere Ausfluͤſſe einer Materie an, welche aus der Erde, wie Stralen, ausgiengen, und die Koͤrper nach derſelben zuruͤckzoͤgen. Andere, z. B. Caſatus, behaupteten, die Koͤrper waͤren nur darum ſchwer, weil ſie ſich nicht an ihrem rechten natuͤrlichen Orte befaͤnden. Nach dieſem ſtrebten ſie zu gehen, und wenn ſie ihn erreicht haͤtten, wuͤrde man an ihnen keine Schwere mehr bemerken.

Descartes (Princip. philoſ. L. IV. prop. 19. 20. ſeqq.) macht die Erklaͤrung der Schwere zu einem Theile ſeines mechaniſchen Syſtems der Phyſik. Die Kuͤgelchen des erſten und zweyten Elements, ſagt er, ſtreben ſich nach geraden Linien zu bewegen; weil ſie aber durch die grobe Maſſe der Erde daran verhindert werden, und hier den Wegen folgen muͤſſen, die ihnen die Zwiſchenraͤume der groͤbern Theile oſſen laſſen, ſo ſtreben ſie wenigſtens, ſich dieſe Wege ſo geradlinicht und ſo kurz, als moͤglich, zu machen. Dies findet ſtatt, wenn die ganze Maſſe, die ſie hindert, kugelfoͤrmig iſt. Ragt alsdann ein Theil uͤber die Kugelfiaͤche hervor, ſo ſtoßen dieſe Kuͤgelchen von außen mit mehr Gewalt gegen ihn, als gegen die uͤbrige Oberflaͤche, und treiben ihn nieder; iſt ein Theil unter die Kugelflaͤche vertieft, ſo ſtoßen die inwendig durchgehenden Kuͤgelchen von innen mit mehr Gewalt gegen ihn, und treiben ihn nach der Flaͤche zu. Dies iſt nun die Urſache der runden Geſtalt der Erde und der Schwere nach dem Mittelpunkte, ſo wie auch davon die Kugelgeſtalt der Tropfen herruͤhrt. Schwebt in der Luft ein Koͤrper, der mehr grobe Maſſe hat, als ein gleiches Volumen Luft, ſo findet die feine Materie in ihm weniger Wege zum Durchgange, als ſie finden wuͤrde, wenn Luft an ſeiner Stelle ſtuͤnde. Sie bewirkt alſo unverweilt einen fuͤr ihren Durchgang vortheilhaften Tauſch, treibt den groͤbern Koͤrper nieder, und bringt Luft an ſeine Stelle. Daher richtet ſich auch das Gewicht nicht nach der Maſſe des Koͤrpers, ſondern vielmehr nach dem Unterſchiede zwiſchen den Mengen der Kuͤgelchen

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[895/0901] Gaſſendi nahm zu Erklaͤrung der Schwere Ausfluͤſſe einer Materie an, welche aus der Erde, wie Stralen, ausgiengen, und die Koͤrper nach derſelben zuruͤckzoͤgen. Andere, z. B. Caſatus, behaupteten, die Koͤrper waͤren nur darum ſchwer, weil ſie ſich nicht an ihrem rechten natuͤrlichen Orte befaͤnden. Nach dieſem ſtrebten ſie zu gehen, und wenn ſie ihn erreicht haͤtten, wuͤrde man an ihnen keine Schwere mehr bemerken. Descartes (Princip. philoſ. L. IV. prop. 19. 20. ſeqq.) macht die Erklaͤrung der Schwere zu einem Theile ſeines mechaniſchen Syſtems der Phyſik. Die Kuͤgelchen des erſten und zweyten Elements, ſagt er, ſtreben ſich nach geraden Linien zu bewegen; weil ſie aber durch die grobe Maſſe der Erde daran verhindert werden, und hier den Wegen folgen muͤſſen, die ihnen die Zwiſchenraͤume der groͤbern Theile oſſen laſſen, ſo ſtreben ſie wenigſtens, ſich dieſe Wege ſo geradlinicht und ſo kurz, als moͤglich, zu machen. Dies findet ſtatt, wenn die ganze Maſſe, die ſie hindert, kugelfoͤrmig iſt. Ragt alsdann ein Theil uͤber die Kugelfiaͤche hervor, ſo ſtoßen dieſe Kuͤgelchen von außen mit mehr Gewalt gegen ihn, als gegen die uͤbrige Oberflaͤche, und treiben ihn nieder; iſt ein Theil unter die Kugelflaͤche vertieft, ſo ſtoßen die inwendig durchgehenden Kuͤgelchen von innen mit mehr Gewalt gegen ihn, und treiben ihn nach der Flaͤche zu. Dies iſt nun die Urſache der runden Geſtalt der Erde und der Schwere nach dem Mittelpunkte, ſo wie auch davon die Kugelgeſtalt der Tropfen herruͤhrt. Schwebt in der Luft ein Koͤrper, der mehr grobe Maſſe hat, als ein gleiches Volumen Luft, ſo findet die feine Materie in ihm weniger Wege zum Durchgange, als ſie finden wuͤrde, wenn Luft an ſeiner Stelle ſtuͤnde. Sie bewirkt alſo unverweilt einen fuͤr ihren Durchgang vortheilhaften Tauſch, treibt den groͤbern Koͤrper nieder, und bringt Luft an ſeine Stelle. Daher richtet ſich auch das Gewicht nicht nach der Maſſe des Koͤrpers, ſondern vielmehr nach dem Unterſchiede zwiſchen den Mengen der Kuͤgelchen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 895. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/901>, abgerufen am 23.11.2024.