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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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gehen, diese mit einem Triebe, denselben zu fliehen, begabt. Erklärung sollte dies wohl nicht seyn; es ist aber auch als Phänomen unrichtig. Einige Stellen in Plutarchs Gespräche über die Gestalt der Mondscheibe zeigen, daß man die Schwere nicht einer geheimen Kraft des Mittelpunkts, sondern ganz richtig den um diesen Mittelpunkt versammelten körperlichen Theilen zugeschrieben, auch die Gestalt und das Zusammenhalten des Monds aus einer ähnlichen Schwere seiner Theile gegen das Ganze hergeleltet habe. Auch war der Begriff von allgemeiner Schwere den Alten nicht unbekannt, s. Gravitation.

Die Scholastiker nahmen die Aeußerung des Aristoteles als Erklärung an, und rechneten dem zu Folge Schwere und Leichtigkeit mit zu den verborgnen Eigenschaften der Körper. Sie vertieften sich darüber in viele Subtilitäten; einige läugneten alle Schwere, und ließen die Körper nur darum drücken und fallen, weil sie weniger leicht, als andere, wären.

Kepler (Epitome astron. Copernic. Lentiis ad Danub. 1618. 8. L. I. p. 95.) scheint den ersten Gedanken einer mechanischen Erklärung der Schwere gehabt zu haben. Er leiter sie von gewissen, um den Mittelpunkt der Erde herum bewegten, feiuen Ausflüssen (spirantibus effluviis, spiritibus) her, welche die Körper lothrecht gegen die Erdfläche niedertrieben. Eben dies ist der Grund von mehrern nachher berühmt gewordenen Systemen. Kepler spricht aber von diesen Ausflüssen so dunkel und dichterisch, daß man fast glauben möchte, er meine unkörperliche Wesen. In der That haben ihn auch einige so verstanden. Saverien (Dict. de mathem. et de phys. Art. Pesanteur) sagt, er nehme Geister an, die die Körper nach dem Mittel der Erde zögen, und wolle dadurch einen Wink geben, daß die Ursache der Schwere unsere Kenntnisse übersteige. An solche Winke aber hat Kepler gewiß in einem Buche nicht gedacht, worinn er leider nur gar zu viel, und manches noch weit unglücklicher, als die Schwere, zu erklären sucht.


gehen, dieſe mit einem Triebe, denſelben zu fliehen, begabt. Erklaͤrung ſollte dies wohl nicht ſeyn; es iſt aber auch als Phaͤnomen unrichtig. Einige Stellen in Plutarchs Geſpraͤche uͤber die Geſtalt der Mondſcheibe zeigen, daß man die Schwere nicht einer geheimen Kraft des Mittelpunkts, ſondern ganz richtig den um dieſen Mittelpunkt verſammelten koͤrperlichen Theilen zugeſchrieben, auch die Geſtalt und das Zuſammenhalten des Monds aus einer aͤhnlichen Schwere ſeiner Theile gegen das Ganze hergeleltet habe. Auch war der Begriff von allgemeiner Schwere den Alten nicht unbekannt, ſ. Gravitation.

Die Scholaſtiker nahmen die Aeußerung des Ariſtoteles als Erklaͤrung an, und rechneten dem zu Folge Schwere und Leichtigkeit mit zu den verborgnen Eigenſchaften der Koͤrper. Sie vertieften ſich daruͤber in viele Subtilitaͤten; einige laͤugneten alle Schwere, und ließen die Koͤrper nur darum druͤcken und fallen, weil ſie weniger leicht, als andere, waͤren.

Kepler (Epitome aſtron. Copernic. Lentiis ad Danub. 1618. 8. L. I. p. 95.) ſcheint den erſten Gedanken einer mechaniſchen Erklaͤrung der Schwere gehabt zu haben. Er leiter ſie von gewiſſen, um den Mittelpunkt der Erde herum bewegten, feiuen Ausfluͤſſen (ſpirantibus effluviis, ſpiritibus) her, welche die Koͤrper lothrecht gegen die Erdflaͤche niedertrieben. Eben dies iſt der Grund von mehrern nachher beruͤhmt gewordenen Syſtemen. Kepler ſpricht aber von dieſen Ausfluͤſſen ſo dunkel und dichteriſch, daß man faſt glauben moͤchte, er meine unkoͤrperliche Weſen. In der That haben ihn auch einige ſo verſtanden. Saverien (Dict. de mathem. et de phyſ. Art. Péſanteur) ſagt, er nehme Geiſter an, die die Koͤrper nach dem Mittel der Erde zoͤgen, und wolle dadurch einen Wink geben, daß die Urſache der Schwere unſere Kenntniſſe uͤberſteige. An ſolche Winke aber hat Kepler gewiß in einem Buche nicht gedacht, worinn er leider nur gar zu viel, und manches noch weit ungluͤcklicher, als die Schwere, zu erklaͤren ſucht.

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[894/0900] gehen, dieſe mit einem Triebe, denſelben zu fliehen, begabt. Erklaͤrung ſollte dies wohl nicht ſeyn; es iſt aber auch als Phaͤnomen unrichtig. Einige Stellen in Plutarchs Geſpraͤche uͤber die Geſtalt der Mondſcheibe zeigen, daß man die Schwere nicht einer geheimen Kraft des Mittelpunkts, ſondern ganz richtig den um dieſen Mittelpunkt verſammelten koͤrperlichen Theilen zugeſchrieben, auch die Geſtalt und das Zuſammenhalten des Monds aus einer aͤhnlichen Schwere ſeiner Theile gegen das Ganze hergeleltet habe. Auch war der Begriff von allgemeiner Schwere den Alten nicht unbekannt, ſ. Gravitation. Die Scholaſtiker nahmen die Aeußerung des Ariſtoteles als Erklaͤrung an, und rechneten dem zu Folge Schwere und Leichtigkeit mit zu den verborgnen Eigenſchaften der Koͤrper. Sie vertieften ſich daruͤber in viele Subtilitaͤten; einige laͤugneten alle Schwere, und ließen die Koͤrper nur darum druͤcken und fallen, weil ſie weniger leicht, als andere, waͤren. Kepler (Epitome aſtron. Copernic. Lentiis ad Danub. 1618. 8. L. I. p. 95.) ſcheint den erſten Gedanken einer mechaniſchen Erklaͤrung der Schwere gehabt zu haben. Er leiter ſie von gewiſſen, um den Mittelpunkt der Erde herum bewegten, feiuen Ausfluͤſſen (ſpirantibus effluviis, ſpiritibus) her, welche die Koͤrper lothrecht gegen die Erdflaͤche niedertrieben. Eben dies iſt der Grund von mehrern nachher beruͤhmt gewordenen Syſtemen. Kepler ſpricht aber von dieſen Ausfluͤſſen ſo dunkel und dichteriſch, daß man faſt glauben moͤchte, er meine unkoͤrperliche Weſen. In der That haben ihn auch einige ſo verſtanden. Saverien (Dict. de mathem. et de phyſ. Art. Péſanteur) ſagt, er nehme Geiſter an, die die Koͤrper nach dem Mittel der Erde zoͤgen, und wolle dadurch einen Wink geben, daß die Urſache der Schwere unſere Kenntniſſe uͤberſteige. An ſolche Winke aber hat Kepler gewiß in einem Buche nicht gedacht, worinn er leider nur gar zu viel, und manches noch weit ungluͤcklicher, als die Schwere, zu erklaͤren ſucht.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 894. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/900>, abgerufen am 23.11.2024.