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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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Verhältnisse mit der Zeit, daher der Fall eine gleichförmig beschleunigre Bewegung ist, obgleich Schwere und Gewicht des fallenden Körpers immer eben dieselben bleiben.

Die Schwere giebt der Erde ihre runde Gestalt und ist das Band, welches alle zu ihr gehörige Materie zusammenhält, und die Zerstreuung derselben verhütet. Eine nicht schwere, oder gar von der Erde abwärts strebende Materie würde bey jedem Anlasse, der ihr Freyheit verstattete, davon fliehen, und sich endlich gar vom Erdballe verlieren. Auf gleiche Weise werden auch die übrigen Weltkörper durch eine Schwere ihrer Theile gegen ihre ganze Masse zusammen gehalten, und zu Kugeln oder Sphäroiden geformt, s. Gravitation.

Die Ursache der Schwere und der Mechanismus, durch den sie bewirkt wird, sind uns zwar gänzlich unbekannt; da aber das Bestreben der Materien nach wechselseitiger Annäherung sich im ganzen Weltgebäude als ein allgemeines Phänomen zeigt, wovon die Schweren der Erdkörper und der Theile der Himmelskörper gegen ihre Mittelpunkte nur einzelne Fälle ausmachen, so darf man wohl nicht zweifeln, daß die besondere Schwere auf der Erde mit der allgemeinen Gravitation aller Materie im Weltgebäude einerley Ursache habe. Diese Kräfte als wesentliche Eigenschaften der Materie zu betrachten, ist aus den beym Worte Gravitation (Th. II. S. 526. u. f.) angeführten Gründen nicht rathsam. Es bleibt also unverwehrt, nach einer weitern Ursache der Schwere zu sragen. Ich füge hier noch einige Beantwortungen dieser Frage bey, die freylich nur Meinungen, und noch überdies sehr unwahrscheinliche, sind. Hypothesen über die Ursache der Schwere.

Bey den Alten findet man über die Ursache der Schwere keine deutliche Aeußerung. Aristoteles begnügt sich zu sagen, es gebe zweyerley Körper, schwere und leichte; jene mit einem Triebe nach dem Mittelpunkte zu


Verhaͤltniſſe mit der Zeit, daher der Fall eine gleichfoͤrmig beſchleunigre Bewegung iſt, obgleich Schwere und Gewicht des fallenden Koͤrpers immer eben dieſelben bleiben.

Die Schwere giebt der Erde ihre runde Geſtalt und iſt das Band, welches alle zu ihr gehoͤrige Materie zuſammenhaͤlt, und die Zerſtreuung derſelben verhuͤtet. Eine nicht ſchwere, oder gar von der Erde abwaͤrts ſtrebende Materie wuͤrde bey jedem Anlaſſe, der ihr Freyheit verſtattete, davon fliehen, und ſich endlich gar vom Erdballe verlieren. Auf gleiche Weiſe werden auch die uͤbrigen Weltkoͤrper durch eine Schwere ihrer Theile gegen ihre ganze Maſſe zuſammen gehalten, und zu Kugeln oder Sphaͤroiden geformt, ſ. Gravitation.

Die Urſache der Schwere und der Mechanismus, durch den ſie bewirkt wird, ſind uns zwar gaͤnzlich unbekannt; da aber das Beſtreben der Materien nach wechſelſeitiger Annaͤherung ſich im ganzen Weltgebaͤude als ein allgemeines Phaͤnomen zeigt, wovon die Schweren der Erdkoͤrper und der Theile der Himmelskoͤrper gegen ihre Mittelpunkte nur einzelne Faͤlle ausmachen, ſo darf man wohl nicht zweifeln, daß die beſondere Schwere auf der Erde mit der allgemeinen Gravitation aller Materie im Weltgebaͤude einerley Urſache habe. Dieſe Kraͤfte als weſentliche Eigenſchaften der Materie zu betrachten, iſt aus den beym Worte Gravitation (Th. II. S. 526. u. f.) angefuͤhrten Gruͤnden nicht rathſam. Es bleibt alſo unverwehrt, nach einer weitern Urſache der Schwere zu ſragen. Ich fuͤge hier noch einige Beantwortungen dieſer Frage bey, die freylich nur Meinungen, und noch uͤberdies ſehr unwahrſcheinliche, ſind. Hypotheſen uͤber die Urſache der Schwere.

Bey den Alten findet man uͤber die Urſache der Schwere keine deutliche Aeußerung. Ariſtoteles begnuͤgt ſich zu ſagen, es gebe zweyerley Koͤrper, ſchwere und leichte; jene mit einem Triebe nach dem Mittelpunkte zu

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[893/0899] Verhaͤltniſſe mit der Zeit, daher der Fall eine gleichfoͤrmig beſchleunigre Bewegung iſt, obgleich Schwere und Gewicht des fallenden Koͤrpers immer eben dieſelben bleiben. Die Schwere giebt der Erde ihre runde Geſtalt und iſt das Band, welches alle zu ihr gehoͤrige Materie zuſammenhaͤlt, und die Zerſtreuung derſelben verhuͤtet. Eine nicht ſchwere, oder gar von der Erde abwaͤrts ſtrebende Materie wuͤrde bey jedem Anlaſſe, der ihr Freyheit verſtattete, davon fliehen, und ſich endlich gar vom Erdballe verlieren. Auf gleiche Weiſe werden auch die uͤbrigen Weltkoͤrper durch eine Schwere ihrer Theile gegen ihre ganze Maſſe zuſammen gehalten, und zu Kugeln oder Sphaͤroiden geformt, ſ. Gravitation. Die Urſache der Schwere und der Mechanismus, durch den ſie bewirkt wird, ſind uns zwar gaͤnzlich unbekannt; da aber das Beſtreben der Materien nach wechſelſeitiger Annaͤherung ſich im ganzen Weltgebaͤude als ein allgemeines Phaͤnomen zeigt, wovon die Schweren der Erdkoͤrper und der Theile der Himmelskoͤrper gegen ihre Mittelpunkte nur einzelne Faͤlle ausmachen, ſo darf man wohl nicht zweifeln, daß die beſondere Schwere auf der Erde mit der allgemeinen Gravitation aller Materie im Weltgebaͤude einerley Urſache habe. Dieſe Kraͤfte als weſentliche Eigenſchaften der Materie zu betrachten, iſt aus den beym Worte Gravitation (Th. II. S. 526. u. f.) angefuͤhrten Gruͤnden nicht rathſam. Es bleibt alſo unverwehrt, nach einer weitern Urſache der Schwere zu ſragen. Ich fuͤge hier noch einige Beantwortungen dieſer Frage bey, die freylich nur Meinungen, und noch uͤberdies ſehr unwahrſcheinliche, ſind. Hypotheſen uͤber die Urſache der Schwere. Bey den Alten findet man uͤber die Urſache der Schwere keine deutliche Aeußerung. Ariſtoteles begnuͤgt ſich zu ſagen, es gebe zweyerley Koͤrper, ſchwere und leichte; jene mit einem Triebe nach dem Mittelpunkte zu

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 893. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/899>, abgerufen am 23.11.2024.