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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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näher liegen, an höhere Punkte der beyden Flächen bringt. Von diesem Kegel handelt Kraft (Explicatio phaenomeni paradoxi de adscensu coni duplicis in altum spontaneo, Comm. Nov. Acad. Petrop. To. VI. p. 389.). Wäre das Reiben nicht stark genug, so würde sich ein solcher Kegel zurückschieben, und nicht rollen.

Die schiefe Fläche wird oft gebraucht, um Lasten nach und nach zu erheben, wie die Winde der Schiffsbaumeister die Schiffe auf einen schrägen Boden heraufzieht. Bisweilen wird auch die Fläche selbst fortgeschoben, um eine Last, die nicht ausweichen kan, dadurch zu erheben, daß man nach und nach höhere Theile der Fläche unter sie bringt. Eine schöne Anwendung hievon ist die Vorrichtung zu Rechtstellung gesunkener Balken in Gebäuden, welche Sheldon und Polhem (Schwed. Abhdl. 1746. S. 45. u. f.) beschreiben, und die man auch im Büsch (Versuch einer Mathem. zum Nutzen und Vergnügen des bürgerl. Lebens. Hamburg, 1776. 8. Mechanik, §. 43.) erklärt findet. Wenn der Widerstand, den man überwinden soll, schief gegen den Horizont wirkt, so braucht man Flächen, die gegen diesen Widerstand schief sind, und so kan selbst eine Horizontal- oder Scheitelfläche als schiefe Ebene gebraucht werden. Auf die Sätze von der schiefen Fläche gründen sich übrigens die Theorien der Schraube und des Keils, s. Schraube, Keil.

Von dem Falle der Körper auf schiefen Ebenen, s. Fall der Körper (Th. II. S. 127. u. f.). Er erfolgt nach eben den Gesetzen, wie der freye Fall: nur langsamer, weil die Körper blos von ihrer respectiven Schwere getrieben werden, welche = sin o ist. Daher sind die Formeln für den Fall auf schiefen Ebenen ganz einerley mit den Formeln für den freyen Fall, nur daß in jenen da sin o gesetzt werden muß, wo beym freyen Falle 1 gesetzt ist.

Kästner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Mechanik. Göttingen, 1780. 8. §. 95. u. f.

Schielen, Strabismus, Luscitas relativa, Strabisme.

Dieser Gesichtsfehler besteht darinn, daß die Schielenden


naͤher liegen, an hoͤhere Punkte der beyden Flaͤchen bringt. Von dieſem Kegel handelt Kraft (Explicatio phaenomeni paradoxi de adſcenſu coni duplicis in altum ſpontaneo, Comm. Nov. Acad. Petrop. To. VI. p. 389.). Waͤre das Reiben nicht ſtark genug, ſo wuͤrde ſich ein ſolcher Kegel zuruͤckſchieben, und nicht rollen.

Die ſchiefe Flaͤche wird oft gebraucht, um Laſten nach und nach zu erheben, wie die Winde der Schiffsbaumeiſter die Schiffe auf einen ſchraͤgen Boden heraufzieht. Bisweilen wird auch die Flaͤche ſelbſt fortgeſchoben, um eine Laſt, die nicht ausweichen kan, dadurch zu erheben, daß man nach und nach hoͤhere Theile der Flaͤche unter ſie bringt. Eine ſchoͤne Anwendung hievon iſt die Vorrichtung zu Rechtſtellung geſunkener Balken in Gebaͤuden, welche Sheldon und Polhem (Schwed. Abhdl. 1746. S. 45. u. f.) beſchreiben, und die man auch im Buͤſch (Verſuch einer Mathem. zum Nutzen und Vergnuͤgen des buͤrgerl. Lebens. Hamburg, 1776. 8. Mechanik, §. 43.) erklaͤrt findet. Wenn der Widerſtand, den man uͤberwinden ſoll, ſchief gegen den Horizont wirkt, ſo braucht man Flaͤchen, die gegen dieſen Widerſtand ſchief ſind, und ſo kan ſelbſt eine Horizontal- oder Scheitelflaͤche als ſchiefe Ebene gebraucht werden. Auf die Saͤtze von der ſchiefen Flaͤche gruͤnden ſich uͤbrigens die Theorien der Schraube und des Keils, ſ. Schraube, Keil.

Von dem Falle der Koͤrper auf ſchiefen Ebenen, ſ. Fall der Koͤrper (Th. II. S. 127. u. f.). Er erfolgt nach eben den Geſetzen, wie der freye Fall: nur langſamer, weil die Koͤrper blos von ihrer reſpectiven Schwere getrieben werden, welche = ſin o iſt. Daher ſind die Formeln fuͤr den Fall auf ſchiefen Ebenen ganz einerley mit den Formeln fuͤr den freyen Fall, nur daß in jenen da ſin o geſetzt werden muß, wo beym freyen Falle 1 geſetzt iſt.

Kaͤſtner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Mechanik. Goͤttingen, 1780. 8. §. 95. u. f.

Schielen, Strabiſmus, Luſcitas relativa, Strabiſme.

Dieſer Geſichtsfehler beſteht darinn, daß die Schielenden

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[840/0846] naͤher liegen, an hoͤhere Punkte der beyden Flaͤchen bringt. Von dieſem Kegel handelt Kraft (Explicatio phaenomeni paradoxi de adſcenſu coni duplicis in altum ſpontaneo, Comm. Nov. Acad. Petrop. To. VI. p. 389.). Waͤre das Reiben nicht ſtark genug, ſo wuͤrde ſich ein ſolcher Kegel zuruͤckſchieben, und nicht rollen. Die ſchiefe Flaͤche wird oft gebraucht, um Laſten nach und nach zu erheben, wie die Winde der Schiffsbaumeiſter die Schiffe auf einen ſchraͤgen Boden heraufzieht. Bisweilen wird auch die Flaͤche ſelbſt fortgeſchoben, um eine Laſt, die nicht ausweichen kan, dadurch zu erheben, daß man nach und nach hoͤhere Theile der Flaͤche unter ſie bringt. Eine ſchoͤne Anwendung hievon iſt die Vorrichtung zu Rechtſtellung geſunkener Balken in Gebaͤuden, welche Sheldon und Polhem (Schwed. Abhdl. 1746. S. 45. u. f.) beſchreiben, und die man auch im Buͤſch (Verſuch einer Mathem. zum Nutzen und Vergnuͤgen des buͤrgerl. Lebens. Hamburg, 1776. 8. Mechanik, §. 43.) erklaͤrt findet. Wenn der Widerſtand, den man uͤberwinden ſoll, ſchief gegen den Horizont wirkt, ſo braucht man Flaͤchen, die gegen dieſen Widerſtand ſchief ſind, und ſo kan ſelbſt eine Horizontal- oder Scheitelflaͤche als ſchiefe Ebene gebraucht werden. Auf die Saͤtze von der ſchiefen Flaͤche gruͤnden ſich uͤbrigens die Theorien der Schraube und des Keils, ſ. Schraube, Keil. Von dem Falle der Koͤrper auf ſchiefen Ebenen, ſ. Fall der Koͤrper (Th. II. S. 127. u. f.). Er erfolgt nach eben den Geſetzen, wie der freye Fall: nur langſamer, weil die Koͤrper blos von ihrer reſpectiven Schwere getrieben werden, welche = ſin o iſt. Daher ſind die Formeln fuͤr den Fall auf ſchiefen Ebenen ganz einerley mit den Formeln fuͤr den freyen Fall, nur daß in jenen da ſin o geſetzt werden muß, wo beym freyen Falle 1 geſetzt iſt. Kaͤſtner Anfangsgr. der angewandten Mathem. Mechanik. Goͤttingen, 1780. 8. §. 95. u. f. Schielen, Strabiſmus, Luſcitas relativa, Strabiſme. Dieſer Geſichtsfehler beſteht darinn, daß die Schielenden

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 840. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/846>, abgerufen am 10.05.2024.