Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Auf eben diesem Grunde beruht die Wirkung der Kesonanzböden auf den mit Saiten bezognen musikalischen Instrumenten, deren Grundsätze Maupertuis (Sur la forme des instruments de musique, in den Mem. de Paris, 1724.) untersucht hat. Man könnte den Violinen und Lauten, wie der Leyer der Alten, die Form eines Parallelogramms geben, und Saiten von unterschiedner Länge darauf ziehen. Aber es ist weit vortheilhafter, mehrere Töne aus einer Saite durch die Verkürzung mit der Hand zu ziehen, und sie dabey auf einer hölzernen Tafel auszuspannen, deren Fasern gleichsam neue Saiten von allerley Längen bilden, in der es also für jeden Ton einen gewissen Theil giebt, welcher mit ihm im Einklange, mithin sehr leicht und stark, mitklingt. Daher sind die Figuren der Resonanzböden nicht Parallelogrammen, in denen alle Holzfasern gleich lang seyn, und nur für einen gewissen Ton resoniren würden- Und wenn auch gleich die Instrumente eine viereckichte Gestalt bekommen, so werden doch die Resonanzböden durch einen schiefen oder gekrümmten Steg und durch Schallöcher in Fasern von ungleicher Länge zerschnitten. Ein solches Instrument ist am vollkommensten, wenn die Zahl der Fasern, die sich zu jedem Tone schicken, so gleich, als möglich, und die Zahl der schwächer mitklingenden falschen Fasern so klein als möglich. ist. Zufälligerweise kan es in dem Resonanzboden eines Instruments für einen gewissen Ton mehr Fasern geben, als für einen andern; oder es können für einen weniger falsche Fasern mitklingen, als für den andern. In diesen Fällen spielt sich das Instrument aus
Auf eben dieſem Grunde beruht die Wirkung der Keſonanzboͤden auf den mit Saiten bezognen muſikaliſchen Inſtrumenten, deren Grundſaͤtze Maupertuis (Sur la forme des inſtruments de muſique, in den Mém. de Paris, 1724.) unterſucht hat. Man koͤnnte den Violinen und Lauten, wie der Leyer der Alten, die Form eines Parallelogramms geben, und Saiten von unterſchiedner Laͤnge darauf ziehen. Aber es iſt weit vortheilhafter, mehrere Toͤne aus einer Saite durch die Verkuͤrzung mit der Hand zu ziehen, und ſie dabey auf einer hoͤlzernen Tafel auszuſpannen, deren Faſern gleichſam neue Saiten von allerley Laͤngen bilden, in der es alſo fuͤr jeden Ton einen gewiſſen Theil giebt, welcher mit ihm im Einklange, mithin ſehr leicht und ſtark, mitklingt. Daher ſind die Figuren der Reſonanzboͤden nicht Parallelogrammen, in denen alle Holzfaſern gleich lang ſeyn, und nur fuͤr einen gewiſſen Ton reſoniren wuͤrden- Und wenn auch gleich die Inſtrumente eine viereckichte Geſtalt bekommen, ſo werden doch die Reſonanzboͤden durch einen ſchiefen oder gekruͤmmten Steg und durch Schalloͤcher in Faſern von ungleicher Laͤnge zerſchnitten. Ein ſolches Inſtrument iſt am vollkommenſten, wenn die Zahl der Faſern, die ſich zu jedem Tone ſchicken, ſo gleich, als moͤglich, und die Zahl der ſchwaͤcher mitklingenden falſchen Faſern ſo klein als moͤglich. iſt. Zufaͤlligerweiſe kan es in dem Reſonanzboden eines Inſtruments fuͤr einen gewiſſen Ton mehr Faſern geben, als fuͤr einen andern; oder es koͤnnen fuͤr einen weniger falſche Faſern mitklingen, als fuͤr den andern. In dieſen Faͤllen ſpielt ſich das Inſtrument aus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0718" xml:id="P.3.712" n="712"/><lb/> ſtoͤrkſten in Schwingung geſetzt werden. Trift man einen ſolchen Ton, ſo hallt der Koͤrper, zumal wenn er hohl iſt, ſtark und anhaltend wieder. Dieſe Reſonanz kan ſo ſtark werden, daß die Theile des Koͤrpers von einander reiſſen. So zerſpringen Fenſterſcheiben vom Abfeuern der Kanonen, und Glaͤſer brechen entzwey, wenn man heftig in dem fuͤr ihre Spannung ſchicklichen Tone hineinſchreyet. Ein Beyſpiel von einem ſolchen Glaszerſchreyer erzaͤhlt <hi rendition="#b">Morhof</hi> <hi rendition="#aq">(Stentor</hi> <foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">u(alokla/shs</note></foreign> <hi rendition="#aq">ſ. de ſcypho vitreo per certum humanae vocis ſonum fracto. Kilon. 1683. 4.).</hi></p> <p>Auf eben dieſem Grunde beruht die Wirkung der <hi rendition="#b">Keſonanzboͤden</hi> auf den mit Saiten bezognen muſikaliſchen Inſtrumenten, deren Grundſaͤtze <hi rendition="#b">Maupertuis</hi> <hi rendition="#aq">(Sur la forme des inſtruments de muſique,</hi> in den <hi rendition="#aq">Mém. de Paris, 1724.)</hi> unterſucht hat. Man koͤnnte den Violinen und Lauten, wie der Leyer der Alten, die Form eines Parallelogramms geben, und Saiten von unterſchiedner Laͤnge darauf ziehen. Aber es iſt weit vortheilhafter, mehrere Toͤne aus einer Saite durch die Verkuͤrzung mit der Hand zu ziehen, und ſie dabey auf einer hoͤlzernen Tafel auszuſpannen, deren Faſern gleichſam neue Saiten von allerley Laͤngen bilden, in der es alſo fuͤr jeden Ton einen gewiſſen Theil giebt, welcher mit ihm im Einklange, mithin ſehr leicht und ſtark, mitklingt. Daher ſind die Figuren der Reſonanzboͤden nicht Parallelogrammen, in denen alle Holzfaſern gleich lang ſeyn, und nur fuͤr einen gewiſſen Ton reſoniren wuͤrden- Und wenn auch gleich die Inſtrumente eine viereckichte Geſtalt bekommen, ſo werden doch die Reſonanzboͤden durch einen ſchiefen oder gekruͤmmten Steg und durch Schalloͤcher in Faſern von ungleicher Laͤnge zerſchnitten.</p> <p>Ein ſolches Inſtrument iſt am vollkommenſten, wenn die Zahl der Faſern, die ſich zu jedem Tone ſchicken, ſo gleich, als moͤglich, und die Zahl der ſchwaͤcher mitklingenden falſchen Faſern ſo klein als moͤglich. iſt. Zufaͤlligerweiſe kan es in dem Reſonanzboden eines Inſtruments fuͤr einen gewiſſen Ton mehr Faſern geben, als fuͤr einen andern; oder es koͤnnen fuͤr einen weniger falſche Faſern mitklingen, als fuͤr den andern. In dieſen Faͤllen ſpielt ſich das Inſtrument aus<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [712/0718]
ſtoͤrkſten in Schwingung geſetzt werden. Trift man einen ſolchen Ton, ſo hallt der Koͤrper, zumal wenn er hohl iſt, ſtark und anhaltend wieder. Dieſe Reſonanz kan ſo ſtark werden, daß die Theile des Koͤrpers von einander reiſſen. So zerſpringen Fenſterſcheiben vom Abfeuern der Kanonen, und Glaͤſer brechen entzwey, wenn man heftig in dem fuͤr ihre Spannung ſchicklichen Tone hineinſchreyet. Ein Beyſpiel von einem ſolchen Glaszerſchreyer erzaͤhlt Morhof (Stentor _ ſ. de ſcypho vitreo per certum humanae vocis ſonum fracto. Kilon. 1683. 4.).
Auf eben dieſem Grunde beruht die Wirkung der Keſonanzboͤden auf den mit Saiten bezognen muſikaliſchen Inſtrumenten, deren Grundſaͤtze Maupertuis (Sur la forme des inſtruments de muſique, in den Mém. de Paris, 1724.) unterſucht hat. Man koͤnnte den Violinen und Lauten, wie der Leyer der Alten, die Form eines Parallelogramms geben, und Saiten von unterſchiedner Laͤnge darauf ziehen. Aber es iſt weit vortheilhafter, mehrere Toͤne aus einer Saite durch die Verkuͤrzung mit der Hand zu ziehen, und ſie dabey auf einer hoͤlzernen Tafel auszuſpannen, deren Faſern gleichſam neue Saiten von allerley Laͤngen bilden, in der es alſo fuͤr jeden Ton einen gewiſſen Theil giebt, welcher mit ihm im Einklange, mithin ſehr leicht und ſtark, mitklingt. Daher ſind die Figuren der Reſonanzboͤden nicht Parallelogrammen, in denen alle Holzfaſern gleich lang ſeyn, und nur fuͤr einen gewiſſen Ton reſoniren wuͤrden- Und wenn auch gleich die Inſtrumente eine viereckichte Geſtalt bekommen, ſo werden doch die Reſonanzboͤden durch einen ſchiefen oder gekruͤmmten Steg und durch Schalloͤcher in Faſern von ungleicher Laͤnge zerſchnitten.
Ein ſolches Inſtrument iſt am vollkommenſten, wenn die Zahl der Faſern, die ſich zu jedem Tone ſchicken, ſo gleich, als moͤglich, und die Zahl der ſchwaͤcher mitklingenden falſchen Faſern ſo klein als moͤglich. iſt. Zufaͤlligerweiſe kan es in dem Reſonanzboden eines Inſtruments fuͤr einen gewiſſen Ton mehr Faſern geben, als fuͤr einen andern; oder es koͤnnen fuͤr einen weniger falſche Faſern mitklingen, als fuͤr den andern. In dieſen Faͤllen ſpielt ſich das Inſtrument aus
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