Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


(7/20) des Drucks an, weil 1:sqrt8 dem Verhältnisse 7:20 sehr nahe kömmt.

De la Hire unterscheidet die drey Fälle, da die Rauhigkeiten der Flächen entweder elastisch sind und sich biegen, oder da sie hart sind, und der bewegte Körper gehoben werden muß, oder endlich, da sic brechen und sich losr<*>ißen. Er glaubt, in den beyden ersten Fällen richte sich das Reiben blos nach der Größe des Drucks, im letzten aber augenscheinlich auch nach der Größe der Flächen. Leupold versichert, bey gleich schweren hölzernen Wellen das Reiben gleich groß gefunden zu haben, ob sie schon verschiedne Dicken gehabt hätten, womit auch Leibnitz (Miscellan. Berol. To. I. p. 307 sqq.) einig ist. Leonh. Christoph Sturm (Obs. circa frictionem machinarum in Miscell. Berol. To. I. p. 294. sqq.) hat zwar dagegen eingewendet, daß eben dieselbe Mühlwelle auf dünnern Zapfen leichter laufe als auf stärkern; aber Lcupold erinnert sehr richtig, daß dies von dem geringern Momente der Friction bey dünnen Zapfen (d. i. von der geringern Entfernung der reibenden Stelle vom Ruhepunkte) herrühre, und hier, wo von der absoluten Größe des Reibens die Rede ist, nichts beweise. Belidor bringt Parents Demonstration ebenfalls bey, bestätigt den Satz durch eigne Ersahrungen, behält aber für die Rechnungen das Verhältniß 1:3 bey.

Auf eine andere Art findet man die Größe des Reibens, wenn man die Fläche, die den Körper trägt, an dem einen Eude erhebt, daß sie schiefe Lagen gegen den Horizont bekömmt. Nach der Theorie der schiefen Fläche sollte der Körper schon bey dem geringsten Neigungswinkel herabgleiten; wegen des Reibens aber thut er dies erst, wenn dieser Winkel eine gewisse Größe erreicht hat. Der größte Winkel, unter dem der Körper noch liegen bleibt, heißt der Ruhewinkel (angulus quietis). Bey diesem Winkel wird der Körper eben so stark zur Bewegung getrieben, als ih<*> die Friction zurückhält, und man findet durch gehörig angestellte Betrachtung, daß sich das Reiben auf der wagrechten Fläche zum Drucke verhalte, wie die Tangente des Ruhewinkels


(7/20) des Drucks an, weil 1:√8 dem Verhaͤltniſſe 7:20 ſehr nahe koͤmmt.

De la Hire unterſcheidet die drey Faͤlle, da die Rauhigkeiten der Flaͤchen entweder elaſtiſch ſind und ſich biegen, oder da ſie hart ſind, und der bewegte Koͤrper gehoben werden muß, oder endlich, da ſic brechen und ſich losr<*>ißen. Er glaubt, in den beyden erſten Faͤllen richte ſich das Reiben blos nach der Groͤße des Drucks, im letzten aber augenſcheinlich auch nach der Groͤße der Flaͤchen. Leupold verſichert, bey gleich ſchweren hoͤlzernen Wellen das Reiben gleich groß gefunden zu haben, ob ſie ſchon verſchiedne Dicken gehabt haͤtten, womit auch Leibnitz (Miſcellan. Berol. To. I. p. 307 ſqq.) einig iſt. Leonh. Chriſtoph Sturm (Obſ. circa frictionem machinarum in Miſcell. Berol. To. I. p. 294. ſqq.) hat zwar dagegen eingewendet, daß eben dieſelbe Muͤhlwelle auf duͤnnern Zapfen leichter laufe als auf ſtaͤrkern; aber Lcupold erinnert ſehr richtig, daß dies von dem geringern Momente der Friction bey duͤnnen Zapfen (d. i. von der geringern Entfernung der reibenden Stelle vom Ruhepunkte) herruͤhre, und hier, wo von der abſoluten Groͤße des Reibens die Rede iſt, nichts beweiſe. Belidor bringt Parents Demonſtration ebenfalls bey, beſtaͤtigt den Satz durch eigne Erſahrungen, behaͤlt aber fuͤr die Rechnungen das Verhaͤltniß 1:3 bey.

Auf eine andere Art findet man die Groͤße des Reibens, wenn man die Flaͤche, die den Koͤrper traͤgt, an dem einen Eude erhebt, daß ſie ſchiefe Lagen gegen den Horizont bekoͤmmt. Nach der Theorie der ſchiefen Flaͤche ſollte der Koͤrper ſchon bey dem geringſten Neigungswinkel herabgleiten; wegen des Reibens aber thut er dies erſt, wenn dieſer Winkel eine gewiſſe Groͤße erreicht hat. Der groͤßte Winkel, unter dem der Koͤrper noch liegen bleibt, heißt der Ruhewinkel (angulus quietis). Bey dieſem Winkel wird der Koͤrper eben ſo ſtark zur Bewegung getrieben, als ih<*> die Friction zuruͤckhaͤlt, und man findet durch gehoͤrig angeſtellte Betrachtung, daß ſich das Reiben auf der wagrechten Flaͤche zum Drucke verhalte, wie die Tangente des Ruhewinkels

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0700" xml:id="P.3.694" n="694"/><lb/>
(7/20) des Drucks an, weil 1:&#x221A;8 dem Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e 7:20 &#x017F;ehr nahe ko&#x0364;mmt.</p>
            <p><hi rendition="#b">De la Hire</hi> unter&#x017F;cheidet die drey Fa&#x0364;lle, da die Rauhigkeiten der Fla&#x0364;chen entweder ela&#x017F;ti&#x017F;ch &#x017F;ind und &#x017F;ich biegen, oder da &#x017F;ie hart &#x017F;ind, und der bewegte Ko&#x0364;rper gehoben werden muß, oder endlich, da &#x017F;ic brechen und &#x017F;ich losr&lt;*&gt;ißen. Er glaubt, in den beyden er&#x017F;ten Fa&#x0364;llen richte &#x017F;ich das Reiben blos nach der Gro&#x0364;ße des Drucks, im letzten aber augen&#x017F;cheinlich auch nach der Gro&#x0364;ße der Fla&#x0364;chen. <hi rendition="#b">Leupold</hi> ver&#x017F;ichert, bey gleich &#x017F;chweren ho&#x0364;lzernen Wellen das Reiben gleich groß gefunden zu haben, ob &#x017F;ie &#x017F;chon ver&#x017F;chiedne Dicken gehabt ha&#x0364;tten, womit auch <hi rendition="#b">Leibnitz</hi> <hi rendition="#aq">(Mi&#x017F;cellan. Berol. To. I. p. 307 &#x017F;qq.)</hi> einig i&#x017F;t. <hi rendition="#b">Leonh. Chri&#x017F;toph Sturm</hi> <hi rendition="#aq">(Ob&#x017F;. circa frictionem machinarum in Mi&#x017F;cell. Berol. To. I. p. 294. &#x017F;qq.)</hi> hat zwar dagegen eingewendet, daß eben die&#x017F;elbe Mu&#x0364;hlwelle auf du&#x0364;nnern Zapfen leichter laufe als auf &#x017F;ta&#x0364;rkern; aber <hi rendition="#b">Lcupold</hi> erinnert &#x017F;ehr richtig, daß dies von dem geringern Momente der Friction bey du&#x0364;nnen Zapfen (d. i. von der geringern Entfernung der reibenden Stelle vom Ruhepunkte) herru&#x0364;hre, und hier, wo von der ab&#x017F;oluten Gro&#x0364;ße des Reibens die Rede i&#x017F;t, nichts bewei&#x017F;e. <hi rendition="#b">Belidor</hi> bringt <hi rendition="#b">Parents</hi> Demon&#x017F;tration ebenfalls bey, be&#x017F;ta&#x0364;tigt den Satz durch eigne Er&#x017F;ahrungen, beha&#x0364;lt aber fu&#x0364;r die Rechnungen das Verha&#x0364;ltniß 1:3 bey.</p>
            <p>Auf eine andere Art findet man die Gro&#x0364;ße des Reibens, wenn man die Fla&#x0364;che, die den Ko&#x0364;rper tra&#x0364;gt, an dem einen Eude erhebt, daß &#x017F;ie &#x017F;chiefe Lagen gegen den Horizont beko&#x0364;mmt. Nach der Theorie der &#x017F;chiefen Fla&#x0364;che &#x017F;ollte der Ko&#x0364;rper &#x017F;chon bey dem gering&#x017F;ten Neigungswinkel herabgleiten; wegen des Reibens aber thut er dies er&#x017F;t, wenn die&#x017F;er Winkel eine gewi&#x017F;&#x017F;e Gro&#x0364;ße erreicht hat. Der gro&#x0364;ßte Winkel, unter dem der Ko&#x0364;rper noch liegen bleibt, heißt der <hi rendition="#b">Ruhewinkel</hi> <hi rendition="#aq">(angulus quietis).</hi> Bey die&#x017F;em Winkel wird der Ko&#x0364;rper eben &#x017F;o &#x017F;tark zur Bewegung getrieben, als ih&lt;*&gt; die Friction zuru&#x0364;ckha&#x0364;lt, und man findet durch geho&#x0364;rig ange&#x017F;tellte Betrachtung, daß &#x017F;ich das Reiben auf der wagrechten Fla&#x0364;che zum Drucke verhalte, wie die Tangente des Ruhewinkels<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[694/0700] (7/20) des Drucks an, weil 1:√8 dem Verhaͤltniſſe 7:20 ſehr nahe koͤmmt. De la Hire unterſcheidet die drey Faͤlle, da die Rauhigkeiten der Flaͤchen entweder elaſtiſch ſind und ſich biegen, oder da ſie hart ſind, und der bewegte Koͤrper gehoben werden muß, oder endlich, da ſic brechen und ſich losr<*>ißen. Er glaubt, in den beyden erſten Faͤllen richte ſich das Reiben blos nach der Groͤße des Drucks, im letzten aber augenſcheinlich auch nach der Groͤße der Flaͤchen. Leupold verſichert, bey gleich ſchweren hoͤlzernen Wellen das Reiben gleich groß gefunden zu haben, ob ſie ſchon verſchiedne Dicken gehabt haͤtten, womit auch Leibnitz (Miſcellan. Berol. To. I. p. 307 ſqq.) einig iſt. Leonh. Chriſtoph Sturm (Obſ. circa frictionem machinarum in Miſcell. Berol. To. I. p. 294. ſqq.) hat zwar dagegen eingewendet, daß eben dieſelbe Muͤhlwelle auf duͤnnern Zapfen leichter laufe als auf ſtaͤrkern; aber Lcupold erinnert ſehr richtig, daß dies von dem geringern Momente der Friction bey duͤnnen Zapfen (d. i. von der geringern Entfernung der reibenden Stelle vom Ruhepunkte) herruͤhre, und hier, wo von der abſoluten Groͤße des Reibens die Rede iſt, nichts beweiſe. Belidor bringt Parents Demonſtration ebenfalls bey, beſtaͤtigt den Satz durch eigne Erſahrungen, behaͤlt aber fuͤr die Rechnungen das Verhaͤltniß 1:3 bey. Auf eine andere Art findet man die Groͤße des Reibens, wenn man die Flaͤche, die den Koͤrper traͤgt, an dem einen Eude erhebt, daß ſie ſchiefe Lagen gegen den Horizont bekoͤmmt. Nach der Theorie der ſchiefen Flaͤche ſollte der Koͤrper ſchon bey dem geringſten Neigungswinkel herabgleiten; wegen des Reibens aber thut er dies erſt, wenn dieſer Winkel eine gewiſſe Groͤße erreicht hat. Der groͤßte Winkel, unter dem der Koͤrper noch liegen bleibt, heißt der Ruhewinkel (angulus quietis). Bey dieſem Winkel wird der Koͤrper eben ſo ſtark zur Bewegung getrieben, als ih<*> die Friction zuruͤckhaͤlt, und man findet durch gehoͤrig angeſtellte Betrachtung, daß ſich das Reiben auf der wagrechten Flaͤche zum Drucke verhalte, wie die Tangente des Ruhewinkels

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/700
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 694. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/700>, abgerufen am 20.05.2024.