Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
So hat Descartes beyde Regenbogen richtig, aber nur als helle, nicht als farbige Bogen, erklärt. Er hat nemlich bewiesen, daß wir am Himmel zween concentrische glänzende Bogen sehen müssen, deren Halbmesser 41° 30' und 51° 54' einnehmen, und deren Breite dem Sonnendurchmesser gleich ist, weil die Linie nach der Sonne in jeden Punkt der Sonnenscheibe gezogen werden kan. So würde auch die Erscheinung wirklich ausfallen, wenn alle Stralen gleich viel Brechoarkeit hätten, wie Descartes, den damaligen Kenntnissen gemäß, annahm. Also fehlte nur noch die wahre Erklärung der Farben, worüber Descartes blos Träume vorbringt. Diesen Mangel zu ersetzen, war erst Newton fähig, dessen Entdeckungen über die verschiedene Brechbarkeit der im Lichte enthaltenen Farbenstralen, s. Brechbarkeit, sowohl die Entstehung, als die Ordnung der Farben mit einemmale vollkommen erklären. Newton trägt das Hiehergehörige (Opt. L. I. P. II. prop. 9.) als eine Anwendung seiner Farbentheorie vor, nimmt das Brechungsverhältniß aus Luft in Wasser für die am meisten und am wenigsten brechbaren Stralen, wie 109:81 und 108:81 an, giebt eine mathematische Bestimmung der Winkel, unter welchen die meisten Stralen von jeder Farbe ins Auge kommen, und zeigt an, daß die Rechnung diese Winkel für den innern Regenbogen 40° 17' und 42° 2', für den äußern 54° 7' und 50° 57' gebe. Diesemnach bildet jede Farbe einen besondern Bogen; alle diese Bogen sind concentrisch, und es fällt im innern Bogen der violette inwendig, der rothe auswendig; im äußern hingegen der violette auswendig. Hiedurch wird das ganze Phänomen vollständig erklärt; auch stimmen Newtons angegebne Maaße mit der Erfahrung überein. Er fand den größten Halbmesser des innern Bogens 42 Grad;
So hat Descartes beyde Regenbogen richtig, aber nur als helle, nicht als farbige Bogen, erklaͤrt. Er hat nemlich bewieſen, daß wir am Himmel zween concentriſche glaͤnzende Bogen ſehen muͤſſen, deren Halbmeſſer 41° 30′ und 51° 54′ einnehmen, und deren Breite dem Sonnendurchmeſſer gleich iſt, weil die Linie nach der Sonne in jeden Punkt der Sonnenſcheibe gezogen werden kan. So wuͤrde auch die Erſcheinung wirklich ausfallen, wenn alle Stralen gleich viel Brechoarkeit haͤtten, wie Descartes, den damaligen Kenntniſſen gemaͤß, annahm. Alſo fehlte nur noch die wahre Erklaͤrung der Farben, woruͤber Descartes blos Traͤume vorbringt. Dieſen Mangel zu erſetzen, war erſt Newton faͤhig, deſſen Entdeckungen uͤber die verſchiedene Brechbarkeit der im Lichte enthaltenen Farbenſtralen, ſ. Brechbarkeit, ſowohl die Entſtehung, als die Ordnung der Farben mit einemmale vollkommen erklaͤren. Newton traͤgt das Hiehergehoͤrige (Opt. L. I. P. II. prop. 9.) als eine Anwendung ſeiner Farbentheorie vor, nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luft in Waſſer fuͤr die am meiſten und am wenigſten brechbaren Stralen, wie 109:81 und 108:81 an, giebt eine mathematiſche Beſtimmung der Winkel, unter welchen die meiſten Stralen von jeder Farbe ins Auge kommen, und zeigt an, daß die Rechnung dieſe Winkel fuͤr den innern Regenbogen 40° 17′ und 42° 2′, fuͤr den aͤußern 54° 7′ und 50° 57′ gebe. Dieſemnach bildet jede Farbe einen beſondern Bogen; alle dieſe Bogen ſind concentriſch, und es faͤllt im innern Bogen der violette inwendig, der rothe auswendig; im aͤußern hingegen der violette auswendig. Hiedurch wird das ganze Phaͤnomen vollſtaͤndig erklaͤrt; auch ſtimmen Newtons angegebne Maaße mit der Erfahrung uͤberein. Er fand den groͤßten Halbmeſſer des innern Bogens 42 Grad; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0687" xml:id="P.3.681" n="681"/><lb/> und ſich eine Zeitlang nicht merklich aͤndert, = 51° 54′. Dies iſt nun die erſte richtige Erklaͤrung der Groͤße der Bogen aus den Stellen der <hi rendition="#b">wirkſamen Stralen,</hi> und zugleich die erſte mathematiſche Berechnung derſelben, welche wir jetzt durch Rechnung des Unendlichen nur kuͤrzer und genauer anzuſtellen wiſſen.</p> <p>So hat <hi rendition="#b">Descartes</hi> beyde Regenbogen richtig, aber nur als <hi rendition="#b">helle,</hi> nicht als <hi rendition="#b">farbige Bogen,</hi> erklaͤrt. Er hat nemlich bewieſen, daß wir am Himmel zween concentriſche glaͤnzende Bogen ſehen muͤſſen, deren Halbmeſſer 41° 30′ und 51° 54′ einnehmen, und deren Breite dem Sonnendurchmeſſer gleich iſt, weil die Linie nach der Sonne in jeden Punkt der Sonnenſcheibe gezogen werden kan. So wuͤrde auch die Erſcheinung wirklich ausfallen, wenn alle Stralen gleich viel Brechoarkeit haͤtten, wie <hi rendition="#b">Descartes,</hi> den damaligen Kenntniſſen gemaͤß, annahm. Alſo fehlte nur noch die wahre Erklaͤrung der Farben, woruͤber Descartes blos Traͤume vorbringt.</p> <p>Dieſen Mangel zu erſetzen, war erſt <hi rendition="#b">Newton</hi> faͤhig, deſſen Entdeckungen uͤber die verſchiedene Brechbarkeit der im Lichte enthaltenen Farbenſtralen, ſ. <hi rendition="#b">Brechbarkeit,</hi> ſowohl die Entſtehung, als die Ordnung der Farben mit einemmale vollkommen erklaͤren. <hi rendition="#b">Newton</hi> traͤgt das Hiehergehoͤrige <hi rendition="#aq">(Opt. L. I. P. II. prop. 9.)</hi> als eine Anwendung ſeiner Farbentheorie vor, nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luft in Waſſer fuͤr die am meiſten und am wenigſten brechbaren Stralen, wie 109:81 und 108:81 an, giebt eine mathematiſche Beſtimmung der Winkel, unter welchen die meiſten Stralen von jeder Farbe ins Auge kommen, und zeigt an, daß die Rechnung dieſe Winkel fuͤr den innern Regenbogen 40° 17′ und 42° 2′, fuͤr den aͤußern 54° 7′ und 50° 57′ gebe. Dieſemnach bildet jede Farbe einen beſondern Bogen; alle dieſe Bogen ſind concentriſch, und es faͤllt im innern Bogen der violette inwendig, der rothe auswendig; im aͤußern hingegen der violette auswendig. Hiedurch wird das ganze Phaͤnomen vollſtaͤndig erklaͤrt; auch ſtimmen <hi rendition="#b">Newtons</hi> angegebne Maaße mit der Erfahrung uͤberein. Er fand den groͤßten Halbmeſſer des innern Bogens 42 Grad;<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [681/0687]
und ſich eine Zeitlang nicht merklich aͤndert, = 51° 54′. Dies iſt nun die erſte richtige Erklaͤrung der Groͤße der Bogen aus den Stellen der wirkſamen Stralen, und zugleich die erſte mathematiſche Berechnung derſelben, welche wir jetzt durch Rechnung des Unendlichen nur kuͤrzer und genauer anzuſtellen wiſſen.
So hat Descartes beyde Regenbogen richtig, aber nur als helle, nicht als farbige Bogen, erklaͤrt. Er hat nemlich bewieſen, daß wir am Himmel zween concentriſche glaͤnzende Bogen ſehen muͤſſen, deren Halbmeſſer 41° 30′ und 51° 54′ einnehmen, und deren Breite dem Sonnendurchmeſſer gleich iſt, weil die Linie nach der Sonne in jeden Punkt der Sonnenſcheibe gezogen werden kan. So wuͤrde auch die Erſcheinung wirklich ausfallen, wenn alle Stralen gleich viel Brechoarkeit haͤtten, wie Descartes, den damaligen Kenntniſſen gemaͤß, annahm. Alſo fehlte nur noch die wahre Erklaͤrung der Farben, woruͤber Descartes blos Traͤume vorbringt.
Dieſen Mangel zu erſetzen, war erſt Newton faͤhig, deſſen Entdeckungen uͤber die verſchiedene Brechbarkeit der im Lichte enthaltenen Farbenſtralen, ſ. Brechbarkeit, ſowohl die Entſtehung, als die Ordnung der Farben mit einemmale vollkommen erklaͤren. Newton traͤgt das Hiehergehoͤrige (Opt. L. I. P. II. prop. 9.) als eine Anwendung ſeiner Farbentheorie vor, nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luft in Waſſer fuͤr die am meiſten und am wenigſten brechbaren Stralen, wie 109:81 und 108:81 an, giebt eine mathematiſche Beſtimmung der Winkel, unter welchen die meiſten Stralen von jeder Farbe ins Auge kommen, und zeigt an, daß die Rechnung dieſe Winkel fuͤr den innern Regenbogen 40° 17′ und 42° 2′, fuͤr den aͤußern 54° 7′ und 50° 57′ gebe. Dieſemnach bildet jede Farbe einen beſondern Bogen; alle dieſe Bogen ſind concentriſch, und es faͤllt im innern Bogen der violette inwendig, der rothe auswendig; im aͤußern hingegen der violette auswendig. Hiedurch wird das ganze Phaͤnomen vollſtaͤndig erklaͤrt; auch ſtimmen Newtons angegebne Maaße mit der Erfahrung uͤberein. Er fand den groͤßten Halbmeſſer des innern Bogens 42 Grad;
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