fiel es ihm nur schwer, die Ursache anzugeben, warum die Kugel blos unter gewissen Winkein Licht und Farben zeigt, und doch unläugbar auch unter andern Winkeln gewisse ein- und zweymal reflectirte Stralen ins Auge gelangen. Er nahm daher seiner Zuflucht zu dem Prisma, s. Prisma. Aber hier vertieft er sich aus Begierde, eine Causalerklärung zu geben, in Hypothesen, entfernt sich von der Erfahrung, und sucht die Quelle der Farben in einer umdrehenden Bewegung der Lichttheilchen und in dem Angrenzen des Lichts an den Schatten, ohne doch daraus einen Vortheil sür den eigentlichen Zweck der Untersuchung zu erhalten. Dies nöthiget ihn endlich, wieder zur Erfahrung zurückzukehren, und die Versuche der Berechnung zu unterwerfen.
Da ihm hiebcy die Vortheile der Infinitesimalrechnung mangeln, so ist seine Rechnung sehr weitläuftig. Er nimmt das Brechungsverhältniß aus Lust in Wasser nach genauen Erfahrungen 250:187 an, theilt den Halbmesser des Tropfens in 10000 gleiche Theile, läßt auf jeden Theilungspunkt einen Sonnenstral fallen, und berechnet für die zehn Stralen, die in den Anfang jedes Tausends fallen, die Winkel, unter welchen sie nach einer und nach zwo Reflexionen aus dem Tropfen ausgehen. Für die einmalige Reflerion findet er beym 8000sten Strale vom Mittelpunkte aus gerechnet den Winkel X (Fig. 107.) = 40° 44', größer als bey allen übrigen Stralen. Er berechnet also die Winkel X weiter vom 8000sten bis zum 9800sten Strale für alle, die in den Anfang eines Hunderts fallen, und findet so, daß ihr Werth für alle Stralen zwischen dem 8500sten und 8600sten in Minuten gleich, nemlich allemal 41° 30' ist. Hier ändert sich also die Lage der ausfahrenden Stralen nicht merklich, wenn sich auch gleich die Stellen der einfallenden um einen merklichen Theil des Halbmessers ändern, und ein Auge, das den Tropfen unter diesem Winkel sieht, bekömmt Parallelstralen von mehr Stellen des Tropfens, und sieht also mehr Licht, als unter andern Winkeln. Durch eint ähnliche Rechnung findet Descartes für die doppelte Re- <*>erion den Winkel V (Fig. 108.), wenn er ein Kleinstes ist,
fiel es ihm nur ſchwer, die Urſache anzugeben, warum die Kugel blos unter gewiſſen Winkein Licht und Farben zeigt, und doch unlaͤugbar auch unter andern Winkeln gewiſſe ein- und zweymal reflectirte Stralen ins Auge gelangen. Er nahm daher ſeiner Zuflucht zu dem Prisma, ſ. Prisma. Aber hier vertieft er ſich aus Begierde, eine Cauſalerklaͤrung zu geben, in Hypotheſen, entfernt ſich von der Erfahrung, und ſucht die Quelle der Farben in einer umdrehenden Bewegung der Lichttheilchen und in dem Angrenzen des Lichts an den Schatten, ohne doch daraus einen Vortheil ſuͤr den eigentlichen Zweck der Unterſuchung zu erhalten. Dies noͤthiget ihn endlich, wieder zur Erfahrung zuruͤckzukehren, und die Verſuche der Berechnung zu unterwerfen.
Da ihm hiebcy die Vortheile der Infiniteſimalrechnung mangeln, ſo iſt ſeine Rechnung ſehr weitlaͤuftig. Er nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luſt in Waſſer nach genauen Erfahrungen 250:187 an, theilt den Halbmeſſer des Tropfens in 10000 gleiche Theile, laͤßt auf jeden Theilungspunkt einen Sonnenſtral fallen, und berechnet fuͤr die zehn Stralen, die in den Anfang jedes Tauſends fallen, die Winkel, unter welchen ſie nach einer und nach zwo Reflexionen aus dem Tropfen ausgehen. Fuͤr die einmalige Reflerion findet er beym 8000ſten Strale vom Mittelpunkte aus gerechnet den Winkel X (Fig. 107.) = 40° 44′, groͤßer als bey allen uͤbrigen Stralen. Er berechnet alſo die Winkel X weiter vom 8000ſten bis zum 9800ſten Strale fuͤr alle, die in den Anfang eines Hunderts fallen, und findet ſo, daß ihr Werth fuͤr alle Stralen zwiſchen dem 8500ſten und 8600ſten in Minuten gleich, nemlich allemal 41° 30′ iſt. Hier aͤndert ſich alſo die Lage der ausfahrenden Stralen nicht merklich, wenn ſich auch gleich die Stellen der einfallenden um einen merklichen Theil des Halbmeſſers aͤndern, und ein Auge, das den Tropfen unter dieſem Winkel ſieht, bekoͤmmt Parallelſtralen von mehr Stellen des Tropfens, und ſieht alſo mehr Licht, als unter andern Winkeln. Durch eint aͤhnliche Rechnung findet Descartes fuͤr die doppelte Re- <*>erion den Winkel V (Fig. 108.), wenn er ein Kleinſtes iſt,
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fiel es ihm nur ſchwer, die Urſache anzugeben, warum die Kugel blos unter gewiſſen Winkein Licht und Farben zeigt, und doch unlaͤugbar auch unter andern Winkeln gewiſſe ein- und zweymal reflectirte Stralen ins Auge gelangen. Er nahm daher ſeiner Zuflucht zu dem Prisma, <hirendition="#b">ſ. Prisma.</hi> Aber hier vertieft er ſich aus Begierde, eine Cauſalerklaͤrung zu geben, in Hypotheſen, entfernt ſich von der Erfahrung, und ſucht die Quelle der Farben in einer umdrehenden Bewegung der Lichttheilchen und in dem Angrenzen des Lichts an den Schatten, ohne doch daraus einen Vortheil ſuͤr den eigentlichen Zweck der Unterſuchung zu erhalten. Dies noͤthiget ihn endlich, wieder zur Erfahrung zuruͤckzukehren, und die Verſuche der Berechnung zu unterwerfen.</p><p>Da ihm hiebcy die Vortheile der Infiniteſimalrechnung mangeln, ſo iſt ſeine Rechnung ſehr weitlaͤuftig. Er nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luſt in Waſſer nach genauen Erfahrungen 250:187 an, theilt den Halbmeſſer des Tropfens in 10000 gleiche Theile, laͤßt auf jeden Theilungspunkt einen Sonnenſtral fallen, und berechnet fuͤr die zehn Stralen, die in den Anfang jedes Tauſends fallen, die Winkel, unter welchen ſie nach einer und nach zwo Reflexionen aus dem Tropfen ausgehen. Fuͤr die einmalige Reflerion findet er beym 8000ſten Strale vom Mittelpunkte aus gerechnet den Winkel X (Fig. 107.) = 40° 44′, groͤßer als bey allen uͤbrigen Stralen. Er berechnet alſo die Winkel X weiter vom 8000ſten bis zum 9800ſten Strale fuͤr alle, die in den Anfang eines Hunderts fallen, und findet ſo, daß ihr Werth fuͤr alle Stralen zwiſchen dem 8500ſten und 8600ſten in Minuten gleich, nemlich allemal 41° 30′ iſt. Hier aͤndert ſich alſo die Lage der ausfahrenden Stralen nicht merklich, wenn ſich auch gleich die Stellen der einfallenden um einen merklichen Theil des Halbmeſſers aͤndern, und ein Auge, das den Tropfen unter dieſem Winkel ſieht, bekoͤmmt Parallelſtralen von mehr Stellen des Tropfens, und ſieht alſo mehr Licht, als unter andern Winkeln. Durch eint aͤhnliche Rechnung findet Descartes fuͤr die doppelte Re- <*>erion den Winkel <hirendition="#aq">V</hi> (Fig. 108.), wenn er ein Kleinſtes iſt,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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fiel es ihm nur ſchwer, die Urſache anzugeben, warum die Kugel blos unter gewiſſen Winkein Licht und Farben zeigt, und doch unlaͤugbar auch unter andern Winkeln gewiſſe ein- und zweymal reflectirte Stralen ins Auge gelangen. Er nahm daher ſeiner Zuflucht zu dem Prisma, ſ. Prisma. Aber hier vertieft er ſich aus Begierde, eine Cauſalerklaͤrung zu geben, in Hypotheſen, entfernt ſich von der Erfahrung, und ſucht die Quelle der Farben in einer umdrehenden Bewegung der Lichttheilchen und in dem Angrenzen des Lichts an den Schatten, ohne doch daraus einen Vortheil ſuͤr den eigentlichen Zweck der Unterſuchung zu erhalten. Dies noͤthiget ihn endlich, wieder zur Erfahrung zuruͤckzukehren, und die Verſuche der Berechnung zu unterwerfen.
Da ihm hiebcy die Vortheile der Infiniteſimalrechnung mangeln, ſo iſt ſeine Rechnung ſehr weitlaͤuftig. Er nimmt das Brechungsverhaͤltniß aus Luſt in Waſſer nach genauen Erfahrungen 250:187 an, theilt den Halbmeſſer des Tropfens in 10000 gleiche Theile, laͤßt auf jeden Theilungspunkt einen Sonnenſtral fallen, und berechnet fuͤr die zehn Stralen, die in den Anfang jedes Tauſends fallen, die Winkel, unter welchen ſie nach einer und nach zwo Reflexionen aus dem Tropfen ausgehen. Fuͤr die einmalige Reflerion findet er beym 8000ſten Strale vom Mittelpunkte aus gerechnet den Winkel X (Fig. 107.) = 40° 44′, groͤßer als bey allen uͤbrigen Stralen. Er berechnet alſo die Winkel X weiter vom 8000ſten bis zum 9800ſten Strale fuͤr alle, die in den Anfang eines Hunderts fallen, und findet ſo, daß ihr Werth fuͤr alle Stralen zwiſchen dem 8500ſten und 8600ſten in Minuten gleich, nemlich allemal 41° 30′ iſt. Hier aͤndert ſich alſo die Lage der ausfahrenden Stralen nicht merklich, wenn ſich auch gleich die Stellen der einfallenden um einen merklichen Theil des Halbmeſſers aͤndern, und ein Auge, das den Tropfen unter dieſem Winkel ſieht, bekoͤmmt Parallelſtralen von mehr Stellen des Tropfens, und ſieht alſo mehr Licht, als unter andern Winkeln. Durch eint aͤhnliche Rechnung findet Descartes fuͤr die doppelte Re- <*>erion den Winkel V (Fig. 108.), wenn er ein Kleinſtes iſt,
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 680. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/686>, abgerufen am 22.11.2024.
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