Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Woodward (Historia naturalis telluris. Lond. 1695. 8.) sieht die Erde als eine hohle, mit einer ungeheuren Menge von Wasser erfüllte Kugel an, s. Erdkugel (Th. II. S. 57.). Jhr ganzer Körper erhält sich immer auf einem beständigen Grade der Wärme, der beträchtlich genug ist, um eine beständige Ausdünstung des großen Wasserbehälters zu unterhalten. Die Dünste dringen durch die Schichten der Erdrinde, und verdichten sich zum Theil wieder. Geschieht dies erst in der Höhe, so läuft das Wasser von den hohen Stellen in Bächen ab; geschieht es aber in Schichten, die dem platten Lande gleich liegen, so entstehen daraus stillstehende Wasser oder Quellen. Die innere Wärme und die Menge der aussteigenden Dünste ist stets einerley: die Verdichtung aber, welche von dem Einflusse der äußern Wärme abhängt, ist nach dem Grade dieser letztern verschieden. Herr de Lüc (Unters. über die Atmosph. Th. I. §. 154. u. f.) hat sehr umständlich gezeigt, wie sehr dieses System mit den Erfahrungen streite. Wenn die Verdichtung, die sich nach der äußern Wärme richtet, die Ursache der Quellen wäre, so müßten die Flüsse im platten Lande im Sommer am meisten anschwellen, weil sich alsdann mehr Dünste unverdichtet in die Luft erheben, und durch den Regen herabfallen; diejenigen hingegen, welche von hohen Bergen kommen, müßten im Winter sogleich von ihren Quellen an sehr zunehmen, weil alsdann die Verdichtung auf den hohen mit Schnee bedeckten Bergen sehr schnell und stark erfolgen würde. Von allem diesen aber geschieht gerade das Gegentheil. Die Bergwasser
Woodward (Hiſtoria naturalis telluris. Lond. 1695. 8.) ſieht die Erde als eine hohle, mit einer ungeheuren Menge von Waſſer erfuͤllte Kugel an, ſ. Erdkugel (Th. II. S. 57.). Jhr ganzer Koͤrper erhaͤlt ſich immer auf einem beſtaͤndigen Grade der Waͤrme, der betraͤchtlich genug iſt, um eine beſtaͤndige Ausduͤnſtung des großen Waſſerbehaͤlters zu unterhalten. Die Duͤnſte dringen durch die Schichten der Erdrinde, und verdichten ſich zum Theil wieder. Geſchieht dies erſt in der Hoͤhe, ſo laͤuft das Waſſer von den hohen Stellen in Baͤchen ab; geſchieht es aber in Schichten, die dem platten Lande gleich liegen, ſo entſtehen daraus ſtillſtehende Waſſer oder Quellen. Die innere Waͤrme und die Menge der auſſteigenden Duͤnſte iſt ſtets einerley: die Verdichtung aber, welche von dem Einfluſſe der aͤußern Waͤrme abhaͤngt, iſt nach dem Grade dieſer letztern verſchieden. Herr de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. I. §. 154. u. f.) hat ſehr umſtaͤndlich gezeigt, wie ſehr dieſes Syſtem mit den Erfahrungen ſtreite. Wenn die Verdichtung, die ſich nach der aͤußern Waͤrme richtet, die Urſache der Quellen waͤre, ſo muͤßten die Fluͤſſe im platten Lande im Sommer am meiſten anſchwellen, weil ſich alsdann mehr Duͤnſte unverdichtet in die Luft erheben, und durch den Regen herabfallen; diejenigen hingegen, welche von hohen Bergen kommen, muͤßten im Winter ſogleich von ihren Quellen an ſehr zunehmen, weil alsdann die Verdichtung auf den hohen mit Schnee bedeckten Bergen ſehr ſchnell und ſtark erfolgen wuͤrde. Von allem dieſen aber geſchieht gerade das Gegentheil. Die Bergwaſſer <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0619" xml:id="P.3.613" n="613"/><lb/> niedrige Quellen erklaͤren. Der Meinung von Haarroͤhren kan man nicht ſtatt geben; und durch groͤßere Oefnungen koͤnnte ſich ſuͤßes Waſſer nicht hoch uͤber das Seewaſſer erheben. Beyder eigenthuͤmliche Gewichte verhalten ſich, wie 103 zu 100; waͤre alſo auch das Meer 100000 Fuß tief (welches gewiß bey weitem zu viel iſt), ſo koͤnnte doch eine gleichwiegende Saͤule ſuͤßen Waſſers nie uͤber 103000 Fuß Hoͤhe erreichen, und alſo nur 3000 Fuß uͤber die Meeresflaͤche ſteigen, da man doch bis auf 12000 und mehr Fuß hoch Quellen findet.</p> <p><hi rendition="#b">Woodward</hi><hi rendition="#aq">(Hiſtoria naturalis telluris. Lond. 1695. 8.)</hi> ſieht die Erde als eine hohle, mit einer ungeheuren Menge von Waſſer erfuͤllte Kugel an, <hi rendition="#b">ſ. Erdkugel</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 57.). Jhr ganzer Koͤrper erhaͤlt ſich immer auf einem beſtaͤndigen Grade der Waͤrme, der betraͤchtlich genug iſt, um eine beſtaͤndige Ausduͤnſtung des großen Waſſerbehaͤlters zu unterhalten. Die Duͤnſte dringen durch die Schichten der Erdrinde, und verdichten ſich zum Theil wieder. Geſchieht dies erſt in der Hoͤhe, ſo laͤuft das Waſſer von den hohen Stellen in Baͤchen ab; geſchieht es aber in Schichten, die dem platten Lande gleich liegen, ſo entſtehen daraus ſtillſtehende Waſſer oder Quellen. Die innere Waͤrme und die Menge der auſſteigenden Duͤnſte iſt ſtets einerley: die Verdichtung aber, welche von dem Einfluſſe der aͤußern Waͤrme abhaͤngt, iſt nach dem Grade dieſer letztern verſchieden. Herr <hi rendition="#b">de Luͤc</hi> (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> §. 154. u. f.) hat ſehr umſtaͤndlich gezeigt, wie ſehr dieſes Syſtem mit den Erfahrungen ſtreite. Wenn die Verdichtung, die ſich nach der aͤußern Waͤrme richtet, die Urſache der Quellen waͤre, ſo muͤßten die Fluͤſſe im platten Lande im Sommer am meiſten anſchwellen, weil ſich alsdann mehr Duͤnſte unverdichtet in die Luft erheben, und durch den Regen herabfallen; diejenigen hingegen, welche von hohen Bergen kommen, muͤßten im Winter ſogleich von ihren Quellen an ſehr zunehmen, weil alsdann die Verdichtung auf den hohen mit Schnee bedeckten Bergen ſehr ſchnell und ſtark erfolgen wuͤrde. Von allem dieſen aber geſchieht gerade das Gegentheil. Die Bergwaſſer<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [613/0619]
niedrige Quellen erklaͤren. Der Meinung von Haarroͤhren kan man nicht ſtatt geben; und durch groͤßere Oefnungen koͤnnte ſich ſuͤßes Waſſer nicht hoch uͤber das Seewaſſer erheben. Beyder eigenthuͤmliche Gewichte verhalten ſich, wie 103 zu 100; waͤre alſo auch das Meer 100000 Fuß tief (welches gewiß bey weitem zu viel iſt), ſo koͤnnte doch eine gleichwiegende Saͤule ſuͤßen Waſſers nie uͤber 103000 Fuß Hoͤhe erreichen, und alſo nur 3000 Fuß uͤber die Meeresflaͤche ſteigen, da man doch bis auf 12000 und mehr Fuß hoch Quellen findet.
Woodward (Hiſtoria naturalis telluris. Lond. 1695. 8.) ſieht die Erde als eine hohle, mit einer ungeheuren Menge von Waſſer erfuͤllte Kugel an, ſ. Erdkugel (Th. II. S. 57.). Jhr ganzer Koͤrper erhaͤlt ſich immer auf einem beſtaͤndigen Grade der Waͤrme, der betraͤchtlich genug iſt, um eine beſtaͤndige Ausduͤnſtung des großen Waſſerbehaͤlters zu unterhalten. Die Duͤnſte dringen durch die Schichten der Erdrinde, und verdichten ſich zum Theil wieder. Geſchieht dies erſt in der Hoͤhe, ſo laͤuft das Waſſer von den hohen Stellen in Baͤchen ab; geſchieht es aber in Schichten, die dem platten Lande gleich liegen, ſo entſtehen daraus ſtillſtehende Waſſer oder Quellen. Die innere Waͤrme und die Menge der auſſteigenden Duͤnſte iſt ſtets einerley: die Verdichtung aber, welche von dem Einfluſſe der aͤußern Waͤrme abhaͤngt, iſt nach dem Grade dieſer letztern verſchieden. Herr de Luͤc (Unterſ. uͤber die Atmoſph. Th. I. §. 154. u. f.) hat ſehr umſtaͤndlich gezeigt, wie ſehr dieſes Syſtem mit den Erfahrungen ſtreite. Wenn die Verdichtung, die ſich nach der aͤußern Waͤrme richtet, die Urſache der Quellen waͤre, ſo muͤßten die Fluͤſſe im platten Lande im Sommer am meiſten anſchwellen, weil ſich alsdann mehr Duͤnſte unverdichtet in die Luft erheben, und durch den Regen herabfallen; diejenigen hingegen, welche von hohen Bergen kommen, muͤßten im Winter ſogleich von ihren Quellen an ſehr zunehmen, weil alsdann die Verdichtung auf den hohen mit Schnee bedeckten Bergen ſehr ſchnell und ſtark erfolgen wuͤrde. Von allem dieſen aber geſchieht gerade das Gegentheil. Die Bergwaſſer
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