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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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fließen im Winter schwächer, und Flüsse, die von neugefallenem Regen und Schnee entstehen, schwellen im Winter mehr, als im Sommer. Herr de Lüc zeigt bey dieser Veranlassung sehr deutlich, daß das Anschwellen der Flü<*>e, die von hohen Bergen kommen, ganz von dem Zerschmelzen des Schnees und Eises abhänge, welches man aber auf die, welche im platten Lande fließen, nur zu gewissen Jahrszeiten anwenden kan.

Alles Bisherige zeigt zur Gnüge, daß man bey Erklärung des Ursprungs der Quellen mehr als eine Ursache zu Hülfe nehmen müsse. So viel ist unläugbar, daß auf der Erde ein beständiger Kreislauf des Wassers unterhalten wird, welches aus dem Meere in die Erde oder Atmosphäre tritt und durch die Quellen und Flüsse wieder zum Weere zurückkehrt. Hierbey scheint nun das herabfallende Regenund Schneewasser, nebst dem zerschmelzenden Schnee und Eise und den an den Bergen und Anhöhen niedergeschlagnen Dünsten die vornehmste Ursache der Quellen zu seyn; alle übrige sind entweder nur local, oder ganz ungegründet.

Die Quellen selbst sind an Gehalt und Reinigkeit verschieden, nach Beschaffenheit der Erdschichten, durch die sie sich sammeln und durchfließen. Die reinsten entspringen gewöhnlich in den größten Höhen. Je reiner sie sind, desto näher kömmt ihr eigenthümliches Gewicht dem des Luftwassers, und desto weniger lassen sie Bodensatz in Gesäßen, und Rückstand bey der Destillation. Das gewöhnliche Quell-oder Brunnenwasser hat fast immer Gyps, rohe Kalkerde durch Hülfe der Luftsäure aufgelöset, und einige salzige Theile. Von denen, welche solche Stoffe in vorzüglicher Menge enthalten, s. Gesundbrunnen. Manche, die viel Kalkerde bey sich führen, incrustiren hineingelegte Sachen, und erzeugen beym Herabtröpfeln die Stalactiten, s. Höhlen.

Die Menge des Wassers ist in manchen Quellen immer ziemlich gleich, in andern abwechselnd. Man hat sie deswegen in gleichförmige (perennes) und periodische, auch die letztern weiter in intermittirende (die auf gewisse Zeit ganz aufhören) und abwechselnde (reciproci, deren


fließen im Winter ſchwaͤcher, und Fluͤſſe, die von neugefallenem Regen und Schnee entſtehen, ſchwellen im Winter mehr, als im Sommer. Herr de Luͤc zeigt bey dieſer Veranlaſſung ſehr deutlich, daß das Anſchwellen der Fluͤ<*>e, die von hohen Bergen kommen, ganz von dem Zerſchmelzen des Schnees und Eiſes abhaͤnge, welches man aber auf die, welche im platten Lande fließen, nur zu gewiſſen Jahrszeiten anwenden kan.

Alles Bisherige zeigt zur Gnuͤge, daß man bey Erklaͤrung des Urſprungs der Quellen mehr als eine Urſache zu Huͤlfe nehmen muͤſſe. So viel iſt unlaͤugbar, daß auf der Erde ein beſtaͤndiger Kreislauf des Waſſers unterhalten wird, welches aus dem Meere in die Erde oder Atmoſphaͤre tritt und durch die Quellen und Fluͤſſe wieder zum Weere zuruͤckkehrt. Hierbey ſcheint nun das herabfallende Regenund Schneewaſſer, nebſt dem zerſchmelzenden Schnee und Eiſe und den an den Bergen und Anhoͤhen niedergeſchlagnen Duͤnſten die vornehmſte Urſache der Quellen zu ſeyn; alle uͤbrige ſind entweder nur local, oder ganz ungegruͤndet.

Die Quellen ſelbſt ſind an Gehalt und Reinigkeit verſchieden, nach Beſchaffenheit der Erdſchichten, durch die ſie ſich ſammeln und durchfließen. Die reinſten entſpringen gewoͤhnlich in den groͤßten Hoͤhen. Je reiner ſie ſind, deſto naͤher koͤmmt ihr eigenthuͤmliches Gewicht dem des Luftwaſſers, und deſto weniger laſſen ſie Bodenſatz in Geſaͤßen, und Ruͤckſtand bey der Deſtillation. Das gewoͤhnliche Quell-oder Brunnenwaſſer hat faſt immer Gyps, rohe Kalkerde durch Huͤlfe der Luftſaͤure aufgeloͤſet, und einige ſalzige Theile. Von denen, welche ſolche Stoffe in vorzuͤglicher Menge enthalten, ſ. Geſundbrunnen. Manche, die viel Kalkerde bey ſich fuͤhren, incruſtiren hineingelegte Sachen, und erzeugen beym Herabtroͤpfeln die Stalactiten, ſ. Hoͤhlen.

Die Menge des Waſſers iſt in manchen Quellen immer ziemlich gleich, in andern abwechſelnd. Man hat ſie deswegen in gleichfoͤrmige (perennes) und periodiſche, auch die letztern weiter in intermittirende (die auf gewiſſe Zeit ganz aufhoͤren) und abwechſelnde (reciproci, deren

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[614/0620] fließen im Winter ſchwaͤcher, und Fluͤſſe, die von neugefallenem Regen und Schnee entſtehen, ſchwellen im Winter mehr, als im Sommer. Herr de Luͤc zeigt bey dieſer Veranlaſſung ſehr deutlich, daß das Anſchwellen der Fluͤ<*>e, die von hohen Bergen kommen, ganz von dem Zerſchmelzen des Schnees und Eiſes abhaͤnge, welches man aber auf die, welche im platten Lande fließen, nur zu gewiſſen Jahrszeiten anwenden kan. Alles Bisherige zeigt zur Gnuͤge, daß man bey Erklaͤrung des Urſprungs der Quellen mehr als eine Urſache zu Huͤlfe nehmen muͤſſe. So viel iſt unlaͤugbar, daß auf der Erde ein beſtaͤndiger Kreislauf des Waſſers unterhalten wird, welches aus dem Meere in die Erde oder Atmoſphaͤre tritt und durch die Quellen und Fluͤſſe wieder zum Weere zuruͤckkehrt. Hierbey ſcheint nun das herabfallende Regenund Schneewaſſer, nebſt dem zerſchmelzenden Schnee und Eiſe und den an den Bergen und Anhoͤhen niedergeſchlagnen Duͤnſten die vornehmſte Urſache der Quellen zu ſeyn; alle uͤbrige ſind entweder nur local, oder ganz ungegruͤndet. Die Quellen ſelbſt ſind an Gehalt und Reinigkeit verſchieden, nach Beſchaffenheit der Erdſchichten, durch die ſie ſich ſammeln und durchfließen. Die reinſten entſpringen gewoͤhnlich in den groͤßten Hoͤhen. Je reiner ſie ſind, deſto naͤher koͤmmt ihr eigenthuͤmliches Gewicht dem des Luftwaſſers, und deſto weniger laſſen ſie Bodenſatz in Geſaͤßen, und Ruͤckſtand bey der Deſtillation. Das gewoͤhnliche Quell-oder Brunnenwaſſer hat faſt immer Gyps, rohe Kalkerde durch Huͤlfe der Luftſaͤure aufgeloͤſet, und einige ſalzige Theile. Von denen, welche ſolche Stoffe in vorzuͤglicher Menge enthalten, ſ. Geſundbrunnen. Manche, die viel Kalkerde bey ſich fuͤhren, incruſtiren hineingelegte Sachen, und erzeugen beym Herabtroͤpfeln die Stalactiten, ſ. Hoͤhlen. Die Menge des Waſſers iſt in manchen Quellen immer ziemlich gleich, in andern abwechſelnd. Man hat ſie deswegen in gleichfoͤrmige (perennes) und periodiſche, auch die letztern weiter in intermittirende (die auf gewiſſe Zeit ganz aufhoͤren) und abwechſelnde (reciproci, deren

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 614. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/620>, abgerufen am 20.05.2024.