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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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übers. v. J. D. Denso, in der Vorr.) ein Feuerreich an, und Titius (Lehrbegrif der Naturgeschichte zum ersten Unterr. Leipz. 1777. 8.) verbindet unter dem Namen des Materialreichs Aether, Luft und Wasser mit den übrigen rohen unorganischen Körpern. Allein diese Stoffe sind zum Theil einfache Materien, welche nur zufällige Abänderungen in ihrer Mischung und Reinigkeit zeigen, theils bloße Form der Materie, theils, wie der Arther, nur hypothetische Snbstanzen, deren Geschichte blos Erzählung menschlicher Meinungen ist, und auf keine Weise in eine besondere Naturgeschichte gehört.

Man bleibt also billig bey der Betrachtung der angenemmenen drey Raturreiche stehen. Dadurch zerfällt die Raturgeschichte in die drey großen Abschnitte der Zoologie, welche das Thierreich, der Botanik, die das Pflanzenreich, und der Mineralogie (Oryktologie), die das Mineralreich zum Gegenstande hat.

Die Absicht dieser Wissenschasten ist nicht auf Erklärungen aus den Ursachen, sondern blos auf historische Kenntniß der besondern Körper gerichtet. Einen Körper kennt man, wenn man ihn durch seine wesentlichen Kennzeichen von allen andern unterscheiden kan, und seine Entstehung, Eigenschaften, Dauer und Verbindungen mit andern Körpern weiß. Daher ist es das Hauptgeschäst der Naturgeschichte, die unterscheidenden Kennzeichen der Körper anzugeben, die Körper selbst nach diesen Kennzeichen bequem zu ordnen, zu benennen, und hiemit nützliche Nachrichten von ihren Eigenschaften und Verhältnissen zu verbinden.

In dieser Absicht werden alle die einzelnen Körper, oder Individuen, welche alle unterscheidende Kennzeichen, die die Wissenschaft angeben kan, mit einander gemein haben, zu einer Art (species) gerechnet. Die in gewissen Haupteigenschaften übereinstimmenden Arten machen ein Geschlecht oder eine Gattung (genus), und mehrere ähnliche Gattungen eine Classe aus. Wo noch mehr Unterabtheilungen nöthig sind, theilt man noch die Classen in Ordnungen, und die Gattungen in Familien. Die Eintheilung und Ordnung der natürlichen Körper nach diesen


uͤberſ. v. J. D. Denſo, in der Vorr.) ein Feuerreich an, und Titius (Lehrbegrif der Naturgeſchichte zum erſten Unterr. Leipz. 1777. 8.) verbindet unter dem Namen des Materialreichs Aether, Luft und Waſſer mit den uͤbrigen rohen unorganiſchen Koͤrpern. Allein dieſe Stoffe ſind zum Theil einfache Materien, welche nur zufaͤllige Abaͤnderungen in ihrer Miſchung und Reinigkeit zeigen, theils bloße Form der Materie, theils, wie der Arther, nur hypothetiſche Snbſtanzen, deren Geſchichte blos Erzaͤhlung menſchlicher Meinungen iſt, und auf keine Weiſe in eine beſondere Naturgeſchichte gehoͤrt.

Man bleibt alſo billig bey der Betrachtung der angenemmenen drey Raturreiche ſtehen. Dadurch zerfaͤllt die Raturgeſchichte in die drey großen Abſchnitte der Zoologie, welche das Thierreich, der Botanik, die das Pflanzenreich, und der Mineralogie (Oryktologie), die das Mineralreich zum Gegenſtande hat.

Die Abſicht dieſer Wiſſenſchaſten iſt nicht auf Erklaͤrungen aus den Urſachen, ſondern blos auf hiſtoriſche Kenntniß der beſondern Koͤrper gerichtet. Einen Koͤrper kennt man, wenn man ihn durch ſeine weſentlichen Kennzeichen von allen andern unterſcheiden kan, und ſeine Entſtehung, Eigenſchaften, Dauer und Verbindungen mit andern Koͤrpern weiß. Daher iſt es das Hauptgeſchaͤſt der Naturgeſchichte, die unterſcheidenden Kennzeichen der Koͤrper anzugeben, die Koͤrper ſelbſt nach dieſen Kennzeichen bequem zu ordnen, zu benennen, und hiemit nuͤtzliche Nachrichten von ihren Eigenſchaften und Verhaͤltniſſen zu verbinden.

In dieſer Abſicht werden alle die einzelnen Koͤrper, oder Individuen, welche alle unterſcheidende Kennzeichen, die die Wiſſenſchaft angeben kan, mit einander gemein haben, zu einer Art (ſpecies) gerechnet. Die in gewiſſen Haupteigenſchaften uͤbereinſtimmenden Arten machen ein Geſchlecht oder eine Gattung (genus), und mehrere aͤhnliche Gattungen eine Claſſe aus. Wo noch mehr Unterabtheilungen noͤthig ſind, theilt man noch die Claſſen in Ordnungen, und die Gattungen in Familien. Die Eintheilung und Ordnung der natuͤrlichen Koͤrper nach dieſen

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[315/0321] uͤberſ. v. J. D. Denſo, in der Vorr.) ein Feuerreich an, und Titius (Lehrbegrif der Naturgeſchichte zum erſten Unterr. Leipz. 1777. 8.) verbindet unter dem Namen des Materialreichs Aether, Luft und Waſſer mit den uͤbrigen rohen unorganiſchen Koͤrpern. Allein dieſe Stoffe ſind zum Theil einfache Materien, welche nur zufaͤllige Abaͤnderungen in ihrer Miſchung und Reinigkeit zeigen, theils bloße Form der Materie, theils, wie der Arther, nur hypothetiſche Snbſtanzen, deren Geſchichte blos Erzaͤhlung menſchlicher Meinungen iſt, und auf keine Weiſe in eine beſondere Naturgeſchichte gehoͤrt. Man bleibt alſo billig bey der Betrachtung der angenemmenen drey Raturreiche ſtehen. Dadurch zerfaͤllt die Raturgeſchichte in die drey großen Abſchnitte der Zoologie, welche das Thierreich, der Botanik, die das Pflanzenreich, und der Mineralogie (Oryktologie), die das Mineralreich zum Gegenſtande hat. Die Abſicht dieſer Wiſſenſchaſten iſt nicht auf Erklaͤrungen aus den Urſachen, ſondern blos auf hiſtoriſche Kenntniß der beſondern Koͤrper gerichtet. Einen Koͤrper kennt man, wenn man ihn durch ſeine weſentlichen Kennzeichen von allen andern unterſcheiden kan, und ſeine Entſtehung, Eigenſchaften, Dauer und Verbindungen mit andern Koͤrpern weiß. Daher iſt es das Hauptgeſchaͤſt der Naturgeſchichte, die unterſcheidenden Kennzeichen der Koͤrper anzugeben, die Koͤrper ſelbſt nach dieſen Kennzeichen bequem zu ordnen, zu benennen, und hiemit nuͤtzliche Nachrichten von ihren Eigenſchaften und Verhaͤltniſſen zu verbinden. In dieſer Abſicht werden alle die einzelnen Koͤrper, oder Individuen, welche alle unterſcheidende Kennzeichen, die die Wiſſenſchaft angeben kan, mit einander gemein haben, zu einer Art (ſpecies) gerechnet. Die in gewiſſen Haupteigenſchaften uͤbereinſtimmenden Arten machen ein Geſchlecht oder eine Gattung (genus), und mehrere aͤhnliche Gattungen eine Claſſe aus. Wo noch mehr Unterabtheilungen noͤthig ſind, theilt man noch die Claſſen in Ordnungen, und die Gattungen in Familien. Die Eintheilung und Ordnung der natuͤrlichen Koͤrper nach dieſen

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/321>, abgerufen am 22.11.2024.