Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Endlich versteht man insbesondere unter der Natur eines einzelnen Dinges den Inbegrif aller seiner Eigenschaften, vornehmlich derer, wodurch es sich von andern Dingen unterscheidet. So redet man von der Natur des Lichts, des Feuers, der elektrischen Materie, der Metalle, des Goldes, Eisens u. s. w. Naturbegebenheiten, s. Phänomene. Naturgeschichte, Historia naturalis, Histoire naturelle. Diesen Namen führt diejenige Wissenschaft, welche uns die natürlichen Körper auf unserer Erde in angemessener Ordnung kennen lehrt, die historische Kenntniß der sinnlichen Gegenstände auf der Erde. Man könnte ihr ganz schicklich den Namen der Naturbeschreibung beylegen. Geschichte heißt überhaupt Erzählung dessen, was ist oder gewesen ist. So wäre Naturgeschichte im weitläuftigsten Sinne Erzählung dessen, was in der Natur vorhanden ist, oder jemals vorhanden war, Aufzählung und Beschreibung aller natürlichen Körper und ihrer Phänomene. In dieser Bedeutung würde die Naturgeschichte eine Wissenschaft von sehr großem Umsange seyn. Sie würde den größten Theil unserer jetzigen Naturlehre oder Physik selbst in sich begreifen, und sich blos dadurch unterscheiden, daß sie nur historische Kenntnisse, d. i. Erzählungen. Beschreibungen. Classisicationen lieferte: die philosophische Betrachtung und Entdeckung der Ursachen hingegen der Physik überließe. Da wir aber von den Ursachen der Dinge noch so wenig wissen, so ist es dem jetzigen Zustande der Wissenschaften weit angemessener, den Umfang dessen, was unter dem Namen der Naturgeschichte von der Physik getrennt wird, weit enger einzuschränken. Aus dieser Ursache wird aus dem Gebiete der Naturgeschichte alles, was die Himmelstörper angeht, oder die
Endlich verſteht man insbeſondere unter der Natur eines einzelnen Dinges den Inbegrif aller ſeiner Eigenſchaften, vornehmlich derer, wodurch es ſich von andern Dingen unterſcheidet. So redet man von der Natur des Lichts, des Feuers, der elektriſchen Materie, der Metalle, des Goldes, Eiſens u. ſ. w. Naturbegebenheiten, ſ. Phaͤnomene. Naturgeſchichte, Hiſtoria naturalis, Hiſtoire naturelle. Dieſen Namen fuͤhrt diejenige Wiſſenſchaft, welche uns die natuͤrlichen Koͤrper auf unſerer Erde in angemeſſener Ordnung kennen lehrt, die hiſtoriſche Kenntniß der ſinnlichen Gegenſtaͤnde auf der Erde. Man koͤnnte ihr ganz ſchicklich den Namen der Naturbeſchreibung beylegen. Geſchichte heißt uͤberhaupt Erzaͤhlung deſſen, was iſt oder geweſen iſt. So waͤre Naturgeſchichte im weitlaͤuftigſten Sinne Erzaͤhlung deſſen, was in der Natur vorhanden iſt, oder jemals vorhanden war, Aufzaͤhlung und Beſchreibung aller natuͤrlichen Koͤrper und ihrer Phaͤnomene. In dieſer Bedeutung wuͤrde die Naturgeſchichte eine Wiſſenſchaft von ſehr großem Umſange ſeyn. Sie wuͤrde den groͤßten Theil unſerer jetzigen Naturlehre oder Phyſik ſelbſt in ſich begreifen, und ſich blos dadurch unterſcheiden, daß ſie nur hiſtoriſche Kenntniſſe, d. i. Erzaͤhlungen. Beſchreibungen. Claſſiſicationen lieferte: die philoſophiſche Betrachtung und Entdeckung der Urſachen hingegen der Phyſik uͤberließe. Da wir aber von den Urſachen der Dinge noch ſo wenig wiſſen, ſo iſt es dem jetzigen Zuſtande der Wiſſenſchaften weit angemeſſener, den Umfang deſſen, was unter dem Namen der Naturgeſchichte von der Phyſik getrennt wird, weit enger einzuſchraͤnken. Aus dieſer Urſache wird aus dem Gebiete der Naturgeſchichte alles, was die Himmelstoͤrper angeht, oder die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0318" xml:id="P.3.312" n="312"/><lb/> oder jener Zweck befoͤrdert werden muͤſſe, ob wir gleich den Mechanismus, durch welchen dieſe Geſetze befolgt werden, und oft ſogar die Geſetze ſelbſt nicht kennen.</p> <p>Endlich verſteht man insbeſondere unter der Natur eines einzelnen Dinges den Inbegrif aller ſeiner Eigenſchaften, vornehmlich derer, wodurch es ſich von andern Dingen unterſcheidet. So redet man von der Natur des Lichts, des Feuers, der elektriſchen Materie, der Metalle, des Goldes, Eiſens u. ſ. w.</p> <p> <hi rendition="#b">Naturbegebenheiten, ſ. Phaͤnomene.</hi> </p> </div> <div n="3"> <head>Naturgeſchichte, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="lat"><hi rendition="#aq">Hiſtoria naturalis</hi></foreign></name>, <name type="subjectIndexTerm"><foreign xml:lang="fra"><hi rendition="#aq #i">Hiſtoire naturelle</hi></foreign></name>.</head><lb/> <p>Dieſen Namen fuͤhrt diejenige Wiſſenſchaft, welche uns die natuͤrlichen Koͤrper auf unſerer Erde in angemeſſener Ordnung kennen lehrt, die hiſtoriſche <hi rendition="#b">Kenntniß</hi> der ſinnlichen Gegenſtaͤnde auf der Erde. Man koͤnnte ihr ganz ſchicklich den Namen der <hi rendition="#b">Naturbeſchreibung</hi> beylegen.</p> <p>Geſchichte heißt uͤberhaupt Erzaͤhlung deſſen, was iſt oder geweſen iſt. So waͤre Naturgeſchichte im weitlaͤuftigſten Sinne Erzaͤhlung deſſen, was in der Natur vorhanden iſt, oder jemals vorhanden war, Aufzaͤhlung und Beſchreibung aller natuͤrlichen Koͤrper und ihrer Phaͤnomene. In dieſer Bedeutung wuͤrde die Naturgeſchichte eine Wiſſenſchaft von ſehr großem Umſange ſeyn. Sie wuͤrde den groͤßten Theil unſerer jetzigen Naturlehre oder Phyſik ſelbſt in ſich begreifen, und ſich blos dadurch unterſcheiden, daß ſie nur hiſtoriſche Kenntniſſe, d. i. Erzaͤhlungen. Beſchreibungen. Claſſiſicationen lieferte: die philoſophiſche Betrachtung und Entdeckung der Urſachen hingegen der Phyſik uͤberließe. Da wir aber von den Urſachen der Dinge noch ſo wenig wiſſen, ſo iſt es dem jetzigen Zuſtande der Wiſſenſchaften weit angemeſſener, den Umfang deſſen, was unter dem Namen der Naturgeſchichte von der Phyſik getrennt wird, weit enger einzuſchraͤnken.</p> <p>Aus dieſer Urſache wird aus dem Gebiete der Naturgeſchichte alles, was die Himmelstoͤrper angeht, oder die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [312/0318]
oder jener Zweck befoͤrdert werden muͤſſe, ob wir gleich den Mechanismus, durch welchen dieſe Geſetze befolgt werden, und oft ſogar die Geſetze ſelbſt nicht kennen.
Endlich verſteht man insbeſondere unter der Natur eines einzelnen Dinges den Inbegrif aller ſeiner Eigenſchaften, vornehmlich derer, wodurch es ſich von andern Dingen unterſcheidet. So redet man von der Natur des Lichts, des Feuers, der elektriſchen Materie, der Metalle, des Goldes, Eiſens u. ſ. w.
Naturbegebenheiten, ſ. Phaͤnomene.
Naturgeſchichte, Hiſtoria naturalis, Hiſtoire naturelle.
Dieſen Namen fuͤhrt diejenige Wiſſenſchaft, welche uns die natuͤrlichen Koͤrper auf unſerer Erde in angemeſſener Ordnung kennen lehrt, die hiſtoriſche Kenntniß der ſinnlichen Gegenſtaͤnde auf der Erde. Man koͤnnte ihr ganz ſchicklich den Namen der Naturbeſchreibung beylegen.
Geſchichte heißt uͤberhaupt Erzaͤhlung deſſen, was iſt oder geweſen iſt. So waͤre Naturgeſchichte im weitlaͤuftigſten Sinne Erzaͤhlung deſſen, was in der Natur vorhanden iſt, oder jemals vorhanden war, Aufzaͤhlung und Beſchreibung aller natuͤrlichen Koͤrper und ihrer Phaͤnomene. In dieſer Bedeutung wuͤrde die Naturgeſchichte eine Wiſſenſchaft von ſehr großem Umſange ſeyn. Sie wuͤrde den groͤßten Theil unſerer jetzigen Naturlehre oder Phyſik ſelbſt in ſich begreifen, und ſich blos dadurch unterſcheiden, daß ſie nur hiſtoriſche Kenntniſſe, d. i. Erzaͤhlungen. Beſchreibungen. Claſſiſicationen lieferte: die philoſophiſche Betrachtung und Entdeckung der Urſachen hingegen der Phyſik uͤberließe. Da wir aber von den Urſachen der Dinge noch ſo wenig wiſſen, ſo iſt es dem jetzigen Zuſtande der Wiſſenſchaften weit angemeſſener, den Umfang deſſen, was unter dem Namen der Naturgeſchichte von der Phyſik getrennt wird, weit enger einzuſchraͤnken.
Aus dieſer Urſache wird aus dem Gebiete der Naturgeſchichte alles, was die Himmelstoͤrper angeht, oder die
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |