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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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immer neue Stöße erhalten, die ihr mehr Geschwindigkeit mittheilen, als ihr der widerstehende Strom auf dem Rückwege nehmen kan. Dies heißt aber eine Hypothese auf die andere setzen. Uebrigens erklärt dü Tour die Entstehung des Wirbels aus dem Widerstande der Luft, ohne sich an die Versuche im luftleeren Raume zu kehren.

Daniel und Johann Bernoulli hingegen nehmen den doppelten Wirbel des Descartes an, und legen deshalb in das Eisen Canäle von doppelter Art, wie AB und CD, Taf. XVI. Fig. 36., deren Klappen sich nach entgegengesetzten Seiten ösnen. Die Fasern sind elastisch, und drücken, wenn sie in schwingende Bewegung gerathen, die magnetische Materie aus den zwischen ihnen befindlichen Räumen durch die Klappen heraus. Die Elasticität der Materie selbst, welche in der innern Bewegung der Theile besteht, wird beym Durchgange durch so enge Röhren gehemmt, und die Bewegung in eine blos fortgehende verwandelt; beym Rückgange zum andern Pol aber kehrt diese Elasticität nach und nach wieder zurück. Die Erscheinungen lassen sich hieraus ganz gut erklären; allein wie könnte wohl die Verwirrung unter den in verschiedenen Richtungen bewegten Wirbeln vermieden werden, und müßte nicht jeder Magnet und alles Eisen fast aus lauter Fasern bestehen, deren Lage oft durch einen einzigen Strich eines starken Magnets umgekehrt würde, da sich die Pole so leicht verwechseln lassen?

Unstreitig haben die Figuren, Taf. XVI. Fig. 27., welche der Feilstaub auf Glas bey untergelegtem Magnet annimmt, viel dazu beygetragen, die Systeme der Wirbel in Ansehen zu erhalten. Musschenbroek (Diss. de magnete. Tab. III. et IV.) und Bazin (Deseription des courants magnetiques. a Strasb. 1753 4. deutsch im Hamburg. Magaz. B. XII. S. 579.) haben diese Figuren Zenau untersucht und abgebildet. Sie beweisen aber gar nichts für die Wirbel, und Musschenbroek (p. 119.) erklärt sie schon sehr richtig. Brugmans (Philos. Vers. S. 99. u. f.) bestreitet die Systeme der magnetischen Wirbel mit Gründen, denen man schwerlich etwas gleich Starkes wird


immer neue Stoͤße erhalten, die ihr mehr Geſchwindigkeit mittheilen, als ihr der widerſtehende Strom auf dem Ruͤckwege nehmen kan. Dies heißt aber eine Hypotheſe auf die andere ſetzen. Uebrigens erklaͤrt duͤ Tour die Entſtehung des Wirbels aus dem Widerſtande der Luft, ohne ſich an die Verſuche im luftleeren Raume zu kehren.

Daniel und Johann Bernoulli hingegen nehmen den doppelten Wirbel des Descartes an, und legen deshalb in das Eiſen Canaͤle von doppelter Art, wie AB und CD, Taf. XVI. Fig. 36., deren Klappen ſich nach entgegengeſetzten Seiten oͤſnen. Die Faſern ſind elaſtiſch, und druͤcken, wenn ſie in ſchwingende Bewegung gerathen, die magnetiſche Materie aus den zwiſchen ihnen befindlichen Raͤumen durch die Klappen heraus. Die Elaſticitaͤt der Materie ſelbſt, welche in der innern Bewegung der Theile beſteht, wird beym Durchgange durch ſo enge Roͤhren gehemmt, und die Bewegung in eine blos fortgehende verwandelt; beym Ruͤckgange zum andern Pol aber kehrt dieſe Elaſticitaͤt nach und nach wieder zuruͤck. Die Erſcheinungen laſſen ſich hieraus ganz gut erklaͤren; allein wie koͤnnte wohl die Verwirrung unter den in verſchiedenen Richtungen bewegten Wirbeln vermieden werden, und muͤßte nicht jeder Magnet und alles Eiſen faſt aus lauter Faſern beſtehen, deren Lage oft durch einen einzigen Strich eines ſtarken Magnets umgekehrt wuͤrde, da ſich die Pole ſo leicht verwechſeln laſſen?

Unſtreitig haben die Figuren, Taf. XVI. Fig. 27., welche der Feilſtaub auf Glas bey untergelegtem Magnet annimmt, viel dazu beygetragen, die Syſteme der Wirbel in Anſehen zu erhalten. Muſſchenbroek (Diſſ. de magnete. Tab. III. et IV.) und Bazin (Deſeription des courants magnetiques. à Strasb. 1753 4. deutſch im Hamburg. Magaz. B. XII. S. 579.) haben dieſe Figuren Zenau unterſucht und abgebildet. Sie beweiſen aber gar nichts fuͤr die Wirbel, und Muſſchenbroek (p. 119.) erklaͤrt ſie ſchon ſehr richtig. Brugmans (Philoſ. Verſ. S. 99. u. f.) beſtreitet die Syſteme der magnetiſchen Wirbel mit Gruͤnden, denen man ſchwerlich etwas gleich Starkes wird

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[122/0128] immer neue Stoͤße erhalten, die ihr mehr Geſchwindigkeit mittheilen, als ihr der widerſtehende Strom auf dem Ruͤckwege nehmen kan. Dies heißt aber eine Hypotheſe auf die andere ſetzen. Uebrigens erklaͤrt duͤ Tour die Entſtehung des Wirbels aus dem Widerſtande der Luft, ohne ſich an die Verſuche im luftleeren Raume zu kehren. Daniel und Johann Bernoulli hingegen nehmen den doppelten Wirbel des Descartes an, und legen deshalb in das Eiſen Canaͤle von doppelter Art, wie AB und CD, Taf. XVI. Fig. 36., deren Klappen ſich nach entgegengeſetzten Seiten oͤſnen. Die Faſern ſind elaſtiſch, und druͤcken, wenn ſie in ſchwingende Bewegung gerathen, die magnetiſche Materie aus den zwiſchen ihnen befindlichen Raͤumen durch die Klappen heraus. Die Elaſticitaͤt der Materie ſelbſt, welche in der innern Bewegung der Theile beſteht, wird beym Durchgange durch ſo enge Roͤhren gehemmt, und die Bewegung in eine blos fortgehende verwandelt; beym Ruͤckgange zum andern Pol aber kehrt dieſe Elaſticitaͤt nach und nach wieder zuruͤck. Die Erſcheinungen laſſen ſich hieraus ganz gut erklaͤren; allein wie koͤnnte wohl die Verwirrung unter den in verſchiedenen Richtungen bewegten Wirbeln vermieden werden, und muͤßte nicht jeder Magnet und alles Eiſen faſt aus lauter Faſern beſtehen, deren Lage oft durch einen einzigen Strich eines ſtarken Magnets umgekehrt wuͤrde, da ſich die Pole ſo leicht verwechſeln laſſen? Unſtreitig haben die Figuren, Taf. XVI. Fig. 27., welche der Feilſtaub auf Glas bey untergelegtem Magnet annimmt, viel dazu beygetragen, die Syſteme der Wirbel in Anſehen zu erhalten. Muſſchenbroek (Diſſ. de magnete. Tab. III. et IV.) und Bazin (Deſeription des courants magnetiques. à Strasb. 1753 4. deutſch im Hamburg. Magaz. B. XII. S. 579.) haben dieſe Figuren Zenau unterſucht und abgebildet. Sie beweiſen aber gar nichts fuͤr die Wirbel, und Muſſchenbroek (p. 119.) erklaͤrt ſie ſchon ſehr richtig. Brugmans (Philoſ. Verſ. S. 99. u. f.) beſtreitet die Syſteme der magnetiſchen Wirbel mit Gruͤnden, denen man ſchwerlich etwas gleich Starkes wird

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/128>, abgerufen am 28.04.2024.