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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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"Stellen scheinen sich zwey solche Saitenbilder gegen einan"der zu bewegen." Herr Chladni hat die Entstehung dieser Erscheinung durch die Schwingungen eines dünnen stählernen Stabs, den man in einen Schraubenstock einklemmt, und unter einem schiefen Winkel mit der Mündung des Schraubenstocks losschnellen läßt, sehr deutlich erkläret.

Chladni Entdeckungen über die Theorie des Klangts, 1787. 4. mit 11. Kupfertafeln.

Kleistischer Versuch, s. Flasche, geladne.

Klima, Clima, Climat.

Die alten Geographen, wie Ptolemäus (Geogr. L. I. c. 8.), theilten die Erdfläche durch Parallelkreise mit dem Aequator so, daß von jedem solchen Kreise bis zum folgenden die Dauer des längsten Tages um eine halbe Stunde zunahm. Die Flächenräume zwischen diesen Kreisen nannten sie Klimata, welches Wort soviel, als: Lagen der Orte bedeutet. So gieng das erste Klima vom Aequator, wo jede Taglänge 12 St. beträgt, bis an den Parallelkreis, unter welchem der längste Tag 12 1/2 St. dauert; unsere Gegenden, deren längster Tag gegen 16 1/2 St. beträgt, fallen hiebey in das neunte Klima.

Nach dieser Eintheilung finden vom Aequator bis an jeden Polarkreis, wo der längste Tag 24 Stunden dauert, 24 Klimata statt. Innerhalb der Polarkreise wächst der längste Tag so schnell, daß er einen Grad weiter nach dem Pole zu, schon einen Monat lang ist. Einige haben daher die kalten Zonen noch in sechs Klimata getheilt, in deren jedem, vom Anfange bis zum Ende, der längste Tag um einen Monat wächst. Man findet von diesen, jetzt nur noch zur Erklärung der Alten brauchbaren Eintheilungen beym Riccioli (Geogr. reform. L. VII. c. 9.) und Varenius (Geogr. gener. Sect. VI. c. 25.) umständlichere Nachricht.

Weit gewöhnlicher versteht man anjetzt unter dem Worte Klima das einem Orte eigne Verhalten der Witterung, in Absicht auf Wärme und Kälte, Abwechselungen der Jahrszeiten, Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft, Fruchtbarkeit,


”Stellen ſcheinen ſich zwey ſolche Saitenbilder gegen einan”der zu bewegen.“ Herr Chladni hat die Entſtehung dieſer Erſcheinung durch die Schwingungen eines duͤnnen ſtaͤhlernen Stabs, den man in einen Schraubenſtock einklemmt, und unter einem ſchiefen Winkel mit der Muͤndung des Schraubenſtocks losſchnellen laͤßt, ſehr deutlich erklaͤret.

Chladni Entdeckungen uͤber die Theorie des Klangts, 1787. 4. mit 11. Kupfertafeln.

Kleiſtiſcher Verſuch, ſ. Flaſche, geladne.

Klima, Clima, Climat.

Die alten Geographen, wie Ptolemaͤus (Geogr. L. I. c. 8.), theilten die Erdflaͤche durch Parallelkreiſe mit dem Aequator ſo, daß von jedem ſolchen Kreiſe bis zum folgenden die Dauer des laͤngſten Tages um eine halbe Stunde zunahm. Die Flaͤchenraͤume zwiſchen dieſen Kreiſen nannten ſie Klimata, welches Wort ſoviel, als: Lagen der Orte bedeutet. So gieng das erſte Klima vom Aequator, wo jede Taglaͤnge 12 St. betraͤgt, bis an den Parallelkreis, unter welchem der laͤngſte Tag 12 1/2 St. dauert; unſere Gegenden, deren laͤngſter Tag gegen 16 1/2 St. betraͤgt, fallen hiebey in das neunte Klima.

Nach dieſer Eintheilung finden vom Aequator bis an jeden Polarkreis, wo der laͤngſte Tag 24 Stunden dauert, 24 Klimata ſtatt. Innerhalb der Polarkreiſe waͤchſt der laͤngſte Tag ſo ſchnell, daß er einen Grad weiter nach dem Pole zu, ſchon einen Monat lang iſt. Einige haben daher die kalten Zonen noch in ſechs Klimata getheilt, in deren jedem, vom Anfange bis zum Ende, der laͤngſte Tag um einen Monat waͤchſt. Man findet von dieſen, jetzt nur noch zur Erklaͤrung der Alten brauchbaren Eintheilungen beym Riccioli (Geogr. reform. L. VII. c. 9.) und Varenius (Geogr. gener. Sect. VI. c. 25.) umſtaͤndlichere Nachricht.

Weit gewoͤhnlicher verſteht man anjetzt unter dem Worte Klima das einem Orte eigne Verhalten der Witterung, in Abſicht auf Waͤrme und Kaͤlte, Abwechſelungen der Jahrszeiten, Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft, Fruchtbarkeit,

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[762/0768] ”Stellen ſcheinen ſich zwey ſolche Saitenbilder gegen einan”der zu bewegen.“ Herr Chladni hat die Entſtehung dieſer Erſcheinung durch die Schwingungen eines duͤnnen ſtaͤhlernen Stabs, den man in einen Schraubenſtock einklemmt, und unter einem ſchiefen Winkel mit der Muͤndung des Schraubenſtocks losſchnellen laͤßt, ſehr deutlich erklaͤret. Chladni Entdeckungen uͤber die Theorie des Klangts, 1787. 4. mit 11. Kupfertafeln. Kleiſtiſcher Verſuch, ſ. Flaſche, geladne. Klima, Clima, Climat. Die alten Geographen, wie Ptolemaͤus (Geogr. L. I. c. 8.), theilten die Erdflaͤche durch Parallelkreiſe mit dem Aequator ſo, daß von jedem ſolchen Kreiſe bis zum folgenden die Dauer des laͤngſten Tages um eine halbe Stunde zunahm. Die Flaͤchenraͤume zwiſchen dieſen Kreiſen nannten ſie Klimata, welches Wort ſoviel, als: Lagen der Orte bedeutet. So gieng das erſte Klima vom Aequator, wo jede Taglaͤnge 12 St. betraͤgt, bis an den Parallelkreis, unter welchem der laͤngſte Tag 12 1/2 St. dauert; unſere Gegenden, deren laͤngſter Tag gegen 16 1/2 St. betraͤgt, fallen hiebey in das neunte Klima. Nach dieſer Eintheilung finden vom Aequator bis an jeden Polarkreis, wo der laͤngſte Tag 24 Stunden dauert, 24 Klimata ſtatt. Innerhalb der Polarkreiſe waͤchſt der laͤngſte Tag ſo ſchnell, daß er einen Grad weiter nach dem Pole zu, ſchon einen Monat lang iſt. Einige haben daher die kalten Zonen noch in ſechs Klimata getheilt, in deren jedem, vom Anfange bis zum Ende, der laͤngſte Tag um einen Monat waͤchſt. Man findet von dieſen, jetzt nur noch zur Erklaͤrung der Alten brauchbaren Eintheilungen beym Riccioli (Geogr. reform. L. VII. c. 9.) und Varenius (Geogr. gener. Sect. VI. c. 25.) umſtaͤndlichere Nachricht. Weit gewoͤhnlicher verſteht man anjetzt unter dem Worte Klima das einem Orte eigne Verhalten der Witterung, in Abſicht auf Waͤrme und Kaͤlte, Abwechſelungen der Jahrszeiten, Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft, Fruchtbarkeit,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 762. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/768>, abgerufen am 25.11.2024.