luftsäurehaltigen oder milden(Calx aerata), den gebrannten reinen Kalk(Calx pura) nennt. Obgleich die Luftsäure aus dem Kalkwasser rohen Kalk niederschlägt, und ihm die Auflöslichkeit benimmt, so löset doch die Uebersättigung mit Luftsäure den rohen Kalk selbst wieder auf, und verbindet ihn mit dem Wasser, ohne jedoch seine Aetzbarkeit wieder herzustellen. Auf diese Art können die Wasser, und besonders die Sauerbrunnen eine große Menge rohen Kalk in sich aufgelößt enthalten. Das Kochen, welches die Luftsäure austreibt, schlägt auch diesen rohen Kalk wiederum nieder. Iacquin(Examen chemicum doctrinae Meyerianae de acido pingui. Vindob. 1769. 8.) hat die Richtigkeit dieser Theorie durch entscheidende Versuche dargethan.
Die Erhitzung des gebrannten Kalks beym Löschen mit Wasser war noch das einzige Phänomen, um dessen willen viele Chymiker die Meyerische Idee beybehielten, daß sich beym Brennen Feuertheile mit dem Kalke verbänden, und beym Löschen wieder entwickelten, woraus auch noch viele die Aetzkraft herleiteten, die man aus einer vorgefaßten Meynung nicht gern für etwas anders, als für eine Wirkung des Feuers, halten wollte. Seitdem man aber von gebundner und freyer Wärme, und von der Natur der Kausticität richtigere Begriffe erlangt hat, werden diese Phänomene keinen Naturforscher mehr für die meyerische Hypothese einnehmen. Man weiß, daß Erhitzung überall entsteht, wo Feuer, das vorher gebunden war, frey wird, welches bey der Löschung des Kalks eben so, wie bey vielen andern Verbindungen verwandter Stoffe, statt findet; die Aetzbarkeit aber kan man für nichts anders, als für eine Wirkung der chymischen Verwandschaften oder Wahlanziehungen halten, s. Kausticität.
Das Binden und Erhärten des Mörtels ist eine Folge der großen Feinheit der Theile des gelöschten Kalks, welche sich auf die Oberfläche der harten Theile des Sandes genau ansetzen, und wegen der Menge der Berührungspunkte damit sehr stark zusammenhängen, s. Cohäsion. Zu dieser Härte des Mörtels trägt das Wasser viel bey, welches
luftſaͤurehaltigen oder milden(Calx aërata), den gebrannten reinen Kalk(Calx pura) nennt. Obgleich die Luftſaͤure aus dem Kalkwaſſer rohen Kalk niederſchlaͤgt, und ihm die Aufloͤslichkeit benimmt, ſo loͤſet doch die Ueberſaͤttigung mit Luftſaͤure den rohen Kalk ſelbſt wieder auf, und verbindet ihn mit dem Waſſer, ohne jedoch ſeine Aetzbarkeit wieder herzuſtellen. Auf dieſe Art koͤnnen die Waſſer, und beſonders die Sauerbrunnen eine große Menge rohen Kalk in ſich aufgeloͤßt enthalten. Das Kochen, welches die Luftſaͤure austreibt, ſchlaͤgt auch dieſen rohen Kalk wiederum nieder. Iacquin(Examen chemicum doctrinae Meyerianae de acido pingui. Vindob. 1769. 8.) hat die Richtigkeit dieſer Theorie durch entſcheidende Verſuche dargethan.
Die Erhitzung des gebrannten Kalks beym Loͤſchen mit Waſſer war noch das einzige Phaͤnomen, um deſſen willen viele Chymiker die Meyeriſche Idee beybehielten, daß ſich beym Brennen Feuertheile mit dem Kalke verbaͤnden, und beym Loͤſchen wieder entwickelten, woraus auch noch viele die Aetzkraft herleiteten, die man aus einer vorgefaßten Meynung nicht gern fuͤr etwas anders, als fuͤr eine Wirkung des Feuers, halten wollte. Seitdem man aber von gebundner und freyer Waͤrme, und von der Natur der Kauſticitaͤt richtigere Begriffe erlangt hat, werden dieſe Phaͤnomene keinen Naturforſcher mehr fuͤr die meyeriſche Hypotheſe einnehmen. Man weiß, daß Erhitzung uͤberall entſteht, wo Feuer, das vorher gebunden war, frey wird, welches bey der Loͤſchung des Kalks eben ſo, wie bey vielen andern Verbindungen verwandter Stoffe, ſtatt findet; die Aetzbarkeit aber kan man fuͤr nichts anders, als fuͤr eine Wirkung der chymiſchen Verwandſchaften oder Wahlanziehungen halten, ſ. Kauſticitaͤt.
Das Binden und Erhaͤrten des Moͤrtels iſt eine Folge der großen Feinheit der Theile des geloͤſchten Kalks, welche ſich auf die Oberflaͤche der harten Theile des Sandes genau anſetzen, und wegen der Menge der Beruͤhrungspunkte damit ſehr ſtark zuſammenhaͤngen, ſ. Cohaͤſion. Zu dieſer Haͤrte des Moͤrtels traͤgt das Waſſer viel bey, welches
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luftſaͤurehaltigen oder milden (Calx aërata), den gebrannten reinen Kalk (Calx pura) nennt. Obgleich die Luftſaͤure aus dem Kalkwaſſer rohen Kalk niederſchlaͤgt, und ihm die Aufloͤslichkeit benimmt, ſo loͤſet doch die Ueberſaͤttigung mit Luftſaͤure den rohen Kalk ſelbſt wieder auf, und verbindet ihn mit dem Waſſer, ohne jedoch ſeine Aetzbarkeit wieder herzuſtellen. Auf dieſe Art koͤnnen die Waſſer, und beſonders die Sauerbrunnen eine große Menge rohen Kalk in ſich aufgeloͤßt enthalten. Das Kochen, welches die Luftſaͤure austreibt, ſchlaͤgt auch dieſen rohen Kalk wiederum nieder. Iacquin (Examen chemicum doctrinae Meyerianae de acido pingui. Vindob. 1769. 8.) hat die Richtigkeit dieſer Theorie durch entſcheidende Verſuche dargethan.
Die Erhitzung des gebrannten Kalks beym Loͤſchen mit Waſſer war noch das einzige Phaͤnomen, um deſſen willen viele Chymiker die Meyeriſche Idee beybehielten, daß ſich beym Brennen Feuertheile mit dem Kalke verbaͤnden, und beym Loͤſchen wieder entwickelten, woraus auch noch viele die Aetzkraft herleiteten, die man aus einer vorgefaßten Meynung nicht gern fuͤr etwas anders, als fuͤr eine Wirkung des Feuers, halten wollte. Seitdem man aber von gebundner und freyer Waͤrme, und von der Natur der Kauſticitaͤt richtigere Begriffe erlangt hat, werden dieſe Phaͤnomene keinen Naturforſcher mehr fuͤr die meyeriſche Hypotheſe einnehmen. Man weiß, daß Erhitzung uͤberall entſteht, wo Feuer, das vorher gebunden war, frey wird, welches bey der Loͤſchung des Kalks eben ſo, wie bey vielen andern Verbindungen verwandter Stoffe, ſtatt findet; die Aetzbarkeit aber kan man fuͤr nichts anders, als fuͤr eine Wirkung der chymiſchen Verwandſchaften oder Wahlanziehungen halten, ſ. Kauſticitaͤt.
Das Binden und Erhaͤrten des Moͤrtels iſt eine Folge der großen Feinheit der Theile des geloͤſchten Kalks, welche ſich auf die Oberflaͤche der harten Theile des Sandes genau anſetzen, und wegen der Menge der Beruͤhrungspunkte damit ſehr ſtark zuſammenhaͤngen, ſ. Cohaͤſion. Zu dieſer Haͤrte des Moͤrtels traͤgt das Waſſer viel bey, welches
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 732. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/738>, abgerufen am 22.11.2024.
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