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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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saguliers
aber aufs neue vertheidigt und durch Versuche bestätiget.

Bertley (Essay towards a new theory of vision, Dublin, 1709. 8. Sect. 68.) glaubt, der Mond sehe im Horizonte größer und entfernter aus, weil er wegen der Dünste matter leuchte. Diese Meynung nimmt auch Euler im dritten Theile der Briefe an eine deutsche Prinzessin (S. 317. u. f.) an, und erklärt daraus zugleich die plattgedrückte Gestalt des Himmels. Smith führt aber gegen diese Erklärung des Berkley an, daß der Mond bey Tage und bey Mondfinsternissen in der Höhe gesehen, auch matter und doch nicht größer erscheine, und daß man aus dieser Hypothese keinen Grund von der Vergrößerung der Sternbilder oder des Abstands der Fixsterne von einander angeben könne. Unstreitig ist es weit richtiger, diese Vergrößerung daraus herzuleiten, daß wir die Gegenstände am Himmel da zu sehen glauben, wo ihre Projection auf das scheinbare Gewölbe hinfällt; die Gestalt dieses Gewölbes selbst aber aus der Verschiedenheit des Urtheils über Entfernungen am Horizonte und in der Höhe, zu erklären, welches Smith sehr umständlich ausführt, und S. 419. noch durch die Erscheinung der lichten Stralen erläutert, welche aus dem scheinbaren Orte der Sonne hinter den Wolken ausfahren.

Priestley Geschichte der Optik, durch Klügel, S. 504. u. f.

Himmelskugel, künstliche, Globus caelestis artificialis, Globe celeste.

Eine Kugel von Holz oder Pappe, auf deren Fläche die Punkte und Kreise der Himmelskugel nebst den Sternbildern und Fixsternen in den gehörigen Lagen und Verhältnissen verzeichnet sind, und die in einem dazu schicklichen Gestell gedrehet werden kan -- ein Modell der scheinbaren Himmelskugel.

Zwar erscheint uns, dem vorhergehenden Artikel zufolge, der Himmel als ein plattgedrücktes Gewölbe; aber diese unregelmäßige Gestalt hängt blos von einem Urtheile oder Gesichtsbetruge ab, und der Himmel muß, wenn wir bey der reinen optischen Darstellung stehen bleiben, wo uns


ſaguliers
aber aufs neue vertheidigt und durch Verſuche beſtaͤtiget.

Bertley (Eſſay towards a new theory of viſion, Dublin, 1709. 8. Sect. 68.) glaubt, der Mond ſehe im Horizonte groͤßer und entfernter aus, weil er wegen der Duͤnſte matter leuchte. Dieſe Meynung nimmt auch Euler im dritten Theile der Briefe an eine deutſche Prinzeſſin (S. 317. u. f.) an, und erklaͤrt daraus zugleich die plattgedruͤckte Geſtalt des Himmels. Smith fuͤhrt aber gegen dieſe Erklaͤrung des Berkley an, daß der Mond bey Tage und bey Mondfinſterniſſen in der Hoͤhe geſehen, auch matter und doch nicht groͤßer erſcheine, und daß man aus dieſer Hypotheſe keinen Grund von der Vergroͤßerung der Sternbilder oder des Abſtands der Fixſterne von einander angeben koͤnne. Unſtreitig iſt es weit richtiger, dieſe Vergroͤßerung daraus herzuleiten, daß wir die Gegenſtaͤnde am Himmel da zu ſehen glauben, wo ihre Projection auf das ſcheinbare Gewoͤlbe hinfaͤllt; die Geſtalt dieſes Gewoͤlbes ſelbſt aber aus der Verſchiedenheit des Urtheils uͤber Entfernungen am Horizonte und in der Hoͤhe, zu erklaͤren, welches Smith ſehr umſtaͤndlich ausfuͤhrt, und S. 419. noch durch die Erſcheinung der lichten Stralen erlaͤutert, welche aus dem ſcheinbaren Orte der Sonne hinter den Wolken ausfahren.

Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 504. u. f.

Himmelskugel, kuͤnſtliche, Globus caeleſtis artificialis, Globe céleſte.

Eine Kugel von Holz oder Pappe, auf deren Flaͤche die Punkte und Kreiſe der Himmelskugel nebſt den Sternbildern und Fixſternen in den gehoͤrigen Lagen und Verhaͤltniſſen verzeichnet ſind, und die in einem dazu ſchicklichen Geſtell gedrehet werden kan — ein Modell der ſcheinbaren Himmelskugel.

Zwar erſcheint uns, dem vorhergehenden Artikel zufolge, der Himmel als ein plattgedruͤcktes Gewoͤlbe; aber dieſe unregelmaͤßige Geſtalt haͤngt blos von einem Urtheile oder Geſichtsbetruge ab, und der Himmel muß, wenn wir bey der reinen optiſchen Darſtellung ſtehen bleiben, wo uns

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[596/0602] ſaguliers aber aufs neue vertheidigt und durch Verſuche beſtaͤtiget. Bertley (Eſſay towards a new theory of viſion, Dublin, 1709. 8. Sect. 68.) glaubt, der Mond ſehe im Horizonte groͤßer und entfernter aus, weil er wegen der Duͤnſte matter leuchte. Dieſe Meynung nimmt auch Euler im dritten Theile der Briefe an eine deutſche Prinzeſſin (S. 317. u. f.) an, und erklaͤrt daraus zugleich die plattgedruͤckte Geſtalt des Himmels. Smith fuͤhrt aber gegen dieſe Erklaͤrung des Berkley an, daß der Mond bey Tage und bey Mondfinſterniſſen in der Hoͤhe geſehen, auch matter und doch nicht groͤßer erſcheine, und daß man aus dieſer Hypotheſe keinen Grund von der Vergroͤßerung der Sternbilder oder des Abſtands der Fixſterne von einander angeben koͤnne. Unſtreitig iſt es weit richtiger, dieſe Vergroͤßerung daraus herzuleiten, daß wir die Gegenſtaͤnde am Himmel da zu ſehen glauben, wo ihre Projection auf das ſcheinbare Gewoͤlbe hinfaͤllt; die Geſtalt dieſes Gewoͤlbes ſelbſt aber aus der Verſchiedenheit des Urtheils uͤber Entfernungen am Horizonte und in der Hoͤhe, zu erklaͤren, welches Smith ſehr umſtaͤndlich ausfuͤhrt, und S. 419. noch durch die Erſcheinung der lichten Stralen erlaͤutert, welche aus dem ſcheinbaren Orte der Sonne hinter den Wolken ausfahren. Prieſtley Geſchichte der Optik, durch Kluͤgel, S. 504. u. f. Himmelskugel, kuͤnſtliche, Globus caeleſtis artificialis, Globe céleſte. Eine Kugel von Holz oder Pappe, auf deren Flaͤche die Punkte und Kreiſe der Himmelskugel nebſt den Sternbildern und Fixſternen in den gehoͤrigen Lagen und Verhaͤltniſſen verzeichnet ſind, und die in einem dazu ſchicklichen Geſtell gedrehet werden kan — ein Modell der ſcheinbaren Himmelskugel. Zwar erſcheint uns, dem vorhergehenden Artikel zufolge, der Himmel als ein plattgedruͤcktes Gewoͤlbe; aber dieſe unregelmaͤßige Geſtalt haͤngt blos von einem Urtheile oder Geſichtsbetruge ab, und der Himmel muß, wenn wir bey der reinen optiſchen Darſtellung ſtehen bleiben, wo uns

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/602>, abgerufen am 27.06.2024.