Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Unnöthiger Weise nehmen einige, z. B. Wolf, noch einen Hebel der dritten Art, oder Wurfhebel an. Sie unterscheiden nemlich die Kraft von der Last, geben blos dem Falle Fig. 53., wo die Last in der Mitte ist, den Namen der zweyten Art, und führen Fig. 52., wo sich die Kraft in der Mitte befindet, als die dritte Art, auf. Es ist aber diese Abtheilung ganz überflüßig, weil Kraft und Last blos bey der Ausübung unterschieden, in der Theorie aber zusammen als zwo entgegengesetzte Kräfte betrachtet werden müssen.

Gesetz des Gleichgewichts der Kräfte am Hebel.

Am geradlinigten mathematischen Hebel stehen senkrecht wirkende Kräfte

D und E im Gleichgewichte, wenn sie sich verkehrt, wie ihre Entfernungen oder Abstände vom Ruhepunkte (s. Entfernung einer Kraft vom Ruhepunkte) d. i. wie CB: CA, verhalten. So wird z. B. der Hebel Fig. 53. im Gleichgewicht stehen, wenn das in der Entfernung CB angebrachte Gewicht E doppelt so groß ist, als die in der doppelten Entfernung CA aufwärts ziehende Kraft D.

Dieses Gesetz des Gleichgewichts der Kräfte am Hebel, auf welchem die ganze Statik und Maschinenlehre beruht, war schon in den ältesten Zeiten bekannt, und wird bereits vom Archimedes (De aequiponderantibus Lib. I. Prop. VI. in Archimedis Opp. per Isaacum Barrow, Lond. 1675. 4. ingl. Archimedis Kunstbücher, verteutscht von I. C. Sturm Nürnberg, 1670. fol. Erstes Buch: Von der Flächen Gleichwichtigkeit) aus der Lehre vom Schwerpunkte erwiesen. Man findet den archimedeischen Beweis mit einiger Abänderung in den wolfischen Anfangsgründen der Mechanik, und bey vielen ältern mechanischen Schriftstellern. Archimed hatte ihm die Wendung gegeben, daß er zeigte, es sey kein Grund da, warum sich der Hebel unter der Bedingung, die das Gesetz enthält, auf die eine Seite eher, als auf die andere, drehen sollte, daher er sich gar nicht drehe. Man hat deswegen gesagt, daß Herr von


Unnoͤthiger Weiſe nehmen einige, z. B. Wolf, noch einen Hebel der dritten Art, oder Wurfhebel an. Sie unterſcheiden nemlich die Kraft von der Laſt, geben blos dem Falle Fig. 53., wo die Laſt in der Mitte iſt, den Namen der zweyten Art, und fuͤhren Fig. 52., wo ſich die Kraft in der Mitte befindet, als die dritte Art, auf. Es iſt aber dieſe Abtheilung ganz uͤberfluͤßig, weil Kraft und Laſt blos bey der Ausuͤbung unterſchieden, in der Theorie aber zuſammen als zwo entgegengeſetzte Kraͤfte betrachtet werden muͤſſen.

Geſetz des Gleichgewichts der Kraͤfte am Hebel.

Am geradlinigten mathematiſchen Hebel ſtehen ſenkrecht wirkende Kraͤfte

D und E im Gleichgewichte, wenn ſie ſich verkehrt, wie ihre Entfernungen oder Abſtaͤnde vom Ruhepunkte (ſ. Entfernung einer Kraft vom Ruhepunkte) d. i. wie CB: CA, verhalten. So wird z. B. der Hebel Fig. 53. im Gleichgewicht ſtehen, wenn das in der Entfernung CB angebrachte Gewicht E doppelt ſo groß iſt, als die in der doppelten Entfernung CA aufwaͤrts ziehende Kraft D.

Dieſes Geſetz des Gleichgewichts der Kraͤfte am Hebel, auf welchem die ganze Statik und Maſchinenlehre beruht, war ſchon in den aͤlteſten Zeiten bekannt, und wird bereits vom Archimedes (De aequiponderantibus Lib. I. Prop. VI. in Archimedis Opp. per Iſaacum Barrow, Lond. 1675. 4. ingl. Archimedis Kunſtbuͤcher, verteutſcht von I. C. Sturm Nuͤrnberg, 1670. fol. Erſtes Buch: Von der Flaͤchen Gleichwichtigkeit) aus der Lehre vom Schwerpunkte erwieſen. Man findet den archimedeiſchen Beweis mit einiger Abaͤnderung in den wolfiſchen Anfangsgruͤnden der Mechanik, und bey vielen aͤltern mechaniſchen Schriftſtellern. Archimed hatte ihm die Wendung gegeben, daß er zeigte, es ſey kein Grund da, warum ſich der Hebel unter der Bedingung, die das Geſetz enthaͤlt, auf die eine Seite eher, als auf die andere, drehen ſollte, daher er ſich gar nicht drehe. Man hat deswegen geſagt, daß Herr von

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0572" xml:id="P.2.566" n="566"/><lb/>
            </p>
            <p>Unno&#x0364;thiger Wei&#x017F;e nehmen einige, z. B. <hi rendition="#b">Wolf,</hi> noch einen <hi rendition="#b">Hebel der dritten Art,</hi> oder <hi rendition="#b">Wurfhebel</hi> an. Sie unter&#x017F;cheiden nemlich die Kraft von der La&#x017F;t, geben blos dem Falle Fig. 53., wo die La&#x017F;t in der Mitte i&#x017F;t, den Namen <hi rendition="#b">der zweyten Art,</hi> und fu&#x0364;hren Fig. 52., wo &#x017F;ich die Kraft in der Mitte befindet, als <hi rendition="#b">die dritte Art,</hi> auf. Es i&#x017F;t aber die&#x017F;e Abtheilung ganz u&#x0364;berflu&#x0364;ßig, weil Kraft und La&#x017F;t blos bey der Ausu&#x0364;bung unter&#x017F;chieden, in der Theorie aber zu&#x017F;ammen als zwo entgegenge&#x017F;etzte Kra&#x0364;fte betrachtet werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p>
            <p>Ge&#x017F;etz des Gleichgewichts der Kra&#x0364;fte am Hebel.</p>
          </div>
          <div n="2">
            <head>Am geradlinigten mathemati&#x017F;chen Hebel &#x017F;tehen &#x017F;enkrecht wirkende Kra&#x0364;fte</head><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">D</hi> und <hi rendition="#aq">E</hi> <hi rendition="#b">im Gleichgewichte, wenn &#x017F;ie &#x017F;ich verkehrt, wie ihre Entfernungen oder Ab&#x017F;ta&#x0364;nde vom Ruhepunkte</hi> (<hi rendition="#b">&#x017F;. Entfernung einer Kraft vom Ruhepunkte</hi>) d. i. wie <hi rendition="#aq">CB: CA,</hi> <hi rendition="#b">verhalten.</hi> So wird z. B. der Hebel Fig. 53. im Gleichgewicht &#x017F;tehen, wenn das in der Entfernung <hi rendition="#aq">CB</hi> angebrachte Gewicht <hi rendition="#aq">E</hi> doppelt &#x017F;o groß i&#x017F;t, als die in der doppelten Entfernung <hi rendition="#aq">CA</hi> aufwa&#x0364;rts ziehende Kraft <hi rendition="#aq">D.</hi></p>
            <p>Die&#x017F;es Ge&#x017F;etz des Gleichgewichts der Kra&#x0364;fte am Hebel, auf welchem die ganze Statik und Ma&#x017F;chinenlehre beruht, war &#x017F;chon in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten bekannt, und wird bereits vom <hi rendition="#b">Archimedes</hi> <hi rendition="#aq">(De aequiponderantibus Lib. I. Prop. VI. in <hi rendition="#i">Archimedis</hi> Opp. per <hi rendition="#i">I&#x017F;aacum Barrow,</hi> Lond. 1675. 4.</hi> ingl. Archimedis Kun&#x017F;tbu&#x0364;cher, verteut&#x017F;cht von I. C. <hi rendition="#b">Sturm</hi> Nu&#x0364;rnberg, <hi rendition="#aq">1670. fol.</hi> Er&#x017F;tes Buch: Von der Fla&#x0364;chen Gleichwichtigkeit) aus der Lehre vom Schwerpunkte erwie&#x017F;en. Man findet den archimedei&#x017F;chen Beweis mit einiger Aba&#x0364;nderung in den wolfi&#x017F;chen Anfangsgru&#x0364;nden der Mechanik, und bey vielen a&#x0364;ltern mechani&#x017F;chen Schrift&#x017F;tellern. Archimed hatte ihm die Wendung gegeben, daß er zeigte, es &#x017F;ey kein Grund da, warum &#x017F;ich der Hebel unter der Bedingung, die das Ge&#x017F;etz entha&#x0364;lt, auf die eine Seite eher, als auf die andere, drehen &#x017F;ollte, daher er &#x017F;ich gar nicht drehe. Man hat deswegen ge&#x017F;agt, daß Herr <hi rendition="#b">von<lb/></hi></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[566/0572] Unnoͤthiger Weiſe nehmen einige, z. B. Wolf, noch einen Hebel der dritten Art, oder Wurfhebel an. Sie unterſcheiden nemlich die Kraft von der Laſt, geben blos dem Falle Fig. 53., wo die Laſt in der Mitte iſt, den Namen der zweyten Art, und fuͤhren Fig. 52., wo ſich die Kraft in der Mitte befindet, als die dritte Art, auf. Es iſt aber dieſe Abtheilung ganz uͤberfluͤßig, weil Kraft und Laſt blos bey der Ausuͤbung unterſchieden, in der Theorie aber zuſammen als zwo entgegengeſetzte Kraͤfte betrachtet werden muͤſſen. Geſetz des Gleichgewichts der Kraͤfte am Hebel. Am geradlinigten mathematiſchen Hebel ſtehen ſenkrecht wirkende Kraͤfte D und E im Gleichgewichte, wenn ſie ſich verkehrt, wie ihre Entfernungen oder Abſtaͤnde vom Ruhepunkte (ſ. Entfernung einer Kraft vom Ruhepunkte) d. i. wie CB: CA, verhalten. So wird z. B. der Hebel Fig. 53. im Gleichgewicht ſtehen, wenn das in der Entfernung CB angebrachte Gewicht E doppelt ſo groß iſt, als die in der doppelten Entfernung CA aufwaͤrts ziehende Kraft D. Dieſes Geſetz des Gleichgewichts der Kraͤfte am Hebel, auf welchem die ganze Statik und Maſchinenlehre beruht, war ſchon in den aͤlteſten Zeiten bekannt, und wird bereits vom Archimedes (De aequiponderantibus Lib. I. Prop. VI. in Archimedis Opp. per Iſaacum Barrow, Lond. 1675. 4. ingl. Archimedis Kunſtbuͤcher, verteutſcht von I. C. Sturm Nuͤrnberg, 1670. fol. Erſtes Buch: Von der Flaͤchen Gleichwichtigkeit) aus der Lehre vom Schwerpunkte erwieſen. Man findet den archimedeiſchen Beweis mit einiger Abaͤnderung in den wolfiſchen Anfangsgruͤnden der Mechanik, und bey vielen aͤltern mechaniſchen Schriftſtellern. Archimed hatte ihm die Wendung gegeben, daß er zeigte, es ſey kein Grund da, warum ſich der Hebel unter der Bedingung, die das Geſetz enthaͤlt, auf die eine Seite eher, als auf die andere, drehen ſollte, daher er ſich gar nicht drehe. Man hat deswegen geſagt, daß Herr von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/572
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/572>, abgerufen am 15.06.2024.