Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Um nun zu einer Bestimmung des Gesetzes dieser Verringerung zu gelangen, dachte er ferner, wenn die Schwere gegen die Erde den Mond in seiner Bahn erhielte, so würden auch die Planeten durch ihre Schwere gegen die Sonne, und die Iupitersmonden durch ihre Schwere gegen den Iupiter, in den ihrigen erhalten werden. Wenn man aber die Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne mit ihren Entfernungen von derselben vergleicht, so findet man, daß sich die Schwungkräfte bey ihrer Bewegung, mithin auch die Centripetalkräfte, die jenen das Gleichgewicht halten, im umgekehrten Verhältnisse der Quadrate der Entfernungen befinden. Eben so ist es bey den Iupitersmonden. Er schloß hieraus, die Kraft, welche den Mond in seiner Bahn erhalte, werde die nach diesem Verhältnisse verminderte Schwere, und also (da der Mond 60mal weiter vom Mittelpunkte der Erde absteht, als die Körper auf der Erdfläche) 3600mal geringer, als die Schwere an der Erdfläche seyn. Dem zu Folge müßte der Mond in einer Minute Zeit nur durch (1/3600) des Raums fallen, welchen die fallenden Körper bey uns in einer Minute beschreiben, und welcher 3600X15 1/2 Fuß beträgt, s. Fall der Körper; d. i. der Mond müßte durch 15 1/2 Fuß fallen. Diese Größe aber, um welche sich der Mond in einer Minute der Erde nähern würde, wenn er der Schwere allein folgte, macht bey seiner Centralbewegung den Quersinus des Bogens aus, den er während einer Minute beschreibt, und welcher 32 56 der ganzen Bahn beträgt.
Um nun zu einer Beſtimmung des Geſetzes dieſer Verringerung zu gelangen, dachte er ferner, wenn die Schwere gegen die Erde den Mond in ſeiner Bahn erhielte, ſo wuͤrden auch die Planeten durch ihre Schwere gegen die Sonne, und die Iupitersmonden durch ihre Schwere gegen den Iupiter, in den ihrigen erhalten werden. Wenn man aber die Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne mit ihren Entfernungen von derſelben vergleicht, ſo findet man, daß ſich die Schwungkraͤfte bey ihrer Bewegung, mithin auch die Centripetalkraͤfte, die jenen das Gleichgewicht halten, im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadrate der Entfernungen befinden. Eben ſo iſt es bey den Iupitersmonden. Er ſchloß hieraus, die Kraft, welche den Mond in ſeiner Bahn erhalte, werde die nach dieſem Verhaͤltniſſe verminderte Schwere, und alſo (da der Mond 60mal weiter vom Mittelpunkte der Erde abſteht, als die Koͤrper auf der Erdflaͤche) 3600mal geringer, als die Schwere an der Erdflaͤche ſeyn. Dem zu Folge muͤßte der Mond in einer Minute Zeit nur durch (1/3600) des Raums fallen, welchen die fallenden Koͤrper bey uns in einer Minute beſchreiben, und welcher 3600X15 1/2 Fuß betraͤgt, ſ. Fall der Koͤrper; d. i. der Mond muͤßte durch 15 1/2 Fuß fallen. Dieſe Groͤße aber, um welche ſich der Mond in einer Minute der Erde naͤhern wuͤrde, wenn er der Schwere allein folgte, macht bey ſeiner Centralbewegung den Querſinus des Bogens aus, den er waͤhrend einer Minute beſchreibt, und welcher 32 56 der ganzen Bahn betraͤgt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0528" xml:id="P.2.522" n="522"/><lb/> Er gieng ganz allein in einem Garten ſpatziren, und beſchaͤftigte ſich in Gedanken mit Betrachtung der Schwere. Dieſe Kraft, dachte er, nimmt nicht merklich ab, wenn man ſich auf die Gipfel der hoͤchſten Berge begiebt; warum ſollte ſie ſich nicht noch weiter und bis zum Monde erſtrecken? Wenn aber dieſes wirklich iſt, ſo muß ſie auf die Bewegung des Monds einen Einfluß haben; vielleicht dient ſie, den Mond in ſeiner Bahn zu erhalten. Und wenn ſie gleich in geringen Entfernungen nicht merklich geſchwaͤcht wird, ſo kan ſie doch wohl in der Weite des Monds gar ſehr verringert werden.</p> <p>Um nun zu einer Beſtimmung des Geſetzes dieſer Verringerung zu gelangen, dachte er ferner, wenn die Schwere gegen die Erde den Mond in ſeiner Bahn erhielte, ſo wuͤrden auch die Planeten durch ihre Schwere gegen die Sonne, und die Iupitersmonden durch ihre Schwere gegen den Iupiter, in den ihrigen erhalten werden. Wenn man aber die Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne mit ihren Entfernungen von derſelben vergleicht, ſo findet man, daß ſich die Schwungkraͤfte bey ihrer Bewegung, mithin auch die Centripetalkraͤfte, die jenen das Gleichgewicht halten, <hi rendition="#b">im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadrate der Entfernungen</hi> befinden. Eben ſo iſt es bey den Iupitersmonden. Er ſchloß hieraus, die Kraft, welche den Mond in ſeiner Bahn erhalte, werde die nach dieſem Verhaͤltniſſe verminderte Schwere, und alſo (da der Mond 60mal weiter vom Mittelpunkte der Erde abſteht, als die Koͤrper auf der Erdflaͤche) 3600mal geringer, als die Schwere an der Erdflaͤche ſeyn. Dem zu Folge muͤßte der Mond in einer Minute Zeit nur durch (1/3600) des Raums fallen, welchen die fallenden Koͤrper bey uns in einer Minute beſchreiben, und welcher 3600X15 1/2 Fuß betraͤgt, <hi rendition="#b">ſ. Fall der Koͤrper;</hi> d. i. der Mond muͤßte durch 15 1/2 Fuß fallen.</p> <p>Dieſe Groͤße aber, um welche ſich der Mond in einer Minute der Erde naͤhern wuͤrde, wenn er der Schwere allein folgte, macht bey ſeiner Centralbewegung den Querſinus des Bogens aus, den er waͤhrend einer Minute beſchreibt, und welcher 32 56 der ganzen Bahn betraͤgt.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [522/0528]
Er gieng ganz allein in einem Garten ſpatziren, und beſchaͤftigte ſich in Gedanken mit Betrachtung der Schwere. Dieſe Kraft, dachte er, nimmt nicht merklich ab, wenn man ſich auf die Gipfel der hoͤchſten Berge begiebt; warum ſollte ſie ſich nicht noch weiter und bis zum Monde erſtrecken? Wenn aber dieſes wirklich iſt, ſo muß ſie auf die Bewegung des Monds einen Einfluß haben; vielleicht dient ſie, den Mond in ſeiner Bahn zu erhalten. Und wenn ſie gleich in geringen Entfernungen nicht merklich geſchwaͤcht wird, ſo kan ſie doch wohl in der Weite des Monds gar ſehr verringert werden.
Um nun zu einer Beſtimmung des Geſetzes dieſer Verringerung zu gelangen, dachte er ferner, wenn die Schwere gegen die Erde den Mond in ſeiner Bahn erhielte, ſo wuͤrden auch die Planeten durch ihre Schwere gegen die Sonne, und die Iupitersmonden durch ihre Schwere gegen den Iupiter, in den ihrigen erhalten werden. Wenn man aber die Umlaufszeiten der Planeten um die Sonne mit ihren Entfernungen von derſelben vergleicht, ſo findet man, daß ſich die Schwungkraͤfte bey ihrer Bewegung, mithin auch die Centripetalkraͤfte, die jenen das Gleichgewicht halten, im umgekehrten Verhaͤltniſſe der Quadrate der Entfernungen befinden. Eben ſo iſt es bey den Iupitersmonden. Er ſchloß hieraus, die Kraft, welche den Mond in ſeiner Bahn erhalte, werde die nach dieſem Verhaͤltniſſe verminderte Schwere, und alſo (da der Mond 60mal weiter vom Mittelpunkte der Erde abſteht, als die Koͤrper auf der Erdflaͤche) 3600mal geringer, als die Schwere an der Erdflaͤche ſeyn. Dem zu Folge muͤßte der Mond in einer Minute Zeit nur durch (1/3600) des Raums fallen, welchen die fallenden Koͤrper bey uns in einer Minute beſchreiben, und welcher 3600X15 1/2 Fuß betraͤgt, ſ. Fall der Koͤrper; d. i. der Mond muͤßte durch 15 1/2 Fuß fallen.
Dieſe Groͤße aber, um welche ſich der Mond in einer Minute der Erde naͤhern wuͤrde, wenn er der Schwere allein folgte, macht bey ſeiner Centralbewegung den Querſinus des Bogens aus, den er waͤhrend einer Minute beſchreibt, und welcher 32 56 der ganzen Bahn betraͤgt.
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