4.). "Ich will, sagt er (p. 27.), ein Weltsystem erklä"ren, das von allen andern unterschieden ist, aber mit "den Sätzen der Mechanik vollkommen überein"stimmt. Es gründet sich auf folgende drey Vorausse"tzungen, 1) daß alle Himmelskörper, nicht allein gegen "ihren eignen Mittelpunkt, sondern auch wechselseitig ge"gen einander selbst, innerhalb ihrer Wirkungskreise, schwer "sind, 2) daß alle Körper, die eine einfache und geradlinig"te Bewegung haben, dieselbe in gerader Linie fortsetzen, "wenn nicht irgend eine Kraft sie beständig ablenkt, und "zwingt, einen Kreis, eine Ellipse oder eine andere zusam"mengesetztere Curve zu beschreiben, 3) daß die Anziehung "desto stärker wird, je näher der anziehende Körper ist." Er setzt hinzu, das Gesetz, nach welchem diese Kraft zunehme, habe er noch nicht untersucht, es könne aber dessen Entdeckung der Sternkunde sehr nützlich seyn. Dennoch konnte er dasselbe nicht angeben, ob er gleich durch versprochne Belohnungen dazu aufgefordert ward, und hat in der Folge sich vergeblich bemüht, den Ruhm dieser großen Erfindung mit Newton zu theilen, von dessen erhabnen Demonstrationen seine Muthmaßungen noch sehr weit abstehen.
Die Entdeckung des Gesetzes der Gravitation war Newton vorbehalten. Gregory(Praefat. Elem. Astron. phys.et geom.) behauptet zwar, es sey dieses Gesetz schon dem Pythagoras bekannt gewesen, der es aus den musikalischen Intervallen geschlossen habe. Allein die angeführten historischen Zeugnisse beweisen nichts weiter, als daß Pythagoras die Verhältnisse der Intervallen gekannt, und viel von einer Harmonie der Sphären gesprochen habe: man muß im Schließen über große Lücken springen, wenn man hieraus eine Kenntniß des Gesetzes der Schwere folgern will. Die Geschichte von Newtons Entdeckung wird von seinem Zeitgenossen Pemberton(A view of Sir Isaac Newton's Philosophy, London, 1728. 4. Preface) auf folgende Art erzählt. Die ersten Vorstellungen von Newtons System entstanden in ihm 1666, da er durch die Pest genöthiget war, sich von Cambridge wegzubegeben.
4.). ”Ich will, ſagt er (p. 27.), ein Weltſyſtem erklaͤ”ren, das von allen andern unterſchieden iſt, aber mit ”den Saͤtzen der Mechanik vollkommen uͤberein”ſtimmt. Es gruͤndet ſich auf folgende drey Vorausſe”tzungen, 1) daß alle Himmelskoͤrper, nicht allein gegen ”ihren eignen Mittelpunkt, ſondern auch wechſelſeitig ge”gen einander ſelbſt, innerhalb ihrer Wirkungskreiſe, ſchwer ”ſind, 2) daß alle Koͤrper, die eine einfache und geradlinig”te Bewegung haben, dieſelbe in gerader Linie fortſetzen, ”wenn nicht irgend eine Kraft ſie beſtaͤndig ablenkt, und ”zwingt, einen Kreis, eine Ellipſe oder eine andere zuſam”mengeſetztere Curve zu beſchreiben, 3) daß die Anziehung ”deſto ſtaͤrker wird, je naͤher der anziehende Koͤrper iſt.“ Er ſetzt hinzu, das Geſetz, nach welchem dieſe Kraft zunehme, habe er noch nicht unterſucht, es koͤnne aber deſſen Entdeckung der Sternkunde ſehr nuͤtzlich ſeyn. Dennoch konnte er daſſelbe nicht angeben, ob er gleich durch verſprochne Belohnungen dazu aufgefordert ward, und hat in der Folge ſich vergeblich bemuͤht, den Ruhm dieſer großen Erfindung mit Newton zu theilen, von deſſen erhabnen Demonſtrationen ſeine Muthmaßungen noch ſehr weit abſtehen.
Die Entdeckung des Geſetzes der Gravitation war Newton vorbehalten. Gregory(Praefat. Elem. Aſtron. phyſ.et geom.) behauptet zwar, es ſey dieſes Geſetz ſchon dem Pythagoras bekannt geweſen, der es aus den muſikaliſchen Intervallen geſchloſſen habe. Allein die angefuͤhrten hiſtoriſchen Zeugniſſe beweiſen nichts weiter, als daß Pythagoras die Verhaͤltniſſe der Intervallen gekannt, und viel von einer Harmonie der Sphaͤren geſprochen habe: man muß im Schließen uͤber große Luͤcken ſpringen, wenn man hieraus eine Kenntniß des Geſetzes der Schwere folgern will. Die Geſchichte von Newtons Entdeckung wird von ſeinem Zeitgenoſſen Pemberton(A view of Sir Iſaac Newton's Philoſophy, London, 1728. 4. Preface) auf folgende Art erzaͤhlt. Die erſten Vorſtellungen von Newtons Syſtem entſtanden in ihm 1666, da er durch die Peſt genoͤthiget war, ſich von Cambridge wegzubegeben.
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4.). ”Ich will, ſagt er (p. 27.), ein Weltſyſtem erklaͤ”ren, das von allen andern unterſchieden iſt, aber mit ”den Saͤtzen der Mechanik vollkommen uͤberein”ſtimmt. Es gruͤndet ſich auf folgende drey Vorausſe”tzungen, 1) daß alle Himmelskoͤrper, nicht allein gegen ”ihren eignen Mittelpunkt, ſondern auch wechſelſeitig ge”gen einander ſelbſt, innerhalb ihrer Wirkungskreiſe, ſchwer ”ſind, 2) daß alle Koͤrper, die eine einfache und geradlinig”te Bewegung haben, dieſelbe in gerader Linie fortſetzen, ”wenn nicht irgend eine Kraft ſie beſtaͤndig ablenkt, und ”zwingt, einen Kreis, eine Ellipſe oder eine andere zuſam”mengeſetztere Curve zu beſchreiben, 3) daß die Anziehung ”deſto ſtaͤrker wird, je naͤher der anziehende Koͤrper iſt.“ Er ſetzt hinzu, das Geſetz, nach welchem dieſe Kraft zunehme, habe er noch nicht unterſucht, es koͤnne aber deſſen Entdeckung der Sternkunde ſehr nuͤtzlich ſeyn. Dennoch konnte er daſſelbe nicht angeben, ob er gleich durch verſprochne Belohnungen dazu aufgefordert ward, und hat in der Folge ſich vergeblich bemuͤht, den Ruhm dieſer großen Erfindung mit Newton zu theilen, von deſſen erhabnen Demonſtrationen ſeine Muthmaßungen noch ſehr weit abſtehen.
Die Entdeckung des Geſetzes der Gravitation war Newton vorbehalten. Gregory (Praefat. Elem. Aſtron. phyſ.et geom.) behauptet zwar, es ſey dieſes Geſetz ſchon dem Pythagoras bekannt geweſen, der es aus den muſikaliſchen Intervallen geſchloſſen habe. Allein die angefuͤhrten hiſtoriſchen Zeugniſſe beweiſen nichts weiter, als daß Pythagoras die Verhaͤltniſſe der Intervallen gekannt, und viel von einer Harmonie der Sphaͤren geſprochen habe: man muß im Schließen uͤber große Luͤcken ſpringen, wenn man hieraus eine Kenntniß des Geſetzes der Schwere folgern will. Die Geſchichte von Newtons Entdeckung wird von ſeinem Zeitgenoſſen Pemberton (A view of Sir Iſaac Newton's Philoſophy, London, 1728. 4. Preface) auf folgende Art erzaͤhlt. Die erſten Vorſtellungen von Newtons Syſtem entſtanden in ihm 1666, da er durch die Peſt genoͤthiget war, ſich von Cambridge wegzubegeben.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 521. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/527>, abgerufen am 22.11.2024.
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