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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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mitzutheilen, bey welcher das Hygrometer den genannten Grad zeigt. Der Kürze wegen werden auch diese Grade bisweilen mit o bezeichnet, z. B. 32° nach Fahrenheit, obgleich diese Bezeichnung eigentlich nur den Theilen des Kreises zukömmt.

Gravitation, Schwerkraft, allgemeine Schwere, Gravitatio, Gravitas universalis, Gravitation.

Das Phänomen der Körperwelt, da entfernte Körper sich einander nähern, oder zu nähern streben, ohne daß man eine äußere Ursache davon gewahr wird -- die Attraction entfernter Körper, s. Attraction. So fällt ein freygelassener Körper lothrecht gegen die Erdfläche, das Wasser der Erdkugel erhebt sich gegen den Mond, der Mond selbst ist hinwiederum gegen die Erde schwer, und man finder bey der genauern Betrachtung des Laufs der Planeten, daß sie alle gegen die Sonne und gegen einander selbft gravitiren oder schwer sind.

Man hat also Ursache genug, dieses wechselseitige Bestreben nach Annäherung für ein allgemeines Phänomen der Körperwelt zu erklären. Es giebt freylich sehr viele Fälle, in welchen es sich gar nicht zu zeigen scheint. Zween neben einander herabfallende Steine z. B. scheinen nicht die mindeste Anziehung gegen einander zu äußern; sie setzen ungestört ihren lothrechten Fall in parallelen Linien fort, ohne durch ihre Gravitation gegen einander selbst näher zusammenzukommen. Aber alle solche Fälle sind bloße Ausnahmen von der Regel. Die Steine gravitiren nemlich gegen die ganze Masse der Erdkugel unendlich stärker, als gegen einander selbst; daher ist ihr Bestreben in lothrechten Linien zu fallen unendlich größer, als ihr wechselseitiges Streben nach Annäherung, und das letztere kan in dem ersten nicht die mindeste merkliche Aenderung bewirken.

Wenn man alles Kraft nennt, was Bewegung hervorzubringen strebt, und wenn man insbesondere denjenigen Bestrebungen den Namen der Schwere giebt, welche ohne eine sichtbare äußere Ursache einen Körper gegen einen andern entfernten treiben, so führt das erwähnte allgemeine


mitzutheilen, bey welcher das Hygrometer den genannten Grad zeigt. Der Kuͤrze wegen werden auch dieſe Grade bisweilen mit o bezeichnet, z. B. 32° nach Fahrenheit, obgleich dieſe Bezeichnung eigentlich nur den Theilen des Kreiſes zukoͤmmt.

Gravitation, Schwerkraft, allgemeine Schwere, Gravitatio, Gravitas univerſalis, Gravitation.

Das Phaͤnomen der Koͤrperwelt, da entfernte Koͤrper ſich einander naͤhern, oder zu naͤhern ſtreben, ohne daß man eine aͤußere Urſache davon gewahr wird — die Attraction entfernter Koͤrper, ſ. Attraction. So faͤllt ein freygelaſſener Koͤrper lothrecht gegen die Erdflaͤche, das Waſſer der Erdkugel erhebt ſich gegen den Mond, der Mond ſelbſt iſt hinwiederum gegen die Erde ſchwer, und man finder bey der genauern Betrachtung des Laufs der Planeten, daß ſie alle gegen die Sonne und gegen einander ſelbft gravitiren oder ſchwer ſind.

Man hat alſo Urſache genug, dieſes wechſelſeitige Beſtreben nach Annaͤherung fuͤr ein allgemeines Phaͤnomen der Koͤrperwelt zu erklaͤren. Es giebt freylich ſehr viele Faͤlle, in welchen es ſich gar nicht zu zeigen ſcheint. Zween neben einander herabfallende Steine z. B. ſcheinen nicht die mindeſte Anziehung gegen einander zu aͤußern; ſie ſetzen ungeſtoͤrt ihren lothrechten Fall in parallelen Linien fort, ohne durch ihre Gravitation gegen einander ſelbſt naͤher zuſammenzukommen. Aber alle ſolche Faͤlle ſind bloße Ausnahmen von der Regel. Die Steine gravitiren nemlich gegen die ganze Maſſe der Erdkugel unendlich ſtaͤrker, als gegen einander ſelbſt; daher iſt ihr Beſtreben in lothrechten Linien zu fallen unendlich groͤßer, als ihr wechſelſeitiges Streben nach Annaͤherung, und das letztere kan in dem erſten nicht die mindeſte merkliche Aenderung bewirken.

Wenn man alles Kraft nennt, was Bewegung hervorzubringen ſtrebt, und wenn man insbeſondere denjenigen Beſtrebungen den Namen der Schwere giebt, welche ohne eine ſichtbare aͤußere Urſache einen Koͤrper gegen einen andern entfernten treiben, ſo fuͤhrt das erwaͤhnte allgemeine

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[517/0523] mitzutheilen, bey welcher das Hygrometer den genannten Grad zeigt. Der Kuͤrze wegen werden auch dieſe Grade bisweilen mit o bezeichnet, z. B. 32° nach Fahrenheit, obgleich dieſe Bezeichnung eigentlich nur den Theilen des Kreiſes zukoͤmmt. Gravitation, Schwerkraft, allgemeine Schwere, Gravitatio, Gravitas univerſalis, Gravitation. Das Phaͤnomen der Koͤrperwelt, da entfernte Koͤrper ſich einander naͤhern, oder zu naͤhern ſtreben, ohne daß man eine aͤußere Urſache davon gewahr wird — die Attraction entfernter Koͤrper, ſ. Attraction. So faͤllt ein freygelaſſener Koͤrper lothrecht gegen die Erdflaͤche, das Waſſer der Erdkugel erhebt ſich gegen den Mond, der Mond ſelbſt iſt hinwiederum gegen die Erde ſchwer, und man finder bey der genauern Betrachtung des Laufs der Planeten, daß ſie alle gegen die Sonne und gegen einander ſelbft gravitiren oder ſchwer ſind. Man hat alſo Urſache genug, dieſes wechſelſeitige Beſtreben nach Annaͤherung fuͤr ein allgemeines Phaͤnomen der Koͤrperwelt zu erklaͤren. Es giebt freylich ſehr viele Faͤlle, in welchen es ſich gar nicht zu zeigen ſcheint. Zween neben einander herabfallende Steine z. B. ſcheinen nicht die mindeſte Anziehung gegen einander zu aͤußern; ſie ſetzen ungeſtoͤrt ihren lothrechten Fall in parallelen Linien fort, ohne durch ihre Gravitation gegen einander ſelbſt naͤher zuſammenzukommen. Aber alle ſolche Faͤlle ſind bloße Ausnahmen von der Regel. Die Steine gravitiren nemlich gegen die ganze Maſſe der Erdkugel unendlich ſtaͤrker, als gegen einander ſelbſt; daher iſt ihr Beſtreben in lothrechten Linien zu fallen unendlich groͤßer, als ihr wechſelſeitiges Streben nach Annaͤherung, und das letztere kan in dem erſten nicht die mindeſte merkliche Aenderung bewirken. Wenn man alles Kraft nennt, was Bewegung hervorzubringen ſtrebt, und wenn man insbeſondere denjenigen Beſtrebungen den Namen der Schwere giebt, welche ohne eine ſichtbare aͤußere Urſache einen Koͤrper gegen einen andern entfernten treiben, ſo fuͤhrt das erwaͤhnte allgemeine

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/523>, abgerufen am 20.05.2024.