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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Glaselektricität, positive oder Plus-elektricität, Electricitas vitrea s. positiva, Electricitee vitree ou positive. Diejenige Elektricität, welche das glatte Glas durch Reiben mit der Hand oder mit andern Substanzen erhält. Sie ist, wie du Fay entdeckt hat, der Elektricität, die das Harz oder Siegellack durch Reiben an den meisten Substanzen erhält, entgegengesetzt, so daß ein elektrischer Körper, welchen das geriebene Glas anzieht, in eben dem Zustande von denn geriebnen Siegellack abgestossen wird. Franklin und überhaupt alle, welche nur eine einzige elektrische Materie annehmen, erklären die Glaselektricität aus dem Ueberflusse dieser Materie, und nennen sie daher die positive oder Pluselektricität, s. Elektricität, unter dem Abschnitte: Entgegengesetzte Elektricitäten.

Glastropfen, Glasthränen, Sptinggläser

Lacrymae vitreae, Larmes Bataviques, Larmes de verre. Wenn man einen flüßigen Glastropfen in kaltes Wasser fallen läßt, so nimmt er die Gestalt eines ovalrunden Körpers an, der sich in einen langen dünnen Schwanz endiget, und erhält nun in seinem festen Zustande den Namen einer Glasthräne u. s. w. Diese festen Glastropfen haben die merkwürdige Eigenschaft, daß sich der ovalrunde Theil mit dem Hammer schlagen und abschleifen läßt, ohne zu zerbrechen, da hingegen, wenn man den dünnen Schweif abbricht, der gange Tropfen augenblicklich in einen feinen Staub zerspringt.

Man kan die Ursache dieses Zerspringens nicht in der Luft suchen; denn obgleich diese Tropfen gewöhnlich kieine Bläschen enthalten, so kan man doch den Körper bis auf diese Bläschen abschleifen, ohne daß er zerspringt: auch thun die Tropfen ihre Wirkung im luftleeren Raume. Die erwähnten Bläschen sind nach Bosc d' Antic (Mem. presentes a l' Ac. de Paris, To. IV.) nichts, als ein in Dämpfe aufgelöster Glasschaum oder Glasgalle, und die Glastropfen zerspringen auch, wenn sie keine Bläschen haben.

Vielmehr liegt die Ursache des Phänomens in ihrem


Glaselektricitaͤt, poſitive oder Plus-elektricitaͤt, Electricitas vitrea ſ. poſitiva, Electricitée vitrée ou poſitive. Diejenige Elektricitaͤt, welche das glatte Glas durch Reiben mit der Hand oder mit andern Subſtanzen erhaͤlt. Sie iſt, wie du Fay entdeckt hat, der Elektricitaͤt, die das Harz oder Siegellack durch Reiben an den meiſten Subſtanzen erhaͤlt, entgegengeſetzt, ſo daß ein elektriſcher Koͤrper, welchen das geriebene Glas anzieht, in eben dem Zuſtande von denn geriebnen Siegellack abgeſtoſſen wird. Franklin und uͤberhaupt alle, welche nur eine einzige elektriſche Materie annehmen, erklaͤren die Glaselektricitaͤt aus dem Ueberfluſſe dieſer Materie, und nennen ſie daher die poſitive oder Pluselektricitaͤt, ſ. Elektricitaͤt, unter dem Abſchnitte: Entgegengeſetzte Elektricitaͤten.

Glastropfen, Glasthraͤnen, Sptingglaͤſer

Lacrymae vitreae, Larmes Bataviques, Larmes de verre. Wenn man einen fluͤßigen Glastropfen in kaltes Waſſer fallen laͤßt, ſo nimmt er die Geſtalt eines ovalrunden Koͤrpers an, der ſich in einen langen duͤnnen Schwanz endiget, und erhaͤlt nun in ſeinem feſten Zuſtande den Namen einer Glasthraͤne u. ſ. w. Dieſe feſten Glastropfen haben die merkwuͤrdige Eigenſchaft, daß ſich der ovalrunde Theil mit dem Hammer ſchlagen und abſchleifen laͤßt, ohne zu zerbrechen, da hingegen, wenn man den duͤnnen Schweif abbricht, der gange Tropfen augenblicklich in einen feinen Staub zerſpringt.

Man kan die Urſache dieſes Zerſpringens nicht in der Luft ſuchen; denn obgleich dieſe Tropfen gewoͤhnlich kieine Blaͤschen enthalten, ſo kan man doch den Koͤrper bis auf dieſe Blaͤschen abſchleifen, ohne daß er zerſpringt: auch thun die Tropfen ihre Wirkung im luftleeren Raume. Die erwaͤhnten Blaͤschen ſind nach Boſc d' Antic (Mém. preſentés à l' Ac. de Paris, To. IV.) nichts, als ein in Daͤmpfe aufgeloͤſter Glasſchaum oder Glasgalle, und die Glastropfen zerſpringen auch, wenn ſie keine Blaͤschen haben.

Vielmehr liegt die Urſache des Phaͤnomens in ihrem

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[499/0505] Glaselektricitaͤt, poſitive oder Plus-elektricitaͤt, Electricitas vitrea ſ. poſitiva, Electricitée vitrée ou poſitive. Diejenige Elektricitaͤt, welche das glatte Glas durch Reiben mit der Hand oder mit andern Subſtanzen erhaͤlt. Sie iſt, wie du Fay entdeckt hat, der Elektricitaͤt, die das Harz oder Siegellack durch Reiben an den meiſten Subſtanzen erhaͤlt, entgegengeſetzt, ſo daß ein elektriſcher Koͤrper, welchen das geriebene Glas anzieht, in eben dem Zuſtande von denn geriebnen Siegellack abgeſtoſſen wird. Franklin und uͤberhaupt alle, welche nur eine einzige elektriſche Materie annehmen, erklaͤren die Glaselektricitaͤt aus dem Ueberfluſſe dieſer Materie, und nennen ſie daher die poſitive oder Pluselektricitaͤt, ſ. Elektricitaͤt, unter dem Abſchnitte: Entgegengeſetzte Elektricitaͤten. Glastropfen, Glasthraͤnen, Sptingglaͤſer Lacrymae vitreae, Larmes Bataviques, Larmes de verre. Wenn man einen fluͤßigen Glastropfen in kaltes Waſſer fallen laͤßt, ſo nimmt er die Geſtalt eines ovalrunden Koͤrpers an, der ſich in einen langen duͤnnen Schwanz endiget, und erhaͤlt nun in ſeinem feſten Zuſtande den Namen einer Glasthraͤne u. ſ. w. Dieſe feſten Glastropfen haben die merkwuͤrdige Eigenſchaft, daß ſich der ovalrunde Theil mit dem Hammer ſchlagen und abſchleifen laͤßt, ohne zu zerbrechen, da hingegen, wenn man den duͤnnen Schweif abbricht, der gange Tropfen augenblicklich in einen feinen Staub zerſpringt. Man kan die Urſache dieſes Zerſpringens nicht in der Luft ſuchen; denn obgleich dieſe Tropfen gewoͤhnlich kieine Blaͤschen enthalten, ſo kan man doch den Koͤrper bis auf dieſe Blaͤschen abſchleifen, ohne daß er zerſpringt: auch thun die Tropfen ihre Wirkung im luftleeren Raume. Die erwaͤhnten Blaͤschen ſind nach Boſc d' Antic (Mém. preſentés à l' Ac. de Paris, To. IV.) nichts, als ein in Daͤmpfe aufgeloͤſter Glasſchaum oder Glasgalle, und die Glastropfen zerſpringen auch, wenn ſie keine Blaͤschen haben. Vielmehr liegt die Urſache des Phaͤnomens in ihrem

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 499. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/505>, abgerufen am 20.05.2024.