Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Nach Cavendish (Phil. Transact. 1776.) enthält der Marmor (407/1000) seines Gewichts, die Weinsteinkrystallen (428/1000) des ihrigen, und der flüchtige Salmiak (528/1000) des seinigen, fixe Luft; nach Bergmann (De acido aereo, Sect. VII.) das Weinsteinsalz (33/100); nach Iacquin (Examen doctrinae Mayerianae de acido pingui) der Kalkrahm (13/32) seines Gewichts. Boyle, Boerhaave und Hales haben schon die bey verschiedenen ähnlichen Processen entbundenen Quantitäten des luftförmigen Stofs bestimmt angegeben; da sie aber die unterscheidenden Kennzeichen der Luftsäure nicht kannten, so kan man nicht wissen, ob diese Quantitäten ganz aus Luftsäure bestanden haben.

Auch wird bey jeder Verbrennung, nur die des Schwefels und der Metalle ausgenommen, fixe Luft entwickelt. Ein Licht, das unter einer in Kalkwasser umgestürzten Glocke brennt, schlägt sogleich den Kalk nieder, welches ein unfehlbares Kennzeichen einer Gegenwart der Luftsäure ist. Bey der Verkalkung der Metalle zeigt sich keine fixe Luft, bey der Reduction der Kalke aber kömmt nebst der dephlogistisirten Luft immer auch etwas fixe und bisweilen lauter fixe zum Vorschein.

Man kan endlich auch durch die Gährung diese Gasart erhalten. Priestley bediente sich dieses Mittels bey seinen ersten Versuchen in einem nahe bey seiner Wohnung gelegenen Brauhause. Ueber dem Gebäude, wenn es auf der Kufe in Gährung tritt, befindet sich gemeiniglich eine 9-- 12 Zoll (nach dem Düc de Chaulnes oft auf 4 Schuh) hohe Schicht fixer Luft, in die man nur eine Flasche mit auswärts gekehrter Oefnung hängen darf. Die fixe Luft senkt sich durch ihre Schwere von selbst in die Flasche hinein, und treibt die leichtere gemeine Luft aus der Oefnung derselben heraus. Man kan auch einen mit Wasser gefüllten und in Wasser umgestürzten Glascylinder nahe an das Bier selbst (wo die fixe Luft am reinsten ist) bringen, und durch Aufheben des Cylinders Blasen von derselben in ihn aufsteigen lassen.

Von Natur findet sich die fixe Luft in Gruben, Hölen Brunnen und andern Plätzen, denen der Luftzug mangelt,


Nach Cavendiſh (Phil. Transact. 1776.) enthaͤlt der Marmor (407/1000) ſeines Gewichts, die Weinſteinkryſtallen (428/1000) des ihrigen, und der fluͤchtige Salmiak (528/1000) des ſeinigen, fixe Luft; nach Bergmann (De acido aëreo, Sect. VII.) das Weinſteinſalz (33/100); nach Iacquin (Examen doctrinae Mayerianae de acido pingui) der Kalkrahm (13/32) ſeines Gewichts. Boyle, Boerhaave und Hales haben ſchon die bey verſchiedenen aͤhnlichen Proceſſen entbundenen Quantitaͤten des luftfoͤrmigen Stofs beſtimmt angegeben; da ſie aber die unterſcheidenden Kennzeichen der Luftſaͤure nicht kannten, ſo kan man nicht wiſſen, ob dieſe Quantitaͤten ganz aus Luftſaͤure beſtanden haben.

Auch wird bey jeder Verbrennung, nur die des Schwefels und der Metalle ausgenommen, fixe Luft entwickelt. Ein Licht, das unter einer in Kalkwaſſer umgeſtuͤrzten Glocke brennt, ſchlaͤgt ſogleich den Kalk nieder, welches ein unfehlbares Kennzeichen einer Gegenwart der Luftſaͤure iſt. Bey der Verkalkung der Metalle zeigt ſich keine fixe Luft, bey der Reduction der Kalke aber koͤmmt nebſt der dephlogiſtiſirten Luft immer auch etwas fixe und bisweilen lauter fixe zum Vorſchein.

Man kan endlich auch durch die Gaͤhrung dieſe Gasart erhalten. Prieſtley bediente ſich dieſes Mittels bey ſeinen erſten Verſuchen in einem nahe bey ſeiner Wohnung gelegenen Brauhauſe. Ueber dem Gebaͤude, wenn es auf der Kufe in Gaͤhrung tritt, befindet ſich gemeiniglich eine 9— 12 Zoll (nach dem Duͤc de Chaulnes oft auf 4 Schuh) hohe Schicht fixer Luft, in die man nur eine Flaſche mit auſwaͤrts gekehrter Oefnung haͤngen darf. Die fixe Luft ſenkt ſich durch ihre Schwere von ſelbſt in die Flaſche hinein, und treibt die leichtere gemeine Luft aus der Oefnung derſelben heraus. Man kan auch einen mit Waſſer gefuͤllten und in Waſſer umgeſtuͤrzten Glascylinder nahe an das Bier ſelbſt (wo die fixe Luft am reinſten iſt) bringen, und durch Aufheben des Cylinders Blaſen von derſelben in ihn aufſteigen laſſen.

Von Natur findet ſich die fixe Luft in Gruben, Hoͤlen Brunnen und andern Plaͤtzen, denen der Luftzug mangelt,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p>
              <pb facs="#f0401" xml:id="P.2.395" n="395"/><lb/>
            </p>
            <p>Nach <hi rendition="#b">Cavendi&#x017F;h</hi> <hi rendition="#aq">(Phil. Transact. 1776.)</hi> entha&#x0364;lt der Marmor (407/1000) &#x017F;eines Gewichts, die Wein&#x017F;teinkry&#x017F;tallen (428/1000) des ihrigen, und der flu&#x0364;chtige Salmiak (528/1000) des &#x017F;einigen, fixe Luft; nach <hi rendition="#b">Bergmann</hi> <hi rendition="#aq">(De acido aëreo, Sect. VII.)</hi> das Wein&#x017F;tein&#x017F;alz (33/100); nach <hi rendition="#b">Iacquin</hi> <hi rendition="#aq">(Examen doctrinae Mayerianae de acido pingui)</hi> der Kalkrahm (13/32) &#x017F;eines Gewichts. <hi rendition="#b">Boyle, Boerhaave</hi> und <hi rendition="#b">Hales</hi> haben &#x017F;chon die bey ver&#x017F;chiedenen a&#x0364;hnlichen Proce&#x017F;&#x017F;en entbundenen Quantita&#x0364;ten des luftfo&#x0364;rmigen Stofs be&#x017F;timmt angegeben; da &#x017F;ie aber die unter&#x017F;cheidenden Kennzeichen der Luft&#x017F;a&#x0364;ure nicht kannten, &#x017F;o kan man nicht wi&#x017F;&#x017F;en, ob die&#x017F;e Quantita&#x0364;ten ganz aus Luft&#x017F;a&#x0364;ure be&#x017F;tanden haben.</p>
            <p>Auch wird bey jeder Verbrennung, nur die des Schwefels und der Metalle ausgenommen, fixe Luft entwickelt. Ein Licht, das unter einer in Kalkwa&#x017F;&#x017F;er umge&#x017F;tu&#x0364;rzten Glocke brennt, &#x017F;chla&#x0364;gt &#x017F;ogleich den Kalk nieder, welches ein unfehlbares Kennzeichen einer Gegenwart der Luft&#x017F;a&#x0364;ure i&#x017F;t. Bey der Verkalkung der Metalle zeigt &#x017F;ich keine fixe Luft, bey der Reduction der Kalke aber ko&#x0364;mmt neb&#x017F;t der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Luft immer auch etwas fixe und bisweilen lauter fixe zum Vor&#x017F;chein.</p>
            <p>Man kan endlich auch durch die Ga&#x0364;hrung die&#x017F;e Gasart erhalten. <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> bediente &#x017F;ich die&#x017F;es Mittels bey &#x017F;einen er&#x017F;ten Ver&#x017F;uchen in einem nahe bey &#x017F;einer Wohnung gelegenen Brauhau&#x017F;e. Ueber dem Geba&#x0364;ude, wenn es auf der Kufe in Ga&#x0364;hrung tritt, befindet &#x017F;ich gemeiniglich eine 9&#x2014; 12 Zoll (nach dem <hi rendition="#b">Du&#x0364;c de Chaulnes</hi> oft auf 4 Schuh) hohe Schicht fixer Luft, in die man nur eine Fla&#x017F;che mit au&#x017F;wa&#x0364;rts gekehrter Oefnung ha&#x0364;ngen darf. Die fixe Luft &#x017F;enkt &#x017F;ich durch ihre Schwere von &#x017F;elb&#x017F;t in die Fla&#x017F;che hinein, und treibt die leichtere gemeine Luft aus der Oefnung der&#x017F;elben heraus. Man kan auch einen mit Wa&#x017F;&#x017F;er gefu&#x0364;llten und in Wa&#x017F;&#x017F;er umge&#x017F;tu&#x0364;rzten Glascylinder nahe an das Bier &#x017F;elb&#x017F;t (wo die fixe Luft am rein&#x017F;ten i&#x017F;t) bringen, und durch Aufheben des Cylinders Bla&#x017F;en von der&#x017F;elben in ihn auf&#x017F;teigen la&#x017F;&#x017F;en.</p>
            <p>Von Natur findet &#x017F;ich die fixe Luft in Gruben, Ho&#x0364;len Brunnen und andern Pla&#x0364;tzen, denen der Luftzug mangelt,<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[395/0401] Nach Cavendiſh (Phil. Transact. 1776.) enthaͤlt der Marmor (407/1000) ſeines Gewichts, die Weinſteinkryſtallen (428/1000) des ihrigen, und der fluͤchtige Salmiak (528/1000) des ſeinigen, fixe Luft; nach Bergmann (De acido aëreo, Sect. VII.) das Weinſteinſalz (33/100); nach Iacquin (Examen doctrinae Mayerianae de acido pingui) der Kalkrahm (13/32) ſeines Gewichts. Boyle, Boerhaave und Hales haben ſchon die bey verſchiedenen aͤhnlichen Proceſſen entbundenen Quantitaͤten des luftfoͤrmigen Stofs beſtimmt angegeben; da ſie aber die unterſcheidenden Kennzeichen der Luftſaͤure nicht kannten, ſo kan man nicht wiſſen, ob dieſe Quantitaͤten ganz aus Luftſaͤure beſtanden haben. Auch wird bey jeder Verbrennung, nur die des Schwefels und der Metalle ausgenommen, fixe Luft entwickelt. Ein Licht, das unter einer in Kalkwaſſer umgeſtuͤrzten Glocke brennt, ſchlaͤgt ſogleich den Kalk nieder, welches ein unfehlbares Kennzeichen einer Gegenwart der Luftſaͤure iſt. Bey der Verkalkung der Metalle zeigt ſich keine fixe Luft, bey der Reduction der Kalke aber koͤmmt nebſt der dephlogiſtiſirten Luft immer auch etwas fixe und bisweilen lauter fixe zum Vorſchein. Man kan endlich auch durch die Gaͤhrung dieſe Gasart erhalten. Prieſtley bediente ſich dieſes Mittels bey ſeinen erſten Verſuchen in einem nahe bey ſeiner Wohnung gelegenen Brauhauſe. Ueber dem Gebaͤude, wenn es auf der Kufe in Gaͤhrung tritt, befindet ſich gemeiniglich eine 9— 12 Zoll (nach dem Duͤc de Chaulnes oft auf 4 Schuh) hohe Schicht fixer Luft, in die man nur eine Flaſche mit auſwaͤrts gekehrter Oefnung haͤngen darf. Die fixe Luft ſenkt ſich durch ihre Schwere von ſelbſt in die Flaſche hinein, und treibt die leichtere gemeine Luft aus der Oefnung derſelben heraus. Man kan auch einen mit Waſſer gefuͤllten und in Waſſer umgeſtuͤrzten Glascylinder nahe an das Bier ſelbſt (wo die fixe Luft am reinſten iſt) bringen, und durch Aufheben des Cylinders Blaſen von derſelben in ihn aufſteigen laſſen. Von Natur findet ſich die fixe Luft in Gruben, Hoͤlen Brunnen und andern Plaͤtzen, denen der Luftzug mangelt,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/401
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/401>, abgerufen am 20.05.2024.