Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Diese Eigenschaften bringen es zur völligen Gewißheit, daß die Flußspathluft nichts anders, als eine durchs Feuer in den luftförmigen Zustand versetzte Flußspathsäure sey. Da diese Säure die einzige unter allen ist, welche die Kieselerde auflöset, und also das Glas angreift, so erklärt sich die Entstehung der steinichten Rinde sehr leicht. Die Spathluft nemlich greift das gläserne Gefäß und die Röhren an, durch die sie hindurch geht, und nimmt eine Menge Kieselerde aufgelöset in sich. Bey der Berührung mit dem Wasser, mit welchem die Spathluft in noch genauerer Verwandschaft steht, wird diese Erde in fester Gestalt niedergeschlagen. Wenn man die erzeugte steinichte Rinde durch wiederholtes Abwaschen von aller Säure befreyt, so verwandelt sie sich in ein weißes Pulver, das eben so feuerbeständig, als der Quarz und Kiesel, und selbst im Brennpunkte unschmelzbar ist, in eine wahre Kieselerde. Dies bestätiget sich noch mehr dadurch, daß die Erzeugung der steinichten Rinde wegfällt, wenn man die Operation in metallnen Gefäßen vornimmt, weil alsdann die Spathluft keine Kieselerde in sich nehmen kan. Dies lehrt uns den sonst kaum glaublichen Satz, daß diese so schwere feste und feuerbeständige Erde dennoch verflüchtiget, ja sogar in ein luftförmiges elastisches Aggregat gebracht werden könne. D. Priestley erklärte die Spathluft für eine Vitriolsäure, welche etwas Phlogiston und die Erde des Flußspaths bey sich führe. Er wußte damals noch nicht, daß die Erde in ihr fehlet, wenn sie nicht durch Glas gegangen
Dieſe Eigenſchaften bringen es zur voͤlligen Gewißheit, daß die Flußſpathluft nichts anders, als eine durchs Feuer in den luftfoͤrmigen Zuſtand verſetzte Flußſpathſaͤure ſey. Da dieſe Saͤure die einzige unter allen iſt, welche die Kieſelerde aufloͤſet, und alſo das Glas angreift, ſo erklaͤrt ſich die Entſtehung der ſteinichten Rinde ſehr leicht. Die Spathluft nemlich greift das glaͤſerne Gefaͤß und die Roͤhren an, durch die ſie hindurch geht, und nimmt eine Menge Kieſelerde aufgeloͤſet in ſich. Bey der Beruͤhrung mit dem Waſſer, mit welchem die Spathluft in noch genauerer Verwandſchaft ſteht, wird dieſe Erde in feſter Geſtalt niedergeſchlagen. Wenn man die erzeugte ſteinichte Rinde durch wiederholtes Abwaſchen von aller Saͤure befreyt, ſo verwandelt ſie ſich in ein weißes Pulver, das eben ſo feuerbeſtaͤndig, als der Quarz und Kieſel, und ſelbſt im Brennpunkte unſchmelzbar iſt, in eine wahre Kieſelerde. Dies beſtaͤtiget ſich noch mehr dadurch, daß die Erzeugung der ſteinichten Rinde wegfaͤllt, wenn man die Operation in metallnen Gefaͤßen vornimmt, weil alsdann die Spathluft keine Kieſelerde in ſich nehmen kan. Dies lehrt uns den ſonſt kaum glaublichen Satz, daß dieſe ſo ſchwere feſte und feuerbeſtaͤndige Erde dennoch verfluͤchtiget, ja ſogar in ein luftfoͤrmiges elaſtiſches Aggregat gebracht werden koͤnne. D. Prieſtley erklaͤrte die Spathluft fuͤr eine Vitriolſaͤure, welche etwas Phlogiſton und die Erde des Flußſpaths bey ſich fuͤhre. Er wußte damals noch nicht, daß die Erde in ihr fehlet, wenn ſie nicht durch Glas gegangen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0392" xml:id="P.2.386" n="386"/><lb/> und toͤdtet die Thiere ſchnell. Sie hat einen ſauren Geſchmack und den ſauren ſafranartigen Geruch der Kochſalzſaͤure, roͤthet die Lakmustinktur, truͤbt das Kalkwaſſer, und loͤſet, wenn ſie erhitzt wird, das Glas und die Kieſelerde auf. Wenn ſie in glaͤſernen Gefaͤßen entbunden wird, oder Kieſelerde mit dem Flußſpathe vermengt iſt, ſo ſetzt ſie, ſobald ſie Waſſer beruͤhrt, die erwaͤhnte kieſelartige Rinde ab; dies geſchieht aber nicht, wenn man ſie in metallnen Gefaͤßen aus reinem Spathe entwickelt. In der atmoſphaͤriſchen Luft nimmt ſie die Geſtalt einer weißen Wolke an.</p> <p>Dieſe Eigenſchaften bringen es zur voͤlligen Gewißheit, daß die Flußſpathluft nichts anders, als eine durchs Feuer in den luftfoͤrmigen Zuſtand verſetzte <hi rendition="#b">Flußſpathſaͤure</hi> ſey. Da dieſe Saͤure die einzige unter allen iſt, welche die Kieſelerde aufloͤſet, und alſo das Glas angreift, ſo erklaͤrt ſich die Entſtehung der ſteinichten Rinde ſehr leicht. Die Spathluft nemlich greift das glaͤſerne Gefaͤß und die Roͤhren an, durch die ſie hindurch geht, und nimmt eine Menge Kieſelerde aufgeloͤſet in ſich. Bey der Beruͤhrung mit dem Waſſer, mit welchem die Spathluft in noch genauerer Verwandſchaft ſteht, wird dieſe Erde in feſter Geſtalt niedergeſchlagen. Wenn man die erzeugte ſteinichte Rinde durch wiederholtes Abwaſchen von aller Saͤure befreyt, ſo verwandelt ſie ſich in ein weißes Pulver, das eben ſo feuerbeſtaͤndig, als der Quarz und Kieſel, und ſelbſt im Brennpunkte unſchmelzbar iſt, in eine wahre Kieſelerde. Dies beſtaͤtiget ſich noch mehr dadurch, daß die Erzeugung der ſteinichten Rinde wegfaͤllt, wenn man die Operation in metallnen Gefaͤßen vornimmt, weil alsdann die Spathluft keine Kieſelerde in ſich nehmen kan. Dies lehrt uns den ſonſt kaum glaublichen Satz, daß dieſe ſo ſchwere feſte und feuerbeſtaͤndige Erde dennoch verfluͤchtiget, ja ſogar in ein luftfoͤrmiges elaſtiſches Aggregat gebracht werden koͤnne.</p> <p><hi rendition="#b">D. Prieſtley</hi> erklaͤrte die Spathluft fuͤr eine <hi rendition="#b">Vitriolſaͤure,</hi> welche etwas Phlogiſton und die Erde des Flußſpaths bey ſich fuͤhre. Er wußte damals noch nicht, daß die Erde in ihr fehlet, wenn ſie nicht durch Glas gegangen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [386/0392]
und toͤdtet die Thiere ſchnell. Sie hat einen ſauren Geſchmack und den ſauren ſafranartigen Geruch der Kochſalzſaͤure, roͤthet die Lakmustinktur, truͤbt das Kalkwaſſer, und loͤſet, wenn ſie erhitzt wird, das Glas und die Kieſelerde auf. Wenn ſie in glaͤſernen Gefaͤßen entbunden wird, oder Kieſelerde mit dem Flußſpathe vermengt iſt, ſo ſetzt ſie, ſobald ſie Waſſer beruͤhrt, die erwaͤhnte kieſelartige Rinde ab; dies geſchieht aber nicht, wenn man ſie in metallnen Gefaͤßen aus reinem Spathe entwickelt. In der atmoſphaͤriſchen Luft nimmt ſie die Geſtalt einer weißen Wolke an.
Dieſe Eigenſchaften bringen es zur voͤlligen Gewißheit, daß die Flußſpathluft nichts anders, als eine durchs Feuer in den luftfoͤrmigen Zuſtand verſetzte Flußſpathſaͤure ſey. Da dieſe Saͤure die einzige unter allen iſt, welche die Kieſelerde aufloͤſet, und alſo das Glas angreift, ſo erklaͤrt ſich die Entſtehung der ſteinichten Rinde ſehr leicht. Die Spathluft nemlich greift das glaͤſerne Gefaͤß und die Roͤhren an, durch die ſie hindurch geht, und nimmt eine Menge Kieſelerde aufgeloͤſet in ſich. Bey der Beruͤhrung mit dem Waſſer, mit welchem die Spathluft in noch genauerer Verwandſchaft ſteht, wird dieſe Erde in feſter Geſtalt niedergeſchlagen. Wenn man die erzeugte ſteinichte Rinde durch wiederholtes Abwaſchen von aller Saͤure befreyt, ſo verwandelt ſie ſich in ein weißes Pulver, das eben ſo feuerbeſtaͤndig, als der Quarz und Kieſel, und ſelbſt im Brennpunkte unſchmelzbar iſt, in eine wahre Kieſelerde. Dies beſtaͤtiget ſich noch mehr dadurch, daß die Erzeugung der ſteinichten Rinde wegfaͤllt, wenn man die Operation in metallnen Gefaͤßen vornimmt, weil alsdann die Spathluft keine Kieſelerde in ſich nehmen kan. Dies lehrt uns den ſonſt kaum glaublichen Satz, daß dieſe ſo ſchwere feſte und feuerbeſtaͤndige Erde dennoch verfluͤchtiget, ja ſogar in ein luftfoͤrmiges elaſtiſches Aggregat gebracht werden koͤnne.
D. Prieſtley erklaͤrte die Spathluft fuͤr eine Vitriolſaͤure, welche etwas Phlogiſton und die Erde des Flußſpaths bey ſich fuͤhre. Er wußte damals noch nicht, daß die Erde in ihr fehlet, wenn ſie nicht durch Glas gegangen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |