Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


sich abplattet, und um den Aequator aufschwillt. Er wagt sich sogar an eine Berechnung des Verhältnisses CA:CP, indem er diese beyden Längen als communicirende Röhren mit Flüßigkeiten von ungleichen Schweren gefüllt ansieht, und deren Höhen für den Fall des Gleichgewichts nach hydrostatischen Gesetzen berechnet. Da er gefunden hatte, daß die Schwungkraft im Aequator (1/289) von der Schwere daselbst betrage, so bestimmt er hieraus, daß CP um (1/578) kleiner, als CA sey.

Newton (Philos. natur. principia math. L. III. prop. 18. 19.) trägt eben diesen Satz von der sphäroidischen Gestalt der Erde als eine Folge seines vortreflichen Systems über die Gesetze der Gravitation und Schwungkraft vor. "Die Planeten, sagt er (prop. 18.), müßten, wenn sie "sich nicht täglich umdrehten, wegen der von allen Seiten "her gleichen Schwere der Theile, eine Kugelgestalt an"nehmen. Durch die Kreisbewegung aber werden die Thei"le von der Axe entfernt, und streben sich um den Aequa"tor zu erheben. Daher wird die Materie, wofern sie "flüßig ist, den Durchmesser um den Aequator durch ihr "Aufsteigen vergrößern, die Axe hingegen durch ihr Nie"dersinken bey den Polen verkürzen. So findet man den "Durchmesser des Jupiters, nach Cassini und Flam"stead's Beobachtungen, zwischen seinen Polen kürzer, "als nach der Richtung von Morgen gegen Abend. Aus "eben dem Grunde muß unsere Erde um den Aequator hö"her, als bey den Polen, seyn; sonst würde sich das Meer "an den Polen senken, um den Aequator aber in die Höhe "treten und alles überschwemmen" Er berechnet hierauf (prop. 19.) das Verhältniß der Axe zu dem auf sie senkrechten Durchmesser nach richtigern Gründen, als Huygens, indem er zugleich den Umstand mit in die Rechnung bringt, daß die Materie bey A nicht blos durch den Schwung, sondern auch darum leichter, als die bey P werden müsse, weil sie weiter vom Mittelpunkte C entfernt ist, indem die Schwere im umgekehrten Verhältnisse des Quadrats der Entfernung von C abnimmt, welcher Umstand bey Huygens gänzlich fehlet. Dadurch wird die Rechnung zwar


ſich abplattet, und um den Aequator aufſchwillt. Er wagt ſich ſogar an eine Berechnung des Verhaͤltniſſes CA:CP, indem er dieſe beyden Laͤngen als communicirende Roͤhren mit Fluͤßigkeiten von ungleichen Schweren gefuͤllt anſieht, und deren Hoͤhen fuͤr den Fall des Gleichgewichts nach hydroſtatiſchen Geſetzen berechnet. Da er gefunden hatte, daß die Schwungkraft im Aequator (1/289) von der Schwere daſelbſt betrage, ſo beſtimmt er hieraus, daß CP um (1/578) kleiner, als CA ſey.

Newton (Philoſ. natur. principia math. L. III. prop. 18. 19.) traͤgt eben dieſen Satz von der ſphaͤroidiſchen Geſtalt der Erde als eine Folge ſeines vortreflichen Syſtems uͤber die Geſetze der Gravitation und Schwungkraft vor. ”Die Planeten, ſagt er (prop. 18.), muͤßten, wenn ſie ”ſich nicht taͤglich umdrehten, wegen der von allen Seiten ”her gleichen Schwere der Theile, eine Kugelgeſtalt an”nehmen. Durch die Kreisbewegung aber werden die Thei”le von der Axe entfernt, und ſtreben ſich um den Aequa”tor zu erheben. Daher wird die Materie, wofern ſie ”fluͤßig iſt, den Durchmeſſer um den Aequator durch ihr ”Aufſteigen vergroͤßern, die Axe hingegen durch ihr Nie”derſinken bey den Polen verkuͤrzen. So findet man den ”Durchmeſſer des Jupiters, nach Caſſini und Flam”ſtead's Beobachtungen, zwiſchen ſeinen Polen kuͤrzer, ”als nach der Richtung von Morgen gegen Abend. Aus ”eben dem Grunde muß unſere Erde um den Aequator hoͤ”her, als bey den Polen, ſeyn; ſonſt wuͤrde ſich das Meer ”an den Polen ſenken, um den Aequator aber in die Hoͤhe ”treten und alles uͤberſchwemmen“ Er berechnet hierauf (prop. 19.) das Verhaͤltniß der Axe zu dem auf ſie ſenkrechten Durchmeſſer nach richtigern Gruͤnden, als Huygens, indem er zugleich den Umſtand mit in die Rechnung bringt, daß die Materie bey A nicht blos durch den Schwung, ſondern auch darum leichter, als die bey P werden muͤſſe, weil ſie weiter vom Mittelpunkte C entfernt iſt, indem die Schwere im umgekehrten Verhaͤltniſſe des Quadrats der Entfernung von C abnimmt, welcher Umſtand bey Huygens gaͤnzlich fehlet. Dadurch wird die Rechnung zwar

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0033" xml:id="P.2.27" n="27"/><lb/>
&#x017F;ich abplattet, und um den Aequator auf&#x017F;chwillt. Er wagt &#x017F;ich &#x017F;ogar an eine Berechnung des Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;es <hi rendition="#aq">CA:CP,</hi> indem er die&#x017F;e beyden La&#x0364;ngen als communicirende Ro&#x0364;hren mit Flu&#x0364;ßigkeiten von ungleichen Schweren gefu&#x0364;llt an&#x017F;ieht, und deren Ho&#x0364;hen fu&#x0364;r den Fall des Gleichgewichts nach hydro&#x017F;tati&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen berechnet. Da er gefunden hatte, daß die Schwungkraft im Aequator (1/289) von der Schwere da&#x017F;elb&#x017F;t betrage, &#x017F;o be&#x017F;timmt er hieraus, daß <hi rendition="#aq">CP</hi> um (1/578) kleiner, als <hi rendition="#aq">CA</hi> &#x017F;ey.</p>
            <p><hi rendition="#b">Newton</hi> (<hi rendition="#aq">Philo&#x017F;. natur. principia math. L. III. prop. 18. 19.</hi>) tra&#x0364;gt eben die&#x017F;en Satz von der &#x017F;pha&#x0364;roidi&#x017F;chen Ge&#x017F;talt der Erde als eine Folge &#x017F;eines vortreflichen Sy&#x017F;tems u&#x0364;ber die Ge&#x017F;etze der Gravitation und Schwungkraft vor. &#x201D;Die Planeten, &#x017F;agt er (<hi rendition="#aq">prop. 18.</hi>), mu&#x0364;ßten, wenn &#x017F;ie &#x201D;&#x017F;ich nicht ta&#x0364;glich umdrehten, wegen der von allen Seiten &#x201D;her gleichen Schwere der Theile, eine Kugelge&#x017F;talt an&#x201D;nehmen. Durch die Kreisbewegung aber werden die Thei&#x201D;le von der Axe entfernt, und &#x017F;treben &#x017F;ich um den Aequa&#x201D;tor zu erheben. Daher wird die Materie, wofern &#x017F;ie &#x201D;flu&#x0364;ßig i&#x017F;t, den Durchme&#x017F;&#x017F;er um den Aequator durch ihr &#x201D;Auf&#x017F;teigen vergro&#x0364;ßern, die Axe hingegen durch ihr Nie&#x201D;der&#x017F;inken bey den Polen verku&#x0364;rzen. So findet man den &#x201D;Durchme&#x017F;&#x017F;er des Jupiters, nach <hi rendition="#b">Ca&#x017F;&#x017F;ini</hi> und <hi rendition="#b">Flam&#x201D;&#x017F;tead's</hi> Beobachtungen, zwi&#x017F;chen &#x017F;einen Polen ku&#x0364;rzer, &#x201D;als nach der Richtung von Morgen gegen Abend. Aus &#x201D;eben dem Grunde muß un&#x017F;ere Erde um den Aequator ho&#x0364;&#x201D;her, als bey den Polen, &#x017F;eyn; &#x017F;on&#x017F;t wu&#x0364;rde &#x017F;ich das Meer &#x201D;an den Polen &#x017F;enken, um den Aequator aber in die Ho&#x0364;he &#x201D;treten und alles u&#x0364;ber&#x017F;chwemmen&#x201C; Er berechnet hierauf (<hi rendition="#aq">prop. 19.</hi>) das Verha&#x0364;ltniß der Axe zu dem auf &#x017F;ie &#x017F;enkrechten Durchme&#x017F;&#x017F;er nach richtigern Gru&#x0364;nden, als <hi rendition="#b">Huygens,</hi> indem er zugleich den Um&#x017F;tand mit in die Rechnung bringt, daß die Materie bey <hi rendition="#aq">A</hi> nicht blos durch den Schwung, &#x017F;ondern auch darum leichter, als die bey <hi rendition="#aq">P</hi> werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, weil &#x017F;ie weiter vom Mittelpunkte <hi rendition="#aq">C</hi> entfernt i&#x017F;t, indem die Schwere im umgekehrten Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e des Quadrats der Entfernung von <hi rendition="#aq">C</hi> abnimmt, welcher Um&#x017F;tand bey Huygens ga&#x0364;nzlich fehlet. Dadurch wird die Rechnung zwar<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0033] ſich abplattet, und um den Aequator aufſchwillt. Er wagt ſich ſogar an eine Berechnung des Verhaͤltniſſes CA:CP, indem er dieſe beyden Laͤngen als communicirende Roͤhren mit Fluͤßigkeiten von ungleichen Schweren gefuͤllt anſieht, und deren Hoͤhen fuͤr den Fall des Gleichgewichts nach hydroſtatiſchen Geſetzen berechnet. Da er gefunden hatte, daß die Schwungkraft im Aequator (1/289) von der Schwere daſelbſt betrage, ſo beſtimmt er hieraus, daß CP um (1/578) kleiner, als CA ſey. Newton (Philoſ. natur. principia math. L. III. prop. 18. 19.) traͤgt eben dieſen Satz von der ſphaͤroidiſchen Geſtalt der Erde als eine Folge ſeines vortreflichen Syſtems uͤber die Geſetze der Gravitation und Schwungkraft vor. ”Die Planeten, ſagt er (prop. 18.), muͤßten, wenn ſie ”ſich nicht taͤglich umdrehten, wegen der von allen Seiten ”her gleichen Schwere der Theile, eine Kugelgeſtalt an”nehmen. Durch die Kreisbewegung aber werden die Thei”le von der Axe entfernt, und ſtreben ſich um den Aequa”tor zu erheben. Daher wird die Materie, wofern ſie ”fluͤßig iſt, den Durchmeſſer um den Aequator durch ihr ”Aufſteigen vergroͤßern, die Axe hingegen durch ihr Nie”derſinken bey den Polen verkuͤrzen. So findet man den ”Durchmeſſer des Jupiters, nach Caſſini und Flam”ſtead's Beobachtungen, zwiſchen ſeinen Polen kuͤrzer, ”als nach der Richtung von Morgen gegen Abend. Aus ”eben dem Grunde muß unſere Erde um den Aequator hoͤ”her, als bey den Polen, ſeyn; ſonſt wuͤrde ſich das Meer ”an den Polen ſenken, um den Aequator aber in die Hoͤhe ”treten und alles uͤberſchwemmen“ Er berechnet hierauf (prop. 19.) das Verhaͤltniß der Axe zu dem auf ſie ſenkrechten Durchmeſſer nach richtigern Gruͤnden, als Huygens, indem er zugleich den Umſtand mit in die Rechnung bringt, daß die Materie bey A nicht blos durch den Schwung, ſondern auch darum leichter, als die bey P werden muͤſſe, weil ſie weiter vom Mittelpunkte C entfernt iſt, indem die Schwere im umgekehrten Verhaͤltniſſe des Quadrats der Entfernung von C abnimmt, welcher Umſtand bey Huygens gaͤnzlich fehlet. Dadurch wird die Rechnung zwar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/33
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/33>, abgerufen am 21.11.2024.