Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


zu liegt, können von den letzten Stralen des Hellen nur die brechbarsten, d. i. die violetten und wenige blaue das Auge noch erreichen, die übrigen gehen bey dem Auge vorbey; auf der andern Seite hingegen erreichen von den Stralen des hellen Randes nur noch die am wenigsten brechbaren, d. i. die rothen, und wenige gelbe, das Auge, die übrigen treffen dasselbe auch nicht mehr. Dem zu Folge muß das viereckigte Feld eines Fensters, durch ein Prisma, dessen Schärfe man unterwärts kehret, unten einen violetten und blauen, oben einen rothen und gelben Rand zeigen. Betrachtet man nun ein Fensterbley, wie CDEF, Taf. VIII. Fig. 20, d. i. einen dunkeln Gegenstand zwischen zwo hellen Scheiben A und B, so schreibt man die bunten Ränder, die eigentlich von den hellen Feldern A und B herrühren, dem dunklen Körper CDEF zu, und sieht also oben bey CD einen blauen Rand mit einem violetten Streifen darunter, bey EF aber einen rothen, und um diesen einen gelben Rand. Kehrt man die Schärfe des Prisma aufwärts, so verwechseln sich die Farben der Ränder CD und EF.

Newton kömmt nunmehr auf die Farben der natürlichen Körper. Er erklärt die Entstehung derselben (Opt. L. I. P. 2. prop. 10.) dadurch, daß gewisse natürliche Körper diese oder jene Gattung von Stralen häufiger zurückwerfen, als die übrigen. Mennige, sagt er, scheint roth, weil sie die rothen Stralen am häufigsten zurückwirft. Die Veilchen werfen die violetten Stralen häufiger zurück, als die übrigen, und erhalten daher ihre Farbe. Eben so geht es mit allen andern Körpern. Jeder Körper wirft die Stralen, die seine Farbe haben, häufiger zurück, als die übrigen, und erhält seine Farbe eben dadurch, daß diese Stralen in dem zurückgeworsenen Lichte den größten Theil ausmachen.

Zur Bestätigung hievon führt er an, daß jeder Körper in dem Lichte, welches mit seiner Farbe gleichartig ist, am lebhaftesten und glänzendsten aussehe, und daß flüssige Körper ihre Farbe mit der Dicke ändern. So scheint in einem kegelförmigen Glase, das man zwischen das Licht und das Auge hält, ein rother Liquor, unten am


zu liegt, koͤnnen von den letzten Stralen des Hellen nur die brechbarſten, d. i. die violetten und wenige blaue das Auge noch erreichen, die uͤbrigen gehen bey dem Auge vorbey; auf der andern Seite hingegen erreichen von den Stralen des hellen Randes nur noch die am wenigſten brechbaren, d. i. die rothen, und wenige gelbe, das Auge, die uͤbrigen treffen daſſelbe auch nicht mehr. Dem zu Folge muß das viereckigte Feld eines Fenſters, durch ein Prisma, deſſen Schaͤrfe man unterwaͤrts kehret, unten einen violetten und blauen, oben einen rothen und gelben Rand zeigen. Betrachtet man nun ein Fenſterbley, wie CDEF, Taf. VIII. Fig. 20, d. i. einen dunkeln Gegenſtand zwiſchen zwo hellen Scheiben A und B, ſo ſchreibt man die bunten Raͤnder, die eigentlich von den hellen Feldern A und B herruͤhren, dem dunklen Koͤrper CDEF zu, und ſieht alſo oben bey CD einen blauen Rand mit einem violetten Streifen darunter, bey EF aber einen rothen, und um dieſen einen gelben Rand. Kehrt man die Schaͤrfe des Prisma aufwaͤrts, ſo verwechſeln ſich die Farben der Raͤnder CD und EF.

Newton koͤmmt nunmehr auf die Farben der natuͤrlichen Koͤrper. Er erklaͤrt die Entſtehung derſelben (Opt. L. I. P. 2. prop. 10.) dadurch, daß gewiſſe natuͤrliche Koͤrper dieſe oder jene Gattung von Stralen haͤufiger zuruͤckwerfen, als die uͤbrigen. Mennige, ſagt er, ſcheint roth, weil ſie die rothen Stralen am haͤufigſten zuruͤckwirft. Die Veilchen werfen die violetten Stralen haͤufiger zuruͤck, als die uͤbrigen, und erhalten daher ihre Farbe. Eben ſo geht es mit allen andern Koͤrpern. Jeder Koͤrper wirft die Stralen, die ſeine Farbe haben, haͤufiger zuruͤck, als die uͤbrigen, und erhaͤlt ſeine Farbe eben dadurch, daß dieſe Stralen in dem zuruͤckgeworſenen Lichte den groͤßten Theil ausmachen.

Zur Beſtaͤtigung hievon fuͤhrt er an, daß jeder Koͤrper in dem Lichte, welches mit ſeiner Farbe gleichartig iſt, am lebhafteſten und glaͤnzendſten ausſehe, und daß fluͤſſige Koͤrper ihre Farbe mit der Dicke aͤndern. So ſcheint in einem kegelfoͤrmigen Glaſe, das man zwiſchen das Licht und das Auge haͤlt, ein rother Liquor, unten am

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <p><pb facs="#f0144" xml:id="P.2.138" n="138"/><lb/>
zu liegt, ko&#x0364;nnen von den letzten Stralen des Hellen nur die brechbar&#x017F;ten, d. i. die violetten und wenige blaue das Auge noch erreichen, die u&#x0364;brigen gehen bey dem Auge vorbey; auf der andern Seite hingegen erreichen von den Stralen des hellen Randes nur noch die am wenig&#x017F;ten brechbaren, d. i. die rothen, und wenige gelbe, das Auge, die u&#x0364;brigen treffen da&#x017F;&#x017F;elbe auch nicht mehr. Dem zu Folge muß das viereckigte Feld eines Fen&#x017F;ters, durch ein Prisma, de&#x017F;&#x017F;en Scha&#x0364;rfe man unterwa&#x0364;rts kehret, unten einen violetten und blauen, oben einen rothen und gelben Rand zeigen. Betrachtet man nun ein Fen&#x017F;terbley, wie <hi rendition="#aq">CDEF,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 20, d. i. einen dunkeln Gegen&#x017F;tand zwi&#x017F;chen zwo hellen Scheiben <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B,</hi> &#x017F;o &#x017F;chreibt man die bunten Ra&#x0364;nder, die eigentlich von den hellen Feldern <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> herru&#x0364;hren, dem dunklen Ko&#x0364;rper <hi rendition="#aq">CDEF</hi> zu, und &#x017F;ieht al&#x017F;o oben bey <hi rendition="#aq">CD</hi> einen blauen Rand mit einem violetten Streifen darunter, bey <hi rendition="#aq">EF</hi> aber einen rothen, und um die&#x017F;en einen gelben Rand. Kehrt man die Scha&#x0364;rfe des Prisma aufwa&#x0364;rts, &#x017F;o verwech&#x017F;eln &#x017F;ich die Farben der Ra&#x0364;nder <hi rendition="#aq">CD</hi> und <hi rendition="#aq">EF.</hi></p>
            <p><hi rendition="#b">Newton</hi> ko&#x0364;mmt nunmehr auf die Farben der <hi rendition="#b">natu&#x0364;rlichen Ko&#x0364;rper.</hi> Er erkla&#x0364;rt die Ent&#x017F;tehung der&#x017F;elben (<hi rendition="#aq">Opt. L. I. P. 2. prop. 10.</hi>) dadurch, daß gewi&#x017F;&#x017F;e natu&#x0364;rliche Ko&#x0364;rper die&#x017F;e oder jene Gattung von Stralen ha&#x0364;ufiger zuru&#x0364;ckwerfen, als die u&#x0364;brigen. Mennige, &#x017F;agt er, &#x017F;cheint roth, weil &#x017F;ie die rothen Stralen am ha&#x0364;ufig&#x017F;ten zuru&#x0364;ckwirft. Die Veilchen werfen die violetten Stralen ha&#x0364;ufiger zuru&#x0364;ck, als die u&#x0364;brigen, und erhalten daher ihre Farbe. Eben &#x017F;o geht es mit allen andern Ko&#x0364;rpern. Jeder Ko&#x0364;rper wirft die Stralen, die &#x017F;eine Farbe haben, ha&#x0364;ufiger zuru&#x0364;ck, als die u&#x0364;brigen, und erha&#x0364;lt &#x017F;eine Farbe eben dadurch, daß die&#x017F;e Stralen in dem zuru&#x0364;ckgewor&#x017F;enen Lichte den gro&#x0364;ßten Theil ausmachen.</p>
            <p>Zur Be&#x017F;ta&#x0364;tigung hievon fu&#x0364;hrt er an, daß jeder Ko&#x0364;rper in dem Lichte, welches mit &#x017F;einer Farbe gleichartig i&#x017F;t, am lebhafte&#x017F;ten und gla&#x0364;nzend&#x017F;ten aus&#x017F;ehe, und daß flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;ige Ko&#x0364;rper ihre Farbe mit der Dicke a&#x0364;ndern. So &#x017F;cheint in einem kegelfo&#x0364;rmigen Gla&#x017F;e, das man zwi&#x017F;chen das Licht und das Auge ha&#x0364;lt, ein rother Liquor, unten am<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0144] zu liegt, koͤnnen von den letzten Stralen des Hellen nur die brechbarſten, d. i. die violetten und wenige blaue das Auge noch erreichen, die uͤbrigen gehen bey dem Auge vorbey; auf der andern Seite hingegen erreichen von den Stralen des hellen Randes nur noch die am wenigſten brechbaren, d. i. die rothen, und wenige gelbe, das Auge, die uͤbrigen treffen daſſelbe auch nicht mehr. Dem zu Folge muß das viereckigte Feld eines Fenſters, durch ein Prisma, deſſen Schaͤrfe man unterwaͤrts kehret, unten einen violetten und blauen, oben einen rothen und gelben Rand zeigen. Betrachtet man nun ein Fenſterbley, wie CDEF, Taf. VIII. Fig. 20, d. i. einen dunkeln Gegenſtand zwiſchen zwo hellen Scheiben A und B, ſo ſchreibt man die bunten Raͤnder, die eigentlich von den hellen Feldern A und B herruͤhren, dem dunklen Koͤrper CDEF zu, und ſieht alſo oben bey CD einen blauen Rand mit einem violetten Streifen darunter, bey EF aber einen rothen, und um dieſen einen gelben Rand. Kehrt man die Schaͤrfe des Prisma aufwaͤrts, ſo verwechſeln ſich die Farben der Raͤnder CD und EF. Newton koͤmmt nunmehr auf die Farben der natuͤrlichen Koͤrper. Er erklaͤrt die Entſtehung derſelben (Opt. L. I. P. 2. prop. 10.) dadurch, daß gewiſſe natuͤrliche Koͤrper dieſe oder jene Gattung von Stralen haͤufiger zuruͤckwerfen, als die uͤbrigen. Mennige, ſagt er, ſcheint roth, weil ſie die rothen Stralen am haͤufigſten zuruͤckwirft. Die Veilchen werfen die violetten Stralen haͤufiger zuruͤck, als die uͤbrigen, und erhalten daher ihre Farbe. Eben ſo geht es mit allen andern Koͤrpern. Jeder Koͤrper wirft die Stralen, die ſeine Farbe haben, haͤufiger zuruͤck, als die uͤbrigen, und erhaͤlt ſeine Farbe eben dadurch, daß dieſe Stralen in dem zuruͤckgeworſenen Lichte den groͤßten Theil ausmachen. Zur Beſtaͤtigung hievon fuͤhrt er an, daß jeder Koͤrper in dem Lichte, welches mit ſeiner Farbe gleichartig iſt, am lebhafteſten und glaͤnzendſten ausſehe, und daß fluͤſſige Koͤrper ihre Farbe mit der Dicke aͤndern. So ſcheint in einem kegelfoͤrmigen Glaſe, das man zwiſchen das Licht und das Auge haͤlt, ein rother Liquor, unten am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/144
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/144>, abgerufen am 09.11.2024.