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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Boden, wo er dünn ist, blaßgelb, etwas höher orangegelb, weiter hinauf roth, und wo er am dicksten ist, dunkelroth. Diese Verschiedenheit rührt doch von nichts anderm her, als daß ein solcher Liquor blos gelbe und rothe Stralen durchläst und zurückwirft, mehr oder weniger, je nachdem er dicker oder dünner ist. Hieraus erklärt er auch den oben angeführten Versuch des D. Hook, da zwey Prismen mit blauen und rothen Liquoren, einzeln durchsichtig, zusammengehalten undurchsichtig sind. Wenn der eine Liquor nur allein blaue, der andere nur allein rothe Stralen durchläst, so können beyde zusammen gar kein Licht mehr durchlassen.

Die nicht durchgelassenen oder zurückgeworfenen Stralen werden nach seiner Meinung in dem Innern der Körper so lang hin und her zurückgeworfen, bis sie endlich gleichsam vernichtet oder verschluckt sind. Sind die Körper dünn, so geht oft noch etwas von diesem Lichte hindurch. Wenn man eine Lichtflamme durch ein dünnes Goldblättchen betrachtet, so sieht sie grünlichblau aus; also nimmt dichtes Gold die blauen und grünen Stralen in sich, und sendet nur die gelben zurück.

In den bisherigen Sätzen ist nichts hypothetisches, nichts, was die Erfahrung nicht bestätigte. Dennoch fanden dieselben eine Zeit lang häufigen Widerspruch. Einigen wollten Newtons Versuche im dunklen Zimmer, welche freylich viel Genauigkeit und Sorgfalt erfordern, nicht gelingen, andere verstanden seine Meinung gar nicht. Es ist sehr lehrreich und unterhaltend, in den Philosophischen Transactionen (Abhandl. zur Naturgesch. und Physik aus den Philos. Trans. I. B. I. Th. Leipz. 1779. gr. 4. S. 200 u. f.) die Schriften zu lesen, welche Newton darüber mit dem P. Pardies, Mariotte, Linus, Gascoigne, und Lucas gewechselt hat. Mit unermüdeter Geduld und Herablassung beschreibt er die richtige Art, diese Versuche anzustellen, und seine Theorie zu prüfen, bis auf die kleinsten Umstände, und bleibt bey allen, oft sehr groben, Mißverständnissen seiner Gegner immer der gelassene, seiner Größe und der Güte seiner Sache sich bewußte Philosoph.


Boden, wo er duͤnn iſt, blaßgelb, etwas hoͤher orangegelb, weiter hinauf roth, und wo er am dickſten iſt, dunkelroth. Dieſe Verſchiedenheit ruͤhrt doch von nichts anderm her, als daß ein ſolcher Liquor blos gelbe und rothe Stralen durchlaͤſt und zuruͤckwirft, mehr oder weniger, je nachdem er dicker oder duͤnner iſt. Hieraus erklaͤrt er auch den oben angefuͤhrten Verſuch des D. Hook, da zwey Prismen mit blauen und rothen Liquoren, einzeln durchſichtig, zuſammengehalten undurchſichtig ſind. Wenn der eine Liquor nur allein blaue, der andere nur allein rothe Stralen durchlaͤſt, ſo koͤnnen beyde zuſammen gar kein Licht mehr durchlaſſen.

Die nicht durchgelaſſenen oder zuruͤckgeworfenen Stralen werden nach ſeiner Meinung in dem Innern der Koͤrper ſo lang hin und her zuruͤckgeworfen, bis ſie endlich gleichſam vernichtet oder verſchluckt ſind. Sind die Koͤrper duͤnn, ſo geht oft noch etwas von dieſem Lichte hindurch. Wenn man eine Lichtflamme durch ein duͤnnes Goldblaͤttchen betrachtet, ſo ſieht ſie gruͤnlichblau aus; alſo nimmt dichtes Gold die blauen und gruͤnen Stralen in ſich, und ſendet nur die gelben zuruͤck.

In den bisherigen Saͤtzen iſt nichts hypothetiſches, nichts, was die Erfahrung nicht beſtaͤtigte. Dennoch fanden dieſelben eine Zeit lang haͤufigen Widerſpruch. Einigen wollten Newtons Verſuche im dunklen Zimmer, welche freylich viel Genauigkeit und Sorgfalt erfordern, nicht gelingen, andere verſtanden ſeine Meinung gar nicht. Es iſt ſehr lehrreich und unterhaltend, in den Philoſophiſchen Tranſactionen (Abhandl. zur Naturgeſch. und Phyſik aus den Philoſ. Trans. I. B. I. Th. Leipz. 1779. gr. 4. S. 200 u. f.) die Schriften zu leſen, welche Newton daruͤber mit dem P. Pardies, Mariotte, Linus, Gaſcoigne, und Lucas gewechſelt hat. Mit unermuͤdeter Geduld und Herablaſſung beſchreibt er die richtige Art, dieſe Verſuche anzuſtellen, und ſeine Theorie zu pruͤfen, bis auf die kleinſten Umſtaͤnde, und bleibt bey allen, oft ſehr groben, Mißverſtaͤndniſſen ſeiner Gegner immer der gelaſſene, ſeiner Groͤße und der Guͤte ſeiner Sache ſich bewußte Philoſoph.

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[139/0145] Boden, wo er duͤnn iſt, blaßgelb, etwas hoͤher orangegelb, weiter hinauf roth, und wo er am dickſten iſt, dunkelroth. Dieſe Verſchiedenheit ruͤhrt doch von nichts anderm her, als daß ein ſolcher Liquor blos gelbe und rothe Stralen durchlaͤſt und zuruͤckwirft, mehr oder weniger, je nachdem er dicker oder duͤnner iſt. Hieraus erklaͤrt er auch den oben angefuͤhrten Verſuch des D. Hook, da zwey Prismen mit blauen und rothen Liquoren, einzeln durchſichtig, zuſammengehalten undurchſichtig ſind. Wenn der eine Liquor nur allein blaue, der andere nur allein rothe Stralen durchlaͤſt, ſo koͤnnen beyde zuſammen gar kein Licht mehr durchlaſſen. Die nicht durchgelaſſenen oder zuruͤckgeworfenen Stralen werden nach ſeiner Meinung in dem Innern der Koͤrper ſo lang hin und her zuruͤckgeworfen, bis ſie endlich gleichſam vernichtet oder verſchluckt ſind. Sind die Koͤrper duͤnn, ſo geht oft noch etwas von dieſem Lichte hindurch. Wenn man eine Lichtflamme durch ein duͤnnes Goldblaͤttchen betrachtet, ſo ſieht ſie gruͤnlichblau aus; alſo nimmt dichtes Gold die blauen und gruͤnen Stralen in ſich, und ſendet nur die gelben zuruͤck. In den bisherigen Saͤtzen iſt nichts hypothetiſches, nichts, was die Erfahrung nicht beſtaͤtigte. Dennoch fanden dieſelben eine Zeit lang haͤufigen Widerſpruch. Einigen wollten Newtons Verſuche im dunklen Zimmer, welche freylich viel Genauigkeit und Sorgfalt erfordern, nicht gelingen, andere verſtanden ſeine Meinung gar nicht. Es iſt ſehr lehrreich und unterhaltend, in den Philoſophiſchen Tranſactionen (Abhandl. zur Naturgeſch. und Phyſik aus den Philoſ. Trans. I. B. I. Th. Leipz. 1779. gr. 4. S. 200 u. f.) die Schriften zu leſen, welche Newton daruͤber mit dem P. Pardies, Mariotte, Linus, Gaſcoigne, und Lucas gewechſelt hat. Mit unermuͤdeter Geduld und Herablaſſung beſchreibt er die richtige Art, dieſe Verſuche anzuſtellen, und ſeine Theorie zu pruͤfen, bis auf die kleinſten Umſtaͤnde, und bleibt bey allen, oft ſehr groben, Mißverſtaͤndniſſen ſeiner Gegner immer der gelaſſene, ſeiner Groͤße und der Guͤte ſeiner Sache ſich bewußte Philoſoph.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/145>, abgerufen am 26.11.2024.