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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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aus den Körpern, andere als eine Mischung von Licht und Schatten, noch andere leiteten sie von einem salzigen oder metallischen Principium her.

Descartes, der die scholastische Physik so eifrig bestritt, kam in seiner 1637 erschienenen Dioptrik der Wahrheit in so fern näher, daß er die Farben nicht für Eigenschaften der Körper, sondern für Wirkungen eines zwischen den Körpern und dem Auge befindlichen Mittels, des Lichts, erklärte. Da er sich aber von der Natur des Lichts eigne Vorstellungen machte (s. Licht), so fiel auch seine Erklärung der Farben sehr willkührlich aus. Er giebt nemlich den Theilen des Lichts zweyerley Bewegungen, eine fortgehende und eine umdrehende. Ist die letztere stärker, als die erste, so soll daraus die rothe, ist die erstere stärker, die blaue, und sind beyde gleich, die gelbe Farbe entstehen. Die übrigen setzt er aus Mischungen dieser drey Farben zusammen. Uebrigens macht er die nicht ganz unrichtige Bemerkung, daß Weiß die auffallenden Stralen unverändert zurückschicke, Schwarz dieselben auslösche oder ersticke, die übrigen Farben aber sie verändert zurücksenden.

Der erste, der die Erfahrung über die Farben zu Rathe zog, war Boyle (Historia colorum experimentalis incepta. in Opp. Boylii Genev. 1680. 4.). Obgleich seine Versuche kein zusammenhangendes System ausmachen, so haben sie ihn doch auf einzelne sehr richtige Gedanken geleitet. Er hält die Farben nicht für inhärirende Eigenschaften der Körper, glaubt aber doch, daß sie großentheils von der Lage der Theile auf der Oberfläche abhangen, und in einer Modification des von dieser Fläche zurückgeworfenen Lichts bestehen. Er führt hierüber viele Beyspiele, besonders die Farben des Stahls beym Härten, und die so schön glänzenden Regenbogenfarben auf der Oberfläche des geschmolzenen Bleys an. Ueber den Unterschied zwischen Weiß und Schwarz erklärt er sich, wie Descartes, weil weißes Papier sich durch ein Brennglas sehr schwer entzünde, ein schwarzer Handschuh hingegen an der Sonne sehr brenne, ein Brennspiegel von schwarzem Marmor gar nicht zünde, und die schwarz gefärbte Hälfte eines Dachziegels


aus den Koͤrpern, andere als eine Miſchung von Licht und Schatten, noch andere leiteten ſie von einem ſalzigen oder metalliſchen Principium her.

Descartes, der die ſcholaſtiſche Phyſik ſo eifrig beſtritt, kam in ſeiner 1637 erſchienenen Dioptrik der Wahrheit in ſo fern naͤher, daß er die Farben nicht fuͤr Eigenſchaften der Koͤrper, ſondern fuͤr Wirkungen eines zwiſchen den Koͤrpern und dem Auge befindlichen Mittels, des Lichts, erklaͤrte. Da er ſich aber von der Natur des Lichts eigne Vorſtellungen machte (ſ. Licht), ſo fiel auch ſeine Erklaͤrung der Farben ſehr willkuͤhrlich aus. Er giebt nemlich den Theilen des Lichts zweyerley Bewegungen, eine fortgehende und eine umdrehende. Iſt die letztere ſtaͤrker, als die erſte, ſo ſoll daraus die rothe, iſt die erſtere ſtaͤrker, die blaue, und ſind beyde gleich, die gelbe Farbe entſtehen. Die uͤbrigen ſetzt er aus Miſchungen dieſer drey Farben zuſammen. Uebrigens macht er die nicht ganz unrichtige Bemerkung, daß Weiß die auffallenden Stralen unveraͤndert zuruͤckſchicke, Schwarz dieſelben ausloͤſche oder erſticke, die uͤbrigen Farben aber ſie veraͤndert zuruͤckſenden.

Der erſte, der die Erfahrung uͤber die Farben zu Rathe zog, war Boyle (Hiſtoria colorum experimentalis incepta. in Opp. Boylii Genev. 1680. 4.). Obgleich ſeine Verſuche kein zuſammenhangendes Syſtem ausmachen, ſo haben ſie ihn doch auf einzelne ſehr richtige Gedanken geleitet. Er haͤlt die Farben nicht fuͤr inhaͤrirende Eigenſchaften der Koͤrper, glaubt aber doch, daß ſie großentheils von der Lage der Theile auf der Oberflaͤche abhangen, und in einer Modification des von dieſer Flaͤche zuruͤckgeworfenen Lichts beſtehen. Er fuͤhrt hieruͤber viele Beyſpiele, beſonders die Farben des Stahls beym Haͤrten, und die ſo ſchoͤn glaͤnzenden Regenbogenfarben auf der Oberflaͤche des geſchmolzenen Bleys an. Ueber den Unterſchied zwiſchen Weiß und Schwarz erklaͤrt er ſich, wie Descartes, weil weißes Papier ſich durch ein Brennglas ſehr ſchwer entzuͤnde, ein ſchwarzer Handſchuh hingegen an der Sonne ſehr brenne, ein Brennſpiegel von ſchwarzem Marmor gar nicht zuͤnde, und die ſchwarz gefaͤrbte Haͤlfte eines Dachziegels

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[133/0139] aus den Koͤrpern, andere als eine Miſchung von Licht und Schatten, noch andere leiteten ſie von einem ſalzigen oder metalliſchen Principium her. Descartes, der die ſcholaſtiſche Phyſik ſo eifrig beſtritt, kam in ſeiner 1637 erſchienenen Dioptrik der Wahrheit in ſo fern naͤher, daß er die Farben nicht fuͤr Eigenſchaften der Koͤrper, ſondern fuͤr Wirkungen eines zwiſchen den Koͤrpern und dem Auge befindlichen Mittels, des Lichts, erklaͤrte. Da er ſich aber von der Natur des Lichts eigne Vorſtellungen machte (ſ. Licht), ſo fiel auch ſeine Erklaͤrung der Farben ſehr willkuͤhrlich aus. Er giebt nemlich den Theilen des Lichts zweyerley Bewegungen, eine fortgehende und eine umdrehende. Iſt die letztere ſtaͤrker, als die erſte, ſo ſoll daraus die rothe, iſt die erſtere ſtaͤrker, die blaue, und ſind beyde gleich, die gelbe Farbe entſtehen. Die uͤbrigen ſetzt er aus Miſchungen dieſer drey Farben zuſammen. Uebrigens macht er die nicht ganz unrichtige Bemerkung, daß Weiß die auffallenden Stralen unveraͤndert zuruͤckſchicke, Schwarz dieſelben ausloͤſche oder erſticke, die uͤbrigen Farben aber ſie veraͤndert zuruͤckſenden. Der erſte, der die Erfahrung uͤber die Farben zu Rathe zog, war Boyle (Hiſtoria colorum experimentalis incepta. in Opp. Boylii Genev. 1680. 4.). Obgleich ſeine Verſuche kein zuſammenhangendes Syſtem ausmachen, ſo haben ſie ihn doch auf einzelne ſehr richtige Gedanken geleitet. Er haͤlt die Farben nicht fuͤr inhaͤrirende Eigenſchaften der Koͤrper, glaubt aber doch, daß ſie großentheils von der Lage der Theile auf der Oberflaͤche abhangen, und in einer Modification des von dieſer Flaͤche zuruͤckgeworfenen Lichts beſtehen. Er fuͤhrt hieruͤber viele Beyſpiele, beſonders die Farben des Stahls beym Haͤrten, und die ſo ſchoͤn glaͤnzenden Regenbogenfarben auf der Oberflaͤche des geſchmolzenen Bleys an. Ueber den Unterſchied zwiſchen Weiß und Schwarz erklaͤrt er ſich, wie Descartes, weil weißes Papier ſich durch ein Brennglas ſehr ſchwer entzuͤnde, ein ſchwarzer Handſchuh hingegen an der Sonne ſehr brenne, ein Brennſpiegel von ſchwarzem Marmor gar nicht zuͤnde, und die ſchwarz gefaͤrbte Haͤlfte eines Dachziegels

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/139>, abgerufen am 24.11.2024.