Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


verbindet, und stößt den Kolben nieder, so wird die vorher im Stiefel AD befindliche Luft durch den Hahn nach C und in das aufgeschraubte Gefäß oder in die auf dem Teller befestigte Glocke getrieben. Man giebt dem Hahne wiederum die erste Stellung, und füllt durch Aufziehung des Kolbens den Stiefel aufs neue mit Luft aus dem Zimmer, u. s. w. Durch mehrere Wiederholungen dieses Versahrens kan man also in ein verschloßnes Gefäß oder unter eine wohlbefestigte Glocke mit jedem Zuge mehr Luft bringen.

Wenn hiebey der Hahn Ee unmittelbar an D ansteht, und der Raum oder die Capacität des Gefäßes nebst der Röhre Ce=a, der Raum des Stiefels AD aber =b genennt wird, so läst sich leicht berechnen, daß durch n Züge die Luft im Gefäße (a+nb/a) mal verdichtet werden würde. Faßte z. B. das Gefäß nebst der Röhre 3 Cubikschuhe, der Stiefel 1 Cubikschuh Raum, so würde durch 12maliges Auf- und Niederstoßen des Kolbens die Luft im Gefäße (3+12.1/3)mal, d. i. 5mal stärker verdichtet werden, als sie es im Zimmer ist.

Es ist aber bey Versuchen dieser Art eine große Vorsicht nöthig, weil die Verdichtung der Luft ihre Elasticität vermehrt, und die Gefäße in Gefahr setzt, durch dieselbe zersprengt zu werden. Metallne Gefäße von einiger Stärke, wie die Kammern der Windbüchsen, halten stärkere Verdichtungen der Luft aus: bey gläsernen Glocken aber, die etwa 9 Zoll im Durchmesser und eine Glasdicke von 2 Linien haben, darf man schwerlich eine stärkere Zusammenpressung wagen, als bis auf die 6 fache Dichtigkeit der Luft im gewöhnlichen Zustande. Herr Hofr. Karsten (Lehrbegrif der gesammten Math. Th. VI. Pnevmatik, VII. Abschn.) hat über die Festigkeit der Gefäße und Glocken für diesen Fall sehr nützliche Betrachtungen angestellt.

Soll die Verdichtung der Luft unter einer auf den Teller gesetzten Glocke geschehen, so muß diese durch eine


verbindet, und ſtoͤßt den Kolben nieder, ſo wird die vorher im Stiefel AD befindliche Luft durch den Hahn nach C und in das aufgeſchraubte Gefaͤß oder in die auf dem Teller befeſtigte Glocke getrieben. Man giebt dem Hahne wiederum die erſte Stellung, und fuͤllt durch Aufziehung des Kolbens den Stiefel aufs neue mit Luft aus dem Zimmer, u. ſ. w. Durch mehrere Wiederholungen dieſes Verſahrens kan man alſo in ein verſchloßnes Gefaͤß oder unter eine wohlbefeſtigte Glocke mit jedem Zuge mehr Luft bringen.

Wenn hiebey der Hahn Ee unmittelbar an D anſteht, und der Raum oder die Capacitaͤt des Gefaͤßes nebſt der Roͤhre Ce=a, der Raum des Stiefels AD aber =b genennt wird, ſo laͤſt ſich leicht berechnen, daß durch n Zuͤge die Luft im Gefaͤße (a+nb/a) mal verdichtet werden wuͤrde. Faßte z. B. das Gefaͤß nebſt der Roͤhre 3 Cubikſchuhe, der Stiefel 1 Cubikſchuh Raum, ſo wuͤrde durch 12maliges Auf- und Niederſtoßen des Kolbens die Luft im Gefaͤße (3+12.1/3)mal, d. i. 5mal ſtaͤrker verdichtet werden, als ſie es im Zimmer iſt.

Es iſt aber bey Verſuchen dieſer Art eine große Vorſicht noͤthig, weil die Verdichtung der Luft ihre Elaſticitaͤt vermehrt, und die Gefaͤße in Gefahr ſetzt, durch dieſelbe zerſprengt zu werden. Metallne Gefaͤße von einiger Staͤrke, wie die Kammern der Windbuͤchſen, halten ſtaͤrkere Verdichtungen der Luft aus: bey glaͤſernen Glocken aber, die etwa 9 Zoll im Durchmeſſer und eine Glasdicke von 2 Linien haben, darf man ſchwerlich eine ſtaͤrkere Zuſammenpreſſung wagen, als bis auf die 6 fache Dichtigkeit der Luft im gewoͤhnlichen Zuſtande. Herr Hofr. Karſten (Lehrbegrif der geſammten Math. Th. VI. Pnevmatik, VII. Abſchn.) hat uͤber die Feſtigkeit der Gefaͤße und Glocken fuͤr dieſen Fall ſehr nuͤtzliche Betrachtungen angeſtellt.

Soll die Verdichtung der Luft unter einer auf den Teller geſetzten Glocke geſchehen, ſo muß dieſe durch eine

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0544" xml:id="P.1.530" n="530"/><lb/>
verbindet, und &#x017F;to&#x0364;ßt den Kolben nieder, &#x017F;o wird die vorher im Stiefel <hi rendition="#aq">AD</hi> befindliche Luft durch den Hahn nach <hi rendition="#aq">C</hi> und in das aufge&#x017F;chraubte Gefa&#x0364;ß oder in die auf dem Teller befe&#x017F;tigte Glocke getrieben. Man giebt dem Hahne wiederum die er&#x017F;te Stellung, und fu&#x0364;llt durch Aufziehung des Kolbens den Stiefel aufs neue mit Luft aus dem Zimmer, u. &#x017F;. w. Durch mehrere Wiederholungen die&#x017F;es Ver&#x017F;ahrens kan man al&#x017F;o in ein ver&#x017F;chloßnes Gefa&#x0364;ß oder unter eine wohlbefe&#x017F;tigte Glocke mit jedem Zuge mehr Luft bringen.</p>
          <p>Wenn hiebey der Hahn <hi rendition="#aq">Ee</hi> unmittelbar an <hi rendition="#aq">D</hi> an&#x017F;teht, und der Raum oder die Capacita&#x0364;t des Gefa&#x0364;ßes neb&#x017F;t der Ro&#x0364;hre <hi rendition="#aq">Ce=a,</hi> der Raum des Stiefels <hi rendition="#aq">AD</hi> aber <hi rendition="#aq">=b</hi> genennt wird, &#x017F;o la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich leicht berechnen, daß durch <hi rendition="#aq">n</hi> Zu&#x0364;ge die Luft im Gefa&#x0364;ße <hi rendition="#aq">(a+nb/a)</hi> mal verdichtet werden wu&#x0364;rde. Faßte z. B. das Gefa&#x0364;ß neb&#x017F;t der Ro&#x0364;hre 3 Cubik&#x017F;chuhe, der Stiefel 1 Cubik&#x017F;chuh Raum, &#x017F;o wu&#x0364;rde durch 12maliges Auf- und Nieder&#x017F;toßen des Kolbens die Luft im Gefa&#x0364;ße (3+12.1/3)mal, d. i. 5mal &#x017F;ta&#x0364;rker verdichtet werden, als &#x017F;ie es im Zimmer i&#x017F;t.</p>
          <p>Es i&#x017F;t aber bey Ver&#x017F;uchen die&#x017F;er Art eine große Vor&#x017F;icht no&#x0364;thig, weil die Verdichtung der Luft ihre Ela&#x017F;ticita&#x0364;t vermehrt, und die Gefa&#x0364;ße in Gefahr &#x017F;etzt, durch die&#x017F;elbe zer&#x017F;prengt zu werden. Metallne Gefa&#x0364;ße von einiger Sta&#x0364;rke, wie die Kammern der Windbu&#x0364;ch&#x017F;en, halten &#x017F;ta&#x0364;rkere Verdichtungen der Luft aus: bey gla&#x0364;&#x017F;ernen Glocken aber, die etwa 9 Zoll im Durchme&#x017F;&#x017F;er und eine Glasdicke von 2 Linien haben, darf man &#x017F;chwerlich eine &#x017F;ta&#x0364;rkere Zu&#x017F;ammenpre&#x017F;&#x017F;ung wagen, als bis auf die 6 fache Dichtigkeit der Luft im gewo&#x0364;hnlichen Zu&#x017F;tande. Herr Hofr. <hi rendition="#b">Kar&#x017F;ten</hi> (Lehrbegrif der ge&#x017F;ammten Math. Th. <hi rendition="#aq">VI.</hi> Pnevmatik, <hi rendition="#aq">VII.</hi> Ab&#x017F;chn.) hat u&#x0364;ber die Fe&#x017F;tigkeit der Gefa&#x0364;ße und Glocken fu&#x0364;r die&#x017F;en Fall &#x017F;ehr nu&#x0364;tzliche Betrachtungen ange&#x017F;tellt.</p>
          <p>Soll die Verdichtung der Luft unter einer auf den Teller ge&#x017F;etzten Glocke ge&#x017F;chehen, &#x017F;o muß die&#x017F;e durch eine<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[530/0544] verbindet, und ſtoͤßt den Kolben nieder, ſo wird die vorher im Stiefel AD befindliche Luft durch den Hahn nach C und in das aufgeſchraubte Gefaͤß oder in die auf dem Teller befeſtigte Glocke getrieben. Man giebt dem Hahne wiederum die erſte Stellung, und fuͤllt durch Aufziehung des Kolbens den Stiefel aufs neue mit Luft aus dem Zimmer, u. ſ. w. Durch mehrere Wiederholungen dieſes Verſahrens kan man alſo in ein verſchloßnes Gefaͤß oder unter eine wohlbefeſtigte Glocke mit jedem Zuge mehr Luft bringen. Wenn hiebey der Hahn Ee unmittelbar an D anſteht, und der Raum oder die Capacitaͤt des Gefaͤßes nebſt der Roͤhre Ce=a, der Raum des Stiefels AD aber =b genennt wird, ſo laͤſt ſich leicht berechnen, daß durch n Zuͤge die Luft im Gefaͤße (a+nb/a) mal verdichtet werden wuͤrde. Faßte z. B. das Gefaͤß nebſt der Roͤhre 3 Cubikſchuhe, der Stiefel 1 Cubikſchuh Raum, ſo wuͤrde durch 12maliges Auf- und Niederſtoßen des Kolbens die Luft im Gefaͤße (3+12.1/3)mal, d. i. 5mal ſtaͤrker verdichtet werden, als ſie es im Zimmer iſt. Es iſt aber bey Verſuchen dieſer Art eine große Vorſicht noͤthig, weil die Verdichtung der Luft ihre Elaſticitaͤt vermehrt, und die Gefaͤße in Gefahr ſetzt, durch dieſelbe zerſprengt zu werden. Metallne Gefaͤße von einiger Staͤrke, wie die Kammern der Windbuͤchſen, halten ſtaͤrkere Verdichtungen der Luft aus: bey glaͤſernen Glocken aber, die etwa 9 Zoll im Durchmeſſer und eine Glasdicke von 2 Linien haben, darf man ſchwerlich eine ſtaͤrkere Zuſammenpreſſung wagen, als bis auf die 6 fache Dichtigkeit der Luft im gewoͤhnlichen Zuſtande. Herr Hofr. Karſten (Lehrbegrif der geſammten Math. Th. VI. Pnevmatik, VII. Abſchn.) hat uͤber die Feſtigkeit der Gefaͤße und Glocken fuͤr dieſen Fall ſehr nuͤtzliche Betrachtungen angeſtellt. Soll die Verdichtung der Luft unter einer auf den Teller geſetzten Glocke geſchehen, ſo muß dieſe durch eine

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/544
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 530. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/544>, abgerufen am 05.06.2024.