Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


durch eine Fensterscheibe betrachtet, in ihrer natürlichen Größe und Gestalt, nur etwa um den dritten Theil der Glasdicke näher gerückt. Ist diese Dicke unbeträchtlich, so kan man ohne merklichen Fehler annehmen, der Lichtstral gehe ungebrochen hindurch.

5. Geht der Stral durch ein Mittel, welches zwo nicht parallele Ebnen begrenzen, z. B. durch ein gläsernes Prisma, so wird er beym Ausgange aus demselben eine andere Richtung als beym Eingange haben.

6. Geht ein Stral durch mehrere mit parallelen Ebnen einander berührende Mittel von verschiedener Dichte, so wird im letzten derselben die Brechung so groß seyn, als wenn der Stral unmittelbar aus dem ersten Mittel ins letzte übergegangen wäre.

Hieher gehört auch die Erklärung einiger sehr bekannten Phänomene der Brechung. Einem Auge außer dem Wasser erscheinen Gegenstände im Wasser allezeit höher, als sie wirklich liegen Dem Auge in S (Taf. IV. Fig. 72.) würde der unrer dem Wasser liegende Punkt K, weil der Weg des Strals KCS ist, nach der Linie SC, und also um O zu liegen scheinen. So scheint der Boden eines Gefäßes mit Wasser höher zu liegen und hohl; ein Geldstück auf dem Boden eines Gefäßes, das der Rand des Gefäßes verdeckt, wird sichtbar, wenn man Wasser darüber gießt; der Fisch im Wasser wird nicht an seinem wahren Orte, sondern höher nach der Oberfläche hin, gesehen; von einem schief ins Wasser gehaltnen Stabe erscheint jeder im Wasser befindliche Theil höher, als er wirklich liegt, und da dies den Theilen außer dem Wasser nicht wiederfährt, so scheint der Stab gebrochen u. s. w. Wie unbestimmt hiebey der eigentliche Ort des Bildes sey, s. bey dem Worte: Bild.

Von der Brechung in gekrümmten Flächen wird bey dem Worte: Linsengläser, und von der Brechung des Lichts beym Durchgange durch die Atmosphäre in dem Artikel: Stralenbrechung, astronomische, gehandlet werden.


durch eine Fenſterſcheibe betrachtet, in ihrer natuͤrlichen Groͤße und Geſtalt, nur etwa um den dritten Theil der Glasdicke naͤher geruͤckt. Iſt dieſe Dicke unbetraͤchtlich, ſo kan man ohne merklichen Fehler annehmen, der Lichtſtral gehe ungebrochen hindurch.

5. Geht der Stral durch ein Mittel, welches zwo nicht parallele Ebnen begrenzen, z. B. durch ein glaͤſernes Prisma, ſo wird er beym Ausgange aus demſelben eine andere Richtung als beym Eingange haben.

6. Geht ein Stral durch mehrere mit parallelen Ebnen einander beruͤhrende Mittel von verſchiedener Dichte, ſo wird im letzten derſelben die Brechung ſo groß ſeyn, als wenn der Stral unmittelbar aus dem erſten Mittel ins letzte uͤbergegangen waͤre.

Hieher gehoͤrt auch die Erklaͤrung einiger ſehr bekannten Phaͤnomene der Brechung. Einem Auge außer dem Waſſer erſcheinen Gegenſtaͤnde im Waſſer allezeit hoͤher, als ſie wirklich liegen Dem Auge in S (Taf. IV. Fig. 72.) wuͤrde der unrer dem Waſſer liegende Punkt K, weil der Weg des Strals KCS iſt, nach der Linie SC, und alſo um O zu liegen ſcheinen. So ſcheint der Boden eines Gefaͤßes mit Waſſer hoͤher zu liegen und hohl; ein Geldſtuͤck auf dem Boden eines Gefaͤßes, das der Rand des Gefaͤßes verdeckt, wird ſichtbar, wenn man Waſſer daruͤber gießt; der Fiſch im Waſſer wird nicht an ſeinem wahren Orte, ſondern hoͤher nach der Oberflaͤche hin, geſehen; von einem ſchief ins Waſſer gehaltnen Stabe erſcheint jeder im Waſſer befindliche Theil hoͤher, als er wirklich liegt, und da dies den Theilen außer dem Waſſer nicht wiederfaͤhrt, ſo ſcheint der Stab gebrochen u. ſ. w. Wie unbeſtimmt hiebey der eigentliche Ort des Bildes ſey, ſ. bey dem Worte: Bild.

Von der Brechung in gekruͤmmten Flaͤchen wird bey dem Worte: Linſenglaͤſer, und von der Brechung des Lichts beym Durchgange durch die Atmoſphaͤre in dem Artikel: Stralenbrechung, aſtronomiſche, gehandlet werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0448" xml:id="P.1.434" n="434"/><lb/>
durch eine Fen&#x017F;ter&#x017F;cheibe betrachtet, in ihrer natu&#x0364;rlichen Gro&#x0364;ße und Ge&#x017F;talt, nur etwa um den dritten Theil der Glasdicke na&#x0364;her geru&#x0364;ckt. I&#x017F;t die&#x017F;e Dicke unbetra&#x0364;chtlich, &#x017F;o kan man ohne merklichen Fehler annehmen, der Licht&#x017F;tral gehe <hi rendition="#b">ungebrochen</hi> hindurch.</p>
          <p>5. Geht der Stral durch ein Mittel, welches zwo nicht parallele Ebnen begrenzen, z. B. durch ein gla&#x0364;&#x017F;ernes Prisma, &#x017F;o wird er beym Ausgange aus dem&#x017F;elben eine andere Richtung als beym Eingange haben.</p>
          <p>6. Geht ein Stral durch mehrere mit parallelen Ebnen einander beru&#x0364;hrende Mittel von ver&#x017F;chiedener Dichte, &#x017F;o wird im letzten der&#x017F;elben die Brechung &#x017F;o groß &#x017F;eyn, als wenn der Stral unmittelbar aus dem er&#x017F;ten Mittel ins letzte u&#x0364;bergegangen wa&#x0364;re.</p>
          <p>Hieher geho&#x0364;rt auch die Erkla&#x0364;rung einiger &#x017F;ehr bekannten Pha&#x0364;nomene der Brechung. Einem Auge außer dem Wa&#x017F;&#x017F;er er&#x017F;cheinen Gegen&#x017F;ta&#x0364;nde im Wa&#x017F;&#x017F;er allezeit ho&#x0364;her, als &#x017F;ie wirklich liegen Dem Auge in <hi rendition="#aq">S</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">IV.</hi> Fig. 72.) wu&#x0364;rde der unrer dem Wa&#x017F;&#x017F;er liegende Punkt <hi rendition="#aq">K,</hi> weil der Weg des Strals <hi rendition="#aq">KCS</hi> i&#x017F;t, nach der Linie <hi rendition="#aq">SC,</hi> und al&#x017F;o um <hi rendition="#aq">O</hi> zu liegen &#x017F;cheinen. So &#x017F;cheint der Boden eines Gefa&#x0364;ßes mit Wa&#x017F;&#x017F;er ho&#x0364;her zu liegen und hohl; ein Geld&#x017F;tu&#x0364;ck auf dem Boden eines Gefa&#x0364;ßes, das der Rand des Gefa&#x0364;ßes verdeckt, wird &#x017F;ichtbar, wenn man Wa&#x017F;&#x017F;er daru&#x0364;ber gießt; der Fi&#x017F;ch im Wa&#x017F;&#x017F;er wird nicht an &#x017F;einem wahren Orte, &#x017F;ondern ho&#x0364;her nach der Oberfla&#x0364;che hin, ge&#x017F;ehen; von einem &#x017F;chief ins Wa&#x017F;&#x017F;er gehaltnen Stabe er&#x017F;cheint jeder im Wa&#x017F;&#x017F;er befindliche Theil ho&#x0364;her, als er wirklich liegt, und da dies den Theilen außer dem Wa&#x017F;&#x017F;er nicht wiederfa&#x0364;hrt, &#x017F;o &#x017F;cheint der Stab <hi rendition="#b">gebrochen</hi> u. &#x017F;. w. Wie unbe&#x017F;timmt hiebey der eigentliche Ort des Bildes &#x017F;ey, &#x017F;. bey dem Worte: <hi rendition="#b">Bild.</hi></p>
          <p>Von der Brechung in gekru&#x0364;mmten Fla&#x0364;chen wird bey dem Worte: <hi rendition="#b">Lin&#x017F;engla&#x0364;&#x017F;er,</hi> und von der Brechung des Lichts beym Durchgange durch die Atmo&#x017F;pha&#x0364;re in dem Artikel: <hi rendition="#b">Stralenbrechung, a&#x017F;tronomi&#x017F;che,</hi> gehandlet werden.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[434/0448] durch eine Fenſterſcheibe betrachtet, in ihrer natuͤrlichen Groͤße und Geſtalt, nur etwa um den dritten Theil der Glasdicke naͤher geruͤckt. Iſt dieſe Dicke unbetraͤchtlich, ſo kan man ohne merklichen Fehler annehmen, der Lichtſtral gehe ungebrochen hindurch. 5. Geht der Stral durch ein Mittel, welches zwo nicht parallele Ebnen begrenzen, z. B. durch ein glaͤſernes Prisma, ſo wird er beym Ausgange aus demſelben eine andere Richtung als beym Eingange haben. 6. Geht ein Stral durch mehrere mit parallelen Ebnen einander beruͤhrende Mittel von verſchiedener Dichte, ſo wird im letzten derſelben die Brechung ſo groß ſeyn, als wenn der Stral unmittelbar aus dem erſten Mittel ins letzte uͤbergegangen waͤre. Hieher gehoͤrt auch die Erklaͤrung einiger ſehr bekannten Phaͤnomene der Brechung. Einem Auge außer dem Waſſer erſcheinen Gegenſtaͤnde im Waſſer allezeit hoͤher, als ſie wirklich liegen Dem Auge in S (Taf. IV. Fig. 72.) wuͤrde der unrer dem Waſſer liegende Punkt K, weil der Weg des Strals KCS iſt, nach der Linie SC, und alſo um O zu liegen ſcheinen. So ſcheint der Boden eines Gefaͤßes mit Waſſer hoͤher zu liegen und hohl; ein Geldſtuͤck auf dem Boden eines Gefaͤßes, das der Rand des Gefaͤßes verdeckt, wird ſichtbar, wenn man Waſſer daruͤber gießt; der Fiſch im Waſſer wird nicht an ſeinem wahren Orte, ſondern hoͤher nach der Oberflaͤche hin, geſehen; von einem ſchief ins Waſſer gehaltnen Stabe erſcheint jeder im Waſſer befindliche Theil hoͤher, als er wirklich liegt, und da dies den Theilen außer dem Waſſer nicht wiederfaͤhrt, ſo ſcheint der Stab gebrochen u. ſ. w. Wie unbeſtimmt hiebey der eigentliche Ort des Bildes ſey, ſ. bey dem Worte: Bild. Von der Brechung in gekruͤmmten Flaͤchen wird bey dem Worte: Linſenglaͤſer, und von der Brechung des Lichts beym Durchgange durch die Atmoſphaͤre in dem Artikel: Stralenbrechung, aſtronomiſche, gehandlet werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/448
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 434. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/448>, abgerufen am 23.11.2024.