Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


und wenn es still ist, so werden diese nur von jenem entgegengesetzten Winde aufgehalten; auch wird die Luft durch die Kälte verdichtet. Um den Aequator sind die Barometerveränderungen geringer, weil daselbst die Winde nicht so heftig sind. -- Dies ist der Inbegriff der Halleyschen Theorie, gegen welche de Lüc bemerkt, daß Winde, welche Luft wegführen, wohl auch die darinn enthaltnen Dünste mitnehmen würden, daß das Zusammenstoßen zweener entgegengesetzten Winde sehr selten eine Windstille verursachen dürfte, daß der Wind an den Orten, durch die er wehe, die Luft nicht vermindern könne, weil er eben so viel zu- als abführe; vielmehr müsse er sie wegen der Trägheit der ruhenden, durch ihn erst zu bewegenden, Luft noch vermehren u. s. f. Daß die Winde aufs Barometer sowohl, als auf die Witterung, ungemeinen Einfluß haben, läßt sich gar nicht in Zweifel ziehen; die de Lücschen Erinnerungen betreffen auch nur Halleys Erklärung dieses Einflusses.

Zur zweyten Classe zählt de Lüc die Erklärungen, welche sich nicht auf wirklich-vorhandene, sondern auf angenommene Ursachen beziehen. Eine solche ist die vermeynte Verminderung des senkrechten Drucks der Luft, wenn sie bewegt wird, welche Wallis, Halley und v. Mairan zu Hülfe nehmen, um das Fallen des Quecksilbers beym Winde zu erklären. Es ist ganz falsch, daß der senkrechte Druck getragner Körper, wenn sie bewegt werden, schwächer sey und Niemand zweifelt, daß der in der Waagschale gedrehte Kreisel eben so schwer wiege, als der ruhende.

Wallis, dessen Meynungen hierüber auf eine seltsame Art durch einander laufen, hat (Phil. Trans. no. 10.) auch die verstärkte Elasticität der Luft, sie möchte nun von der Wärme oder andern Ursachen bewirkt werden, als Ursache des Steigens der Barometer angesehen, worinn ihm andere Physiker gefolgt sind. Allein sie verwechseln freye und eingeschloßne Luft. Freye muß sich bey verstärkter Elasticität mehr ausdehnen, mithin verdünnen, specifisch leichter werden, und Fallen des Barometers, nicht


und wenn es ſtill iſt, ſo werden dieſe nur von jenem entgegengeſetzten Winde aufgehalten; auch wird die Luft durch die Kaͤlte verdichtet. Um den Aequator ſind die Barometerveraͤnderungen geringer, weil daſelbſt die Winde nicht ſo heftig ſind. — Dies iſt der Inbegriff der Halleyſchen Theorie, gegen welche de Luͤc bemerkt, daß Winde, welche Luft wegfuͤhren, wohl auch die darinn enthaltnen Duͤnſte mitnehmen wuͤrden, daß das Zuſammenſtoßen zweener entgegengeſetzten Winde ſehr ſelten eine Windſtille verurſachen duͤrfte, daß der Wind an den Orten, durch die er wehe, die Luft nicht vermindern koͤnne, weil er eben ſo viel zu- als abfuͤhre; vielmehr muͤſſe er ſie wegen der Traͤgheit der ruhenden, durch ihn erſt zu bewegenden, Luft noch vermehren u. ſ. f. Daß die Winde aufs Barometer ſowohl, als auf die Witterung, ungemeinen Einfluß haben, laͤßt ſich gar nicht in Zweifel ziehen; die de Luͤcſchen Erinnerungen betreffen auch nur Halleys Erklaͤrung dieſes Einfluſſes.

Zur zweyten Claſſe zaͤhlt de Luͤc die Erklaͤrungen, welche ſich nicht auf wirklich-vorhandene, ſondern auf angenommene Urſachen beziehen. Eine ſolche iſt die vermeynte Verminderung des ſenkrechten Drucks der Luft, wenn ſie bewegt wird, welche Wallis, Halley und v. Mairan zu Huͤlfe nehmen, um das Fallen des Queckſilbers beym Winde zu erklaͤren. Es iſt ganz falſch, daß der ſenkrechte Druck getragner Koͤrper, wenn ſie bewegt werden, ſchwaͤcher ſey und Niemand zweifelt, daß der in der Waagſchale gedrehte Kreiſel eben ſo ſchwer wiege, als der ruhende.

Wallis, deſſen Meynungen hieruͤber auf eine ſeltſame Art durch einander laufen, hat (Phil. Trans. no. 10.) auch die verſtaͤrkte Elaſticitaͤt der Luft, ſie moͤchte nun von der Waͤrme oder andern Urſachen bewirkt werden, als Urſache des Steigens der Barometer angeſehen, worinn ihm andere Phyſiker gefolgt ſind. Allein ſie verwechſeln freye und eingeſchloßne Luft. Freye muß ſich bey verſtaͤrkter Elaſticitaͤt mehr ausdehnen, mithin verduͤnnen, ſpecifiſch leichter werden, und Fallen des Barometers, nicht

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0293" xml:id="P.1.279" n="279"/><lb/>
und wenn es &#x017F;till i&#x017F;t, &#x017F;o werden die&#x017F;e nur von jenem entgegenge&#x017F;etzten Winde aufgehalten; auch wird die Luft durch die Ka&#x0364;lte verdichtet. Um den Aequator &#x017F;ind die Barometervera&#x0364;nderungen geringer, weil da&#x017F;elb&#x017F;t die Winde nicht &#x017F;o heftig &#x017F;ind. &#x2014; Dies i&#x017F;t der Inbegriff der Halley&#x017F;chen Theorie, gegen welche <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c</hi> bemerkt, daß Winde, welche Luft wegfu&#x0364;hren, wohl auch die darinn enthaltnen Du&#x0364;n&#x017F;te mitnehmen wu&#x0364;rden, daß das Zu&#x017F;ammen&#x017F;toßen zweener entgegenge&#x017F;etzten Winde &#x017F;ehr &#x017F;elten eine Wind&#x017F;tille verur&#x017F;achen du&#x0364;rfte, daß der Wind an den Orten, durch die er wehe, die Luft nicht vermindern ko&#x0364;nne, weil er eben &#x017F;o viel zu- als abfu&#x0364;hre; vielmehr mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e er &#x017F;ie wegen der Tra&#x0364;gheit der ruhenden, durch ihn er&#x017F;t zu bewegenden, Luft noch vermehren u. &#x017F;. f. Daß die Winde aufs Barometer &#x017F;owohl, als auf die Witterung, ungemeinen Einfluß haben, la&#x0364;ßt &#x017F;ich gar nicht in Zweifel ziehen; die de Lu&#x0364;c&#x017F;chen Erinnerungen betreffen auch nur Halleys Erkla&#x0364;rung die&#x017F;es Einflu&#x017F;&#x017F;es.</p>
          <p>Zur zweyten Cla&#x017F;&#x017F;e za&#x0364;hlt <hi rendition="#b">de Lu&#x0364;c</hi> die Erkla&#x0364;rungen, welche &#x017F;ich nicht auf wirklich-vorhandene, &#x017F;ondern auf <hi rendition="#b">angenommene</hi> Ur&#x017F;achen beziehen. Eine &#x017F;olche i&#x017F;t die vermeynte <hi rendition="#b">Verminderung des &#x017F;enkrechten Drucks</hi> der Luft, wenn &#x017F;ie bewegt wird, welche <hi rendition="#b">Wallis, Halley</hi> und <hi rendition="#b">v. Mairan</hi> zu Hu&#x0364;lfe nehmen, um das Fallen des Queck&#x017F;ilbers beym Winde zu erkla&#x0364;ren. Es i&#x017F;t ganz fal&#x017F;ch, daß der &#x017F;enkrechte Druck getragner Ko&#x0364;rper, wenn &#x017F;ie bewegt werden, &#x017F;chwa&#x0364;cher &#x017F;ey und Niemand zweifelt, daß der in der Waag&#x017F;chale gedrehte Krei&#x017F;el eben &#x017F;o &#x017F;chwer wiege, als der ruhende.</p>
          <p><hi rendition="#b">Wallis,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Meynungen hieru&#x0364;ber auf eine &#x017F;elt&#x017F;ame Art durch einander laufen, hat <hi rendition="#aq">(Phil. Trans. no. 10.)</hi> auch die <hi rendition="#b">ver&#x017F;ta&#x0364;rkte Ela&#x017F;ticita&#x0364;t</hi> der Luft, &#x017F;ie mo&#x0364;chte nun von der Wa&#x0364;rme oder andern Ur&#x017F;achen bewirkt werden, als Ur&#x017F;ache des Steigens der Barometer ange&#x017F;ehen, worinn ihm andere Phy&#x017F;iker gefolgt &#x017F;ind. Allein &#x017F;ie verwech&#x017F;eln freye und einge&#x017F;chloßne Luft. Freye muß &#x017F;ich bey ver&#x017F;ta&#x0364;rkter Ela&#x017F;ticita&#x0364;t mehr ausdehnen, mithin verdu&#x0364;nnen, &#x017F;pecifi&#x017F;ch leichter werden, und Fallen des Barometers, nicht<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[279/0293] und wenn es ſtill iſt, ſo werden dieſe nur von jenem entgegengeſetzten Winde aufgehalten; auch wird die Luft durch die Kaͤlte verdichtet. Um den Aequator ſind die Barometerveraͤnderungen geringer, weil daſelbſt die Winde nicht ſo heftig ſind. — Dies iſt der Inbegriff der Halleyſchen Theorie, gegen welche de Luͤc bemerkt, daß Winde, welche Luft wegfuͤhren, wohl auch die darinn enthaltnen Duͤnſte mitnehmen wuͤrden, daß das Zuſammenſtoßen zweener entgegengeſetzten Winde ſehr ſelten eine Windſtille verurſachen duͤrfte, daß der Wind an den Orten, durch die er wehe, die Luft nicht vermindern koͤnne, weil er eben ſo viel zu- als abfuͤhre; vielmehr muͤſſe er ſie wegen der Traͤgheit der ruhenden, durch ihn erſt zu bewegenden, Luft noch vermehren u. ſ. f. Daß die Winde aufs Barometer ſowohl, als auf die Witterung, ungemeinen Einfluß haben, laͤßt ſich gar nicht in Zweifel ziehen; die de Luͤcſchen Erinnerungen betreffen auch nur Halleys Erklaͤrung dieſes Einfluſſes. Zur zweyten Claſſe zaͤhlt de Luͤc die Erklaͤrungen, welche ſich nicht auf wirklich-vorhandene, ſondern auf angenommene Urſachen beziehen. Eine ſolche iſt die vermeynte Verminderung des ſenkrechten Drucks der Luft, wenn ſie bewegt wird, welche Wallis, Halley und v. Mairan zu Huͤlfe nehmen, um das Fallen des Queckſilbers beym Winde zu erklaͤren. Es iſt ganz falſch, daß der ſenkrechte Druck getragner Koͤrper, wenn ſie bewegt werden, ſchwaͤcher ſey und Niemand zweifelt, daß der in der Waagſchale gedrehte Kreiſel eben ſo ſchwer wiege, als der ruhende. Wallis, deſſen Meynungen hieruͤber auf eine ſeltſame Art durch einander laufen, hat (Phil. Trans. no. 10.) auch die verſtaͤrkte Elaſticitaͤt der Luft, ſie moͤchte nun von der Waͤrme oder andern Urſachen bewirkt werden, als Urſache des Steigens der Barometer angeſehen, worinn ihm andere Phyſiker gefolgt ſind. Allein ſie verwechſeln freye und eingeſchloßne Luft. Freye muß ſich bey verſtaͤrkter Elaſticitaͤt mehr ausdehnen, mithin verduͤnnen, ſpecifiſch leichter werden, und Fallen des Barometers, nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/293
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/293>, abgerufen am 09.05.2024.